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22.01.2024 | Immobilienfinanzierung | Kommentar | Online-Artikel

Auf den Immobilienmarkt wartet viel Liquidität

4:30 Min. Lesedauer

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Die Immobilienbranche steckt infolge wirtschaftlicher Unsicherheiten, hoher Kosten und einer schwierigen Finanzierungslage in einem Tief. Doch das Kapital will zurück in den Markt und das schnell, prognostiziert Immobilienexperte Andreas Zederbauer in seinem Kommentar.

Die mittlerweile drei Insolvenzverfahren der Signa Gruppe haben sich mit Verbindlichkeiten von über zehn Milliarden Euro zur größten Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte ausgewachsen. Damit sind sie leider ein alles überschattender, negativer Leuchtturm für die gesamte Immobilienbranche geworden. Sind diese und andere Großpleiten nun schon der Gipfel? Oder kommt da noch was?

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Mein persönliches berufliches Netzwerk ist in der Betonbranche angesiedelt. Ich kenne kaum jemanden, der mit 2023 zufrieden war. Alle klagten: Die Baufirmen, die Projektentwickler, die Makler, die potenziellen Käufer, die Verkäufer, Anwälte und Notare, die Immobilientransaktionen begleiten. Alle, die auch nur irgendwie mit Immobilien zu tun haben. 

Außer den Banken. Sie feiern Gewinne. Banken leben nicht vom Neugeschäft, sondern vom Bestand. Alle bestehenden Bankfinanzierungen wurden durch die massiven Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sozusagen "arbeitslos vergoldet". Da musste und wollte auch kaum ein Institut neue Finanzierungen machen, die mit neuen Rahmenbedingungen ohnehin schwer darstellbar wurden.

Es mangelt an einer Preisbildung

Und worüber wird geklagt? "Zu wenige Transaktionen", lautet es unisono. Es findet derzeit keine Preisbildung statt. Die Verkäufer wehren sich noch erfolgreich gegen Preisabschläge und Käufer wollen nicht zu früh kaufen, da sich größere Preisabschläge ankündigen. Banken haben in vielen Fällen Stillhalteabkommen mit ihren Schuldnern getroffen, um keinen Abschreibungsbedarf im Superjahr zu erzeugen. Der Markt steht sozusagen still und bewegt sich nicht. Wenn sich nichts bewegt und die Kosten - vor allem die Zinsen - weiterlaufen, so leiden derzeit alle Marktteilnehmer an Cash Burning.

Signa schreibt unter der Führung des Rene Benko eine typische Heldenstory, wie wir sie seit Ikarus kennen. Menschen, die von ganz unten in den Himmel aufsteigen, scheinbar Unmenschliches vollbringen und am Ende des Tages doch alles verlieren. Nein, diese Pleiten sind nicht der Gipfel, sondern erst der Anfang! Der Dammbruch sozusagen. 

Insolvenzen bringen Immobilien wieder auf den Markt

Ich glaube, das ist auch gut so. Denn Stillstand bewirkt bekanntlich nichts. Stillstand ist Zeitverschwendung. Das Ziel des Insolvenzrechtes ist ja eine rasche und geordnete Entschuldung aus einer verfahrenen Situation, um einen Neuanfang zu ermöglichen. Und durch Insolvenzen kommen Immobilien und Projekte wieder in den Markt, und zwar zu Zerschlagungswerten. Und sofort stehen auch Käufer an, um diese "Schnäppchen" zu realisieren. Es ist unendlich viel Liquidität da und der Markt wird wieder anspringen.

Wie sich im Rahmen der Signa-Insolvenzverfahren aber herausstellt, gibt es scheinbar tausende gescheite und durchaus elitäre Gläubiger, die um ihr Geld umfallen werden, oder es zumindest sehr ernsthaft befürchten. Was hörte ich so in der Vergangenheit immer wieder: Die Bauträgergesellschaft XY ist so groß, ist so bekannt, der Developer hat schon so viele Projekte erfolgreich umgesetzt. Hat schon, hat schon, hat schon. Das ist Vergangenheit, Bullshit!

Es werden keine Milliardenbeträge fehlen

Offensichtlich ist das ein Lehrbeispiel dafür, dass man die Zukunft nicht vorhersehen kann. Wenn man das akzeptiert, dann helfen einem nur die Sicherheiten. Am Ende der Insolvenzverfahren werden keine Milliardenbeträge fehlen. Die gut besicherten Banken werden gar nichts oder wenig verlieren, den Haircut werden die Investoren einstecken, die schlecht oder gar nicht besichert waren. Das Ganze ist nichts Neues, das Stück spielt schon seit mehr als 250 Jahren am Finanzierungsmarkt.

Crowdfunding ist ein Vermittlergeschäft. Plattformen vermitteln Kapital an diejenigen, die Projekte umsetzen. Wenn es nur wenige gibt, die Immobilien ankaufen und wenige, die ein Bauvorhaben beginnen, dann gibt es wenig zu tun. Weniger Projekttätigkeiten und weniger Anlegerlust führen im Ergebnis zu weniger Geschäft auf so gut wie allen Crowdfunding-Plattformen. 2023 war für unsere Branche ein Rückgang beim Neugeschäft und damit schwierig, weil wir seit 2015 nur eine Richtung kannten: Steil bergauf!

Allerdings erhielten Plattformen jüngst die Wahl, das neue ECSP-Regime zu nutzen und bei ihrer Aufsichtsbehörde eine Lizenz zu beantragen. Einige Plattformen haben diese Entwicklung schon 2023 erledigt. Mit der ECSP-Lizenz ausgestattet kann man nun das Geschäft mit banküblichen Sicherheiten ausstatten. Diese neue Variante wird also dazu beitragen, dass für den Anleger 2024 besser besicherte Produkte angeboten werden können.

Neue Preisbildung schon im ersten Quartal

Ich rechne mit einem Anspringen des Immobilienmarktes schon im ersten Quartal des neuen Jahres. Nach Signa werden leider noch andere Pleiten kommen, aber damit endlich eine neue Preisbildung. Dann erwarte ich Leitzinssenkungen ab dem zweiten Quartal wegen der wirtschaftlichen Entwicklung in der EU. Durch den Wegfall derzeit lukrativer Alternativen wird institutionelles und auch privates Geld schnell wieder in den Immobilienmarkt wollen. Immobilienprojektfinanzierungen sind immer mit zahlreichen Risiken behaftet, deswegen sind sie gut verzinst. Aus den Lehren der Krise werden Anleger aber verstärkt nach Möglichkeiten suchen, bei denen das Risiko kalkulierbar ist. 

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