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18.01.2024 | Elektrofahrzeuge | Im Fokus | Online-Artikel

E-Autos: Weniger Unfälle, teurere Reparaturen

verfasst von: Christiane Köllner

4 Min. Lesedauer

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Teurere, aber weniger Schäden: So lässt sich die Schadensbilanz von E-Autos zusammenfassen. Wie kommt das? GDV und AZT haben Auffälligkeiten im Schadensgeschehen von E-Fahrzeugen untersucht. 

Die Fahrer von Elektroautos verursachen zwar weniger Unfälle, die Reparatur ihrer Fahrzeuge ist jedoch deutlich teurer. Die Reparaturkosten "liegen im Schnitt um 30 bis 35 Prozent über denen vergleichbarer Autos mit Verbrennungsmotor", sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) unter Verweis auf eine neue Untersuchung des Verbandes. Für die Analyse wurden 37 Modellpaare aus Elektroautos und Verbrennern gebildet, die sich möglichst ähnlich sind, und hinsichtlich ihrer Schadensbilanz gegenübergestellt. 

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Auffälligkeiten und Kostentreiber im Schadensgeschehen von Hochvoltfahrzeugen

Eine höhere Anzahl von Elektrofahrzeugen bedeutet auch mehr Unfälle, in denen mindestens ein Hochvoltfahrzeug involviert ist. Aus Sicht der Versicherer fällt dabei ein erhöhter Schadensdurchschnitt im Vergleich zu Automobilen mit Verbrennungskraftmaschine auf. Um die Gründe hierfür zu ermitteln, untersuchte das Allianz-Zentrum für Technik Schadensfälle batterieelektrischer Fahrzeuge aus dem Jahr 2021.

E-Autos in weniger Unfälle verwickelt

Zumindest ein Teil der höheren Reparaturkosten wird jedoch durch die deutlich niedrigere Schadenhäufigkeit von Elektroautos ausgeglichen. "In der Kfz-Haftpflichtversicherung – also bei Unfällen, in denen mit einem Auto andere geschädigt werden – verursachen Elektroautos im Durchschnitt fünf bis zehn Prozent weniger Unfälle als vergleichbare Verbrenner", so Asmussen. 

Noch deutlicher sei der Vorteil der Elektroautos in der Vollkasko-Versicherung, also den Schäden am eigenen Auto. "Hier entstehen bei den Stromern im Schnitt sogar rund 20 Prozent weniger Schäden", so Asmussen weiter. 

Vier Hauptgründe für höhere E-Auto-Reparaturkosten

Die im Vergleich zu Verbrennern deutlich höheren Reparaturkosten bei Elektroautos seien laut Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer des Allianz Zentrums für Technik (AZT), auf vier Hauptgründe zurückzuführen. Er nennt zunächst die hohen Kosten durch beschädigte Antriebsbatterien bei verbesserungswürdigen Tauschkriterien, Diagnose- und Reparaturmöglichkeiten. Zudem führe Unsicherheit beim Umgang mit beschädigten Elektroautos zu hohen Kosten. Etwa weil sie sehr lang in Quarantäne gelagert oder durch Vorsichtsmaßnahmen in Tauchbäder in Löschcontainern zu Totalschäden werden. Außerdem bemängelt Lauterwasser lange Standzeiten sowie hohe Stundenverrechnungssätze in Werkstätten für Arbeiten an E-Autos.

Dazu kommt, dass bisher noch keine langjährige Erfahrung in der Handhabung von schwer beschädigten E-Autos besteht. "Wir haben mehr als 125 Jahre Erfahrungen mit Verbrennern, aber nur ca. 10 Jahre mit modernen Elektrofahrzeugen", so Lauterwasser. Mit Blick auf Werkstätten, Abschleppunternehmen, Feuerwehren und Gutachtern würden deshalb noch Erfahrung und bewährte Verfahren im Umgang mit schwer beschädigten Elektroautos fehlen. "Angesichts des zu erwartenden Wachstums besteht deshalb deutlicher Handlungsbedarf", sagt Lauterwasser.

Langsame Normalisierung

Allerdings ist auch eine langsame Normalisierung des Verhaltens von BEVs in Richtung der Gesamtflotte zu erkennen, wie das AZT in einer Analyse, die im ATZ-Artikel Auffälligkeiten und Kostentreiber im Schadensgeschehen von Hochvoltfahrzeugen vorgestellt wird, verdeutlicht. 

Als ein wesentlicher Einfluss auf den Schadensdurchschnitt stellte sich nämlich die Altersverteilung von BEVs heraus, die durchschnittlich deutlich jünger seien als die konventionelle Vergleichsgruppe. So seien zum Schadenszeitpunkt 70 % der BEVs unter zwei Jahre alt gewesen und hätten insgesamt ein Durchschnittsalter von unter eineinhalb Jahren aufgewiesen. Dies sei insofern für den erhöhten Schadensdurchschnitt von Bedeutung, da eine jüngere Fahrzeugflotte mit einem höheren Zeitwert der Fahrzeuge einhergehe. "Die wirtschaftliche Totalschadensgrenze ist vom Restwert des Fahrzeugs abhängig, wodurch die Reparaturkosten jüngerer Fahrzeuge erst in höheren Bereichen durch die Wiederbeschaffung limitiert werden", so das AZT. Es sei eine Normalisierung der Altersverteilung zu erwarten, sobald die Marktanteile der BEVs von einem exponentiellen Wachstum in eine Sättigung übergingen.

Als Fazit aus der AZT-Analyse könnten die Automobilhersteller ableiten, zum einen den konstruktiven Schutz der Batterieunterseite und Reparaturlösungen zu optimieren, wie das Prüflabor erklärt. Zum anderen, erhebliche Potenziale vor allem im Bereich der Notbremsassistenzsysteme im Heck- und Seitenbereich zu nutzen, um insbesondere die inzwischen häufigen Park- und Manövrierschäden zu reduzieren.

Hersteller und Werkstätten sollen hohen Reparaturkosten entgegenwirken

Auch für die GDV besteht Handlungsbedarf, um die Reparaturkosten von E-Autos nach Unfällen in den Griff zu bekommen. Dazu hat die Versicherungswirtschaft konkrete Forderungen an die Hersteller, wie Heinz Gressel, Vorsitzender des GDV-Ausschusses Kraftfahrt, betont. Batterien sollten demnach schon beim Design der Fahrzeuge so gut wie möglich vor Schäden durch Unfälle schützen. Zugleich sollten Werkstätten und Gutachtern aussagekräftige Diagnosedaten zum Zustand der Batterie nach einem Unfall zur Verfügung gestellt werden.  

Außerdem, so Gressel, sollten wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Anleitungen für die Reparatur und/oder den teilweisen Austausch beschädigter Batterien vorhanden sein. Zudem seien präzise Kriterien für den Umgang mit verunfallten Elektroautos notwendig Darüber hinaus sollten Werkstätten, Abschleppunternehmer und Feuerwehren umfassend qualifiziert werden.  

Von den Werkstätten und Gutachtern fordern die Versicherer laut Gressel, dass Batterien bei beschädigten Elektroautos schnell geprüft, Brandgefahren früh ausgeschlossen und Quarantänelagerungen möglichst kurz gehalten werden. Zudem sollten vermehrt Fachkräfte für die Reparatur von Elektroautos aus- und weitergebildet werden.

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