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08.01.2024 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

KI ist der Treibstoff für Banken

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Grüner, profitabler, kundenfreundlicher und sicherer: Um der Vielzahl von Anforderungen gerecht zu werden, brauchen Banken Künstliche Intelligenz (KI), so Experten. Diese liefert die Basis für zukunftsfähige Lösungsansätze.

"Die Zinswende allein reicht offenkundig nicht aus, damit Deutschlands Banken ihre Renditeschwäche überwinden können. Dazu braucht es unverändert eine tiefgreifende Transformation und Investitionen in neue Geschäftsfelder sowie Technologien", so Walter Sinn, Deutschlandchef des Beratungshauses Bain, anlässlich der Vorstellung der Studie "Deutschlands Banken 2023" Mitte Dezember 2023. Diese zeigt die Entwicklung von rund 1.380 Instituten im Jahr 2022. 

Der Analyse zufolge haben vor allem die Großbanken im Untersuchungsjahr von der ihrer fortschreitenden Transformation profitiert und senkten trotz hoher Inflation ihre Verwaltungsaufwendungen und steigerten ihre Profitabilität. Insgesamt habe sich die Schere zwischen den renditestärksten und -schwächsten Instituten binnen eines Jahres nahezu verdoppelt, bemerken die Studienautoren.

Mit KI relevant bleiben

Einen zentralen Ansatz sieht Studien-Co-Autor Philipp Baecker im Einsatz neuer Technologien: "Das Bankgeschäft steht wie die meisten anderen Branchen mit der verstärkten Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) vor einer neuerlichen Disruption." Eine weitere, weltweite Bain-Analyse habe jüngst offenbart, dass technologisch führende Banken nicht nur ihre Renditen ausweiten, sondern auch über eine wesentlich loyalere Kundenbasis verfügen. "Deutsche Institute finden sich bislang indes nicht in dieser Spitzengruppe", so Baecker. 

Insbesondere Retail-Banken benötigen laut der aktuellen Zukunftsstudie "Transformation im Retail Banking 2024" den verstärkten Einsatz von KI-Anwendungen und Ökosystemen, um für die Kunden in einem hart umkämpften Markt weiterhin relevant zu bleiben. Laut der mehr als 50 vom Beratungshaus Horváth befragten Bankmanager befinden sich diese Institute in einer optimalen Schnittstellenposition, die die Akkumulation großer Datenmengen ermögliche. Um diese meist unstrukturierten Informationen nutzbringend aufzubereiten, müssen jedoch Datensilos abgebaut, die Informationsqualität verbessert und die IT-Landschaften harmonisiert werden.  

Infrastruktur macht ESG-Strategie erfolgreich

Das könnte vielen Banken und Sparkassen auch bei ihrer grünen Transformation helfen. Denn der IT-Bereich stellt häufig einen Hemmschuh dar, wenn es um Nachhaltigkeit und die Umsetzung von ökologischen, sozialen oder Governance-Aspekten (ESG) geht. 

Die größte Hürde ist die Bewältigung unterschiedlicher Anforderungen für die verschiedenen bankinternen Bereiche. Für das Thema ESG muss die Integration von Risikomanagement, Rechnungslegung und Reporting kontinuierlich vorangetrieben werden. Zum Erfüllen der Anforderungen an die ESG-Risikoberichterstattung ist eine umfassende Integration von ESG-Informationen in die bereits vorhandenen Daten der Institute notwendig. Daten sind der Schlüssel: Sie müssen aufbereitet, gesammelt, aggregiert und mithilfe fortschrittlicher Analysen sowie KI in verwertbare Erkenntnisse umgewandelt werden. Daher sind Datenverarbeitung und IT-/KI-Infrastruktur von grundlegender Bedeutung für eine erfolgreiche ESG-Strategie", erläuterte Jochen Papenbrock, Head of Financial Technology EMEA bei Nvidia, im Gespräch mit dem "Bankmagazin" im Sommer 2023.

Strengere Regeln, höhere Risiken

Und der Erfolg der Nachhaltigkeitsstrategien ist dringend geboten, stehen doch mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ab 2024 beziehungsweise ab 2025 neue EU-Richtlinien für den Finanzsektor in den Startlöchern. 

"Diese fordern von Banken nicht nur Rechenschaft über die Einhaltung der Nachhaltigkeitsvorschriften für die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Sie formulieren diese auch für die Kreditvergabe. Das sorgt für einheitliche Standards, ist aber gleichzeitig ein veritabler Risikofaktor", heißt es in der Anfang Dezember 2023 veröffentlichten KPMG-Studie "ESG Risk Survey for Banks". 

Der Erhebung zufolge, für die mehr als 100 Banken in 20 Ländern befragt wurden, wollen die meisten von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigten Institute die vollständige Integration von ESG-Risikofaktoren bereits vor 2025 abschließen. "Die Tatsache, dass sich derzeit mehr als 20 Banken von der EZB mit Strafzahlungen konfrontiert sehen, überrascht allerdings. Das zeigt klar, dass die Branche auch in Europa noch nicht so weit ist, wie viele Experten (und die Institute selbst) annehmen", so die Studienautoren. 

Steigende Kosten im Fokus

Insgesamt rechnen die von KPMG befragten Finanzinstitute mit steigenden Ausgaben für den Umgang mit ESG-Daten sowie der Einführung entsprechender Prozesse. Auch wenn diese Investitionen strategisch geboten sind und Wettbewerbsvorteile versprechen, steigern sie zunächst die Kosten. 

Und auf ihre Aufwände müssen viele Banken und Sparkessen ohnehin einen kritische Blick werfen. Denn laut der Bain-Analyse kamen 53 Prozent der rund 1.380 untersuchten deutschen Geldhäuser 2022 nur auf eine Eigenkapitalrendite von unter zwei Prozent. Etliche Banken haben damit im Untersuchungsjahr nicht vom Anstieg des branchenweiten Zinsüberschusses um zwölf Prozent auf 89 Milliarden Euro profitiert, heißt es dort. 

In der Folge sei die Cost-Income-Ratio mit 67 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2012 gesunken. Die höheren Zinsen erforderten vielerorts sogar erhebliche Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Wertpapiere im Bestand. "Dies betraf unter anderem die beiden mit Abstand zahlenmäßig größten Institutsgruppen, die Kreditgenossenschaften und die Sparkassen", führt die Bain-Fachleute aus. Neben den Großbanken konnten nur die Privat- und Landesbanken ihre Profitabilität steigern. 

Insbesondere der systematische Einsatz von künstlicher Intelligenz entlang der Wertschöpfungskette von Banken kann in den kommenden Jahren deren Profitabilität deutlich verbessern", lautet daher ein zentrales Studienfazit.

Einsatzmöglichkeiten von KI

Eine Perspektive, die auch die Experten von Horváth teilen: Sie bezeichnen Investitionen in eine moderne technologische Infrastruktur und insbesondere in Künstliche Intelligenz als "unverzichtbar". Die Studienautoren nennen gleich vier wesentliche Gründe, warum Finanzunternehmen entsprechende Lösungen implementieren sollten: 

Sie warnen davor, die transformativen Fähigkeiten von KI zu ignorieren. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, "müssen traditionelle Finanzinstitute ihre Geschäftsprozesse auf KI-gestützte Modelle umstellen, die operative Exzellenz und nachhaltige Wettbewerbsvorteile versprechen".

Risikobegrenzung durch Regulierung

Dennoch müssen die Institute den Einsatz der Algorithmen gut durchdenken, um die von diesen möglicherweise ausgeheneden Gefahren zu minimieren. So besteht beispielsweise das Risiko, dass eine durch KI unterstützte Kreditvergabe zu Benachteiligungen einzelner Kunden oder Kundengruppen führt. Banken risikieren in diesen Fällen große Imageschäden. Um die Entwicklung der Technologie in sichere Bahnen zu lenken, hat die Europäische Kommission im April 2021 einen KI-Fahrplan vorgelegt, zu dem auch entsprechende Regulierungsmaßnahmen gehören. 

"Der EU AI Act teilt die Anwendungen in Risikoklassen ein und schlägt spezielle Entwicklungs- und Nutzungsanforderungen vor, um solche Risiken zu verhindern. Dies ist Teil eines umfassenderen Regulierungsvorstoßes", erläuterte George Karapetyan, KI-Spezialist beim IT-Dienstleister LPA, im Sommer 2023 in einem Gespräch mit springerprofessional.de. Das reiche zwar nicht aus, sei aber ein "guter Ausgangspunkt". 

Kommende Regulierungsvorhaben und mögliche Risiken halten manche Bank derzeit noch von der Verwendung von KI-Tools ab, während andere ihre Möglichkeiten frühzeitig ausschöpfen. "Ich glaube, dass der Schlüssel in der schrittweisen Einführung mit ausreichenden Tests liegt. Ich denke, Banken können mit den einfacheren und weniger riskanten Anwendungsfällen beginnen", rät Karapetyan. Dabei solle KI nicht im Fahrersitz sitzen, sondern als Werkzeug dienen, das "bei Entscheidungen hilft".

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