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07.04.2022 | Energiespeicher | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Wie funktioniert ein Pseudokondensator?

verfasst von: Christiane Köllner

3:30 Min. Lesedauer

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Hohe Speicherkapazität und kurze Ladezeit: Pseudokondensatoren sollen das Beste aus Superkondensatoren und Batterien herausholen. So funktioniert ein Pseudokondensator. 

Pseudokondensatoren sind elektrochemische Energiespeicher, die sich elektrisch wie ein Kondensator verhalten, deren Energiespeichermechanismus hingegen wie bei einem Akku funktioniert. Den Pseudokondensatoren liegt die Idee zugrunde, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden. Denn Superkondensatoren und Batterien sind Energiespeichertypen mit unterschiedlichen Vorteilen. Während Batterien mit hohen Speicherkapazitäten punkten, überzeugt bei den Superkondensatoren die kurze Ladezeit. 

Fahrer von Elektrofahrzeugen wünschen sich möglichst kurze Aufladezeiten. "Schnelle Lade- und Entladeprozesse sind allerdings für die Elektrodenmaterialien in Batterien extrem belastend und verkürzen deren Lebensdauer. Superkondensatoren haben dieses Problem nicht: Anders als in Batterien werden hier keine Ionen in Kristallgitter eingebaut, sondern nur an der enorm großen Oberfläche von Aktivkohle angelagert", erklärt das Saarbrücker Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM). Damit speicherten sie zwar deutlich weniger Energie als Batterien, es reichten aber wenige Sekunden aus, um die Zelle wieder zu laden. 

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Speicherung der elektrischen Energie

Die Speicherung der elektrischen Energie im Fahrzeug und ihre bedarfsabhängige Verfügbarkeit gehören neben den elektrischen Maschinen und der Leistungselektronik zu den Schlüsseltechnologien für die Elektrifizierung des Antriebstranges. Über Jahrzehnte wurden Alternativen zur konventionellen Bleibatterie mit einem Fokus zunächst auf Nickel-Cadmium und dann Nickel-Metall-Hydrid Batterie entwickelt. Die Lithium-Ionen-Batterietechnik ist heute die Basis für die meisten modernen Konzepte zur Elektrifizierung des Antriebsstrangs von Fahrzeugen aller Art.

Ausbildung einer Pseudokapazität

Um Schnittmengen bei den zugrundeliegenden Technologien auszumachen, forschen Wissenschaftler an Pseudokondensatoren. Wie Springer-Autor Volker Presser erklärt, eröffnen Hybrid- oder Pseudokondensatoren "einen anderen Weg, bei dem ein 'bisschen Batterie' an die Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt eingebracht wird", erklärt er im Artikel Doppelschichtkondensatoren mit höherem Energieinhalt aus der ATZelektronik 3-2013

Konkret heißt das: Bei Pseudokondensatoren "bildet sich zusätzlich zu der Doppelschichtkapazität eine Pseudokapazität aus, die zum Beispiel durch eine chemische Reaktion hervorgerufen wird. Durch die zusätzlich elektrochemisch gespeicherte Energie werden die Kapazität und damit die Energie der Zelle vergrößert. Allerdings reduziert sich durch die chemische Reaktion auch die Zyklenfestigkeit der Zelle und die zusätzliche Reaktionszeit verringert ihre Leistung", wie Springer-Autor Dirk Uwe Sauer et al. im Kapitel Speicherung der elektrischen Energie des Buchs Elektrifizierung des Antriebsstrangs erklärt. Die Pseudokapazität werde durch Zusätze von Metalloxiden, beispielweise RuO₂ oder MnO₂, erreicht. Als Elektrolyt werde oft ein wässriger Elektrolyt verwendet.

Einsatz von 2-D-Materialien als Elektroden

Volker Presser, mittlerweile Leiter des Programmbereichs Energie-Materialien am INM, hat jüngst einen Perspektivartikel im Wissenschaftsjournal Nature Energy publiziert. Zusammen mit Dr. Simon Fleischmann, Helmholtz-Institut Ulm (HIU), und weiteren Forschenden beschäftigen sich die Wissenschaftler darin intensiv mit Pseudokondensatoren. Deren besonderen Eigenschaften ließen sich laut den Forschenden häufig durch den Einsatz von 2-D-Materialien als Elektroden erreichen.

"Das besondere an 2D-Materialien ist ihr flexibler Zwischenschichtraum. Durch eine gezielte Einstellung der Netzebenenabstände im Bereich um 1 Nanometer können wir interessante Nanoeffekte im so genannten 'confinement' beobachten", sagt Dr. Simon Fleischmann, ehemaliger INM-Mitarbeiter und Doktorand der Universität des Saarlandes und heute Nachwuchsgruppenleiter am Helmholtz-Institut Ulm. Damit gemeint sei, dass sich Ionen und Elektrolyte, die man zum Ionentransport benötigt, in so kleinen Nanoräumen ganz anders verhalten als in einem großen Volumen oder an einer Oberfläche. Das richtige "Matching" von Ionengröße, Elektrolyt und Nanoraum des Elektrodengitters könne eine deutliche Steigerung der Energiespeicherkapazität und Schnellladefähigkeit ermöglichen.

Vereinheitlichendes Konzept

Der Speichermechanismus der Pseudokondensatoren ist bislang entweder Kondensatoren oder Batterien zugeordnet worden. Die aktuelle Forschungsarbeit eines internationalen Teams unter Leitung von Professor Veronica Augustyn von der North Carolina State University hat nun ein vereinheitlichendes Konzept hierzu etabliert. "Wir sehen einen kontinuierlichen Übergang von ganz klassischen Lithium-Ionen-Batteriematerialien bis hin zu idealer Aktivkohle", erklärt Volker Presser. "Es ist wichtig, diesen graduellen Übergang von Elektrosorption bis hin zur Interkalation als Spektrum zu verstehen. Je nach Größe und Geometrie des Nanoraums werden Ionen (teilweise) ihre Elektrolythülle abstreifen und können Redox-Prozesse durchlaufen." Womit man wieder bei 2-D-Materialien wie MXenen oder schichtstrukturierten Metalloxiden sei. "Gerade der Zwischenschichtraum von 2D-Materialien ist eine großartige Spielwiese für uns in der Materialwissenschaft. Hier können wir mittels gezieltem Materialdesign schnellen Ionentransport und hohe Energiespeicherkapazität durch reversible Redox-Prozesse kombinieren", ergänzt Simon Fleischmann.

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