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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

6. Der vernünftige Autoritarismus: Die Herrschaft des konstitutionellen Monarchen

verfasst von : Dietmar Braun

Erschienen in: Normative Theorien autoritärer Herrschaft

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Im sechsten Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ steht die politische Theorie Hegels, dokumentiert in der „Rechtsphilosophie“, zentral. Hegels Vision eines idealen „sittlichen Staates“ möchte individuelle Freiheit und Gemeinschaftsorientierung miteinander in Einklang bringen. Dies gelingt in einer politischen Ordnung, die in sich „vernünftig“ ist, die als die höchste Stufe in der Entwicklung des „Weltgeistes“ gesehen werden kann. Die autoritär geführte „konstitutionelle Monarchie“ ist der adäquate institutionelle Ausdruck dieser vernünftigen Ordnung. In dieser Ordnung ist der Monarch als „Letztentscheider“ an die „gelebte Verfassung“ eines historisch gewachsenen nationalen Gemeinwesens gebunden und über die Vorstellung einer organisch gewachsenen und funktionalistisch aufgebauten gesellschaftlichen und politischen Ordnung legitimiert. Die Bürger sind aktiver Teil dieser funktionalen Ordnung.

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Fußnoten
1
„Schließich denkt Hegel, dass jetzt das Ende der Geschichte angebrochen sei. Der objektive Geist hat sich in Preußen verwirklicht. Alle anderen Staaten sollen sich diesem Ideal annähern“ (Precht 2017, S. 613).
 
2
Der erste Satz lautet in diesem Text: „Deutschland ist nicht länger eine Nation“!
 
3
Interpretieren wir dies im Moment als die philosophische Schau (Wahrnehmung und Aneignung) des menschlichen Bewusstseins von „Sein“, von dem, was außer ihm existiert. Die Geschichte des Geistes meint dann das Durchlaufen der verschiedenen Bewusstseinsstufen als dialektische Auseinandersetzung von Sein und (Selbst)Bewusstsein.
 
4
Und nicht die Monarchie, die Aristokratie oder die Demokratie, die für ihn noch die „ungetrennte substantielle Einheit zu ihrer Grundlage“ haben (Hegel 1974: 729 (Par. 273)).
 
5
„Im gegenseitig anerkannten Selbstbewußtsein selbstbewußter Individuen besteht der Geist und das Reich der Sittlichkeit“ (Ludwig 2009, S. 140).
 
6
Die ihren Anfang in Israel nimmt.
 
7
Hegel im Original: „Indem in dem harten Kampfe dieser im Unterschiede, der hier seine absolute Entgegensetzung gewonnen, stehenden und zugleich in einer Einheit und Idee wurzelnden Reiche das Geistliche die Existenz seines Himmels zum irdischen Diesseits und zur gemeinen Weltlichkeit, in der Wirklichkeit und in der Vorstellung degradiert, das Weltliche dagegen sein abstraktes Fürsichsein zum Gedanken und dem Prinzipe vernünftigen Seins und Wissens, zur Vernünftigkeit des Rechts und Gesetzes hinaufbildet, ist an sich der Gegensatz zur marklosen Gestalt geschwunden; die Gegenwart hat ihre Barbarei und unrechtliche Willkür und die Wahrheit hat ihr jenseits und ihre zufällige Gewalt abgestreift, so daß die wahrhafte Versöhnung objektiv geworden, welche den Staat zum Bilde und zur Wirklichkeit der Vernunft entfaltet……“ (Hegel 1972, Par. 360).
 
8
„Der Mensch ist nur vernünftig, geistig, insofern er seinen besondern Zweck zu einem allgemeinen erhebt, für den er thätig sein kann“ (Hegel 1973, S. 329 (Par 120)).
 
9
„Verfassungen würden überhaupt nicht „gemacht“. Sie entstünden durch die Arbeit von Jahrhunderten. Auch müßten sie dem Entwicklungsstand des Volksgeistes entsprechen“ (Ottmann 2008, S. 264).
 
10
Die Verfassung entspricht der „Weise und Bildung des Selbstbewußtseyns“ eines Volkes. Der „Geist eines Volkes“ ist der Staat, „das alle seine Verhältnisse durchdringende Gesetz, die Sitte und das Bewußtseyn seiner Individuen“. Diese organische, kulturelle Element einer gelebten Verfassung steht in Gegensatz zu, wie Hegel in einem Kommentar hierzu äußert, einer Verfassung die man „a priori geben“ wolle. „Dieser Einfall übersähe gerade das Moment, durch welches sie mehr als ein Gedankending wäre. Jedes Volk hat deswegen die Verfassung, die ihm angemessen ist und die sich für dasselbe gehört (Hegel 1974, S. 734 f. (Par. 274)). Und noch deutlicher vorher: „Ueberhaupt aber ist es schlechthin wesentlich, daß die Verfassung, obgleich in der Zeit hervorgegangen, nicht als ein Gemachtes angesehen werde; denn sie ist vielmehr das schlechthin an und für sich Seyende, das darum als das Göttliche und Beharrende, und als über der Sphäre dessen, was gemacht wird, zu betrachten ist“ (Hegel 1974, S. 734 (Par. 273, c)).
 
11
Die konstitutionelle Monarchie ist keine „Despotie“ erklärt Hegel, denn diese sei eine Regierung auf Basis eines „besonderen Willens“. Hier aber ist Regieren immer „vom Zwecke des Ganzen (den man im Allgemeinen mit einem unbestimmteren Ausdruck das Wohl des Staats genannt hat) bestimmt und abhängig…“ (Hegel 1974, S. 738 f. (Par. 278)). Sie ist nicht unabhängig.
 
12
Hegel selber: „Einheit entsteht in der Letztentscheidung und dies kann nur durch eine Gewalt, nicht zwei Gewalten geschehen, wie dies in der Französischen Revolution der Fall war, mit allen katastrophalen Folgen, die man kennt“ (Hegel 1973, Par. 122).
 
13
Durch den Monarchen wird „ein Volk ein Volk“, wird der Staat „ein wirkliches Eins“ (Hegel 1973, Par. 122).
 
14
„Das als Auszeichnung des Fürsten daß in ihm als Individuum sich der Staat vollendet (zuspitzt)“ (Hegel 1973, Par. 122).
 
15
Im Paragraphen 278 der offiziellen Rechtsphilosophie verdeutlicht Hegel dies anhand des Gegensatzes zu einer Feudalmonarchie wie in England: hier sei der Monarch nicht souverän. „Teils waren die besonderen Geschäfte und Gewalten des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft in unabhängigen Korporationen und Gemeinden verfaßt, das Ganze daher mehr ein Aggregat als ein Organismus, teils waren sie Privateigentum von Individuen…..und damit in deren Meinung und Belieben gestellt“. Er benutzt dann den Analogismus zum Organismus, um zu verdeutlichen, dass in diesem Fall die organischen Teile voneinander isoliert seien und damit Krankheit vorgezeichnet sei. Die Souveränität in der konstitutionellen Monarchie – den Despotismus verdammt er hier, weil der Tyrann hier seine eigenen Gesetze schaffe, also Willkür herrsche – dagegen ist nicht „ein Unabhängiges, in ihren Zwecken und Wirkungsweisen Selbständiges und sich nur in sich Vertiefendes, sondern in diesen Zwecken und Wirkungsweisen vom Zwecke des Ganzen (den man im allgemeinen mit einem unbestimmten Ausdrucke das Wohl des Staats genannt hat) bestimmt und abhängig sei“.
 
16
„So ist es das Grundmoment der zuerst im unmittelbaren Rechte abstrakten Persönlichkeit, welches sich durch seine verschiedenen Formen von Subjektivität fortgebildet hat und hier im absoluten Rechte, dem Staate, der vollkommen konkreten Objektivität des Willens, die Persönlichkeit des Staats ist, seine Gewißheit seiner selbst – dieses Letzte, was alle Besonderheiten in dem einfachen Selbst aufhebt, das Abwägen der Gründe und Gegengründe, zwischen denen sich immer herüber und hinüber schwanken läßt, abbricht, und sie durch das: Ich will, beschließt, und alle Handlung und Wirklichkeit anfängt“ (Hegel 1974, S. 740 (Par. 279)).
 
17
„Konstitutionelle Monarchien sollen kein Wahlreich seyn. Denn die Spitze soll eine natürlich unmittelbare, keine gewählte, gesetzte sein“ (Hegel 1973, Par. 122).
 
18
Den Begriff „Staatsbürger“ gebraucht Hegel nicht. Ich finde ihn aber adäquat, um den Unterschied vom einfachen Bürger mit abstrakter, subjektiver Freiheit zum Bürger mit „unendlicher Freiheit“ zu ziehen. Dies entspricht auch Rousseaus Begriff vom „citoyen“.
 
19
Hegel macht an dieser Stelle sogar das Rousseausche Denken für den Terror in der Französischen Revolution verantwortlich (Hegel 1974, S. 694 f. (Par. 256)). Der Vorzug von Rousseaus Philosophie sei es, dass er überhaupt den „Willen“ als „Prinzip des Staates aufgestellt“ habe. Aber dieser Wille bleibt bei ihm subjektiver Wille und die „volonté générale“ ist bei ihm eben nicht das „an und für sich Vernünftige des Willens“, sondern nur das „Gemeinschaftliche“, „das aus diesem einzelnen Willen als bewußtem hervorgehe“. Die volonté générale“ ist somit nur die Aggregation der Einzelwillen, die immer seine Grundlage bleiben. Er beruht auf einem „Vertrag“, der den Bürger zum Souverän macht und damit den Einzelwillen zur Grundlage des Staates. Damit aber wird die „Verfassung eines großen wirklichen Staates“ (womit er Frankreich vor der Revolution meint) zerstört und auf die Füße bloß „vermeinter Vernünftigkeit“ gestellt. „…weil es nur ideenlose Abstractionen sind, haben sie den Versuch zur fürchterlichsten und grellsten Begebenheit gemacht“.
 
20
Bei ihm handelt es sich um, erstens, den Bauernstand und den Adel, für ihn der „unmittelbare und substantielle Stand“; zweitens um den Stand der Erwerbsbürger (Handel, Unternehmen, Handwerker), der „reflektierend und formell“ sei; und drittens den „allgemeinen Stand“ der Beamten, die ihre Arbeit „für das Allgemeine“ verrichten (Hegel 1974, S. 648–652 (Par. 202–204)).
 
21
„Die Eröffnung dieser Gelegenheit von Kenntnissen hat die allgemeinere Seite, daß so die öffentliche Meinung erst zu wahrhaften Gedanken und zur Einsicht in den Zustand und Begriff des Staates und dessen Angelegenheiten und damit erst zu einer Fähigkeit, darüber vernünftiger zu urteilen, kommt“ (Hegel 1972, S. 781 (Par. 314).
 
Literatur
Zurück zum Zitat Hegel, G. W. F. (1893). Kritik der Verfassung Deutschlands. Frankfurt: Fischer. Hegel, G. W. F. (1893). Kritik der Verfassung Deutschlands. Frankfurt: Fischer.
Zurück zum Zitat Hegel, G. W. F. (1972). Philosophie des Rechts. Frankfurt a. M.: Ullstein. Hegel, G. W. F. (1972). Philosophie des Rechts. Frankfurt a. M.: Ullstein.
Zurück zum Zitat Hegel, G. W. F. (1973). Vorlesungen über Rechtsphilosophie 1818–1831. Erster Band (Herausgegeben von K.-H. Ilting). Stuttgart: frommann-holzboog. Hegel, G. W. F. (1973). Vorlesungen über Rechtsphilosophie 1818–1831. Erster Band (Herausgegeben von K.-H. Ilting). Stuttgart: frommann-holzboog.
Zurück zum Zitat Hegel, G. W. F. (1974). Vorlesungen über Rechtsphilosophie 1818–1831. Zweiter Band. Die „Rechtsphilosophie von 1820“ (Herausgegeben von K.-H. Ilting). Stuttgart: frommann-holzboog. Hegel, G. W. F. (1974). Vorlesungen über Rechtsphilosophie 1818–1831. Zweiter Band. Die „Rechtsphilosophie von 1820“ (Herausgegeben von K.-H. Ilting). Stuttgart: frommann-holzboog.
Zurück zum Zitat Ludwig, R. (2009). Hegel für Anfänger. Phänomenologie des Geistes. München: Deutscher Taschenbuch Verlag. Ludwig, R. (2009). Hegel für Anfänger. Phänomenologie des Geistes. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
Zurück zum Zitat Ottmann, H. (2008). Geschichte des politischen Denkens: Bd. 3. Teilband 2. Das Zeitalter der Revolutionen. Stuttgart: J.B. Metzlar. Ottmann, H. (2008). Geschichte des politischen Denkens: Bd. 3. Teilband 2. Das Zeitalter der Revolutionen. Stuttgart: J.B. Metzlar.
Zurück zum Zitat Popper, K. R. (1966). The open society and its enemies (5. Aufl.). Princeton: Princeton University Press. Popper, K. R. (1966). The open society and its enemies (5. Aufl.). Princeton: Princeton University Press.
Zurück zum Zitat Precht, R. D. (2017). Erkenne dich selbst. Eine Geschichte der Philosophie (Bd. II). München: Goldmann. Precht, R. D. (2017). Erkenne dich selbst. Eine Geschichte der Philosophie (Bd. II). München: Goldmann.
Zurück zum Zitat Schnädelbach, H. (1999). Hegel zur Einführung. Hamburg: Junius. Schnädelbach, H. (1999). Hegel zur Einführung. Hamburg: Junius.
Metadaten
Titel
Der vernünftige Autoritarismus: Die Herrschaft des konstitutionellen Monarchen
verfasst von
Dietmar Braun
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29961-3_6