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06.09.2024 | Elektromotor | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Welcher ist der optimale Elektromotor?

verfasst von: Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Verschiedene E-Motor-Konzepte konkurrieren um Marktanteile. Doch welche Technik ist für welchen Einsatzfall die beste? Vor- und Nachteile der Arten von Elektromotoren im Überblick. (Update) 

Kompakt, leistungsstark und energieeffizient: Permanenterregte Synchronmaschinen sind heute Standard in der Fahrzeugelektrifizierung. Fremderregte Synchronmaschinen und Asynchronmaschinen sind zunehmend ins Hintertreffen geraten. Zwischenzeitlich ändern sich jedoch die Rahmenbedingungen für den elektrischen Antrieb. Das beschert nun vor allem einem Elektromotorkonzept ein Comeback. Technik, Typen sowie Vor- und Nachteile von Elektromotoren im Überblick.

Für den Antrieb von Elektrofahrzeugen werden in der Regel folgende Maschinentypen verwendet: Zum Einsatz kommen die permanenterregte Synchronmaschine (PSM) beziehungsweise Hybridsynchronmaschine (HSM), die Asynchronmaschine (ASM) sowie die fremderregte Synchronmaschine (Externally Excited Synchronous Machines; EESM) – im Deutschen auch oft als stromerregte Synchronmaschinen oder SSM bezeichnet. Zum Beispiel setzt Porsche im Taycan an Vorder- und Hinterachse jeweils einen permanenterregten Synchronmotor ein. Im neuen Audi Q8 E-Tron sind an beiden Achsen Elektromotoren verbaut, die nach dem Prinzip der Asynchronmaschinen arbeiten. Und der Renault Zoe wird von einem fremderregten Synchronmotor angetrieben. 

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01.07.2024 | Titelthema

Synchronmotor mit induktivem Erreger in der Rotorwelle

ZF hat die magnetfreie E-Motorentopologie der fremderregten Synchronmaschine so aufgewertet, dass sie für Pkw-Antriebe auf dem Leistungsniveau von E-Maschinen mit Permanentmagneten agiert. Wesentlich dabei war ein induktives Stromübertragungssystem, das in einem Multi-Domain-Ansatz disziplinübergreifend entwickelt wurde und in einem neuen Konzept mit der Bezeichnung I²SM zum Einsatz kommt.

Darüber hinaus existieren weitere Topologien wie Axialflussmotoren oder Reluktanz- und Transversalflussmaschinen, die entweder für Nischenanwendungen relevant sind oder sich im Konzeptstadium befinden. "Insgesamt haben die verschiedenen Elektromotorentypen alle ihre Vor- und Nachteile, die je nach Anforderung und Einsatzszenarium berücksichtigt werden müssen", erklärt Professor Dr. Andreas Docter, der die Entwicklung bei Magna Powertrain leitet, im MTZ-Interview "Im Wettbewerb werden E-Motoren kontinuierlich besser".

PSM, ASM und EESM

Die drei von der Fahrzeugindustrie verwendeten Motorarten sind in ihrem technischen Aufbau ähnlich, unterscheiden sich aber in ihren Eigenschaften. Bei der PSM wird das Rotormagnetfeld durch den Einsatz von Permanentmagneten erzeugt. Damit erzielt diese Antriebsvariante auch im Teillastbereich sehr hohe Wirkungsgrade. Dass PSM heute Standard in der Fahrzeugelektrifizierung sind, liegt an der hohen Effizienz dieser Elektromotoren im Stadtverkehr oder bei mittleren Reichweiten. "Permanenterregte Synchronmaschinen sind aufgrund der hohen Leistungsdichte, ihres besonders hohen Wirkungsgrades (bis 94 %), ihres einfachen mechanischen und elektrischen Aufbaus (keine Bürsten, keine Schleifkontakte, keine komplizierten Wicklungen) sowie durch die elektronische Kommutierung sehr gut für Fahrzeugantriebe geeignet", so Springer-Autor Peter Hofmann im Buchkapitel Energiewandler für Hybridfahrzeuge. Allerdings sind für die PSM spezielle Technologien zur Montage von Läufer und Stator notwendig, durch die die enormen Magnetkräfte überwunden werden können. 

Die PSM ist auch teurer als ein Asynchronmotor, dessen besonderes Kennzeichen die Kurzschlusswicklung im Läufer ist. Hier wird das Magnetfeld im Rotor durch elektromagnetische Induktion erzeugt, Permanentmagnete benötigen sie nicht. Der Wirkungsgrad der ASM ist wiederum geringer als bei den Synchronmotoren, sie sind etwas schwerer als die Synchronmaschinen, aber sehr robust. Vorteil der Asynchronmaschine ist ihre einfache und kostengünstige Herstellung. Jedoch weist sie einen schlechten Leistungsfaktor und eine niedrige Effizienz auf. Nachteilig ist auch die abfallende Leistungskurve bei hohen Drehzahlen. 

Fremderregte Motoren sind zwar technisch komplex, da sie für ihren Betrieb eine eigene Stromquelle benötigen, die den Rotor antreibt. Sie haben aber einen großen Vorteil: Ihr Rotor kommt ohne Permanentmagnete aus – anstelle von Magneten verfügt der Rotor hier über Spulen – und sie weisen einen hohen Wirkungsgrad auf. Grund dafür ist die Option, den Rotorstrom und damit die Magnetisierung des Rotors einstellen zu können. Doch die präzise Regelung des Rotorstroms erhöht wieder die Komplexität des Gesamtsystems. Von Vorteil ist aber, dass sich der Elektromotor nun für eine größere Bandbreite von Anwendungen mit höherem Wirkungsgrad optimieren lässt.

Permanenterregter Synchronmotor

Stromerregter Synchronmotor

Asynchronmotor

Vorteile:
+ hoher Wirkungsgrad
+ geringer Bauraumbedarf
+ hohe Efektivität bei der
Rekuperation

+ hoher Wirkungsgrad
+ geringere Herstellkosten

+ robust
+ kostengünstig

Nachteile:
− höhere Kosten und ggf. Verfügbarkeit des Magnetmaterials
− Schleppverluste im Leerlauf

− Schleifringübertragung
notwendig
− größerer Bauraum
erforderlich

− Wirkungsgrad vor allem
bei kleineren Drehzahlen geringer

Hinweis: Bei den permanenterregten Synchronmotoren gibt es noch eine Variante, die Kombination von Reluktanzmotor und permanenterregtem Synchronmotor. Man spricht dann auch vom "Hybridmotor".

Tabelle 5.1 Überblick Drehstrommotoren aus: Elektrifizierter Antriebsstrang, 2022, Seite 59.

Welches E-Motor-Konzept macht das Rennen?

Festgelegt haben sich die Autohersteller noch nicht auf den einen oder anderen Typ. So ändern Konzerne ihre Antriebskonzepte teilweise vollständig von PSM zu ASM und andere wiederum von PSM zu EESM. Einige setzen auch auf eine Kombination der Technologien. Doch es zeichnet sich ein Trend ab: Magnetfreie elektrische Maschinen wie die EESM oder die Asynchronmaschine sind "weniger rohstoffpreissensitiv, umweltfreundlicher und gute Alternativen mit einem breiten Einsatzspektrum", schreibt Mahle im MTZ-Artikel Magnetfreie HV-Traktionsantriebe mit kontaktloser Leistungsübertragung. Langfristig könnten sich vor allem die fremderregten Motoren durchsetzen. Denn in PSM werden teure Seltene-Erden-Magnetmaterialen benötigt, die den CO2-Fußabdruck des Antriebs erhöhen, und ASM haben einen schlechten Wirkungsgrad. EESM verwenden dagegen eine Kupferspule zur Erzeugung des Magnetfelds, ein Metall also, das es in ausreichenden Mengen gibt. Wie Vitesco Technologies erklärt, spielen fremderregte Synchronmaschinen auf Langstrecken mit schneller Autobahnfahrt ihren Vorteil aus. Sie sind gerade bei höheren Geschwindigkeiten effizienter als PSM.

Vitesco und Renault setzen auf die EESM

Für Vitesco spielt die EESM in naher Zukunft eine wichtige Rolle: "Die Substituierung der Magnete im Rotor durch steuerbare elektromagnetische Felder eröffnet für die OEMs Potenziale in den Bereichen CO2-Footprint, langfristige Preisstabilität und globale Versorgungsicherheit bei ähnlichen technischen Eigenschaften", so Gunter Mühlberg, Head of Product Management HV Drives bei Vitesco Technologies, im MTZ-Interview "Die Systemoptimierung auf Fahrzeugebene hat große Potenziale". Entsprechend hat Vitesco seine vollintegrierte, elektrische Achsantriebsplattform EMR4 zur fremderregten Synchronmaschine gemacht. Bei dieser neuen Variante wird der PSM-Rotor mit Permanentmagneten durch einen neuen Rotor mit Elektromagneten ersetzt – die EMR4 wird somit zu einer EESM. Die fremderregte Maschine soll pro Kilometer eine Wattstunde Strom sparen, da kein permanentes Magnetfeld den Rotor bremst. 

Ein Beispiel für einen Automobilhersteller, der derzeit an der EESM arbeitet ist Renault. Der französische Autobauer entwickelt derzeit mit dem Partner Valeo einen neuen elektrisch erregten Synchronmotor. Die E-Maschine E7A soll 2027 auf den Markt kommen.

ZF-Konzept I2SM

Zulieferer ZF hat indes die magnetfreie E-Motorentopologie der fremderregten Synchronmaschine so aufgewertet, dass sie für Pkw-Antriebe auf dem Leistungsniveau von E-Maschinen mit Permanentmagneten agiert. Wesentlich dabei sei ein induktives Stromübertragungssystem gewesen, das in einem Multi-Domain-Ansatz disziplinübergreifend entwickelt wurde, wie ZF im Artikel Synchronmotor mit induktivem Erreger in der Rotorwelle aus der MTZ 7-8-2024 erklärt. 

Beim sogenannten I2SM ("In-Rotor Inductive-Excited Synchronous Motor") wird die Energie für das Magnetfeld über einen induktiven Erreger innerhalb der Rotorwelle übertragen. Die Vorteile: "Im Vergleich zu gängigen FSM-Systemen können durch den induktiven Erreger die Verluste bei der Energieübertragung in den Rotor um 15 Prozent reduziert werden. Außerdem kann der CO2-Footprint in der Herstellung, die bei PSM-E-Motoren insbesondere durch Magnete mit Seltenen Erden entsteht, um bis zu 50 Prozent gesenkt werden", so Dr. Holger Klein, Vorstandsvorsitzender von ZF.

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