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04.04.2013 | Bodenschutz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Neue Wege im Landmanagement

verfasst von: Günter Knackfuß

5 Min. Lesedauer

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Wüstenbildung, Waldrodung, Übernutzung sowie die Konkurrenz zwischen Nahrungsmitteln und Energierohstoffen verursachen Landnutzungskonflikte. Deswegen erforscht die Fördermaßnahme "Nachhaltiges Landmanagement" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) neue Lösungen für ein nachhaltiges Landmanagement. Sie sollen zur Begrenzung der Folgen des Klimawandels und zur Entwicklung optimaler Bewirtschaftungsmethoden der Böden ohne die Ressource Land auszubeuten beitragen.

Neben dem Klimawandel ist die Ressource Land ohnehin unter Druck, weil die Menschheit wächst. Neun Milliarden müssen im Jahr 2050 ernährt werden. Zudem ändern sich die Essgewohnheiten. Beispielsweise steigt der Fleischkonsum. Deswegen wird schon jetzt vor allem Regenwald gerodet, um neue Weide- und Ackerflächen zu schaffen. Ein Schwerpunkt der Forschung ist daher ein nachhaltiges Landmanagement. Im Mittelpunkt stehen dabei Regionen, die besonders stark unter Veränderungen leiden – sei es in Madagaskar oder in deutschen Regionen, die vom demografischen Wandel besonders betroffen sind.

Das BMBF investiert insgesamt 115 Millionen Euro in den Jahren 2010-2016.

Projekt "SuLaMa" in Madagaskar

Der Südwesten Madagaskars gehört zu den ärmsten Landstrichen Afrikas. Die Menschen leben unmittelbar von den angebauten Feldfruchten und ihrer Tierhaltung. Es gibt wenig Zugang zu Bildung und Wissen, weswegen die Bewirtschaftung im traditionellen Wanderfeldbau erfolgt. Flächen werden solange zum Anbau genutzt, bis dem kargen Boden die Nährstoffe entzogen sind. Dann müssen neue Äcker etwa durch Waldrodung erschlossen werden.

Das Projekt "Sustainable Land Management in South-Western Madagascar" sucht nach Lösungswegen, die Landnutzung effektiver und nachhaltig zu gestalten. Unter Koordination der Universität Hamburg untersuchen deutsche und afrikanische Wissenschaftler die bisherige Art der Landnutzung und analysieren auch kulturell verankerte Hintergründe und Traditionen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Dialog mit den Menschen in den Dörfern, um Lösungen in den Zusammenhang traditioneller Werte und Normen einzubetten.

Um die nötige Datenbasis für eine Erfolg versprechende Landwirtschaft zu sammeln, wurden Versuchsfelder und Messstationen eingerichtet. Eine Kooperation mit dem WWF sorgt zudem für den Erhalt der einzigartigen Tiere und Pflanzen auch über das Projektende hinaus. Derzeit laufen Versuche, die Landwirtschaft auf einzelnen Versuchsflächen weiterzuentwickeln. Etwa, indem der Tierdung aus der Viehhaltung als Dünger auf landwirtschaftliche Flächen aufgetragen wird. Ausgehend von den Lösungsansätzen für die Menschen in der Region können die Erkenntnisse der Forschung auch in anderen, ähnlich strukturierten Gegenden der Welt Anwendung finden.

Projekt "KULUNDA" in Sibirien

Große Gebiete der Kulunda-Steppe in Südwest-Sibirien wurden in den 50er und 60er Jahren in Ackerland umgewandelt. Statt des ganzjährigen Grasbewuchses wachsen seitdem auf den Feldern nur in den Sommermonaten die Getreidepflanzen.

Für den Boden ist das fatal. Wegen des fehlenden Wurzelwerks kann er weniger Wasser speichern und ist sehr anfällig für Winderosion. 40 Prozent des Landes sind in kritischem Zustand. Bis zu 60 Prozent der Humusschicht sind stellenweise bereits abgetragen. In der Folge sanken auch die Ernteerträge um bis zu 30 Prozent. Es droht die Verwüstung breiter Landstriche.

Rund 40 deutsche Wissenschaftler unter Führung des Instituts für Geowissenschaften an der Universität Halle arbeiten mit etwa 25 russischen Kollegen an einem Konzept für eine nachhaltige Landnutzung. Ziele sind, die Erosion des Bodens zu stoppen, den landwirtschaftlichen Ertrag zu steigern und die Humusschicht wieder aufzubauen (www.kulunda.eu).

Somit würde auch wieder mehr CO2 im Boden gebunden. Die Forscher arbeiten dafür mit russischen Bauernorganisationen zusammen sowie mit der deutschen Firma AMAZONE-WERKE, die vor Ort eigens entwickelte Landmaschinen erprobt.

Im Jahr 2013 werden auf einzelnen Flächen neue Agrartechniken erprobt. So wird zum Beispiel auf traditionelles Pflügen verzichtet, um die Ackerkrume nicht ungeschützt dem Wind auszusetzen. Stattdessen sollen Saat und Dünger mithilfe einer speziellen Maschine direkt tiefer in den Boden eingebracht werden. In drei Testgebieten wurden Dauermessstationen eingerichtet, die unter anderem Niederschlags- und Temperaturwerte, Sonnenscheindauer, Wind und die Wechselwirkungen bzw. Stofftransporte zwischen der Atmosphäre, den Pflanzen, dem Boden und dem Grundwasser aufzeichnen.

Die Ergebnisse aus Kulunda können weltweit in vergleichbaren Regionen dabei helfen, das Land effektiver und zugleich nachhaltig zu nutzen. Allein 13 Prozent der Landesfläche Russlands werden ackerbaulich genutzt, davon sind 85 Prozent Steppenlandschaften. Insgesamt sind weltweit 23 Prozent der Erdoberfläche temperierte Grasländer wie Kulunda – entweder noch ursprüngliches Grasland oder bereits umfunktioniert zu Ackerflächen.

Projekt "NaLaMa-nT": Konzepte für Norddeutschland

Landkreise müssen oft Entscheidungen über die Landnutzung treffen, ohne zu wissen, wie sich Maßnahmen anderweitig auswirken. Beispielsweise in Uelzen: Da künftig mit weniger Regen zu rechnen ist, steht die bisherige Landwirtschaft in Frage. Schon jetzt müssen 95 Prozent der Felder bewässert werden, weil die Niederschläge nicht ausreichen. Eine größere Wasserentnahme könnte den Grundwasserspiegel sinken lassen. Daher fordern Landwirte, dass die angrenzende Forstwirtschaft Laub- statt Nadelbäume anbauen soll, da diese zumindest im Winter dem Boden weniger Wasser entziehen. Benötigt werden Erkenntnisse über Wirkungszusammenhänge, aus denen sich Szenarien und verschiedene Handlungsoptionen entwickeln lassen.

Das Projekt "Nachhaltiges Landmanagement Norddeutsches Tiefland" (NaLaMa-nT) untersucht vier Modellregionen, die vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen und hilft ihnen, Leitbilder für die Landnutzung zu entwickeln: Diepholz, Uelzen, Fläming und Oder-Spree.

70 Wissenschaftler untersuchen gegenwärtig die Entwicklung des lokalen Klimas, des Wasserhaushalts, der Boden- und Bevölkerungsentwicklung sowie der Weltmarktpreise einzelner Produkte. Die Prognosen sollen dank Computersimulation bis zum Jahr 2070 reichen. Die Wissenschaftler untersuchen zunächst den Ist-Zustand der Landnutzung, führen Interviews mit "Landnutzern" zu ihren Zielvorstellungen und erheben Daten, etwa Wasserproben. Anschließend modellieren sie die Wirkungszusammenhänge. Daraus entwickeln sie ein Schaltboard, das die wichtigsten Parameter miteinander verbindet. Bis 2015 sollen für jede Region mindestens drei mögliche Entwicklungsszenarien aufgezeigt werden. Die deutschen Modellregionen stehen vor ganz unterschiedlichen spezifischen Problemstellungen. Das entwickelte Schaltboard können aber alle nutzen.

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