Skip to main content

2009 | Buch

Das verfassungsrechtliche Beitrittsverfahren zur Europäischen Union

und seine Auswirkungen am Beispiel der Gotovina-Affäre im kroatischen Beitrittsverfahren

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die Europäische Union wird in wenigen Jahren einen neuen Erweiterungsschub durch Länder auf dem Westbalkan und in Südosteuropa erleben, denen bereits eine konkrete Beitrittsperspektive eingeräumt wurde. Die vorliegende Arbeit analysiert vor diesem Hintergrund das Beitrittsverfahren, das Bewerberländer beschreiten müssen. Sie führt den Nachweis, dass dieses Verfahren mittlerweile in einer Weise verrechtlicht ist, die dem Charakter der Union als Rechtsgemeinschaft entspricht. Das zur Anwendung kommende Recht ist im Wesentlichen in der Unionsverfassung verankert und determiniert die Ermessensentscheidung des Rates bei der Aufnahme neuer Mitglieder.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Der Fall Gotovina: Ausgangspunkt der Untersuchung
Abstract
Der Rat der Europäischen Union beschloss am 16. März 2005 in der Besetzung als Rat der Auβenminister, aufgrund eines fehlenden Konsenses zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Republik Kroatien, deren Beginn für den 17. März 2005 terminiert war, diese auf unbestimmte Zeit zu verschieben1. Der Rat begründete seine Entscheidung mit der unzureichenden, da nicht vollständigen Kooperation Kroatiens mit dem Kriegsverbrechertribunal für das frühere Jugoslawien (International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia, ICTY). Der Vorwurf unzureichender Kooperation fuβte auf Äuβerungen der Chefanklägerin des Kriegsverbrechertribunals, Carla Del Ponte. Konkret bemängelte Frau Del Ponte im Vorfeld der Tagung des Rats, dass der als Kriegsverbrecher in Den Haag angeklagte kroatische General Ante Gotovina sich in Reichweite kroatischer Behörden befinde und dennoch nicht an das Kriegsverbrechertribunal überstellt worden sei2.
Michael Rötting
2. Der Beitritt zur Union: ein verfassungsrechtliches Verfahren
Abstract
Der Beitritt eines Neumitglieds zur Europäischen Union erfolgt in Anbetracht der vÖlkerrechtlichen Genese des Europarechts im Wege eines vÖlkerrechtlichen Vertrags, den die EU-Mitgliedstaaten mit dem beitrittswilligen Nichtmitglied schlieβen88. Art. 49 II S. 1 EU spricht von einem „Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat“, das nach Art. 49 II S. 2 EU „der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten gemäβ ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften“ bedarf. Allgemein erÖffnen die Verfahren zum Abschluss vÖlkerrechtlicher Abkommen einen erheblichen Verhandlungsspielraum, der sich aus dem vÖlkerrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit ergibt89 und vorrangig nach politischen Gesichtspunkten genutzt werden kann. Daher liegt zunächst der Gedanke nahe, dass das Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat über den Beitritt im Rahmen eines politischen Prozesses ausgehandelt wird. Denkbar ist jedoch auch ein rechtliches Verfahren, das dem Zustandekommen des Beitrittsaktes als unionsrechtlichem Akt zugrunde liegt. Diese Frage soll zunächst untersucht werden.
Michael Rötting
3. Rechtliche Bewertung des Vorgehens der Unionsorgane im kroatischen Beitrittsverfahren
Abstract
Im folgenden Teil der Arbeit soll das Vorgehen der Unionsorgane speziell im kroatischen Beitrittsverfahren rechtlich beleuchtet werden. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Vorgehen der Europäischen Kommission und des Rats im Rahmen der Aussetzung der bereits für 17. März 2005 angekündigten ErÖffnung von Beitrittsverhandlungen auf unbestimmte Zeit am 16. März 2005 im Zusammenhang mit der Affäre um die Auslieferung des kroatischen Generals Ante Gotovina an den ICTY. Die Darstellung orientiert sich dabei an den oben (S. 150) bereits tabellarisch vorgezeichneten verfahrenswesentlichen Schritten im primärrechtlich fixierten Beitrittsverfahren.
Michael Rötting
4. Anwendung gleicher verfassungsrechtlicher Standards auf Altmitglieder und Bewerberstaaten
Abstract
In den inhaltlichen Anforderungen an beitrittswillige Staaten kommen konkrete Inhalte des Verfassungsrechts der EU zum Ausdruck. Kern des rechtlich geordneten, rechtsanwendenden Verfahrens nach Art. 49 EU ist das anzuwendende Recht des Art. 49 I 1 EU und des Art. 6 I EU696. Nun soll in einem weiteren Schritt untersucht werden, wie sich diese Kriterien zu den Anforderungen verhalten, die von den Staaten zu erfüllen sind, die bereits Mitglieder der Union sind. Damit ist die Frage angesprochen, wie die Europäische Union sicherstellt, dass der Kern ihrer verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenüber den Mitgliedstaaten nach einem Beitritt durchgesetzt wird. Hier kommen verschiedene Mittel in Betracht. Am herausstechendsten dürfte die Durchsetzung nach Art. 7 EU sein. Diese Norm erlaubt die Suspendierung von Mitgliedschaftsrechten im Fall der Verletzung fundamentaler Grundsätze durch einen Mitgliedstaat.
Michael Rötting
5. Summary
Abstract
The present study aims to show that the accession of a new Member State to the European Union is not merely a political process. It is governed by a legal procedure rooted in European Constitutional Law and meant to carry into effect the constitutional mandate of enlargement. To demonstrate the legal relevance of these findings, the study analyzes certain aspects connected to the postponement of the opening of accession negotiations with the Republic of Croatia in March 2005. This postponement was caused by the so-called causa Gotovina, as the members of the Council could not reach a consensus on Croatia’s compliance with the accession criterion of respect for the rule of law because Croatia did not transfer the alledged war criminal and Croatian general Ante Gotovina to the International Court of Justice for the former Yugoslavia. The study concludes that by making the evaluation of Croatia’s compliance with an accession criterion dependant on an assessment by the ICTY prosecutor and thus outsourcing it, the European Union violated Croatia’s procedural rights in the accession process
Michael Rötting
Backmatter
Metadaten
Titel
Das verfassungsrechtliche Beitrittsverfahren zur Europäischen Union
verfasst von
Michael Rötting
Copyright-Jahr
2009
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-01766-7
Print ISBN
978-3-642-01765-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-01766-7

Premium Partner