Würden Sie an einem Hundertmarkschein vorübergehen, der auf der Straße liegt? Nie im Leben? Trotzdem machen das täglich Tausende Unternehmer, Geschäftsführer, Verkaufsleiter und VerkäuferWürden Sie auf kostenlose Werbung verzichten? Niemals? Tausende Unternehmer, Geschäftsführer, Verkaufsleiter und Verkäufer verzichten täglich darauf.
Dass Sie und Ihre Verkäufer mit Empfehlungen Umsatz machen können, wussten Sie schon vorher. Dazu brauchen Sie kein Buch, dazu brauchen Sie mich nicht. Wir alle wissen ganz genau, wo die versteckten Umsatzpotenziale liegen. Aber wir lassen sie dort liegen. Warum? Das ist die interessante Frage.
Das Geld liegt auf der Straβe. Ein Verkäufer kommt vorbei, will sich gerade bücken — da kommt ein kleiner Hund angelaufen und fängt zu bellen an. Was macht der Verkäufer? Er rennt schnell weg und lässt das Geld liegen.
Mit einem Spitzenverkaufsteam ist jedes Verkaufsziel erreichbar, wirklich jedes. Das Problem ist nur: Wer hat schon ein Spitzenverkaufsteam? Die wenigsten. Daran ändern auch Incentives, Verkäuferwettbewerbe und Provisionserhöhungen nichts wesentlich. Das sind nur Strohfeuer. Diese Instrumente kratzen nur an der Oberfläche. Sie erreichen die wahre Ursache der Malaise nicht und die ist im Grunde ziemlich simpel: neunzig Prozent aller Verkäufer wollen gar nicht verkaufen. Als Kunden erleben wir das täglich.
Man sollte meinen, dass jeder professionelle Geschäftsführer und jeder Verkaufsleiter ein kaum steigerungsfähiges Interesse daran hat, dass möglichst viele Kunden möglichst lange möglichst viel ordern. In der Realität sieht die Sache anders aus. In vielen Unternehmen kommt, geht und ordert der Kunde, wann er will. Die Führungskräfte hetzen zwar wie wild hinter ihren Umsatzzahlen her. Doch auf der anderen Seite drehen sie sich nicht um, wenn ein Kunde abspringt. Das ist Entwicklungsstufe Null der Kundenorientierung: keine Sensibilisierung vorhanden.
„An schönen Tagen treffen Sie unseren Außendienst am ehesten im Straßencafé“, sagt der Geschäftsführer eines Unternehmens für Profilteile. „Das finde ich völlig in Ordnung.“ Ist der Mann übergeschnappt? Nein. Er weiß lediglich: Verkaufen ist hart, und wer sich bei dreißig Grad einen Eiskaffee gönnen will, den halten keine zehn Pferde davon ab — solange der Geschäftsführer weiß, was die Verkäufer vor und nach dem Eiskaffee machen. Das ist der Witz dabei. Dieser Witz heißt Vertriebscontrolling. Die Pointe hat sich noch nicht sehr weit herumgesprochen.
Wir verschenken täglich Umsatz. Und damit meine ich nicht die eine oder andere Abschluss-Chance, die man schon mal übersieht. Wir übersehen nicht nur einzelne Aufträge, wir übersehen ganze Märkte. Wir verschenken täglich Dutzende, wenn nicht Hunderte Aufträge. Und das merken wir oft erst, wenn es zu spät ist.
Der Kundendienst-Mechaniker eines Maschinenbau-Unternehmens sagt stolz zu seinem Chef: „Als ich bei der ABC KG auf Reparatur war, habe ich herausgefunden, warum die Maschine schon wieder defekt ist: Denen fehlt ein gutes Peripherie-Gerät. Ich habe sofort eines verkauft!“ Der Kundendienst-Leiter schlägt die Hände über seinem Kopf zusammen: „Musste das sein? Wissen Sie nicht, welcher Papierkram da nachkommt? Wir können doch gar nicht auf die Bestell-Software zugreifen! Warum haben Sie das nicht dem zuständigen Verkäufer gesagt? Sie sollen reparieren und nicht verkaufen!“
Wenn Sie zart besaitet sind, sollten Sie dieses Kapitel überblättern. Hier packen wir ein heißes Eisen, ein ausgesprochenes Tabu-Thema an. Jeder, der jemals im Außendienst war, weiß, dass Verkäufer Angst haben: bei der Kaltakquise, vor Einwänden, vor dem Preisgespräch und vor „harten Nüssen“. Selbst Spitzenverkäufer haben manchmal Angst davor, selbst alte Hasen. Das ist nichts Schlimmes. Das ist normal. Verkaufen ist von allen Wertschöpfungsphasen die absolut härteste. Wer behauptet, vor oder auf Kundenbesuch noch nie zittrige Knie bekommen zu haben, lügt. Jeder kennt die Angst, aber niemand spricht darüber. Deshalb ändert sich auch nichts. Und das kostet Geld, viel Geld.
Das Geld liegt auf der Straße. Leider suchen viele Unternehmen nur auf ihrer kleinen Nebenstraße danach, in Vororten und Wohngebieten. Wie wär’s mal mit der großen Stadt? Der Königsstraße, der Elb-Chaussee? Auf den großen Straßen der Welt liegt das große Geld.
Sie haben in den zurückliegenden zehn Kapiteln zehn Umsatzquellen kennen gelernt. Zehn Potenziale, die Ihnen unter Garantie mehr, manchmal sehr viel mehr Umsatz bringen werden oder es bereits tun. Der Mehrumsatz ist nicht das Erstaunliche an diesen Potenzialen. Denn, seien wir ehrlich: Keines der Potenziale war Ihnen neu, oder? Keines davon ist Ihrem Verkaufsleiter und Ihren Verkäufern neu. Es gibt unter Ihren Verkäufern sogar welche, die einige dieser Umsatzquellen bereits entdeckt haben und dort kräftig Gold schürfen. Und das ist das eigentlich Erstaunliche an diesen Potenzialen: Warum schürfen dort nicht alle Ihrer Verkäufer?
Sie haben inzwischen elf sichere Umsatzpotenziale kennengelernt. Wie viele davon schöpfen Sie bereits aus? Wie viele stehen noch offen? Warum? Warum immer noch? Weil es eine Sache ist zu wissen, wo Geld auf der Straße liegt, und eine andere, es tatsächlich aufzuheben. Es ist eine Sache der Strategie.