Skip to main content
Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie 4/2023

Open Access 10.11.2023 | Abhandlung

Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften

verfasst von: Jörn Knobloch

Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie | Ausgabe 4/2023

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Der Beitrag setzt sich mit der wissenschaftlichen Politikberatung während der Anfangsphase der Coronakrise in Deutschland auseinander. Angesichts einer unbekannten virologischen Gefahr wurde Nichtwissen neu bewertet und das Verhältnis von resp. die Interaktion zwischen Politik und Wissenschaft neu organisiert. Jedoch zeigt sich bei der näheren Betrachtung der wissenschaftlichen Politikberatung, dass nur wenige Disziplinen eingebunden und die Sozialwissenschaften sogar weitgehend ignoriert wurden. Zur Erklärung dieser Einseitigkeit entwickelt der Beitrag die These, dass vor allem die Absicht zur Kontrolle des Nichtwissens in der Politik und der Wissenschaft für die weitgehende Ignoranz sozialwissenschaftlicher Expertise verantwortlich war. Dazu wird zunächst in den Zusammenhang von Wissen und Nichtwissen eingeführt und werden die verschiedenen Nichtwissensstrategien in Politik und Wissenschaft vorgestellt. Daraufhin wird die Dynamik der Interaktion wissenschaftlicher Politikberatung in den ersten Wellen der Pandemie rekonstruiert. Dabei wird erstens die Entstehung und Strukturierung der Beratung beschrieben und zweitens gezeigt, wie darin Nichtwissen (nicht) bearbeitet wurde. Die Ergebnisse der Rekonstruktion werden schließlich systematisiert im Hinblick auf die Entstehung eines Nichtwissensregimes, das für die Ungleichbehandlung verschiedener Wissenschaftsdisziplinen verantwortlich war und ist. Für zukünftige Konstellationen, so das Resümee, ist der Rückgriff auf kontextualisierende Nichtwissenskonzepte der Sozialwissenschaften zu empfehlen, zumal mit Blick auf Sekundärfolgen, die weit über das kurzfristige Interesse an der Infektionseindämmung hinausweisen.
Hinweise
Die Originalversion dieses Beitrags wurde korrigiert: Aufgrund eines internen Fehlers, hat versehentlich der zweite Teil sowohl des deutschen als auch des englischen Titels in der finalen Version gefehlt. Der deutsche Titel lautet: „Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften“ und der englische Untertitel lautet: „The biased interpretation of the unknown. The non-knowledge regime of pandemic policy advice and the exclusion of the social sciences“.
Zu diesem Beitrag ist ein Erratum online unter https://​doi.​org/​10.​1007/​s11609-023-00511-2 zu finden.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

In der wissenschaftlichen Reflexion der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen nimmt die Betrachtung des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik eine besondere Stellung ein. Denn selten schien die politische Bearbeitung einer Krise so stark von wissenschaftlicher Aufklärung abhängig zu sein. Angesichts künftiger Krisen ist es deshalb sinnvoll, retrospektiv nachzuprüfen, inwieweit wissenschaftliche Expertise effizient in das politische Krisenmanagement einbezogen wurde und ob das Beratungswissen der Wissenschaft die öffentlichen Erwartungen erfüllt hat (Busch 2021, S. 284). Beides ist Voraussetzung für das gelungene Krisenmanagement einer Pandemie, das sich in einem wirksamen Schutz der Bevölkerung und einem stabilen Vertrauen in die politischen Krisenmanager manifestiert. Dementsprechend dominieren diese beiden Momente die anhaltende politische Evaluierung des Pandemiemanagements in Deutschland. Insofern diese Evaluierung positiv ausfällt, sollte ein direkter Zusammenhang zwischen der Integration wissenschaftlicher Expertise in die Beratung der Exekutiven von Bund und Ländern einerseits, und dem Erfolg daran anschließender politischer Reaktionen andererseits nachzuweisen sein.
Daran lässt sich jedoch zweifeln. So wurde bereits früh in der Krise die Auswahl der in die Beratung involvierten Experten und damit die Dominanz virologischer, später auch epidemiologischer Forschung problematisiert (Hirschi 2021; Streeck 2021). Diese Auswahl, so die Kritiker, fördere eine wissenschaftliche „Monokultur“ (Bogner und Menz 2021, S. 123) sowie einen „virologischen Imperativ“ (Korte 2021, S. 32) und arbeite so einem sinnvollen epistemischen Pluralismus im Beratungswissen entgegen (Lohse und Bschir 2020). Damit wird das Bild einer optimalen Beratung in der Krise, die auf der Auswahl der besten Expertise durch die Politik beruht, zur Disposition gestellt. Insbesondere ein korrespondierender Widerspruch wird in Deutschland ersichtlich: Obwohl der Eindämmungsansatz des Pandemiemanagements ausschließlich an der sozialen Kontrolle des Virus ansetzte (Jasanoff et al. 2021; Schorb und Schmidt-Semisch 2021), wurden die Sozialwissenschaften größtenteils nicht in die Politikberatung involviert (Lohse und Canali 2021). Dieser Widerspruch illustriert beispielhaft die Defizite eines politischen Umgangs mit wissenschaftlicher Beratung und seinen Protagonisten, der bestimmte Wissensformen je nach praktischer Implikation bevorzugt. Denn statt eine ergebnisoffene Politikberatung zu leisten, stützte die herangezogene Expertise meist nur bestimmte Entscheidungen und legitimierte sie als „alternativlos“ (Beck und Nardmann 2021). Dementsprechend lässt sich das deutsche Pandemiemanagement hinsichtlich der herangezogenen wissenschaftlicher Expertise als exklusiv charakterisieren. Und diese Exklusivität war nicht zufällig, sondern bedingt durch die politische Instrumentalisierung der Beratung (ebd.), die Eigeninteressen der beratenden Wissenschaftler (Hirschi 2021) sowie das Zusammentreffen einer exekutiven Politik mit einer durch die Medien hierarchisierten Wissenschaft (Pfadenhauer 2021).
Der Beitrag schließt an diese Erklärungen an. Die Beratungsleistung der wissenschaftlichen Politikberatung, so die These, war kein Resultat rein rationaler Steuerung von Expertise, sondern das Ergebnis potenziell konfliktgeladener Interaktionen zwischen Wissenschaft und Politik, in deren Verlauf unterschiedliche Interessen aufeinandertrafen (Straßheim 2013; Korinek und Veit 2013). Diese Perspektive der Politischen Soziologie wird im Folgenden um eine, meines Erachtens, bisher nicht ausreichend beachtete wissenssoziologische Eigenart der Pandemie ergänzt: COVID-19 wurde erst dann zu einer sozialen Krise, als das vorhandene Wissen – etwa über die Gefährdung des Einzelnen wie auch die Ausbreitung des Virus – für absolut unzureichend erklärt wurde. Das stürzte die betroffenen Gesellschaften in eine „epistemische Krise“ (Korte 2021, S. 31), in der das relevante Nichtwissen radikal neu bewertet wurde (Borck 2020; Tratschin 2021). Infolgedessen wurde das Nichtwissen zu COVID-19 als „unspezifisches Nichtwissen“ (Japp 2003) kommuniziert, das weder in Form operationalisierbarer Risiken eingrenzbar noch durch partielle Wissensansprüche – etwa mit Blick auf Erfahrungen mit anderen Krankheiten – bewältigbar schien. Ein solches Unwissen in Form unspezifischen Nichtwissens hat gesellschaftlich erfahrungsgemäß starke Verunsicherungen zur Folge, die es unbedingt zu vermeiden gilt (ebd.). Damit konstituierte sich die „Pandemie der Gesellschaft“ als Wissenskrise, die insbesondere die Politik herausforderte. Sie musste trotz Nichtwissen Entscheidungsfähigkeit demonstrieren und konnte nicht abwarten, bis ausreichend Wissen über die Folgen von Entscheidungen vorhanden war. Im „epidemischen Ausnahmezustand“ (Schwanholz 2021, S. 67) der COVID-19-Krise behandelte sie das relevante Nichtwissen daher als zentrales Wissensproblem der Gesellschaft und delegierte es zur eigenen Entlastung an die Wissenschaft (Korte 2021, S. 32).
Angesichts des Nicht-Einbezugs der Sozialwissenschaften in die Politikberatung stellt sich dann die Frage, wie der politische Umgang mit relevantem Nichtwissen über das pandemische Geschehen dazu in Beziehung steht. Der Beitrag geht hier von der Beobachtung aus, dass Politik und Wissenschaft in der epistemischen Krise durchaus kooperativ aktiv wurden. Diese Zusammenarbeit ist in einer Demokratie im Prinzip offen und vorurteilsfrei mit Blick auf unterschiedliche Nichtwissensansätze. Die Coronakrise zeigte jedoch, dass dieser Offenheit de facto deutliche Grenzen gesetzt sind: In der Politikberatung wurden vorzugsweise diejenigen Akteure und Ansätze berücksichtigt, die „ihr“ Nichtwissen erfolgreich kontrollierten (oder dies zumindest vorgaben) und somit politischen Entscheidungen zuarbeiteten. Die sozial kontextualisierenden Nichtwissensansätze der Sozialwissenschaften sind in dieser Hinsicht vergleichsweise unscharf und damit politisch eher dysfunktional – was ihren Nicht-Einbezug indes nicht rechtfertigt. Die folgende Rekonstruktion der wissenschaftlichen Politikberatung in der Corona-Pandemie intendiert daher, Aufschluss darüber zu geben, wie Politik und Teile der Wissenschaft versuchten, den Einfluss störender Nichtwissensansätze zu begrenzen. Ex negativo mag so deutlich werden, dass derzeitiges wie künftiges Pandemiemanagement vom Einbezug divergierender Nichtwissensansätze profitieren könnte: Fehler könnten vermieden und die sozialen Folgen politischer Maßnahmen besser bewertet werden.
Der Beitrag ist folgendermaßen organisiert: Im ersten Teil wird in den Zusammenhang von Wissen und Nichtwissen eingeführt und werden die verschiedenen Nichtwissensstrategien in Politik und Wissenschaft vorgestellt (Abschn. 2). Der zweite Teil rekonstruiert die Interaktionsdynamiken in der wissenschaftlichen Politikberatung während der ersten Wellen der Pandemie (3). Dabei wird erstens die Entstehung und Strukturierung der Beratung beschrieben und zweitens gezeigt, wie dadurch Nichtwissen bearbeitet wurde. Die Ergebnisse der Rekonstruktion werden im dritten Teil systematisiert und die Entstehung eines Nichtwissensregimes erläutert, welches zur Ungleichbehandlung der Wissenschaftsdisziplinen in der Politikberatung beigetragen hat. Der vierte Teil systematisiert daran anschließend drei Kernaspekte des von der Virologie dominierten Nichtwissensregimes und setzt sie ins Verhältnis zu Nichtswissensansätzen der Sozialwissenschaften (4). Ein knappes Resümee schließt den Beitrag ab (5).

2 Nichtwissensstrategien in Politik und Wissenschaft

Die Beziehung von Nichtwissen und Wissen ist weder als statisch noch im Sinne einer sukzessiven Erschließung zu begreifen, in deren Verlauf Unbekanntes in Bekanntes überführt wird (Luhmann 1990, S. 149). Stattdessen bilden beide ein komplementäres Verhältnis: Mehr Wissen erzeugt auch mehr Nichtwissen, da Letzteres als „Noch-Nicht-Wissen“ bzw. als „Nicht-Wissen-Können“ immer kollateral mitproduziert wird (Wehling 2001, S. 472). Dementsprechend wird bei der Wissensverarbeitung Nichtwissen stetig mitkommuniziert. Wird Nichtwissen als ein gesellschaftliches Problem interpretiert, so bilden sich Teilöffentlichkeiten, die Akteure aus Politik und Wissenschaft, aber auch Wirtschaft und Öffentlichkeit in gemeinsamen Such- und Lernprozessen zusammenbringen. Je nach Umfang der Betroffenen und Interessierten diskutieren dann Akteure aus unterschiedlichen Kontexten über relevante, produktive und dazugehörige Problemdefinitionen, Wissensformen und Wahrnehmungen von Nichtwissen (Böschen et al. 2015, S. 206 ff.).
So auch in der Coronakrise, in deren Verlauf diese zeit- und koordinationsintensive Nichtwissensverarbeitung sich jedoch dysfunktional entwickelte. Weil das chaotische Regieren im „Krisenmodus“ (Lipscy 2020) über Ad-hoc-Arrangements und exekutive Entscheidungen sich als problematisch erwies, wandte sich die Politik schon bald nach Beginn der Pandemie direkt an die Wissenschaft in der Hoffnung, sich deren epistemische Autorität zunutze zu machen. Dabei trafen Nichtwissensansätze aufeinander, die unter den differenzierten Anforderungen von Politik und Wissenschaft erfolgreich erprobt und angewendet wurden.
Für die Entscheidungsfähigkeit der Politik stellte sich das Nichtwissen der Wissenschaften jedoch als Problem heraus. Anders als bei Entscheidungen unter Risiko, bei denen „quantifizierbare Wahrscheinlichkeiten des Eintritts eines Ereignisses“ (Dose 2004, S. 122) den Beteiligten bekannt sind, ließen sich in der Krise höchstens subjektive Vermutungen ermitteln. In dieser Situation erzeugte jede Entscheidung neues Nichtwissen, das wieder weitere Entscheidungen notwendig machte. Nicolai Dose (ebd., S. 125 ff.) hat mit Blick auf Erfahrungen vergleichbarer Krisen gezeigt, dass die Politik je nach institutioneller Ordnung in derartigen Situationen auf drei Umgangsweisen zurückgreifen kann:
1.
Der staatlich-administrative Ansatz, bei dem das Nichtwissen innerhalb der politischen Institutionen verarbeitet wird. Eine begrenzte Zahl von Beteiligten begegnet dem Nichtwissen durch administrative Dezision, ohne ihre Ungewissheit öffentlich zu kommunizieren. Die Abschirmung des Nichtwissens lässt die Öffentlichkeit über seine tatsächliche Größe im Unklaren, sodass in der äußeren Wahrnehmung der Eindruck einer sicheren Entscheidung entsteht.
 
2.
Der deliberativ-politische Ansatz verbindet staatliche mit nichtstaatlichen Akteuren und pflegt einen offeneren Umgang mit Nichtwissen. Durch die Zusammenarbeit mit spezifischen Akteuren, nicht mit der Öffentlichkeit als Ganzer, und mit Rückgriff auf deren externe Expertise versucht die Politik ihre Ungewissheit zu bewältigen und auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Das Nichtwissen wird diskursiv evaluiert und auf ein für den Entscheidungszweck notwendiges Maß reduziert. In diesem deliberativen Prozess gewinnt die asymmetrische Verteilung von Wissen und Nichtwissen an instrumenteller Bedeutung, weil Akteure versucht sind, individuelle Vorteile aus strategischer Ungewissheit zu ziehen.
 
3.
Der gesellschaftlich-reflexive Ansatz verlagert die Verarbeitung des Nichtwissens auf die Betroffenen, d. h. er externalisiert es und entlastet die politischen Entscheidungsträger. Dies ermöglicht einen weitreichenden und reflexiven Umgang mit Nichtwissen, der sich aber nur langsam und umständlich in Entscheidungen übertragen lässt. Zudem verstärkt sich das Dezisionsproblem außerhalb der Politik, und der Staat ist seiner „Letztverantwortung“ in der Gefahrenabwehr nicht entledigt.
 
Für die Wissenschaft ist Nichtwissen thematisch als Noch-nicht-Wissen die Voraussetzung für ihr Kerngeschaft, die weitere Wissensproduktion. In den Wissensgesellschaften der Gegenwart gilt sie, nach historischen Triumphen über Religion und Alltagsverstand, als einzig legitime Adressatin für die Aufklärung von „identifizierbarem Nichtwissen“ (Gottschalk-Mazouz 2007, S. 33). Das Nichtwissen kann aber auch die Forschungspraxis blockieren und in der Folge zu einer Krise der Wissensproduktion führen (Kuhn 1976, S. 96). Dementsprechend haben sich in der akademisierten „normalen Wissenschaft“ Ansätze für eine erkenntnistheoretische Behandlung von Nichtwissen entwickelt, etwa indem in der Grundlagenforschung persistente und signifikante Anomalien relativiert oder als ein künftig zu lösendes Problem behandelt werden (ebd., S. 97). Davon ausgehend lassen sich nach Böschen et al. (2015, S. 204) wiederum drei dominierende Modi der Nichtwissensbehandlung in der Wissenschaft identifizieren:
1.
Der kontrollorientierte Ansatz, der Nichtwissen anerkennt und soweit kontrolliert, dass es als Noch-nicht-Wissen behandelt und aus der aktuellen Erkenntnisproduktion ausgeklammert werden kann, bis die Möglichkeit seiner Aufklärung durch neue Versuche, Methoden, Apparaturen oder gar Paradigmen besteht.
 
2.
Der komplexitätsorientierte Ansatz, der Nichtwissen ebenfalls anerkennt, es aber als Teil einer Komplexität versteht, die für die Wissensproduktion notwendigerweise und unaufschiebbar reduziert werden muss. Durch Annahmen wird Nichtwissen als bekanntes Wissen behandelt und in die Erkenntnisproduktion einbezogen, womit das damit generierte Wissen in Abstufungen kalkulatorisch ist.
 
3.
Der erfahrungsorientierte Ansatz, der Nichtwissen mit bestimmten Personen und deren begrenzter Perspektive verknüpft. Durch die Beobachtung der Wissensproduzenten aus davon unterschiedenen Perspektiven wird ihr Nichtwissen für Dritte reflektier- und kritisierbar, was die Autorität der Wissenschaftler in Frage stellt.1
 
Diese Ansätze werden auch in den Sozialwissenschaften angewendet. Zudem hat sich dort durch die Reflexion des Umgangs mit Nichtwissen innerhalb der eigenen Forschungspraxis ein weiterer Ansatz etabliert, der Nichtwissen explizit in seiner sozialen Dimension erfasst und somit zum Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses macht. Diese Reflexivität führt in den pluralistischen Sozialwissenschaften zu unterschiedlichen Positionierungen, die im Dissens aufeinandertreffen und einen kontextualisierenden Ansatz begründen. Verschiedene Forschungszugänge beobachten das eigene und fremde Nichtwissen, um auf die Über- oder Unterlegenheit der dahinterstehenden Forschungsperspektiven verweisen zu können. Prominentestes Beispiel dafür ist der Streit zwischen Vertretern qualitativer und quantitativer Methodologien, die das Nichtwissen der jeweils anderen Seite zur Rechtfertigung des eigenen Ansatzes instrumentalisieren.
Während der kontrollorientierte Ansatz also Nichtwissen aus der Wissensproduktion ausschließt, der komplexitätsorientierte Ansatz es in diesen Prozess integriert und der erfahrungsorientierte Ansatz es auf die Produzenten des Wissens fixiert, verortet der kontextualisierende Ansatz Nichtwissen im sozialen Wissensproduktionsprozess selber. Nichtwissen ist damit immer Teil der Wissensproduktion über Gesellschaft, da Disziplinen, Theorien oder Methoden nur jeweils einen Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit erfassen können. Indem die Kontingenz des Wissens anhand seiner sozialen Genese kontextualisiert wird, lässt sich folglich auch das darin eingebundene Nichtwissen explizit machen. Alle vier Modi präsentieren den differenzierten Umgang mit dem Nichtwissen ihres Wissens und seinem Status im Erkenntnisprozess.
Im Prozess des offenen Verfahrens demokratischen Regierens können alle drei genannten politischen und vier genannten wissenschaftlichen Nichtwissensstrategien im Prinzip frei miteinander interagieren. Eingeschränkt wird die Koordination jedoch de facto sowohl von den sozialen, zeitlichen und sachlichen Rahmenbedingungen der Beratung (Straßheim 2013) als auch vom Grad der „Politisierung des Nichtwissens“ (Wehling 2007, S. 225 f.). Die Forschung hat ihrerseits zwar genügend Beispiele systematisiert, bei denen kritisches Nichtwissen ohne Zeitdruck zwischen politischen, wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren offen beraten wird (Böschen et al. 2015). Wenn jedoch, wie in Krisensituationen üblich, Nichtwissen stärker politisiert wird, können politische Akteure gezwungen sein, es entgegen der Gefahr einer Katastrophenkommunikation und zur Bewahrung ihrer Entscheidungsfähigkeit von der Öffentlichkeit fern zu halten und stark zu kontrollieren. Schließlich gilt die Zurschaustellung politischer Handlungsfähigkeit unabhängig vom politischen Herrschaftssystem als Voraussetzung erfolgreicher Krisenpolitik, was angesichts des lange Zeit als erfolgreich geltenden chinesischen Pandemieregimes normativ ambivalente Vergleiche zwischen autoritären und demokratischen Ansätzen des Krisenmanagements veranlasst hat.
Der Zwang zur öffentlichen Kontrollsuggestion impliziert jedoch keine Automatismen. So war zu Beginn der Pandemie offen, welchen Ansatz die Politik wählt und welche Formen der Nichtwissensverarbeitung die Wissenschaft zur Beratung beisteuern würde. Unklar war auch, ob das Pandemiemanagement sich an die eigenen Pläne der Nichtwissensbearbeitung halten oder in der Katastrophenkommunikation davon abweichen und ad hoc neue Nichtwissensansätze entwickeln würde. Die Strategiewechsel und kurzfristigen Handlungsrahmen, an denen sich die Politik in der Coronakrise dann de facto orientierte („auf Sicht fahren“), deuten darauf hin, dass sich im Verlauf der Krise eine eigene Dynamik entfaltete, die die politischen Protagonisten dazu brauchte, mit den eigenen Vorgaben zu brechen. Daher kann die Frage nach den Gründen der Ungleichbehandlung wissenschaftlicher Nichtwissensansätzen nur anhand der Dynamik des Krisenberatungsprozesses selbst beantwortet werden. Erst die Darstellung dieser Dynamik erklärt, wie sich die Nichtwissensverarbeitung „on the ground“ konstituierte und warum bestimmte Strategien dabei nicht beachtet wurden.

3 Dynamiken und Formwandel der pandemischen Nichtwissensverarbeitung

Um die für die Entwicklung der Nichtwissensverarbeitung zwischen Politik und Wissenschaft relevanten Situationskontexte zu identifizieren, ohne eine umfassende Geschichte der deutschen Coronakrise zu erzählen, konzentriert sich die folgende Analyse auf vier politikrelevante Dynamiken bzw. „streams“ nach Howlett (2019, S. 418 ff.).2
Eine erste Dynamik wurde durch das Infektionsgeschehen bestimmt, welches gesellschaftlich als zu- bzw. abnehmende Infektionsausbreitung – metaphorisch versinnbildlicht in den sogenannten Wellen – wahrgenommen und kommuniziert wurde (Schilling et al. 2021). Hieraus entstand eine Prozessdynamik in Form eines process stream, der die Politik herausforderte.3 Dabei brach die Pandemie prozessual mit den routinierten Verfahrensformaten des Regierens – Agenda-Setting, Policy-Formulierung, Implementation, Evaluation –, indem sie den Infektionswellen entsprechende Phasen der Erregung, des Aktionismus und der Beruhigung evozierte. Als zweite Dynamik lässt sich die gemeinsame Beratung von Politik und Wissenschaft identifizieren, bei der Akteure in epistemic communities Objekte für die politische Bearbeitung in der Pandemie definierten, wodurch ein anhand der Konzepte und Leitideen des Pandemiemanagements zu beobachtender problem stream (Howlett 2019, S. 418) entstand. Davon sind als dritte Dynamik die politischen Maßnahmen und Interventionen des policy stream zu unterscheiden, die von Spezialisten für die Entwicklung, das Design und die Artikulation politischer Instrumente formuliert wurden.4 Eine vierte Dynamik wird durch das kollektive Handeln programmatisch legitimierter Akteure aus der Verwaltung, den betroffenen Teil-Öffentlichkeiten und Stakeholdern bestimmt, die mit unterschiedlichen Interessen und Ressourcen in Prozessen der Ko-Produktion oder der gemeinsamen Erbringung von Dienstleistungen interagierten. Diese lassen sich anhand der PublicHealth-Maßnahmen als programme stream (ebd., S. 419) beschreiben.
Alle vier genannten streams sind erst einmal als Prozessdynamiken zu verstehen, die bei der Implementation politischer Maßnahmen immer virulent sind. Im demokratischen Regieren wird dazu kollektives Handeln notwendig, welches durch verschiedene Orientierungen, spezifische Zeitstrukturen sowie differenzierte Arenen mit je eigenen Regeln bestimmt wird. Dementsprechend werden auch Akteursdynamiken induziert, in deren Verlauf kollektives Handeln mit eigenen Handlungsrationalitäten die Prozessdynamik mitbestimmen. Damit konstituieren die streams im Hinblick auf unser Problem eine Interaktionsgeschichte der Nichtwissensverarbeitung, die von eigenen Pfadabhängigkeiten und einer spezifischen Zeitstruktur geprägt ist. Diese Interaktionsgeschichte kann hinsichtlich der ersten zwei Infektionswellen von 2020/21 in vier Phasen differenziert werden, in denen die streams unterschiedlich relevant wurden, sich gegenseitig beeinflussten und so zur Bildung einer Akteurskonstellation der Nichtwissensbearbeitung beitrugen. In diesen Phasen änderten sich das Binnen- und Außenverhältnis der Akteurskonstellation wie auch die dominierenden Nichtwissensstrategien. Dementsprechend repräsentieren sie die Transformation der Nichtwissensbearbeitung im Verlauf der ersten zwei Infektionswellen der Pandemie.

3.1 Der pragmatische Ansatz und die Konstituierung der epistemic community

Der Prozess der Pandemie beginnt mit der Kommunikation einer neuen Viruskrankheit, COVID-19, in China, die zunächst exklusiv programmatisch bearbeitet wird. Am 17. Januar 2020 unterrichtet das Robert Koch Institut (RKI) via Twitter die „Fachöffentlichkeit“ zum „neuen Coronavirus“, nachdem das zweite Epidemiologische Bulletin des RKI (2020a) vom 9. Januar 2020 über die gehäuften Pneumonien im chinesischen Wuhan informierte. Der erste Fall von COVID-19 in Deutschland wird am 28. Januar 2020 gemeldet und im siebenten Epidemiologischen Bulletin des RKI (2020b) aufgeführt. Eine eigene politische Dynamik beginnt ab dem 12. Februar mit der Beratung des Gesundheitsausschusses des Bundestages zu diesem Thema sowie der Rede des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (2020) in einer aktuellen Stunde. Darin problematisiert Spahn das virusspezifische Nichtwissen, grenzt es aber auf das ausstehende Wissen „über Ansteckungswege, über Inkubationszeiten oder auch über den klinischen Verlauf“ ein (ebd., S. 2). Mit dieser Rede startet der policy stream, der sich anfangs nicht von der programmatischen Bearbeitung des RKI und dessen Einschätzung des Nichtwissens unterscheidet (RKI 2020b). Die zu dem Zeitpunkt involvierten Akteure, aber auch andere Wissenschaftler gehen von der Kontrollierbarkeit des Virus aus, befürworten die darauf aufbauende Containment-Strategie und ihre selektiven Maßnahmen (Maier und Brockmann 2020).
In Italien werden nach der starken Zunahme von COVID-19-Fällen am 23. Februar 2020 erstmals in Europa Containment-Maßnahmen in größerem Umfang eingeführt und Städte isoliert. Die vielen Infektionen in Italien konterkarieren das Vertrauen in die Kontrollierbarkeit und vergrößern das Nichtwissen über die Dynamik der Ausbreitung von SARS-CoV‑2. Zeitgleich wird die Öffentlichkeit durch die mediale Kommunikation der Krankheitsausbrüche in Italien für die Evaluation der bisherigen Maßnahmen sensibilisiert, was zur Politisierung des Nichtwissens beiträgt und dessen politische Neueinschätzung erfordert. Zunächst wird entsprechend der politisch-administrativen Nichtwissensstrategie am 26. bzw. 27. Februar ein gemeinsamer Krisenstab der Bundesministerien des Inneren und für Gesundheit eingesetzt. Dieser Krisenstab ist zwar noch Teil der internen Nichtwissensbearbeitung, dennoch induziert er eine neue programmatische Dynamik. Denn mit der Einbindung der Ressortforschung in die politisch-administrative Verarbeitung entsteht eine durch die Pandemiepläne vorgegebene Protoform koordinierter Nichtwissensverarbeitung, die aufgrund der institutionellen Einbettung der Experten in der Sozialdimension wenig differenziert ist (Gesundheitsministerkonferenz 2017, S. 10). Die involvierten Berater verstehen ihre Rolle als die von Ko-Produzenten, daher gibt es wenig Konkurrenz und Dissens. So bestätigt der Krisenstab in seiner ersten Sitzung die bestehenden Kontrollmaßnahmen für Einreisen, ohne weitergehende Maßnahmen zu fordern, womit die Annahme über die Kontrollierbarkeit des Nichtwissens und damit des Virus gestützt wird (Bundesministerium für Gesundheit 2020).
Am 26. Februar wird der erste Podcast von Christian Drosten unter dem Titel „Wir können die Ausbreitung verlangsamen“ veröffentlicht (Martini und Drosten 2020a). Drei Tage später diskutiert der Artikel „Flattening the curve“ im Economist die Idee, durch eine Abflachung der Infektionskurve die Folgen von COVID-19 zu beeinflussen (The Economist 2020). Dies verstärkt die öffentliche Diskussion über eine angemessene Reaktion auf die gesundheitlichen Gefahren und trägt zur Verschiebung der Problemperspektive bei, denn in beiden Beispielen der Wissenschaftskommunikation wird die Notwendigkeit prinzipieller Antworten auf eine nicht mehr sicher prognostizierbare Entwicklung befürwortet. Zwar werden später diese Prinzipien der Pandemiekontrolle mit ihren Zielsetzungen zu politischen Leitideen („flatten the curve!“) aufgewertet. Doch zu diesem Zeitpunkt geht es noch nicht um die Proklamation einer solchen Leitidee, sondern um die Erörterung der Vorteile eines allgemein orientierenden Prinzips, das eine Strategie fördert und fordert (Boin und Lodge 2021). Auch dies erfordert jedoch Deutungsbedürftigkeit und Rechtfertigung, sodass Wissenschaftler wie Drosten eine zentrale Rolle im öffentlichen Diskurs einnehmen. Für die Experten der deutschen Wissenschaftslandschaft wird die damit verbundene öffentliche Popularität in dieser Phase zum entscheidenden Türöffner in die Politikberatung (Hirschi 2021, S. 173; Pfadenhauer 2021, S. 443). Mit der thematischen und personellen Öffnung der primär breit öffentlich ausgetragenen Problemreflexion beginnt sich eine epistemic community zu etablieren, die Fachpolitiker, Public Health-Institute, Mediziner und Virologen für die Problematisierung von COVID-19 zusammenbringt und gegenüber der vorangegangenen Protoform selektiver Politikberatung deutlich kohärenter auftritt.
Am 2. März 2020 tritt diese community erstmals öffentlich als Gruppe in Erscheinung.5 Zwar vermittelt sie den Eindruck, auch potenzielle Unsicherheiten der weiteren Entwicklung antizipieren zu können, jedoch problematisieren ihre Sprecher ebenso offen ihr Nichtwissen hinsichtlich der Gefährlichkeit des Virus wie auch der Dynamik weiterer Infektionen.6 Dabei relativieren Drosten und Wieler die dramatischen Entwicklungsszenarien, die seinerzeit öffentlich zirkulieren, unter anderem mit Verweis auf ihre Unkenntnis der tatsächlichen Infektionszahl. Diese Unsicherheiten betreffen auch die Modellierungen der Ansteckungsdynamiken, die mit vorläufigen Zahlen arbeiten und erhebliche Schwankungen in ihren Prognosen aufweisen, worauf Wieler in der Pressekonferenz explizit hinweist. Die epistemic community kommuniziert dieses Nichtwissen und ihre davon ausgehende Unsicherheit, verzichtet aber zugleich auf eine spekulative Auflösung und eine damit verbundene Katastrophenkommunikation. Dies verweist auf ein kontrollorientiertes Verständnis des Nichtwissens als Noch-Nicht-Wissen, das weder zur Relativierung noch zur Dramatisierung der Situation genutzt werden kann. Dementsprechend gibt es zu dieser Zeit keine offensichtliche Notwendigkeit, weitere Experten – etwa aus den Sozialwissenschaften – einzubinden, da COVID-19 als Gesundheitsproblem exklusiv durch die entsprechenden Experten bearbeitbar scheint. Die aus ihnen rekrutierte epistemic community legitimiert ihren pragmatischen Ansatz des Pandemiemanagements mit dem Versprechen, das pandemische Nichtwissen qua „discovery through action“ sukzessive zu reduzieren (Boin und Lodge 2021, S. 5).
Mit der Einsetzung des Krisenstabes steigert sich die zeitliche Dynamik der politischen und programmatischen Bearbeitung der Coronakrise.7 Erneut sind es Ereignisse in Italien, die den Prozess beeinflussen, denn am 8. März 2020 werden dort Provinzen isoliert und landesweit die Schulen geschlossen. Bis dahin wird durch das RKI die Gefahr für Deutschland als „mäßig“ eingestuft (RKI 2020c).8 Zum 9. März erfolgt die Erweiterung, dass in besonders betroffenen Gebieten die Gefahr variiert und Gegenmaßnahmen, die u. a. die soziale Distanzierung befördern sollen, zu einer Entlastung des Gesundheitswesens beitragen können (RKI 2020d). Diese weitergehende, auf die Allgemeinheit abzielende Maßnahme stellt einen Einschnitt dar, der zwar noch nicht mit dem bisherigen pragmatischen Ansatz bricht, wohl aber einen Perspektivwechsel auf das Nichtwissen in der epistemic community andeutet. Dieser betrifft zunächst die Evaluation der bisherigen Maßnahmen: Die involvierten Akteure relativieren deren Effektivität und schätzen das Nichtwissen über die Kontrollierbarkeit des Virus neu ein. Politisch wird dies mit der Forderung zur notwendigen Kontaktreduzierung und der Absage von Großveranstaltungen am 9. März kommuniziert.
Der Perspektivwechsel betrifft dann aber auch die Wissenschaft. So diskutiert Drosten im Coronavirus-Update 9 öffentlich eine Modellierungsstudie, die einen geringen saisonalen Effekt auf die Ausbreitung errechnet (Martini und Drosten 2020b). Dementsprechend bezweifelt er die Annahmen zum weiteren Verlauf und setzt sich mit der Gefahr einer Pandemie auseinander (Ärzteblatt 2020). Mit der Referenz auf diese Modellierungsstudie ändert sich die wissenschaftliche Kommunikation von Nichtwissen in der Öffentlichkeit, das nun als nicht mehr kontrollierbar bezeichnet, als einzuschätzende Unsicherheit behandelt und somit für die Beratung geöffnet wird. Diese Doppelbewegung einer Neubewertung des Nichtwissens einerseits und der daran anschließenden epistemischen Öffnung der Erkenntnisproduktion in der Beratung fördert den Perspektivwechsel in der Problemidentifikation: Entscheidend für die Risikobewertung ist ab jetzt nicht mehr vordringlich das, was ist, sondern das, was sein könnte.

3.2 Zentralisierung und Verflechtung der Nichtwissensbearbeitung

Am 11. März 2020 stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) COVID-19 als Pandemie ein (RKI 2020e). Dies ändert den Modus der politischen Steuerung der Krise: Statt sie den Fachministerien und den programmatischen Akteuren zu überlassen, entwickelt sich mit der direkten Koordination der Exekutiven des Bundes und der Länder ein neues, fortan dominierendes Entscheidungszentrum mit einer eigenen zeitlichen Dynamik. Am Tag darauf werden in diesem Gremium Forderungen zur Ausweitung der Maßnahmen diskutiert, deren umstrittenste die Schließung von Schulen ist. Zwar beschließt die Kultusministerkonferenz noch am gleichen Tag, den Großteil der Schulen zunächst offen zu lassen und höchstens lokale Schließungen nach dem Vorbild von EU-Nachbarländern vorzunehmen. Doch zeichnet sich bereits eine eigene Dynamik der „policy diffusion“ unter den EU-Staaten ab: Die Einführung einer Maßnahme in einem Land setzt die Nachbarregierungen unter Handlungsdruck und ordnet damit auch die zeitliche Agenda hinsichtlich des Nichtwissens neu (Sebhatu et al. 2020). So sind es fortan weniger neue Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Maßnahmen, sondern das politisierte Nichtwissen über die Folgen einer (Nicht‑)Entscheidung, auf die die Entscheidungsträger reagieren. Folgt Deutschland dem „common sense“ der Nachbarstaaten und setzt eine Maßnahme um, oder sollte es darauf verzichten? Und hat die deutsche Regierung hier überhaupt eine Wahl, wenn alle anderen von der Wirksamkeit überzeugt sind? Kann sie auch nicht entscheiden bzw. die Entscheidung delegieren? Vor diesem Hintergrund ändert sich nun auch die Nichtwissensbearbeitung der Akteurskonstellation im problem stream.
Eine deutsche Besonderheit ist zu diesem Zeitpunkt, dass die wissenschaftliche Politikberatung hochgradig personalisiert und informell ist. Weder wird der Öffentlichkeit verdeutlicht, wie viele und welche Experten involviert sind, noch deren Auswahl politisch und wissenschaftlich begründet. So werden zu den Beratungen am 12. März drei Experten der epistemic community hinzugezogen, nämlich Lothar Wieler vom RKI sowie Christian Drosten und Heyo K. Kroemer von der Charité Berlin.9 Da die Evidenzlage für Nicht-Pharmazeutische Interventionen (NPIs) bei der Bekämpfung von Atemwegsviren zu diesem Zeitpunkt generell umstritten ist (Aledort et al. 2007), stehen ihre Expertise und Empfehlungen für oder gegen solche Maßnahmen besonders unter Beobachtung. Zwar repräsentieren die drei Beteiligten mit RKI und Charité zwei hochangesehene Institutionen der Wissensproduktion, im Beratungskontext treten sie jedoch als autonome Experten auf, die situativ ihre persönlichen Einschätzungen kommunizieren, die nicht unbedingt einen institutionellen Konsens ihrer Organisationen reflektieren. Im Verlauf ihres Austausches rekurriert Drosten insbesondere auf eine epidemiologische Studie von 2007, welche die Effektivität von Maßnahmen bei der Bekämpfung der Spanischen Grippe 1918 in den USA analysiert (Markel et al. 2007; Martini und Drosten 2020c).10 So kann das Nichtwissen derart operationalisiert werden, dass eine wissenschaftliche Einschätzung der Wirksamkeit von NPIs möglich erscheint.11 Gleichzeitig wirkt die Nichtwissenskommunikation in der Beratung damit sehr individualistisch, denn allein Drosten bezieht sich vor allem auf diese und keine andere Studie und entwickelt dazu eine entsprechende Interpretation. Auch der Zufall kann hier eine Rolle gespielt haben, denn im Coronavirus-Update 12 gibt er an, von einer Kollegin auf die Studie aufmerksam gemacht worden zu sein (ebd.). In diesem Format diskutiert er nicht die Validität der Erkenntnisse der Studie, macht aber auf die Unsicherheiten bei der Übersetzung der Schlussfolgerungen in politische Maßnahmen der Gegenwart aufmerksam. Dennoch formuliert er auf der Basis eines „mixed judgments“ (Birch 2021, S. 6) eine Empfehlung, d. h. er verknüpft die normative Einsicht „es muss mehr gemacht werden“ mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.12
Dieser Vorgang ist eigentümlich. Denn aus der virologischen Perspektive und dem mit ihr verbundenen kontrollorientierten Umgang mit Nichtwissen sollte sich eigentlich eine viruszentrierte Pandemiekontrolle ableiten, die Grenzkontrollen, individuelle Maßnahmen und die Herdenimmunität im Fokus hat (Jasanoff et al. 2021, S. 12). Stattdessen wird das Pandemiemanagement in der Beratung auf die Regulation sozialer Praktiken verschoben, um so die Übertragungswege der Infektion zu minimieren – auch mit Referenz auf die genannte Studie zur Spanischen Grippe. Für eine robuste wissenschaftliche Begründung dieses Ansatzes würden eigentlich Erkenntnisse zum Wechselspiel resp. „feedback loop“ zwischen menschlichem Verhalten und Infektionsintensitäten benötigt, die das „hard problem“ der Epidemiologie sind (Perra 2021, S. 2). Durch mathematische Abstraktion in Form von Annahmen, Schätzungen und Selektionen kann die Epidemiologie ihr Nichtwissen über die Zusammenhänge von Maßnahmen und Effekten in Pandemien so operationalisieren, dass die Komplexität erfolgreich reduziert wird und begrenzte Aussagen über die Infektionsdynamiken möglich sind. Doch während in Großbritannien entsprechende Empfehlungen von Epidemiologen selber artikuliert werden (Birch 2021; Ferguson et al. 2020), machen das in Deutschland zunächst Wissenschaftler, die eigentlich nicht mit diesen Nichtwissensansätzen arbeiten. Das setzt sich auch in der öffentlich weithin wahrgenommenen ersten Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina fort, in der Virologen, Biologen und Mediziner starke Regulierungen der sozialen Praktiken auf der Basis komplexitätsorientierter Nichtwissensansätze fordern und damit epidemiologisch argumentieren (Leopoldina 2020a, S. 3).
Als Überschneidung von policy und problem stream strukturiert der simultane Wandel von Nichtwissensbearbeitung und Pandemiepolitik den process stream der ersten Phase des Infektionsgeschehens. Die Zentralisierung der Problembearbeitung in der Exekutive und die Einbeziehung bestimmter Berater verknüpft die politische mit der epistemischen Autorität. Dank des informellen Charakters der Interaktion von Politik und Wissenschaft kooperieren die Akteure beider Seiten schnell und konfliktlos. Weder müssen institutionelle Eigenzeiten noch verteilte Zuständigkeiten durch Verfahren geregelt werden. Dies fördert die Verbindung von staatlich-administrativen und jetzt komplexitätsorientierten Nichtwissensstrategien, die schnell auf externe zeitliche Herausforderungen reagieren und dabei nur einen geringen internen Pluralismus verarbeiten müssen. Die zentrale Herausforderung ist die sich abzeichnende Gefahr einer pandemischen Katastrophe, weil das Nichtwissen zur Pandemie infolge der Ereignisse in Italien und anderswo nicht mehr zu kontrollieren ist.
Damit beginnt eine Katastrophenkommunikation, die das Nichtwissen als potenziell unbegrenzt markiert und deshalb weitgehende Präventivmaßnahmen fordert (Japp 2003). In dieser zeitlich drängenden Situation kann aus der Perspektive der Beteiligten weder auf eine pluralistische Expertise noch auf zeitlich anspruchsvolle Reflexionen Rücksicht genommen werden. Die epistemische Autorität liegt nun exklusiv bei den virologisch-medizinischen Experten, denn von den Sozialwissenschaften erwartet man keine Aufklärung über die gesundheitlichen Gefahren des Virus. Diese Einschätzung ist vermutlich von den meisten Sozialwissenschaftlern in dieser Situation vorbehaltlos geteilt worden. Im Rückblick stellt sich dagegen die Frage nach der möglichen „Intervention“ sozialwissenschaftlicher Expertise in diesem „Schockzustand“ differenzierter (Kraemer 2023, S. 15). Zumindest mit Blick auf die Behandlung von Nichtwissen hätte der kontextualisierende Ansatz der Sozialwissenschaften durchaus eine legitime methodische Intervention in die Katastrophenkommunikation und ihre Vermeidungsstrategien darstellen können. Das bezieht sich sowohl auf die Differenz zwischen normalem und krisenhaftem Nichtwissen als auch auf die Reflexion von Nichtwissen hinsichtlich der gesellschaftlichen Effekte der Vermeidungsstrategie.

3.3 (Selbst‑)Distanzierung der epistemic community

Mit Inkrafttreten des Lockdowns am 16. März 2020 verlangsamt sich die Ausbreitung von COVID-19 und der process stream tritt in eine neue Phase. Zu diesem Zeitpunkt erlaubt die politische Dynamik keine Abweichungen von strengen Einschränkungen des sozialen Lebens, da nur diese Option in der öffentlich-medial vermittelten Wahrnehmung als legitim gilt (Dausend 2021). In diesen Tagen etabliert sich das globale Standardmodell der politischen Reaktionen auf COVID-19, aus dem sich die einzelnen Staaten in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Kapazitäten fortan bedienen werden (Capano et al. 2020). Diese Konventionalisierung des globalen Pandemiemanagements nimmt Bewegung aus dem policy stream, auch weil weitergehende Regulierungen kaum mehr möglich sind und allenfalls die Frage nach dem Ende der Regulierungen prospektiv relevant wird. Indessen konzentriert sich die programmatische Bearbeitung des RKI (2020f) auf die Formalisierung, Planung bzw. Anpassung von Richtlinien und die wissenschaftliche Begründung der Vermeidungsstrategie im Rahmen einer epidemiologischen Interpretation (Haas et al. 2020), unterstützt mit sozialwissenschaftlichen Argumenten vonseiten des Bundesministeriums des Inneren. Dort wird ein pluralistisches Beratungsgremium u. a. mit Ökonomen und Soziologen eingesetzt, welches Szenarien strategischer Alternativen und rhetorische Formeln „für die Begründung der getroffenen Entscheidungen“ entwickeln soll (Bude 2022, S. 247). Folglich sind die Sozialwissenschaften im programme stream punktuell in der Systematisierung von „Deutungswissen“ involviert, um „das Unvermeidbare der Entscheidungsmaßnahmen kommunikativ in die Bevölkerung hinein zu transportieren“ (Kraemer 2023, S. 15). Zur Output-Optimierung der Maßnahmen dient auch die Mannheimer Corona-Studie, für die Mitarbeiter des German Internet Panels ab dem 20. März Umfragen mit insgesamt 3600 Bürgern zu den sozialen Auswirkungen des Lockdowns durchführen, deren Ergebnisse daraufhin im gemeinsamen Krisenstab der Bundesministerien des Inneren, für Gesundheit sowie für Arbeit und Soziales verarbeitet werden.13
Mit dem Lockdown beginnt die Neuorganisation der wissenschaftlichen Politikberatung zur Bewältigung des problem stream, in deren Folge fast alle Exekutiven der Bundesländer eigene Expertenräte einsetzen (Sell et al. 2021). Die Organisation der Räte ist häufig intransparent und setzt die Dominanz biomedizinischer Expertise fort. Pluralistische Räte, in denen auch sozialwissenschaftliche Expertise integriert wird, finden sich vereinzelt z. B. in Nordrhein-Westfalen oder Thüringen (Sell et al. 2021, S. 7). Die Ausdifferenzierung der Beratung hat dabei weder Einfluss auf die den problem stream bestimmende epistemic community noch auf die Diversifikation des Beratungswissens. Letzteres erfolgt durch die Aktivierung von Wissenschaftsnetzwerken, die eigenes Wissen zur Beratung anbieten (EbM-Netzwerk 2020; Schrappe et al. 2020a), wobei die Bearbeitung von Nichtwissen und dessen Folgen für das Pandemiemanagement im Zentrum stehen. So evaluieren Matthias Schrappe et al. die zur Verfügung stehenden epidemiologischen Daten und kommen zu dem Schluss, dass diese kein Verhältnis zur Grundgesamtheit haben oder Fälle überschätzen, weshalb aus ihnen keine validen Aussagen zur Infektionsdynamik abgeleitet werden könnten (ebd., S. 4 f.). Die Daten projizieren demnach vor allem Nichtwissen, das nach Ansicht von Schrappe et al. jedoch mittels einer systematischen Datenerhebung bearbeitet werden kann. Sie plädieren für einen radikal pragmatischen Ansatz, der sich gegen eine Politisierung des Nichtwissens in die eine oder andere Richtung stellt. Dafür ist ihnen zufolge ein selektiver Zugriff auf Expertise zu vermeiden, da komplexe Pandemien Mehrfachinterventionen erfordern, die „Erkenntnisse aus den Bereichen Epidemiologie, Verhaltenspsychologie, Kognitionswissenschaften, Public Health, Soziologie, Ökonomie, Rechtswissenschaft und Politikwissenschaft“ verarbeiten (ebd., S. 8). Damit fordern die Autoren auch die Anwendung einer kontextualisierten Nichtwissensstrategie.
Neben den thematisch fixierten Netzwerken beginnen einzelne Fachdisziplinen, darunter auch sozialwissenschaftliche, mit der wissenschaftlichen Diskussion der Situation. So organisiert das Wissenschaftszentrum Berlin ab dem 8. März soziologische Vorträge zur Pandemie.14 In einem dieser Vorträge vom 15. April schlussfolgern Rainer Schnell und Menno Smid, das Nichtwissensproblem sei aufgrund der mangelhaften Datenerhebung durch das RKI so eminent, dass ihrer Ansicht nach kein professionelles Pandemiemanagement möglich ist. Angesichts dieser Kritik am RKI schlagen sie vor, mit Prävelenzstichproben, Panel-Studien, Post-Mortem-Stichproben und sozialwissenschaftlichen Zufallsstichproben vier verschiedene Samplemethoden zu kombinieren, um das Nichtwissen zur Infektionsgefahr und -dynamik aufzuklären und so ein detailliertes Bild zur Grundlage politischer Entscheidungsfindung zu erlangen.15
Auch Ökonomen identifizieren das Nichtwissen in diesem Zeitraum als zentrale, von der Wissenschaft zu bearbeitende Herausforderung. Ebenfalls im April schlagen das Kieler Institut für Weltwirtschaft, das Bremer Leibniz Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie mit weiteren Institutionen, unter anderem dem Bundesgesundheitsministerium, ein Konzept für ein Corona-Screening vor, welches systematisch Daten zur Pandemie erheben soll (Dts. Nachrichtenagenur 2021). Doch obwohl dieses Konzept persönlich vom Chef des Kieler Instituts, Gabriel Felbermayer, vehement beworben wurde, lehnen die angesprochenen Ministerien es mit dem Hinweis auf Ungeeignetheit ab. Dies unterstreicht, dass im problem stream der ersten Monate Potenziale zur Minimierung des Nichtwissens durch eine Noch-Nicht-Wissen-Strategie nicht ausreichend wahrgenommen bzw. nicht gefördert werden.
Einen relevanten Schritt weiter geht dann allerdings die medizinische Studie, die systematisch die Immunität im Kreis Heinsberg, Ort der ersten Massenausbrüche von COVID-19 in Deutschland, untersucht (Streeck et al. 2020). Finanziert von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens unter dem seinerzeitigen CDU-Vorsitz-Aspiranten Armin Laschet, der einer rigiden Regulierung des gesellschaftlichen Alltags skeptisch gegenübersteht und damit innerhalb des policy streams mit der Bundesregierung unter Angela Merkel konkurriert, klärt die großangelegte Untersuchung systematisch das Verhältnis von Erkrankten und Nichterkrankten auf. Zwar ermöglichen diese Art Studien nur begrenzte Aussagen für eine Region (Rendtel et al. 2021, S. 165), dennoch versucht die sogenannte Heinsberg-Studie induktiv und fallorientiert das entscheidungsrelevante Nichtwissen aufzuklären. Damit könnte sie der Politisierung des Nichtwissens wissenschaftlich vorbeugen – jedoch bleibt die Studie nicht ohne Folgen für die Diskussion um die Legitimation der Lockdown-Maßnahmen, weshalb die Diskussion ihrer Ergebnisse von Beginn an stark politisch geframt ist. So präsentieren die Studienleiter bereits am 9. April erste Zwischenergebnisse gemeinsam mit Laschet der Öffentlichkeit und werben mit ihm für eine Neubewertung der Gefahr durch COVID-19. Diese Politisierung der Studienergebnisse provoziert gemischte Reaktionen. Daran beteiligen sich auch die in der Problembearbeitung involvierten Wissenschaftler, die ihrerseits Kritik üben und damit die mediale Polarisierung der Studie wiederum weiter katalysieren (Dausend 2021; Hirschi 2021).16
In den medial stark inszenierten Auseinandersetzungen gelingt es den Mitgliedern der epistemic community in der Folge, ihre epistemische und politische Autorität öffentlich zu behaupten. Zum einen wird mit ihrer Hilfe der potenzielle Einfluss der Heinsberg-Studie auf die Nichtwissensverarbeitung begrenzt. Durch die auch von der epistemic community geäußerte Kritik am Vorgehen der Studie und angesichts des öffentlich polemisierten Zweifels an ihrem Beitrag zur Reduktion des Nichtwissens, wird der alternative Nichtwissensansatz derart in Frage gestellt, dass eine Rückkehr zur kontrollorientierten Strategie unwahrscheinlich wird. Zum anderen wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung durch die politische Polarisierung der Debatte auf die persönliche Ebene verschoben. Statt sachlich über die Angemessenheit von Methoden und die Evidenz von Erkenntnissen zu diskutieren, wird mit der öffentlichen Identifikation von inhaltlichen Positionen mit Protagonisten aus Wissenschaft und Politik die Wahrnehmung konstruiert, selektiv wissenschaftliche Ansätze und Nichtwissensstrategien seien mit diesen Personen quasi verbunden. Starke, aber nunmehr charismatische Loyalitätsbeziehungen werden ebenso möglich wie die Kultivierung von personenbezogenen Sym- und Antipathien – „Team Drosten“ vs. „Team Streeck“.
Da die Mitglieder der epistemic community anfangs weit mehr öffentliches Vorschussvertrauen genießen als ihre Konkurrenz, können sie mit Zuspruch in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch in der Wissenschaft rechnen. Dies ermöglicht ihnen eine nachhaltige Distanzierung von anderen Akteuren sowie ihren Erkenntnissen und Diskursen, was den Einfluss der community auf die Deutung der Krise konsolidiert. Andere Wissensproduzenten mit abweichenden Positionen werden nicht in die zentrale epistemic community eingebunden, auch wenn sie, wie der Bonner Internist und Professor für Patientensicherheit Matthias Schrappe, von der Opposition im Bundestag angehört werden oder, wie Hendrik Streeck, die Exekutiven der Länder beraten. Die Abschottung der epistemic community in einem informellen Beratungsumfeld stärkt dabei die enge Verflechtung von politischer und wissenschaftlicher Nichtwissensstrategie, die sich auch gegenüber neu institutionalisierten Beratungsangeboten behaupten kann.
Exemplarisch dafür ist der Umgang mit der dritten Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina (2020a), die psychologische, soziale, rechtliche, pädagogische und wirtschaftliche Aspekte der Regulierungen beleuchtet. In verschiedenen Arbeitsgruppen entwickeln 26 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen Empfehlungen für ein risikoreduzierendes Ende des Lockdowns. Und obwohl den Empfehlungen keine spezifischen Forschungsergebnisse zugrunde liegen und ihnen eine fehlende Reflexion der eigenen Wertfragen bzw. Interessen angelastet wird (Bogner und Menz 2021, S. 121), enthalten sie doch eine eigene Nichtwissensstrategie. Speziell auf die Bewältigung der Coronakrise ausgerichtet, vereint diese Strategie drei Elemente: Erstens fordert sie, analog zum Thesenpapier von Schrappe et al. (2020a), eine systematische Datenerhebung, um grundlegendes Nichtwissen in der Pandemie aufzuklären (Leopoldina 2020a, S. 17). Zweitens müsse das Nichtwissen in der wissenschaftlichen Beratung sowie den darauf basierenden Entscheidungen durch unterschiedliche disziplinäre Perspektiven, aber auch Betroffenenperspektiven, identifiziert und kontrolliert werden. Ziel ist die bewusste Reflexion der unterschiedlichen erkenntnistheoretischen Grenzen, die das Nichtwissen erst beobachtbar machen (ebd., S. 24). Drittens solle Nichtwissen in Entscheidungen durch transparentes Abwägen und die offene Kommunikation von Kontingenzen als Problem für alle nachvollziehbar sein. Mit Arnim Nassehi ist ein prominenter Sozialwissenschaftler, der sich vorher auch in der o. g. Vortragsreihe am WZB zur Pandemie geäußert hat, an dieser Stellungnahme beteiligt. Summarisch gesprochen, wird hier eine Nichtwissensstrategie formuliert, die den kontextualisierenden Ansatz, wie er in den Sozialwissenschaften profiliert ist, in einen konkreten Rahmen überführen will.
Zwar wird dieser Stellungnahme unmittelbar nach der Publikation im policy stream eine grundlegende Bedeutung für die weitere Dynamik zugesprochen, dennoch bleibt sie daraufhin für die politisch relevante Problematisierung der Pandemie folgenlos: Die informelle Struktur der Beratung behindert die notwendige Koordination zur Implementation der Empfehlungen (Bogner und Menz 2021, S. 119). Ohne einen formal fixierten Input für die Beratung, der einen Zwang erzeugt, systematisch auf neue Erkenntnisse zu reagieren oder bestimmte Forschungsprojekte zu implementieren, können die Mitglieder der epistemic community auf ihrem Wissensstand beharren. Gleichzeitig erklären viele Wissenschaftler die Relevanz ihres Wissens für das Pandemiemanagement selbst in Anerkennung der epistemischen Autorität der Virologie und der „quantitativen Autorität“ (Mansnerus 2013, S. 287) modellierender Epidemiologen für sekundär (Bude 2022, S. 254). Diese Selbstbeschränkung ist aber nicht epistemologisch begründet – denn wie die oben angesprochenen methodischen Interventionen von Schrappe, Schnell und Smid und anderen zeigen, lassen sich die Grenzen des Entscheidungswissens und die Ansätze für seine Optimierung durchaus systematisch bestimmen. Stattdessen ist zu vermuten, dass die Katastrophenkommunikation eines unspezifischen Nichtwissens bis in die Wissenschaft fortwirkt, prominent vorgetragen in einem Interview mit Jürgen Habermas, der am 10. April 2020 von der Neuheit des „Wissens über unser Nichtwissen“ spricht (Habermas 2020). Angesichts dieses Schocks debattiert Habermas nicht über wissenschaftliche Nichtwissensansätze, sondern hierarchisiert die bestehenden (Nicht‑)Wissensansätze disziplinär und mahnt die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften vor „unvorsichtigen Prognosen“ (ebd.).
Diese Selbstlimitierung von Wissensansprüchen erschwert in der Folge sowohl die offene Verhandlung relevanten Nichtwissens als auch die transparente Formulierung von Wissenslücken, aus denen sich eine Nachfrage nach Expertise für das Pandemiemanagement ableiten ließe. Demzufolge wird der Ansatz der virologisch informierten Pandemiekontrolle auch politisch nicht systematisch hinterfragt – denn eine stetige Evaluation würde die Politik dazu animieren, auf weitere Beratungsangebote zu reagieren. Dazu gehört zum Beispiel die Empfehlung des Deutschen Ethikrates (2020, S. 5 f.) vom 27. März 2020, öffentlich über die negativen Effekte des Lockdowns, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und die akzeptierten Lebensrisiken zu debattieren. Gleichzeitig forcieren die politischen Akteure die Politisierung des Nichtwissens hinsichtlich der Folgen einer zu frühen Abkehr von den Regulierungen des Lockdowns, was unter anderem in Rechtfertigungen wie „das Erreichte nicht verspielen“ seinen Ausdruck findet. Hierbei können die relevanten Akteure des Pandemiemanagements mit politischen und medialen Kommunikationsstrategien ihre herausragende politische und epistemische Autorität behaupten, indem sie den Erfolg der Maßnahmen zum Narrativ einer gelungenen Steuerung der Krise erheben, zumal im Vergleich mit europäischen Nachbarländern.17 Der Erfolg lässt kaum Raum für Kritik und befördert einen Lock-in-Effekt im problem stream, bei dem der prinzipielle Eindämmungsansatz des Pandemiemanagements zur exklusiven Selbstreferenz wird.

3.4 Partielle Flexibilisierung und weitere Polarisierung

Nach Ende der ersten Welle und der Beendigung des Lockdown und weiterer Regulierungen im Mai 2020 nimmt die Intensität der einzelnen Dynamiken vorerst ab. Zwar verhindert der politische Streit über den richtigen Zeitpunkt der Rücknahme der Regulierungen eine koordinierte Exit-Strategie in Deutschland, und das, obwohl Wirtschaftswissenschaftler eine solche Strategie bereits im April konzeptualisiert hatten (Bardt und Hüther 2020). Somit werden die Kontaktverbote je nach Bundesland uneinheitlich und sukzessive gelockert (Kuhlmann et al. 2021, S. 563). Gleichzeitig beginnt jedoch eine erste kritische Evaluierung des Pandemiemanagements, die der Bundesgesundheitsminister am 22. April selber lanciert. Spahn verweist dabei auf das enorme Nichtwissen, durch das die Politik in der Krise herausgefordert sei, weshalb es wahrscheinlich zu einer Neubewertung der getroffenen Entscheidungen kommen werde (Deutscher Bundestag 2020a, S. 19211). Damit lässt sich nun auch der Konsens über die Zweckmäßigkeit der politischen Entscheidungen hinterfragen (Bogner und Menz 2021, S. 124).
Eine politischen Neubewertung der Krise erfolgt jedoch vorerst nicht – vor allem, weil das Erfahrungswissen aus der ersten Welle zu einem Erfolgsmodell der politischen Bearbeitung von Pandemien abstrahiert und generalisiert wird (Hegelich 2021, S. 306). Die harte Regulierung des sozialen Lebens hat sich bis dahin als Handlungsmodell zur Eindämmung von Infektionen bewährt, womit das Pandemiemanagement im Fall einer erneuten Verschlechterung der Lage darauf wieder zurückgreifen kann. Eine kritische Diskussion würde dies jedoch schwieriger machen, weshalb diejenigen Akteure, die diese Strategie unterstützt haben, kein wirkliches Interesse an einer Reflexion der Maßnahme haben. Stattdessen konzentrieren sich die politischen und programmatischen Akteure im Sommer auf die Implementation (vermeintlich) neuer Instrumente der Pandemiekontrolle, die zu dieser Zeit verfügbar werden – darunter die digitale Warnapp, Lüftvorgaben an Schulen, der Aufbau der Testinfrastruktur und die Versorgung der Republik mit ausreichend Masken. Auch der problem stream reagiert darauf und erarbeitet Empfehlungen, welche die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den neuen Instrumenten zusammenfassen (Leopoldina 2020a).
Indessen kommt es auch zu personellen Rotationen in der epistemic community, sowohl in der Exekutive als auch in den Fachministerien. An einer der ersten Pressekonferenzen der epistemic community nach dem Sommer nehmen neben dem Gesundheitsminister Spahn und Wieler vom RKI jetzt auch die Infektiologin Susanne Herold von der Universität Gießen, der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Aerosolforscher Martin Kriegel von der TU Berlin teil. Die zwischenzeitliche Abwesenheit der Virologie in der Beratung könnte ein Hinweis für eine stärker praktisch orientierte Problembearbeitung aus der Perspektive des Fachministeriums sein, die Themen der Implementationen technischer Maßnahmen und die effizientere Organisation der medizinischen Infrastruktur als wesentliche Elemente der Prävention versteht.
Mit Blick auf die Bearbeitung des Nichtwissens in dieser Phase der Pandemie fällt auf, dass keine neuen Ansätze im problem stream relevant werden, und zwar obwohl Vorschläge wissenschaftlicher Experten vorliegen, die Nichtwissenskontrolle auf der Grundlage formaler Leitlinien und Empfehlungen anstreben (siehe etwa Leopoldina 2020a; Expertenrat Corona der Landesregierung Nordrhein-Westfalen 2020; Schrappe et al. 2020b). Diese Vorschläge zielen darauf ab, lokalen Infektionsdynamiken mit spezifischen und flexibel anwendbaren Einzelmaßnahmen statt mit allgemeinen Lockdowns zu begegnen. Verschiedene Maßnahmen, so der Tenor, sollen mithin in stärker formalisierter Weise implementiert werden, um damit Nichtwissen einzugrenzen und Erwartungssicherheit aufzubauen. Hierin lässt sich die Absicht erkennen, zu einem pragmatischen Ansatz des Pandemiemanagements zurückzukehren, der auf lokal begrenzten Risikobewertungen basiert. Die damit verknüpfte Proklamation partieller Wissensansprüche in der Pandemie, wie zum Beispiel die Einschätzung der Gefährdung von Kindern, woraus sich die Öffnung von Schulen begründen lässt, geht nicht zuletzt auf den Einfluss sozialwissenschaftlicher Nichtwissensexpertise in den genannten Stellungnahmen zurück (ebd., S. 62). Diese beharrt sowohl auf den Unsicherheiten und Kontingenzen der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung als auch, daran anschließend, auf der Offenheit und Flexibilität politischer Entscheidungsfindung. Und sie mahnt daher zur Transparenz, wenn Wissenschaft und Politik mit spezifischen Nichtwissensansätzen im hochvolatilen pandemischen Geschehen aktiv werden (ebd., S. 63).
Eine weitere Idee für den Umgang mit Nichtwissen, die sich in diesen Stellungnahmen findet, betrifft den Versuch, die epistemic community und ihre Nichtwissensansätze deutlich zu pluralisieren. Daran anschließend wird in einer Anhörung des Ausschusses für Gesundheit im Bundestag am 9. September ein Antrag der Grünen diskutiert, der die Einsetzung eines plural besetzten nationalen Pandemierates fordert (Deutscher Bundestag 2020b). „Interdisziplinär“ und „wissenschaftlich unabhängig“ zusammengesetzt, soll dieser Rat ein vergleichendes Monitoring der Analysen aus den einzelnen Wissenschaften übernehmen, Empfehlungen formulieren, getroffene Maßnahmen evaluieren sowie Vernetzung ermöglichen. Das Gremium soll Wissenschaftler verschiedener Disziplinen wie Virologie, Epidemiologie und Gesundheitswissenschaften sowie „insbesondere auch weitere Sozialwissenschaften, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Bildungswissenschaften, Sicherheitsforschung sowie Klima- und Nachhaltigkeitsforschung“ vereinen, wodurch „eine möglichst ganzheitliche Perspektive auf die Pandemieentwicklung sowie die Corona-Maßnahmen“ (ebd., S. 3) sichergestellt werden soll. Im ganzen ersten Pandemiejahr bleibt dies der einzige politische Versuch, eine zentrale Instanz der interdisziplinär informierten Problembearbeitung zu kreieren. Die Große Koalition lehnt den Antrag nicht nur ab, sondern lässt auch die Idee vollständig versanden, indem sie keine vergleichbaren Anträge stellt. So bleibt es beim informellen Modus der Problembearbeitung, dessen Intransparenz eine weitergehende Diskussion über den gewählten Weg der Nichtwissensverarbeitung unmöglich macht.
Mit dem erneuten Anstieg der Infektionen ändert sich die Prozessdynamik im Herbst dann wieder erheblich, wodurch sich im policy stream der Handlungsdruck auf die politischen Akteure erneut erhöht. Da das Pandemiemanagement in Deutschland formal durch das Infektionsschutzgesetz geregelt ist, dessen Vollzug den Bundesländern obliegt, agieren die Exekutiven der Länder immer noch als Vetoakteure. Dementsprechend verlangt eine einheitliche politische Strategie in der Pandemie ein hohes Maß an Koordinations- und Kooperationsanstrengungen. Zusätzlich erschwert wird koordiniertes Handeln durch wachsende politische Konkurrenz und Profilierungsversuche der beteiligten Akteure angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes, wie auch durch die zu diesem Zeitpunkt regional stark differenzierten Infektionsdynamiken. Vor diesem Hintergrund versucht die Bundesregierung, alle relevanten Akteure zur Rückkehr zum vermeintlich bewährten Ansatz zu bewegen, soziale Kontakte strikt zu regulieren, und bestimmt damit die politische Dynamik in der Folge. Hierfür rekrutiert sie nun auch neue Experten und bindet sie in die epistemic community ein – wobei es sich aber vor allem um gut vernetzte Wissenschaftler handelt, die modellbasiert arbeiten und teilweise schon in die Produktion von Beratungswissen involviert sind.18 Sie werden nun zum Teil direkt an den Gesprächen zwischen den Exekutiven des Bundes und jenen der Länder beteiligt. Zugleich wird die fortgesetzte einseitige Berücksichtigung wissenschaftlicher Expertise durch die Bundesregierung nun auch von einigen Landesregierungen kritisiert. Im Grunde dominiert bei der Auswahl der wissenschaftlichen Berater, so zeigt sich im Rückblick, erneut die Suche nach Unterstützung für strikte Kontakteinschränkungen. Der Lockdown muss gerechtfertigt werden – ohne Irritation etwa durch die Sozialwissenschaften mit ihrem Fokus auf seine ungleich verteilten sozialen Folgen und mittel- wie langfristigen Sekundärfolgen.
Die neuen Experten der Bundesregierung arbeiten dagegen mit einem komplexitätsorientierten Ansatz, der Nichtwissen in kalkulatorisches Wissen transformiert. Damit machen sie es zwar für die Genese der möglichen Szenarien operabel, aber es wird eben nur aufgrund bestimmter Vorannahmen in Wissen übersetzbar, was die Unsicherheiten der Modellierung steigert. Diese Unsicherheiten betreffen Parameter wie die Reproduktionszahlen, Populationsstruktur und Effekte der sozialen Distanzierung, Szenarien wie Effekte der NPIs und ihre Kombination, die Modellstruktur selber sowie den Output der Modellierung, darunter die Zahl der Fälle, Hospitalisierungen und deren Reduktion durch NPIs (Leung und Wu 2021, S. 98). Hieraus folgt die notwendige Einordnung der Modellszenarien, die zwar hilfreiche Werkzeuge zur Ausmessung möglicher Entwicklungen bilden, aber aufgrund ihres Hangs zur Überschätzung von Daten bzw. einfachen Kausalität nur bedingt die Wirklichkeit abbilden (Mansnerus 2013, S. 285).
Modelle sind aber auch Grenzobjekte, die sowohl politisch relevant als auch wissenschaftlich objektiv zu sein beanspruchen (Korinek und Veit 2013, S. 271). Sie reduzieren Komplexität und machen Nichtwissen kalkulatorisch verfügbar, z. B. indem sie das Unwissen über die Immunität durch die Annahme einer nicht existenten natürlichen Immunität ersetzen (Adam 2020, S. 317). Durch die Manipulation einzelner Parameter erzeugt das Modell intern kausale Vorhersagen (Fuller 2021, S. 3), was bedingte oder abhänge Prognosen künftiger Szenarien erlaubt (Schroeder 2021, S. 3). Indem diese von den Akteuren als wirklichkeitskonstituierend anerkannt werden, beeinflussen sie bereits die Wirklichkeit und tragen damit zur Verhaltensänderung bei, wodurch die Modelle ihre Szenarien selber verhindern können (van Basshuysen et al. 2021). In der Interaktion mit der Politik müssen die mit Modellen argumentierenden Wissenschaftler auf eben diese Aspekte im Prinzip nachdrücklich hinweisen und die durch das Nichtwissen verursachte hohe Unsicherheit der Modelle transparent kommunizieren. Wenn bereits kleine Schwankungen in den Parametern der Modelle große Effekte auf die errechneten Szenarien haben (Edeling et al. 2021, S. 132), können politische Maßnahmen auf dieser Basis nicht ausreichend legitimiert werden. Zugleich erwartet die Politik von den in ihre epistemic community berufenen Experten ja aber gerade keine Kommunikation von Unsicherheiten, sondern „ergebnisorientierte Deutungen“ (Gärditz 2021, S. 459). Wollen Wissenschaftler diese Erwartungen der Politik erfüllen, müssen sie die Unsicherheit ihrer Modellierungen eher ausblenden und zum Beispiel nicht mehr von Szenarien, sondern von Prognosen sprechen.19 Damit verkehrt sich der Charakter von Modellierungen, und sie werden zu Instrumenten einer technischen Rationalität, die zur Konstitution von Autorität in der politischen Steuerung der Krise eingesetzt werden (Mansnerus 2013, S. 288).
Diese Modelle bilden die Grundlage von Worst-Case-Szenarien, die seit Ende September 2020 vermehrt diskutiert werden, auf die aber die meisten politischen Akteure verhalten reagieren. Erst mit der Herbstwelle wird die Gefahr des Kontrollverlustes wieder akuter und drängt sich die Rückkehr zu sozialen Kontaktbeschränkungen auf. Die dazu im policy stream verhandelte Re-Regulierung sozialer Kontakte erfolgt in mehreren Schritten, von Kontaktbeschränkungen, Heimarbeit, Schließung der Freizeiteinrichtungen bis zur erneuten Schulschließung. Die Problemverarbeitung interagiert dabei erneut eng mit dem policy stream. In ihrer 6. Ad-hoc-Stellungnahme vom 23. September plädiert die Leopoldina (2020b) für einen nachhaltigen Ansatz der Pandemiemaßnahmen im Herbst, die verstärkt die Interessen der Kinder und Jugendlichen beachten und soziale wie auch psychische Folgen berücksichtigen. Auf dieser Basis kritisiert die Hallenser Akademie die jüngsten politischen Maßnahmen, fordert ein konsequenteres Handeln und die Implementation verpflichtender Schutzmaßnahmen. Mit ihrer 7. Stellungnahme vom 8. Dezember spricht sie sich dann für einen harten Lockdown zum Jahresende aus (Leopoldina 2020c), wobei Timing und Argumentation aus der Wissenschaft selber kritisiert werden (Beck und Nardmann 2021, S. 203; Wiesing et al. 2021; Hirschi 2021, S. 176 f.). In der dafür verantwortlichen Arbeitsgruppe sind alle bisher in Verbindung mit der epistemic community stehenden Wissenschaftler aus Medizin, Virologie, Epidemiologie sowie die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, einer ebenfalls institutionalisierten Politikberatung, und der Präsident des RKI vertreten. Dieser „Appell“ wird in der politischen Debatte zur Legitimation strenger Maßnahmen und zur Begründung ihrer Alternativlosigkeit instrumentalisiert (ebd.). Das ist nur möglich, weil sie für „kategorische Handlungsvorschriften“ deskriptive und normative Aussagen miteinander vermischt (Wiesing et al. 2021, S. 17). Ohne eine wissenschaftlich begründete Wenn-dann-Argumentation argumentiert sie für die politische Notwendigkeit eines Lockdowns (ebd., S. 12).
In dieser Phase werden die Sozialwissenschaften auch weiterhin nicht in die Beratung des problem streams einbezogen. Dies betrifft auch die Wirtschaftswissenschaften, deren Fokus auf den wirtschaftlichen Folgen des Pandemiemanagements liegt, wobei viele ihrer Experten die Maßnahmen legitimieren (Handelsblatt 2020). Gleichzeitig bemängeln einige Ökonomen die angewandte Nichtwissensstrategie. So macht der oben bereits erwähnte Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung Gabriel Felbermayer im Dezember 2020 erneut öffentlich auf das ungelöste Nichtwissensproblem aufmerksam und kritisiert die schlechte Datenlage als gesellschaftliches Versäumnis (RND 2020). Auch sein Kollege und Präsident des Münchner Ifo-Instituts Clemens Fuest fordert im Oktober 2020 dazu auf, das Wissen um die Infektionslage mit viel mehr Testungen zu verfeinern (Der Spiegel 2020). In der Forderung steckt eine dedizierte Kritik am Nichtwissensansatz: Denn statt es weiter nur modellhaft zu kalkulieren, erlauben die Corona-Tests, es technisch als Noch-Nicht-Wissen zu behandeln. Damit könnte ein pragmatischeres Vorgehen gerechtfertigt werden, denn insbesondere repräsentative Testungen grenzen das Nichtwissen derart ein, dass dem Hang politischer Akteure zu „risikoaversen Entscheidungen“ wirksam begegnet werden könnte (Presseportal 2020). Die Problematik der Kausalität von Nichtwissen und Pandemiemanagement wird von den Ökonomen Reiner Eichenberger und David Stadelmann (2020) Ende September öffentlich noch einmal zugespitzt. So lange die öffentliche Wahrnehmung der Pandemie durch die unterkomplexe Kommunikation von Infektionszahlen dominiert werde, entstehe ein „Teufelskreis“ von steigenden Fallzahlen und stärkeren Einschränkungen, die von immer weniger befolgt werden, demnach nicht wirken und immense Kosten verursachen. Erst die Kontextualisierung des Risikos ohne Überschätzung durch die gemeldeten Infektionszahlen machen den beiden zufolge ein personenbezogenes und lokal differenziertes Pandemiemanagement möglich.
Auch die im problem stream nicht beachtete Soziologie diskutiert nun über ihren Beitrag zur grundsätzlichen Bearbeitung der Pandemie.20 So definiert Hartmut Rosa in dieser Zeitschrift die Aufgabe einer öffentlichen Soziologie damit, „jederzeit revisionsoffen alles heranzuziehen, was im Lichte des vorhandenen soziologischen Wissens […] dazu beiträgt, mit Hilfe der zur Verfügung stehenden theoretischen Konzepte die Krisenlage und die sich in ihr zeigenden Dynamiken und Entwicklungen zu verstehen“ (Rosa 2020, S. 208). Dies wären soziologische Deutungsangebote der sozialen Veränderung, die im öffentlichen Diskurs hinsichtlich ihrer Lücken und Widersprüche zu „best accounts“ modifiziert werden. Wie diese konkret in der Beratung wirken können, bleibt indes unklar. Ähnlich wie die anderen Autoren der Diskussion ordnet Rosa die Coronakrise in die Dauerkrisen moderner Gesellschaften ein und überlegt, ob sich angesichts der plötzlich überaus wirksamen Gesellschaftssteuerung der Anspruch eines weitergehenden sozialen Wandels ergibt – das Kernanliegen auch von Klaus Dörre (2020). Dabei wird der Beitrag des kontextualisierenden Nichtwissensansatzes zur Bewertung des soziologischen Beitrags gut dargestellt. Stephan Lessenich (2020) geht noch weiter und diskutiert im Hinblick auf die Position der Virologie in der epistemic community die Funktion sozialwissenschaftlicher Deutungsangebote. Das Beispiel der Beratungsleistung der Virologie und deren kritische Aufklärung bietet ihm zufolge eine hilfreiche Referenz für die Soziologie um das von ihr konstruierte (von Lessenich aber nicht so betitelte) Nichtwissen der eigenen Politisierung verfügbar zu machen. Genau damit zeigen die Beiträge, dass die Sozialwissenschaften den wissenschaftlichen Diskurs erheblich bereichern, insofern sie die Polarisierungstendenzen, die sich im Winter 2020/21 in Wissenschaft wie Politik angesichts des Pandemiemanagements entwickeln, durch eine breite Kontextualisierung produktiv konterkarieren.
Im Herbst und Winter kommt es bei der Bewertung von politischen Maßnahmen auch innerhalb der Wissenschaft zur Polarisierung im Zusammenhang mit zwei Initiativen: die pragmatische „Great Barrington Declaration“ und das „John Snow Memorandum“, welches schärfere Reglementierungen befürwortet.21 Am 19. Oktober veröffentlicht die Gesellschaft für Virologie (2020a) eine Stellungnahme, in der sie sich für das John Snow Memorandum stark macht und die Strategie der Herdenimmunität ablehnt. Im Anschluss daran erarbeitet die Kassenärztliche Bundesvereinigung gemeinsam mit den Virologen Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit einen pragmatischen, lokal differenzierten und gruppenspezifischen Ansatz der Pandemiebekämpfung, der als Alternative zum bisherigen Pandemiemanagement kommuniziert und von medizinischen und Public Health-Organisationen unterstützt wird (KBV 2020). Auch von diesem Vorschlag grenzt sich die Gesellschaft für Virologie (2020b) scharf ab und vermerkt, dass „die Mehrzahl der Virologen/Innen sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus ärztlicher Sicht“ diese Positionen nicht teilen. Dies ist oberflächlich ein wissenschaftlicher Dissens, der jedoch durch die Einbindung der Öffentlichkeit als auch die ungleiche Involvierung der Wissenschaftler und ihrer Positionen in die politische Beratung normativ aufgeladen wird. Die damit einhergehende Polarisierung erfolgt nicht über bestimmte Theorien oder Methoden, sondern über die politische Behandlung einer Krankheit. Daran knüpfen auch weitere Ansätze wie z. B. die NoCovid-Initiative an, in der wissenschaftliche und politische Rationalitäten miteinander verbunden werden.22 Letztlich folgt die Polarisierung der Politisierung der Wissenschaft, die dadurch noch stärker an die politische Dynamik gebunden ist. Das stabilisiert die Nichtwissensverarbeitung und damit die Kooperation von Wissenschaft und Politik. Deren Struktur verändert sich bis zur Bundestagswahl 2021 nicht weiter, weshalb hier die bis zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Erkenntnisse abschließend systematisiert werden können.

4 Das pandemische Nichtwissensregime und die Dysfunktion der Sozialwissenschaften

Wie Klaus Kraemer (2023, S. 19) schreibt, ist es auf den ersten Blick „ein soziologisches Rätsel“, warum die für das Pandemiemanagement relevanten staatlichen Institutionen in Deutschland die sozialwissenschaftliche Statistik ignorierten, keine repräsentativen Daten erhoben und sich stattdessen nur auf „spekulative mathematisch-physikalische Computermodellierungen“ verließen. Die im Text vorgenommene Rekonstruktion der Nichtwissensverarbeitung gibt dazu aber eine mögliche Erklärung: In der Krise mit ihren verschiedenen Prozess- und Akteursdynamiken wurde die Akteurskonstellation des problem streams zur bestimmenden Triebkraft für das Pandemiemanagement, bei der die Sozialwissenschaften außen vor blieben. Sie konstituierte sich durch die Verflechtung von politischen mit wissenschaftlichen Nichtwissensansätzen, anhand derer sich eine epistemic community entwickelte. Und diese community etablierte dann ein spezifisches Register der Nichtwissensbearbeitung, mit dem die process streams in exklusiver Umgebung beobachtet sowie gedeutet wurden und das die Steuerung der gesellschaftlichen Kommunikation der Pandemie grundierte. Damit legitimierte die Akteurskonstellation zugleich ihre Deutung der Krise als letztlich alternativlos, wodurch die Protagonisten der anderen streams gezwungen wurden, auf die durch den problem stream vermittelte Prozessdynamik zu reagieren.23
Anfangs war die Nichtbeachtung der Sozialwissenschaften in der epistemic community noch durch den Zufall bestimmt, da die Nichtwissensverarbeitung auf Pfadabhängigkeiten wie den Vorgaben des Pandemieplans oder der Position des RKI sowie unvorhergesehene Entwicklungen der Pandemie reagieren musste, darunter die Reaktion auf weltweit bereits umgesetzte Maßnahmen (policy diffusion) und die neue Rolle der Wissenschaftskommunikation. Später wurde die sozialwissenschaftliche Expertise jedoch durchaus strukturell ignoriert, vor allem indem die epistemic community personell nicht für Sozialwissenschaftler geöffnet wurde und sie zur Definition legitimen Nichtwissens nicht auf die sozialwissenschaftlichen Nichtwissensansätze zurückgriff. Das verweist auf eine Akteursdynamik, die zur Anerkennung ihrer Problemdefinition der Pandemie das Nichtwissen gezielt regulierte. Und weil auch Nichtwissen letztlich eine Form von Wissen ist, lässt sich die Struktur der epistemischen Gemeinschaft in diesem Fall als ein besonderes Wissensregime klassifizieren.
Wissensregime entwickeln sich nach Böschen (2016, S. 43) bei der „Artikulation, Definition und Lösung“ von sozio-technischen Problemen und sind die Folge der Genese von Normen zur Regulation der Wissensproduktion für ein jeweiliges Problem. Ein Wissensregime legt demnach fest, welches Wissen legitim ist, indem es das anerkennungswürdige Wissen steuert und von ignorierbarem Wissen normativ isoliert (ebd., S. 41). Dementsprechend etablierte sich in der Coronakrise ein Nichtwissensregime, das den sozialen Raum für Problemlösungen und Deutungsweisen regulierte, einschließlich der problemzentrieren Nichtwissensverarbeitung im Kontext politischer Entscheidungen. Da sie sich innerhalb eines unstrukturierten Umfeldes entwickelte, fungierte die Nichtwissensverarbeitung als wesentlicher Faktor des Pandemiemanagements: Erstens war sie die exklusive Funktion der Akteurskonstellation und beeinflusste deren Struktur. Zweitens steuerte das Nichtwissensregime selber die soziale Wahrnehmung relevanten Nichtwissens, indem es dieses von irrelevantem Nichtwissen unterschied (Rayner 2012). Dieses reflexive Verhältnis werde ich abschließend in Bezug auf die Prozess- und Akteursdynamiken systematisieren. Dabei lassen sich drei nachhaltige Momente einer sozialen Konstruktion von Nichtwissen identifizieren, die nicht nur dessen Status in der Krise fixierten, sondern auch die Nichteinbeziehung der Sozialwissenschaften begründeten: die Konstruktion unspezifischen Nichtwissens, die exklusive Beobachtung von Nichtwissen und die Dominanz modellierten Nichtwissens.

4.1 Die Konstruktion unspezifischen Nichtwissens

Zunächst zeigt der Rückblick, dass der Übergang zum Krisenmodus die Routinen gouvernementaler Nichtwissensverarbeitung unterbrach und die Politik nötigte, in kurzer Zeit Entscheidungen von großer Tragweite zu treffen. In dieser Situation wurden Lösungsvorschläge zur Nichtwissensbearbeitung an die wissenschaftliche Politikberatung adressiert, wodurch der policy stream im Pandemiemanagement an Bedeutung verlor zugunsten des mit wissenschaftlicher Expertise ausgestatteten problem streams. Vor diesem Hintergrund erfolgte in der Politik und Teilen der Wissenschaft eine Neubewertung des Nichtwissens. Die dafür aktivierte Katastrophenkommunikation stellte alles Wissen und Nichtwissen zur Disposition, um daraus den Schluss zu ziehen, dass nichts bekannt und deshalb eine radikale Vermeidungsstrategie in Form eines Lockdowns notwendig ist. Diese politisch und wissenschaftlich gestützte Zurückweisung jeglicher Wissens- und Nichtwissensansprüche konstruierte ein unspezifisches Nichtwissen mit dem Ziel, weitreichende Entscheidungen für die Problembearbeitung durch eine veränderte Wahrnehmung des Nichtwissens – und nicht des Wissens – zu ermöglichen. Dieses aktivierende Motiv führte die Akteure der epistemic community zusammen, um Nichtwissen durch Kalkulation verarbeiten zu können. Ein wichtiges Element dieser Konstruktion war der von Drosten früh gezogene Vergleich mit der Spanischen Grippe, der das Nichtwissen über COVID-19 durch einen Analogieschluss in historisch informiertes und damit prognostizierbares Wissen transformierte und für die Rechtfertigung strenger Maßnahmen verfügbar machte. Erst die historisch identifizierte kausale Relation von sozialen Regulierungen und weniger Toten rechtfertigte die Annahme, dass die Gefahr der Pandemie mit Einschränkungen des sozialen Lebens verringert werden kann.
Die Sozialwissenschaften waren in die Konstruktion dieses unspezifischen Nichtwissens nicht einbezogen, und das obwohl die damit gerechtfertigte Vermeidungsstrategie ja im Kern auf ihren Gegenstandsbereich zielte. Der kontextualisierende Nichtwissensansatz der Sozialwissenschaften weist jedoch auf die Normalität kontingenter Nichtwissenspotenziale hin und zeigt daran anschließend, wie kollektive Regeln der Nichtwissensbearbeitung in Form von Beobachtungsroutinen, Erfahrungswissen oder Institutionen der Risikobewertung soziales Leben dennoch ermöglichen. Demzufolge war es unwahrscheinlich, dass die Sozialwissenschaften für die totale Suspendierung der Nichtwissensverarbeitung Evidenzen liefern konnten. Ebenso schwierig erscheint die sozialwissenschaftliche Begründung des Erfolges eines umfassenden Verbotes sozialer Kontakte. Allein die methodischen „Tugenden“ der Sozialwissenschaften wie Skeptizismus, Ergebnisoffenheit, Kontrolle der Voreingenommenheit (Kraemer 2023, S. 20) wären mit der damit verknüpften radikalen Reduktion gesellschaftlicher Komplexität durch eine einfache Vermeidungsstrategie schwer vereinbar. Dies war den meisten Sozialwissenschaftlern bewusst, auch wenn sie die Einschätzung einer nahenden Katastrophe teilten. Folglich entlastete die von Habermas empfohlenen Zurückhaltung die Sozialwissenschaften von ihrem Aufklärungsbeitrag, ließ aber zugleich Beratungsleistungen zur Optimierung der Maßnahmen im programme stream zu.

4.2 Die exklusive Beobachtung von Nichtwissen

Durch die Verflechtung wissenschaftlicher und politischer Nichtwissensstrategien wurde eine Form des unspezifischen Nichtwissens hinsichtlich des pandemischen Geschehens konstruiert. Aus dieser Verflechtung entwickelte sich, wie aufgezeigt, im Frühjahr und Sommer 2020 ein Nichtwissensregime, an dem die Sozialwissenschaften nicht beteiligt wurden. Dieses Regime fundierte den Geltungsanspruch einer bestimmten kollektiven Definition des Nichtwissens in der Corona-Pandemie über die Anfangszeit hinaus. Wie gezeigt verschob es das Nichtwissensproblem nach und nach von der gesellschaftlichen auf die Mikroebene der Virologie und privilegierte die dort vorherrschenden Deutungsansätze. Diese Fixierung reflektierte nicht nur den durch die Pandemie ausgelösten Vertrauensverlust in die sozial institutionalisierten Routinen der Nichtwissensverarbeitung durch die politisch-administrative Risikoeinschätzung von Ämtern oder Ministerien, sondern zementierte ihn auch. Damit ließ sich auch die durch das Regime monopolisierte Verbindung zwischen Exekutive und Expertise sowie zwischen ihren intern-administrativen bzw. komplexitätsorientierten Nichtwissensstrategien rechtfertigen. Der problem stream erhielt seine exklusive Funktion, gestärkt durch das Echtzeitmonitoring als zentrales Mittel zur Konstruktion virologisch orientierten Nichtwissens.
Zunächst als wissenschaftlich basierte Metrik der Verdoppelungszeit, später als R‑Wert und 7–Tage-Inzidenz (Jasanoff et al. 2021, S. 57) setzte das virologische Nichtwissensregime das Echtzeitmonitoring der Infektionsdynamik als exklusiven Beobachtungsmodus des problem stream durch. Somit wurden die durch diese Zahlen und ihre Generierung nicht erfassten Dynamiken der Pandemie in der gesellschaftlichen Beobachtung vernachlässigt. Stattdessen wurde durch den komplexitätsorientierten Ansatz methodisch kalkuliert, dass das immense Nichtwissen ein Wissensbestandteil der Echtzeitzahlen ist. Darauf spekulierend kommunizierten Politik und Wissenschaft den wirklichkeitskonstitutiven Charakter von R‑Werten und Inzidenzen, wodurch sie den Rahmen für die gesellschaftliche Kommunikation der pandemischen Prozessdynamik festlegten. Waren die Sozialwissenschaften für die Konstruktion des unspezifischen Nichtwissens noch unzweckmäßig bzw. wurden sie nicht gebraucht, so konnten sie die Konstruktion der Echtzeitbeobachtung der Pandemie gleichwohl nachhaltig irritieren: Die beschriebenen Interventionen von Sozialwissenschaftlern zur Unterkomplexität der Echtzeitbeobachtung sowie ihre Vorschläge für eine sinnvolle Minimierung des Nichtwissens durch repräsentative Studien unterminierten den vom Nichtwissensregime favorisierten Beobachtungsmodus der Pandemie öffentlich. Dieser wissenschaftliche Zweifel am Beobachtungsmodus der epistemic community stellte für diese eine Bedrohung ihres process-stream-fokussierten Beobachtungsmonopols dar. Dementsprechend wurde weder auf die sozialwissenschaftliche Kritik noch auf Vorschläge zur Verbesserung der Beobachtung der Pandemie wirksam reagiert. Indes rechtfertigte die durch das Echtzeitmonitoring erzeugte Dramatik der Pandemie, dass für andere Nichtwissensansätze im problem stream keine Zeit sei.

4.3 Die Dominanz modellierten Nichtwissens

Diese Dramatik wurde argumentativ auch zur Rechtfertigung der einseitigen Anwendung von Modellen in der Beratung genutzt. Dieses dritte Moment der sozialen Konstruktion von Nichtwissen wurde von Wissenschaftlern aus Forschungsorganisationen wie der Helmholtz-Gemeinschaft getragen, die exklusiv an den politischen Beratungen teilnahmen. Deren „Modellpositivismus“ (Kraemer 2023) konstruierte eine Wahrnehmung der Pandemie, die Wissensansprüche zugunsten einer Negativerwartung künftiger Entwicklungen zurückwies. Bei dieser Konstruktion wäre der kontextualisierende Nichtwissensansatz der Sozialwissenschaften ebenso dysfunktional gewesen, denn dieser problematisiert die Modellkalkulationen des Nichtwissens in seiner gesellschaftlichen Dimension.
Eine Folge dieser Annäherung an Nichtwissen war seine Evaluation im Hinblick auf die sozialen Folgen des Lockdowns. Dabei war bereits bekannt, dass dieser die sozial schwächeren Gruppen, darunter Kinder und Jugendliche, viel stärker betraf als andere (Schorb und Schmidt-Semisch 2021, S. 532 f.). Psychologische Expertisen und Umfragen (COSMO) stellten Individualdaten über die sozialen Folgen der Pandemie und der Maßnahmen zur Verfügung (Schorb und Schmidt-Semisch 2021; Eitze et al. 2021). Dieses Wissen wurde aber nur im programme stream kommuniziert. Ein weiteres Element sozialwissenschaftlicher Beratung ist die stetige methodische Reflexion des „Nichtwissens der Nichtwissensstrategie“, die die Grenzen der Kalkulierbarkeit von Nichtwissen durch Modelle explizit darstellbar macht. Auf diesen Aspekt wies der Soziologie Wolfgang Streeck (2021, S. 8) öffentlich hin, als er vom „Fakten-Nichtwissen“ sprach und die Notwendigkeit alternativer, auch sozialwissenschaftlicher Beratung begründete. Damit geriete das etablierte Nichtwissensregime eingehender unter Rechtfertigungsdruck, da mit dieser Perspektive die Möglichkeit wächst, die der Modellierung immanente Willkür im Umgang mit Nichtwissen öffentlich zu kritisieren. So lässt sich die soziale Konstruktion von Nichtwissen während der Corona-Pandemie als eine Strategie des „displacement“ (Rayner 2012, S. 120) dekonstruieren, bei der eine neue und unbekannte Gesundheitsgefahr allein im Hinblick auf die katastrophalen Ergebnisse einer nicht vollzogenen Vermeidungsstrategie wie des Lockdowns gedeutet und die Gesellschaft anhand einer selektiv zahlenbasierten Darstellung ihrer Prozessdynamik zum Objekt sozialer Kontrolle gemacht wird.24 Wie hierbei mit unkomfortablen Nichtwissen umgegangen und wie es durch willkürliche Konstruktionen kontrolliert wurde, wäre auch retrospektiv ein genuiner Aufklärungsauftrag der Sozialwissenschaften.

5 Resümee

Der Verzicht auf die Kompetenz der Sozialwissenschaften zur Problematisierung des unkomfortablen Nichtwissens im problem stream hat demnach vor allem einen funktionalen Grund. Wie gezeigt, stellt der kontextualisierende Nichtwissensansatz jede wissenschaftliche Begründung politischer Entscheidungen vor dem Hintergrund des verfügbaren Wissens und Nichtwissens zur Diskussion. Sicher wollte sich die Politik gerade zu Beginn der Pandemie dieser Verunsicherung nicht aussetzen. Doch spätestens nach der ersten Welle hätte diese Nichtwissensstrategie zur Evaluierung der Maßnahmen einen sinnvollen Beitrag geleistet. Die Regulierung des Nichtwissensregime hat dies kurzfristig verhindert und damit den Rechtfertigungsdruck auf das Pandemiemanagement minimiert. Auf längere Sicht müssen Politik und Wissenschaft aber über „verantwortbares Nichtwissen“ (Gärditz 2021, S. 480) nachdenken. Ein Nichtwissensregime ohne Sozialwissenschaften wird dazu nicht in der Lage sein.
Um dies in künftigen Krisen und in Anbetracht der Gefahr einer erneuten Suspendierung institutionalisierter Nichtwissensroutinen infolge von Ereignisdynamiken auszuschließen, braucht es formalisierte Beratungen, die sich der Verständigung ihrer eigenen blinden Flecke nicht verschließt. Dazu empfiehlt sich ein integratives Modell der Politikberatung in Krisen, welches drei Anforderungen verarbeitet: die Unsicherheit von Wissen, den notwendigen Pluralismus in der Beratung und die normative Fundierung auch wissenschaftlicher Wissensansprüche (Bschir et al. 2022). Bereits im Vorfeld der Krise sollte durch Festlegungen eine ausgewogene Auswahl der Expertise gesichert werden, sowohl in Bezug auf unterschiedliche Disziplinen als auch auf die innerdisziplinäre Vielfalt. In der Beratung muss zudem die pluralistische Wissenssynthese durch Transparenz gewährleistet werden. Dies schließt auch ein Angebot verschiedener Politikoptionen zur politischen Auswahl ein. Ebenso braucht es eine umfassende Kommunikation innerhalb der Beratung als auch zwischen der Beratung und der Öffentlichkeit. In solch einem Modell der Beratung sind die Barrieren für den Nichteinbezug bestimmter Disziplinen rechtfertigungsbedürftig, was im Umkehrschluss eine pluralistische Diskussion des Nichtwissens in der Krise befördert.

Förderung

Diese Publikation wurde durch die Initiative „Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society“ der VW-Stiftung gefördert (Projekttitel: „Verbesserung der interdisziplinären Wissensintegration im Krisenmanagement des öffentlichen Gesundheitswesens“). Die Förderorganisation hatte keinen Einfluss auf das Studiendesign, die Sammlung, Verwaltung, Analyse und Interpretation der Daten, das Verfassen des Manuskripts oder die Entscheidung, die Studie zur Veröffentlichung einzureichen.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Unsere Produktempfehlungen

Berliner Journal für Soziologie

Das Berliner Journal für Soziologie veröffentlicht Beiträge zu allgemeinen Themen und Forschungsbereichen der Soziologie sowie Schwerpunkthefte zu Klassikern der Soziologie und zu aktuellen Problemfeldern des soziologischen Diskurses.

Fußnoten
1
Die Systematisierung von Böschen et al. (2015) geht dabei aus von einer engen Verbindung zwischen bestimmen Disziplinen und ihrem jeweiligen dem Umgang mit Nichtwissen. Die sehe ich so nicht, da die Modi m. E. in allen Disziplinen simultan zur Anwendung kommen.
 
2
Ich orientiere mich dafür an neueren Ansätzen der politikwissenschaftlichen Implementationsforschung, welche Akteurstheorien mit Prozesstheorien verknüpfen, um die kontingenten Bedingungen, Möglichkeitsräume und Implementationen von Politiken in ihrer je eigenen Dynamik darzustellen (O’Toole Jr. 2004).
 
3
Die Dynamik des Prozesses wird durch die veränderten Beobachtungsmöglichkeiten bestimmt. Erst wenn Infektionen durch Tests identifiziert werden können und ihre Veränderung durch Meldesysteme möglich ist, wird der Prozess sichtbar und damit politisch.
 
4
Das sind lösungsorientierte „instrument constituencies“, teilweise als Netzwerke heterogener Akteure, die in die politische Steuerung eingebunden sind (Howlett 2019, S. 419).
 
5
Öffentlich kommuniziert die community u. a. in Person von Gesundheitsminister Spahn, RKI-Präsident Lothar Wieler, Christian Dorsten von der Charité, Egbert Tannic vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Petra Gastmeier vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité, René Gottschalk als Leiter des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main und Stephan Hofmeister von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
 
7
Der gemeinsame Krisenstab trifft sich fast jeden Tag, und das RKI veröffentlicht ab dem 4. März 2020 tägliche Situationsberichte zur Coronalage.
 
8
Dies spiegelt sich auch in der Bevölkerung wieder. Seit dem 3. März 2020 befragt ein Konsortium universitärer und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen unter Mitarbeit des Robert Koch Instituts sowie der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufgaben ein „Monitoring von Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des aktuellen COVID-19 Ausbruchsgeschehens“. Das COSMO-COVID-19 Snapshot Monitoring produziert ab diesem Zeitpunkt regelmäßig Wissen, das im programme stream verarbeitet wird (siehe https://​projekte.​uni-erfurt.​de/​cosmo2020/​web/​).
 
9
Da keine öffentlichen Protokolle zu dieser Sitzung existieren, kann die Rekonstruktion der Aussagen nur indirekt durch Aussagen der Beteiligten erfolgen. Dazu zählt etwa jene des Ministerpräsidenten von Thüringen Bodo Ramelow in der ZDF-Sendung „Lanz“ am 28. Mai 2020.
 
10
Drosten zitiert die Studie nicht namentlich, jedoch kann aufgrund der genannten Fallzahl (43) mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Studie von Markel et al. von 2007 geschlossen werden. Die Studie differenziert mit Schulschließungen, dem Verbot öffentlicher Zusammenkünfte und Isolations- bzw. Quarantänemaßnahmen drei Maßnahmenblöcke, deren Umsetzung in amerikanischen Städten sie mit historischen Sterbedaten korreliert.
 
11
Trotz der statistischen Unsicherheit, etwa in Bezug zur tatsächlichen Todesrate und den historischen Daten dazu, aber auch der interpretatorischen Unsicherheiten bezüglich der Aussagen von Akteuren über die Art der durchgeführten NPIs in den einzelnen Städten, generieren die Autoren Erkenntnisse zur Wirksamkeit von NPIs in den USA, was nicht unumstritten ist (Barry 2007).
 
12
Drosten empfiehlt entsprechend der Studie nicht eine Maßnahme, sondern drei Maßnahmenbündel gleichzeitig, indem er wissenschaftliche und normative resp. evaluative Argumente miteinander verbindet – letztere exemplarisch in der Aussage: „Ich glaube, das ist allen klar, dass wir jetzt was machen müssen“ (Martini und Drosten 2020c).
 
16
Dies war nebenbei bemerkt nur möglich, da Positionspapiere und Studienergebnisse durch neue Open-Science-Strukturen für alle Interessierten fast ohne Hürden online abrufbar sind und die Akteure somit viel direkter mit der außerakademischen Öffentlichkeit kommunizieren können.
 
17
Eine Agenda für solche Strategien wurden im oben besprochenen Positionspapier des Bundesministeriums des Inneren namens „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“ entwickelt.
 
18
Dazu zählt etwa der Leiter der Abteilung System-Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig Michael Meyer-Hermann, der am 14. Oktober 2020 im Beraterkreis der Bundesregierung auftritt. Er ist führendes Mitglied der Helmholtz-Initiative „Systemische Epidemiologische Analyse der COVID-19-Epidemie“, die maßgeblich für das Strategiepapier der Präsidenten der vier großen außeruniversitären Forschungsinstitutionen zugearbeitet hatte, das im Frühjahr 2020 publiziert worden war (Meyer-Hermann et al. 2020).
 
19
Meyer-Herman spricht bei der Vorstellung seines auf Basis einer Studie seines Teams (Kühn et al. 2021) entwickelten Vorhersagemodells im Januar 2021 von einem „Prognosetool“, welches adaptiert in gesellschaftswissenschaftlichen Belangen eingesetzt werden kann.
 
23
Tatsächlich verliert der problem stream seine Dominanz bei der Beobachtung der Pandemie erst, als die Infektionsdynamik ein Jahr später für viele durch eine eigene Infektion erfahrbar geworden ist.
 
24
Rayner unterscheidet mehrere Strategien zur Konstruktion von Nichtwissen durch Organisationen. Bei der Strategie der Verlagerung bzw. Verdrängung (displacement) wird ein zur Information von Entscheidungsträgern erzeugter Wirklichkeitsausschnitt, etwa ein Computermodell, selber zum Objekt der Steuerung. Damit wird das nur zur Aufklärung über ein reales Phänomen benutzte Modell zur Wirklichkeit. So lässt sich das unbequeme Wissen über die komplexe Wirklichkeit in Nichtwissen außerhalb des Modells transformieren, wo es die Problemlösung nicht mehr stört.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Adam, D. (2020). Modelling the pandemic. The simulations driving the world’s response to COVID-19. Nature, 580, 316–318.CrossRef Adam, D. (2020). Modelling the pandemic. The simulations driving the world’s response to COVID-19. Nature, 580, 316–318.CrossRef
Zurück zum Zitat Aledort, J. E., Lurie, N., Wasserman, J., & Bozzette, S. A. (2007). Non-pharmaceutical public health interventions for pandemic influenza: An evaluation of the evidence base. BMC public health, 7, 208.CrossRef Aledort, J. E., Lurie, N., Wasserman, J., & Bozzette, S. A. (2007). Non-pharmaceutical public health interventions for pandemic influenza: An evaluation of the evidence base. BMC public health, 7, 208.CrossRef
Zurück zum Zitat Bardt, H., & Hüther, M. (2020). Eine wirtschaftspolitische Exit-Strategie aus dem Corona-Lockdown. IW-Policy Paper, Nr. 7. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft. Bardt, H., & Hüther, M. (2020). Eine wirtschaftspolitische Exit-Strategie aus dem Corona-Lockdown. IW-Policy Paper, Nr. 7. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft.
Zurück zum Zitat Barry, J.M. (2007). Comments on the nonpharmaceutical interventions in New York City and Chicago during the 1918 flu pandemic. Journal of Translational Medicine, (5), #65.CrossRef Barry, J.M. (2007). Comments on the nonpharmaceutical interventions in New York City and Chicago during the 1918 flu pandemic. Journal of Translational Medicine, (5), #65.CrossRef
Zurück zum Zitat van Basshuysen, P., White, L., Khosrowi, D., & Frisch, M. (2021). Three ways in which pandemic models may perform a pandemic. Erasmus Journal for Philosophy and Economics, 14, 110–127. van Basshuysen, P., White, L., Khosrowi, D., & Frisch, M. (2021). Three ways in which pandemic models may perform a pandemic. Erasmus Journal for Philosophy and Economics, 14, 110–127.
Zurück zum Zitat Beck, S., & Nardmann, J. (2021). Wissenschaftliche Rückendeckung für politische Alternativlosigkeit? Kontroversen um Expertisen in der deutschen Corona-Politik. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 187–214). Baden-Baden: Nomos.CrossRef Beck, S., & Nardmann, J. (2021). Wissenschaftliche Rückendeckung für politische Alternativlosigkeit? Kontroversen um Expertisen in der deutschen Corona-Politik. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 187–214). Baden-Baden: Nomos.CrossRef
Zurück zum Zitat Birch, J. (2021). Science and policy in extremis: The UK’s initial response to COVID-19. European Journal for Philosophy of Science, 11, #90.CrossRef Birch, J. (2021). Science and policy in extremis: The UK’s initial response to COVID-19. European Journal for Philosophy of Science, 11, #90.CrossRef
Zurück zum Zitat Bogner, A., & Menz, W. (2021). Wissen und Werte im Widerstreit. Zum Verhältnis von Expertise und Politik in der Corona-Krise. Leviathan, 49, 111–132.CrossRef Bogner, A., & Menz, W. (2021). Wissen und Werte im Widerstreit. Zum Verhältnis von Expertise und Politik in der Corona-Krise. Leviathan, 49, 111–132.CrossRef
Zurück zum Zitat Boin, A., & Lodge, M. (2021). Responding to the COVID-19 crisis: A principled or pragmatist approach? Journal of European Public Policy, 28, 1131–1152.CrossRef Boin, A., & Lodge, M. (2021). Responding to the COVID-19 crisis: A principled or pragmatist approach? Journal of European Public Policy, 28, 1131–1152.CrossRef
Zurück zum Zitat Borck, C. (2020). Vom Unwissen in Zeiten von Corona. Zeitschrift für Kulturphilosophie, 14, 101–110. Borck, C. (2020). Vom Unwissen in Zeiten von Corona. Zeitschrift für Kulturphilosophie, 14, 101–110.
Zurück zum Zitat Böschen, S. (2016). Hybride Wissensregime. Skizze einer soziologischen Feldtheorie. Baden-Baden: Nomos.CrossRef Böschen, S. (2016). Hybride Wissensregime. Skizze einer soziologischen Feldtheorie. Baden-Baden: Nomos.CrossRef
Zurück zum Zitat Böschen, S., Kastenhofer, K., Rust, I., Soentgen, J., & Wehling, P. (2015). Entscheidungen unter Bedingungen pluraler Nichtwissenskulturen. In R. Mayntz, F. Neidhardt, P. Weingart & U. Wengenrot (Hrsg.), Wissensproduktion und Wissenstransfer: Wissen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. (S. 197–220). Bielefeld: Transcript. Böschen, S., Kastenhofer, K., Rust, I., Soentgen, J., & Wehling, P. (2015). Entscheidungen unter Bedingungen pluraler Nichtwissenskulturen. In R. Mayntz, F. Neidhardt, P. Weingart & U. Wengenrot (Hrsg.), Wissensproduktion und Wissenstransfer: Wissen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. (S. 197–220). Bielefeld: Transcript.
Zurück zum Zitat Bschir, K, Knobloch, J., & Lohse, S. (2022). Post-COVID-19: Auf dem Weg zu einem integrativen Modell der wissensbasierten Politikberatung. In R. Hauswald & P. Schmechtig (Hrsg.), Wissensproduktion und Wissensvermittlung in Zeiten der Pandemie (S. 81–147). Baden-Baden: Karl Alber. Bschir, K, Knobloch, J., & Lohse, S. (2022). Post-COVID-19: Auf dem Weg zu einem integrativen Modell der wissensbasierten Politikberatung. In R. Hauswald & P. Schmechtig (Hrsg.), Wissensproduktion und Wissensvermittlung in Zeiten der Pandemie (S. 81–147). Baden-Baden: Karl Alber.
Zurück zum Zitat Bude, H. (2022). Aus dem Maschinenraum der Beratung in Zeiten der Pandemie. Soziologie, 51(3), 245–255. Bude, H. (2022). Aus dem Maschinenraum der Beratung in Zeiten der Pandemie. Soziologie, 51(3), 245–255.
Zurück zum Zitat Busch, A. (2021). Wissen allein genügt nicht: Die Nutzung von politikberatenden Institutionen während der Corona-Pandemie im Vergleich. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 283–293). Frankfurt a. M.: Campus. Busch, A. (2021). Wissen allein genügt nicht: Die Nutzung von politikberatenden Institutionen während der Corona-Pandemie im Vergleich. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 283–293). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Capano, G., Howlett, M., Jarvis, D., Ramesh, M., & Goyal, N. (2020). Mobilizing policy (in)capacity to fight COVID-19: Understanding variations in national responses. Policy and Society, 39, 285–308.CrossRef Capano, G., Howlett, M., Jarvis, D., Ramesh, M., & Goyal, N. (2020). Mobilizing policy (in)capacity to fight COVID-19: Understanding variations in national responses. Policy and Society, 39, 285–308.CrossRef
Zurück zum Zitat Dausend, P. (2021). Die große Illusion. Die Medien und Informationen. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 157–166). Frankfurt a. M.: Campus. Dausend, P. (2021). Die große Illusion. Die Medien und Informationen. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 157–166). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Dörre, K. (2020). Die Corona-Pandemie – eine Katastrophe mit Sprengkraft. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 165–190.CrossRef Dörre, K. (2020). Die Corona-Pandemie – eine Katastrophe mit Sprengkraft. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 165–190.CrossRef
Zurück zum Zitat Dose, N. (2004). Politisch-administrativer Umgang mit Nichtwissen. In S. Böschen, M. Schneider & A. Lerf (Hrsg.), Handeln trotz Nichtwissen. Vom Umgang mit Chaos und Risiko in Politik, Industrie und Wissenschaft (S. 121–137). Frankfurt a. M.: Campus. Dose, N. (2004). Politisch-administrativer Umgang mit Nichtwissen. In S. Böschen, M. Schneider & A. Lerf (Hrsg.), Handeln trotz Nichtwissen. Vom Umgang mit Chaos und Risiko in Politik, Industrie und Wissenschaft (S. 121–137). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Edeling, W., Arabnejad, H., Sinclair, R., Suleimanova, D., Gopalakrishnan, K., Bosak, B., Groen, D., Mahmood, I., Crommelin, D., & Coveney, P. V. (2021). The impact of uncertainty on predictions of the CovidSim epidemiological code. Nature Computational Science, 1, 128–135.CrossRef Edeling, W., Arabnejad, H., Sinclair, R., Suleimanova, D., Gopalakrishnan, K., Bosak, B., Groen, D., Mahmood, I., Crommelin, D., & Coveney, P. V. (2021). The impact of uncertainty on predictions of the CovidSim epidemiological code. Nature Computational Science, 1, 128–135.CrossRef
Zurück zum Zitat Eitze, S., Felgendreff, L., Korn, L., Sprengholz, P., Allen, J., Jenny, M.A., Wieler, L. H., Thaiss, H., de Bock, F., & Betsch, C. (2021). Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen im ersten Halbjahr der Coronapandemie: Erkenntnisse aus dem Projekt COVID-19 Snapshot Monitoring (COSMO). Bundesgesundheitsblatt, 64, 268–276.CrossRef Eitze, S., Felgendreff, L., Korn, L., Sprengholz, P., Allen, J., Jenny, M.A., Wieler, L. H., Thaiss, H., de Bock, F., & Betsch, C. (2021). Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen im ersten Halbjahr der Coronapandemie: Erkenntnisse aus dem Projekt COVID-19 Snapshot Monitoring (COSMO). Bundesgesundheitsblatt, 64, 268–276.CrossRef
Zurück zum Zitat Fuller, J. (2021). What are the COVID-19 models modeling (philosophically speaking)? History and Philosophy of the Life Sciences, 43, Art. 47.CrossRef Fuller, J. (2021). What are the COVID-19 models modeling (philosophically speaking)? History and Philosophy of the Life Sciences, 43, Art. 47.CrossRef
Zurück zum Zitat Gärditz, K. F. (2021). Wissenschaftliche Rationalität, politische Willensbildung und rechtlich-institutionelle Wissensverantwortung. Die Pandemie als Anschauungsfall. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 449–467). Baden-Baden: Nomos.CrossRef Gärditz, K. F. (2021). Wissenschaftliche Rationalität, politische Willensbildung und rechtlich-institutionelle Wissensverantwortung. Die Pandemie als Anschauungsfall. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 449–467). Baden-Baden: Nomos.CrossRef
Zurück zum Zitat Gottschalk-Mazouz, N. (2007). Was ist Wissen? Überlegungen zu einem Komplexbegriff an der Schnittstelle von Philosophie und Sozialwissenschaften. In S. Ammon, C. Heineke, K. Selbmann (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Vielfalt und Hegemonie in der Wissensgesellschaft. (S. 21–40). Weilerswist: Velbrück. Gottschalk-Mazouz, N. (2007). Was ist Wissen? Überlegungen zu einem Komplexbegriff an der Schnittstelle von Philosophie und Sozialwissenschaften. In S. Ammon, C. Heineke, K. Selbmann (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Vielfalt und Hegemonie in der Wissensgesellschaft. (S. 21–40). Weilerswist: Velbrück.
Zurück zum Zitat Haas, W., van der Heiden, M., Buda, S., & Rexroth, U. (2020). Fachliche Stellungnahme zu Schulschließungen als bevölkerungsbezogene antiepidemische Maßnahme. Epidemiologisches Bulletin, 25(12), 7–8. Haas, W., van der Heiden, M., Buda, S., & Rexroth, U. (2020). Fachliche Stellungnahme zu Schulschließungen als bevölkerungsbezogene antiepidemische Maßnahme. Epidemiologisches Bulletin, 25(12), 7–8.
Zurück zum Zitat Hegelich, S. (2021). Evidenzbasiertes Regieren: Von klaren Zielvorgaben in der Corona-Politik zur Glaubensfrage. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 295–310). Frankfurt a. M.: Campus. Hegelich, S. (2021). Evidenzbasiertes Regieren: Von klaren Zielvorgaben in der Corona-Politik zur Glaubensfrage. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 295–310). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Hirschi, C. (2021). Expertise in der Krise. Zur Totalisierung der Expertenrolle in der Euro‑, Klima- und Coronakrise. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 161–186). Baden-Baden: Nomos. Hirschi, C. (2021). Expertise in der Krise. Zur Totalisierung der Expertenrolle in der Euro‑, Klima- und Coronakrise. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 161–186). Baden-Baden: Nomos.
Zurück zum Zitat Howlett, M. (2019). Moving policy implementation theory forward: A multiple streams/critical juncture approach. Public Policy and Administration, 34, 405–430.CrossRef Howlett, M. (2019). Moving policy implementation theory forward: A multiple streams/critical juncture approach. Public Policy and Administration, 34, 405–430.CrossRef
Zurück zum Zitat Japp, K. P. (2003). Zur Soziologie der Katastrophe. In L. Clausen, E. M. Geenen & E. Macamo (Hrsg.), Entsetzliche soziale Prozesse. Theorie und Empirie der Katastrophen (S. 77–90). Münster: LIT. Japp, K. P. (2003). Zur Soziologie der Katastrophe. In L. Clausen, E. M. Geenen & E. Macamo (Hrsg.), Entsetzliche soziale Prozesse. Theorie und Empirie der Katastrophen (S. 77–90). Münster: LIT.
Zurück zum Zitat Korinek, R.-L., & Veit, S. (2013). Wissenschaftliche Politikberatung als Grenzarbeit: Ein Konzept zur Analyse institutioneller Beratungsformen in Politikfeldern. In S. Kropp & S. Kuhlmann (Hrsg.), Wissen und Expertise in Politik und Verwaltung (S. 261–284). Opladen: Barbara Budrich.CrossRef Korinek, R.-L., & Veit, S. (2013). Wissenschaftliche Politikberatung als Grenzarbeit: Ein Konzept zur Analyse institutioneller Beratungsformen in Politikfeldern. In S. Kropp & S. Kuhlmann (Hrsg.), Wissen und Expertise in Politik und Verwaltung (S. 261–284). Opladen: Barbara Budrich.CrossRef
Zurück zum Zitat Korte, K.-R. (2021). Kuratiertes Regieren: Bausteine der Resilienz. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 24–42). Frankfurt a. M.: Campus. Korte, K.-R. (2021). Kuratiertes Regieren: Bausteine der Resilienz. In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 24–42). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Kraemer, K. (2023). Was kann die Soziologie im Schockzustand einer Krise leisten? Soziologie, 52, 7–25.CrossRef Kraemer, K. (2023). Was kann die Soziologie im Schockzustand einer Krise leisten? Soziologie, 52, 7–25.CrossRef
Zurück zum Zitat Kuhlmann, S., Hellström, M., Ramberg, U., & Reiter, R. (2021). Tracing divergence in crisis governance: Responses to the COVID-19 pandemic in France, Germany and Sweden compared. International Review of Administrative Sciences, 87, 556–575.CrossRef Kuhlmann, S., Hellström, M., Ramberg, U., & Reiter, R. (2021). Tracing divergence in crisis governance: Responses to the COVID-19 pandemic in France, Germany and Sweden compared. International Review of Administrative Sciences, 87, 556–575.CrossRef
Zurück zum Zitat Kuhn, T. (1976). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Kuhn, T. (1976). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Kühn, M. J., et al. (2021). Assessment of effective mitigation and prediction of the spread of SARS-CoV‑2 in Germany using demographic information and spatial resolution. Mathematical Biosciences, (339), #108648.CrossRef Kühn, M. J., et al. (2021). Assessment of effective mitigation and prediction of the spread of SARS-CoV‑2 in Germany using demographic information and spatial resolution. Mathematical Biosciences, (339), #108648.CrossRef
Zurück zum Zitat Lessenich, S. (2020). Soziologie – Corona – Kritik. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 215–230.CrossRef Lessenich, S. (2020). Soziologie – Corona – Kritik. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 215–230.CrossRef
Zurück zum Zitat Leung, K., Wu, J.T. (2021). Quantifying the uncertainity of CovidSim, Nature Computational Science, 1, 98–99.CrossRef Leung, K., Wu, J.T. (2021). Quantifying the uncertainity of CovidSim, Nature Computational Science, 1, 98–99.CrossRef
Zurück zum Zitat Lipscy, P.Y. (2020). COVID-19 and the politics of crisis. International Organization, 74, E98–E127.CrossRef Lipscy, P.Y. (2020). COVID-19 and the politics of crisis. International Organization, 74, E98–E127.CrossRef
Zurück zum Zitat Lohse, S., & Bschir, K. (2020). The COVID-19 pandemic: A case for epistemic pluralism in public health policy. History and Philosophy of the Life Sciences, 42(4), #58. Lohse, S., & Bschir, K. (2020). The COVID-19 pandemic: A case for epistemic pluralism in public health policy. History and Philosophy of the Life Sciences, 42(4), #58.
Zurück zum Zitat Lohse, S. & Canali, S. (2021). Follow *the* science? On the marginal role of the social sciences in the COVID-19 pandemic. European Journal for Philosophy of Science, 11(4), #99. Lohse, S. & Canali, S. (2021). Follow *the* science? On the marginal role of the social sciences in the COVID-19 pandemic. European Journal for Philosophy of Science, 11(4), #99.
Zurück zum Zitat Luhmann, N. (1990). Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Luhmann, N. (1990). Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Maier, B. F., & Brockmann, D. (2020). Effective containment explains subexponential growth in recent confirmed COVID-19 cases in China. Science, 368, 742–746.CrossRef Maier, B. F., & Brockmann, D. (2020). Effective containment explains subexponential growth in recent confirmed COVID-19 cases in China. Science, 368, 742–746.CrossRef
Zurück zum Zitat Mansnerus, E. (2013). Using model-based evidence in the governance of pandemics. Sociology of Health & Illness, 35, 280–291.CrossRef Mansnerus, E. (2013). Using model-based evidence in the governance of pandemics. Sociology of Health & Illness, 35, 280–291.CrossRef
Zurück zum Zitat Markel, H., Lipman, H. B., Navarro, J. A., Sloan, A., Michalsen, J. R., Stern, A. M., & Cetron, M. S. (2007). Nonpharmaceutical interventions implemented by US cities during the 1918–1919 influenza pandemic. JAMA: The Journal of the American Medical Association, 298, 644–654.CrossRef Markel, H., Lipman, H. B., Navarro, J. A., Sloan, A., Michalsen, J. R., Stern, A. M., & Cetron, M. S. (2007). Nonpharmaceutical interventions implemented by US cities during the 1918–1919 influenza pandemic. JAMA: The Journal of the American Medical Association, 298, 644–654.CrossRef
Zurück zum Zitat O’Toole Jr., L. J. (2004). The theory-practice issue in policy implementation research. Public Administration, 82, 309–329.CrossRef O’Toole Jr., L. J. (2004). The theory-practice issue in policy implementation research. Public Administration, 82, 309–329.CrossRef
Zurück zum Zitat Perra, N. (2021). Non-pharmaceutical interventions during the COVID-19 pandemic: A review. Physics Reports, 913, 1–52.CrossRef Perra, N. (2021). Non-pharmaceutical interventions during the COVID-19 pandemic: A review. Physics Reports, 913, 1–52.CrossRef
Zurück zum Zitat Pfadenhauer, M. (2021). Erforderliche Expertise oder Herrschaft der grauen Herren? Eine professionssoziologische Perspektive auf Expertenwissen zu Beginn der Corona-Pandemie. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 433–448). Baden-Baden: Nomos.CrossRef Pfadenhauer, M. (2021). Erforderliche Expertise oder Herrschaft der grauen Herren? Eine professionssoziologische Perspektive auf Expertenwissen zu Beginn der Corona-Pandemie. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 433–448). Baden-Baden: Nomos.CrossRef
Zurück zum Zitat Rayner, S. (2012). Uncomfortable knowledge: The social construction of ignorance in science and environmental policy discourses. Economy and Society, 41, 107–125.CrossRef Rayner, S. (2012). Uncomfortable knowledge: The social construction of ignorance in science and environmental policy discourses. Economy and Society, 41, 107–125.CrossRef
Zurück zum Zitat Rendtel, U., Liebig, S., Meister, R., Wagner, G.W., & Zinn, S. (2021). Die Erforschung der Dynamik der Corona-Pandemie in Deutschland: Survey-Konzepte und eine exemplarische Umsetzung mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, 15, 155–196.CrossRef Rendtel, U., Liebig, S., Meister, R., Wagner, G.W., & Zinn, S. (2021). Die Erforschung der Dynamik der Corona-Pandemie in Deutschland: Survey-Konzepte und eine exemplarische Umsetzung mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, 15, 155–196.CrossRef
Zurück zum Zitat Rosa, H. (2020). Pfadabhängigkeit, Bifurkationspunkte und die Rolle der Soziologie. Ein soziologischer Deutungsversuch der Corona-Krise. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 191–213.CrossRef Rosa, H. (2020). Pfadabhängigkeit, Bifurkationspunkte und die Rolle der Soziologie. Ein soziologischer Deutungsversuch der Corona-Krise. Berliner Journal für Soziologie, 30(2), 191–213.CrossRef
Zurück zum Zitat Schilling, J., Tolksdorf, K., Marquis, A., Faber, M., Pfoch, T., Buda, S., Haas, W., Schuler, E., Altmann, D., Grote, U., Diercke, M., & RKI COVID-19 Study Group (2021). Die verschiedenen Phasen der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Eine deskriptive Analyse von Januar 2020 bis Februar 2021. Bundesgesundheitsblatt, 64, 1093–1106.CrossRef Schilling, J., Tolksdorf, K., Marquis, A., Faber, M., Pfoch, T., Buda, S., Haas, W., Schuler, E., Altmann, D., Grote, U., Diercke, M., & RKI COVID-19 Study Group (2021). Die verschiedenen Phasen der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Eine deskriptive Analyse von Januar 2020 bis Februar 2021. Bundesgesundheitsblatt, 64, 1093–1106.CrossRef
Zurück zum Zitat Schorb, F., & Schmidt-Semisch, H. (2021). Ausgangsperren, Bußgelder und Immunitätsausweise: Umrisse einer Punivität im Kontext der COVID-19-Pandemie. In F. Schorb & H. Schmidt-Semisch (Hrsg.), Public Health: Disziplin – Praxis – Politik (S. 525–540). Wiesbaden: Springer VS. Schorb, F., & Schmidt-Semisch, H. (2021). Ausgangsperren, Bußgelder und Immunitätsausweise: Umrisse einer Punivität im Kontext der COVID-19-Pandemie. In F. Schorb & H. Schmidt-Semisch (Hrsg.), Public Health: Disziplin – Praxis – Politik (S. 525–540). Wiesbaden: Springer VS.
Zurück zum Zitat Schrappe, M., François-Kettner, H., Gruhl, M., Knieps, F., Pfaff, H., & Glaeske, G. (2020a). Thesenpapier 1.0 zur Pandemie durch SARS-CoV-2/Covid-19: Datenbasis verbessern – Prävention gezielt weiterentwickeln – Bürgerrechte wahren. Monitor Versorgungsforschung, 13(2), 53–63. Schrappe, M., François-Kettner, H., Gruhl, M., Knieps, F., Pfaff, H., & Glaeske, G. (2020a). Thesenpapier 1.0 zur Pandemie durch SARS-CoV-2/Covid-19: Datenbasis verbessern – Prävention gezielt weiterentwickeln – Bürgerrechte wahren. Monitor Versorgungsforschung, 13(2), 53–63.
Zurück zum Zitat Schroeder, S. A. (2021). How to interpret Covid-19 predictions: Reassessing the IHME’s model. Philosophy of Medicine, 2(1), 1–7. Schroeder, S. A. (2021). How to interpret Covid-19 predictions: Reassessing the IHME’s model. Philosophy of Medicine, 2(1), 1–7.
Zurück zum Zitat Schwanholz, J. (2021). Die Corona-Pandemie 2020: Befindet sich Deutschland im Ausnahmezustand? In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 61–69). Frankfurt a. M.: Campus. Schwanholz, J. (2021). Die Corona-Pandemie 2020: Befindet sich Deutschland im Ausnahmezustand? In M. Florack, K.-R. Korte & J. Schwanholz (Hrsg.), Coronakratie. Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten (S. 61–69). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Sebhatu, A., Wennber, K., Arora-Jonsson, S., & Lindberg, S. I. (2020). Explaining the homogeneous diffusion of COVID-19 nonpharmaceutical interventions across heterogeneous countries. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117, 21201–21208.CrossRef Sebhatu, A., Wennber, K., Arora-Jonsson, S., & Lindberg, S. I. (2020). Explaining the homogeneous diffusion of COVID-19 nonpharmaceutical interventions across heterogeneous countries. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117, 21201–21208.CrossRef
Zurück zum Zitat Sell, K., Saringer-Hamiti, L., Geffert, K., Strahwald, B., Stratil, J. M., & Pfadenhauer, L. M. (2021). Politikberatung durch Expert*innenräte in der SARS-CoV-2–Pandemie in Deutschland: Eine Dokumentenanalyse aus Public-Health-Perspektive. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 165, 1–12.CrossRef Sell, K., Saringer-Hamiti, L., Geffert, K., Strahwald, B., Stratil, J. M., & Pfadenhauer, L. M. (2021). Politikberatung durch Expert*innenräte in der SARS-CoV-2–Pandemie in Deutschland: Eine Dokumentenanalyse aus Public-Health-Perspektive. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 165, 1–12.CrossRef
Zurück zum Zitat Straßheim, H. (2013). Politische Expertise im Wandel. Zur diskursiven und institutionellen Einbettung epistemischer Autorität. In S. Kropp & S. Kuhlmann (Hrsg.), Wissen und Expertise in Politik und Verwaltung (S. 65–86). Opladen: Barbara Budrich.CrossRef Straßheim, H. (2013). Politische Expertise im Wandel. Zur diskursiven und institutionellen Einbettung epistemischer Autorität. In S. Kropp & S. Kuhlmann (Hrsg.), Wissen und Expertise in Politik und Verwaltung (S. 65–86). Opladen: Barbara Budrich.CrossRef
Zurück zum Zitat Tratschin, L. (2021). Katastrophenkommunikation, holistische Perspektiven und die Expansion von Expertise. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 341–362). Baden-Baden: Nomos. Tratschin, L. (2021). Katastrophenkommunikation, holistische Perspektiven und die Expansion von Expertise. In S. Büttner & T. Laux (Hrsg.), Umstrittene Expertise. Zur Wissensproblematik der Politik (S. 341–362). Baden-Baden: Nomos.
Zurück zum Zitat Wehling, P. (2001). Jenseits des Wissens? Wissenschaftliches Nichtwissen aus soziologischer Perspektive. Zeitschrift für Soziologie, 30, 465–484.CrossRef Wehling, P. (2001). Jenseits des Wissens? Wissenschaftliches Nichtwissen aus soziologischer Perspektive. Zeitschrift für Soziologie, 30, 465–484.CrossRef
Zurück zum Zitat Wehling, P. (2007). Die Politisierung des Nichtwissens. Vorbote einer reflexiven Wissensgesellschaft?. In S. Ammon, C. Heineke, & K. Selbmann (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Vielfalt und Hegemonie in der Wissensgesellschaft (S. 221–240). Weilerswist: Velbrück. Wehling, P. (2007). Die Politisierung des Nichtwissens. Vorbote einer reflexiven Wissensgesellschaft?. In S. Ammon, C. Heineke, & K. Selbmann (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Vielfalt und Hegemonie in der Wissensgesellschaft (S. 221–240). Weilerswist: Velbrück.
Zurück zum Zitat Wiesing, U., Becker, D., Hahn, P., Tümmers, H., & Blum, C. D. (2021). Wissenschaftliche (Politik‑)Beratung in Zeiten von Corona: Die Stellungnahmen der Leopoldina zur COVID-19-Pandemie. Ethik und Gesellschaft, 15(1), #6. Wiesing, U., Becker, D., Hahn, P., Tümmers, H., & Blum, C. D. (2021). Wissenschaftliche (Politik‑)Beratung in Zeiten von Corona: Die Stellungnahmen der Leopoldina zur COVID-19-Pandemie. Ethik und Gesellschaft, 15(1), #6.
Metadaten
Titel
Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften
verfasst von
Jörn Knobloch
Publikationsdatum
10.11.2023
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Berliner Journal für Soziologie / Ausgabe 4/2023
Print ISSN: 0863-1808
Elektronische ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-023-00506-z

Weitere Artikel der Ausgabe 4/2023

Berliner Journal für Soziologie 4/2023 Zur Ausgabe

Premium Partner