Mit den IFRS sollen Abschlüsse international vergleichbar werden. Beim Thema Umsatzrealisierung beklagten sich viele Bilanzierer über vorhandene Regelungslücken, weshalb der neue Standard IFRS 15 auf den Weg gebracht wurde. So erklärt Springer-Autor Marlon Ramolla in seinem Buchkapitel "Die neuen Vorschriften zur Umsatzrealisierung nach IFRS 15 – Eine kritische Analyse der gesetzten Ziele und notwendigen Umsetzungsmaßnahmen" (Seite 207): "Mit der Neueinführung des IFRS 15 reagiert der Standardsetter, insbesondere im Sinne der Kritik der Bilanzwelt, auf die geringe Regelungstiefe des IAS 18, dem bisherigen Standard zur Bilanzierung der Umsatzerlöse. Auch in Bezug auf Mehrkomponentenverträge gab es keine eindeutigen Regelungen." Ab 2018 müssen Unternehmen die Neuregelungen beachten. Der IFRS 15 kann jedoch auch bereits für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2018 starten, freiwillig angewandt werden.
In dem Regelwerk wurde der Standard zur Umsatzrealisierung formuliert. Entsprechend wichtig sind die Neuregelungen für Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren. Denn Umsatzerlöse gehören zu den wichtigsten Kennzahlen eines Unternehmens, wie auch Dr. Clemens Pelster und Dr. Christian Herold in ihrem Beitrag "IFRS 15 – Chance für das Controlling" in der Zeitschrift Controlling & Managament Review (CMR) betonen. Die Neuregelungen betreffen vor allem die Bereiche Vertrieb und Marketing. Für die Umsatzrealisierung wurde ein Fünf-Schritte-Modell erarbeitet:
Fünf-Schritte-Modell nach IFRS 15 |
|
Damit überhaupt ein Umsatz realisiert werden kann, muss ein Vertrag mit einem Kunden zustande kommen. Es ist jedoch nicht immer einfach, die Leistungsverpflichtungen eines Vertrages genau zu bestimmen. Pelster und Herold führen beispielhaft an, dass gerade im Projektgeschäft üblicherweise mehrere Verträge mit einem Kunden geschlossen werden. Die Frage ist dann: Welche Verträge können zusammengefasst werden? Welche Leistungsbündel sind enthalten und können die Leistungsverpflichtungen einzeln abgegrenzt werden? Die Autoren erklären (Seite 61): "In der betriebswirtschaftlichen Realität werden schon seit Langem keine einfachen Produkte, sondern Leistungsbündel verkauft." Die Bewertung dieser Leistungsbündel wird nun im IFRS 15 definiert.
IFRS 15 wirkt auf Vertrieb und Marketing
Die IFRS-Bilanzierung kann dank der Definitionen zu mehr Verständnis seitens der Vertriebs- und Marketingmitarbeiter beitragen. Warum nämlich bisher beispielsweise Umsätze des Vertriebs vom Finanzbereich mit Hinweis auf noch nicht erbrachte Leistungen reduziert wurden, war für einen Vertriebsmitarbeiter schwer nachvollziehbar. Das Unverständnis, auch in Bezug auf die verwendeten Fachbegriffe, sorgte dann schnell für Missstimmung. "Zu den Fachbegriffen des IFRS 15 lassen sich Begriffe der betrieblichen Realität finden, mit denen auch Manager außerhalb des Finanzbereichs etwas anfangen können", meinen Pelster und Herold (Seite 61). Zudem sehen die Autoren Verbesserungen in der Performance-Steuerung; Regelungslücken wurden geschlossen und viele Fachbegriffe definiert. Die Autoren empfehlen Unternehmen (Seite 60):
- "Betrachten Sie die Anforderungen des IFRS 15 nicht nur aus dem Blickwinkel der aktuellen Prozesse im Finanz- und Rechnungswesen.
- Definieren Sie ein paar Musterbeispiele, wie nach IFRS 15 Leistungsverpflichtungen abzugrenzen sind und wann diese als Umsatz realisiert werden dürfen. Auslöser ist ein Ereignis in der betriebswirtschaftlichen Realität.
- Führen Sie aus, welche Werte in der Bilanz geparkt werden, und diskutieren Sie mit den Kollegen der Fachbereiche, welchen operativen KPIs es dafür gibt.
- Machen Sie sich Gedanken, wie Wertansätze automatisch aus einer Vertragsdatenbank oder einer Reparaturdatenbank ermittelt werden können (zum Beispiel Erfassung der Garantiefälle). Unter dem Titel Data-Science gibt es viele neue Methoden, die valide Wertansätze liefern."
Klarstellungen verbessern die interne Kommunikation
Mit den IFRS 15 bieten sich also viele Chancen für den Finanzbereich, gerade auch in der unternehmensinternen Kommunikation. Manche Kritiker hätten sich dennoch mehr erhofft. So kritisiert beispielsweise Marlon Ramolla, dass der Standardsetter das Ziel, vorhandene Ermessensspielräume in Bezug auf die Umsatzrealisierung einzudämmen, nicht erfüllt habe. Die Praxiserfahrungen in der Bilanzierung werden zeigen, ob der Standard auf Dauer die Vergleichbarkeit im Bereich der Umsatzerlöse verbessert.