2002 | OriginalPaper | Buchkapitel
Ideologie
verfasst von : Hans-Dieter Klingemann, Christian Welzel
Erschienen in: Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff der (politischen) Ideologie (I.) (aus frz. idée: Idee, Vorstellung) im Sinne von Weltanschauung oder politischem Überzeugungssystem gebraucht. Weitere Einengungen knüpfen sich an den Begriff, wenn der Aspekt des Doktrinären oder Dogmatischen betont wird. In dieser Akzentuierung lassen sich I. auf politische Lehrgebäude eingrenzen, die (1) umfassende Gesellschaftsdeutungen propagieren, (2) mit einem imperativen Gestaltungsanspruch auftreten, (3) demzufolge eine Programmatik für politisches Handeln proklamieren und die sich (4) in Form von Parteien oder anderen Organisationen institutionalisieren (Shils 1968). Auch die wissenschaftliche Begriffsverwendung variiert zwischen dem engen Verständnis im Sinne von Dogma und dem weiten Verständnis im Sinne von Überzeugungssystem. Dem weiteren Verständnis zufolge ist jede Untersuchung von politischen Überzeugungen zugleich eine Untersuchung von I. Damit erfolgt eine Gleichsetzung von I.-Forschung mit pKf. Der Ursprung der heutigen Begriffsverwendung liegt in der Pariser Schule der „Ideologen“, die A. Destutt de Tracy (1754–1836) in den Nachwehen der Französischen Revolution begründete. Von aufklärerischen Motiven geleitet, war das Anliegen dieser Schule eine Vorurteilslehre, die nachweisen sollte, wie sehr die damals geltenden Moralvorstellungen auf empirischen Unwahrheiten basierten. Napoleon ging der gesellschaftskritische Impetus zu weit, so daß er die „Ideologen“1812 desavouierte.