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2000 | Buch

Institutionelle Arrangements in der Umweltpolitik

Zukunftsfähigkeit durch innovative Verfahrenskombinationen?

herausgegeben von: Volker von Prittwitz

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Institutionelle Arrangements und Zukunftsfähigkeit

Institutionelle Arrangements und Zukunftsfähigkeit
Zusammenfassung
Institutionen legitimieren, orientieren und regulieren. Während ältere soziologische und kulturanthropologische Ansätze diese Leistungen nur Institutionen zutrauten, die auf Dauer vorgegeben und von den Adressaten psychisch verinnerlicht waren — bis hin zu der Gehlen’schen Vorstellung von Institutionen als menschlichem Instinktersatz (Gehlen 1964)1 —, betrachtet die mit Annahmen der Rationalen Wahlhandlungstheorie (Rational Choice) operierende Analyse Institutionen schlicht als einen Satz von Regeln (Shepsle 1989; Scharpf 1991) 2 . Die Beteiligten erkennen Institutionen demnach zwar als Rahmenbedingung ihres Handelns an, wissen aber, dass diese grundsätzlich revidiert, verbessert, weiter entwickelt werden können. Ein solches zweiebeniges Institutionenverständnis mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen; in einer sich laufend verändernden, hochgradig individualisierten Gesellschaft, in der demokratische Willensbildungsformen öffentlichen Handelns als selbstverständlich gelten, wird es grundlegend: An die Stelle universal und dauerhaft vorgegebener Institutionen treten grundsätzlich gestaltbare, anpassungsfähige, dabei aber gültige Regelkomplexe und Orientierungsmuster.
Volker von Prittwitz

Institutionelle Arrangements in Mehrebenensystemen

Frontmatter
Institutionelle Arrangements und Formen der Handlungskoordination im Mehrebenensystem der USA
Zusammenfassung
Über die Leistungsfähigkeit von föderalistischen Mehrebenensystemen besteht keineswegs Einigkeit: Einerseits können Entscheidungsprozesse in solchen Systemen zu Handlungsblockaden führen. Andererseits kann argumentiert werden, dass Föderalstaaten aufgrund der Existenz von zwei interdependenten Entscheidungsebenen höhere Problemlösungspotentiale als unitarische Systeme aufweisen. Gerade bei hohem Anpassungsdruck in einer komplexen Umwelt sind föderalistische Mehrebenensysteme leistungsfähiger als zentralisierte hierarchische Ordnungen. Die lockere horizontale Koppelung der Subeinheiten eines Mehrebenensystems, die zwar koordiniert, aber dennoch relativ selbständig agieren, bietet Vorteile.1 Dabei kann sich zwischen den Subeinheiten ein regulativer Wettbewerb entwickeln, der geeigneten Politikansätzen letztlich zum Durchbruch verhilft und zu einer Politikkonvergenz auf relativ hohem Niveau führt (‚race to the top‘) (vgl. Vogel 1995, 1997). Der Nachteil besteht allerdings darin, dass der völlige Verzicht auf hierarchische Interventionen, insbesondere auf die Festsetzung von Mindeststandards, auch einen Deregulierungswettbewerb (‚race to the bottom‘) zur Folge haben kann, der mit dem Abbau von Schutzbestimmungen verbunden ist, die für eine nachhaltige Entwicklung unverzichtbar sind. Dies bedeutet, dass im föderalistischen Mehrebenensystem der USA, dessen Handlungsfähigkeit hier im Mittelpunkt stehen soll, weder die rein hierarchische Koordination der Politikebenen noch die Beschränkung auf den regulativen Wettbewerb zwischen den Einzelstaaten ausreicht, sondern nach alternativen institutionellen Arrangements gefragt werden muss, durch die die Vorteile von Mehrebenensystemen genutzt werden, gleichzeitig aber auch Nachteile (Deregulierungswettbewerb, Handlungsblockaden etc.) vermieden werden können.
Kristine Kern
Neue Steuerungskonzepte in der europäischen Umweltpolitik: Institutionelle Arrangements für eine effektivere Implementation?
Zusammenfassung
Es ist kein Geheimnis, daß es um die Implementation europäischer Politik generell nicht sehr gut bestellt ist und der Bereich der Umweltpolitik dabei im „Sündenregister“ seit langem weit oben rangiert (CEC 1996; EP 1996; Collins/Earnshaw 1992). Erst in den letzten Jahren jedoch gewann dieses Problem an Bedeutung auf der politischen Agenda, nicht zuletzt, weil einige Mitgliedstaaten aufgrund der negativen Implementationsresultate die Legitimation europäischer Umweltpolitik generell in Frage gestellt und auf eine „Renationalisierung“ regulativer Kompetenzen gedrängt haben.
Christoph Knill, Andrea Lenschow
Zukunftsfähigkeit und Komplexität: Institutionelle Innovationen in der EU
Zusammenfassung
Entgegen weitverbreiteter Vorstellungen (vgl. Lenschow/Knill in diesem Band, Golub 1998, Lowe/Ward 1998) läßt sich in der EU in den 90er Jahren keine generelle Abkehr von einem einzelfallbezogenen und präskriptiven Umweltpolitikansatz beobachten. Standards, Grenzwerte und technische Normen für Produkte und Anlagen spielen in der Umweltpolitik immer noch eine große Rolle, auch wenn diese nicht mehr immer eine rechtlich bindende Wirkung haben.
Christian Hey

Globale Herausforderungen — globale Arrangements?

Frontmatter
Zukunftsfähigkeit durch neue institutionelle Arrangements auf der globalen Ebene?
Zum Reformbedarf der internationalen Umweltpolitik
Zusammenfassung
Institutionelle Steuerungssysteme mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit finden sich nicht nur in den nationalen politischen Systemen. Sie finden sich auch im zwischenstaatlichen Bereich. Der wesentliche Unterschied zwischen innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Politik wird gemein mit den Schlagworten ‚Hierarchie‘ versus ‚Anarchie‘ gekennzeichnet, auch wenn die Beziehungen zwischen Staaten immer stärker verregelt und institutionalisiert werden, von transnationalen Beziehungsnetzwerken durchzogen sind und kaum mehr der klassischen Anarchie des Politischen Realismus etwa Kenneth Waltz‘ (1979) gleichen. Geblieben ist freilich, dass dem internationalen Institutionensystem die Zwangsgewalt eines legitimierten Akteurs fehlt und man somit zwar von Regieren (governance), nicht jedoch von Regierung (government) sprechen kann.
Frank Biermann
Institutionelle Innovationsperspektiven in der internationalen Umweltpolitik
Zusammenfassung
Internationale und globale Umweltpolitik vollzieht sich unter den besonderen Bedingungen des internationalen Systems. Dessen grundlegende Einheiten, die Staaten, zeichnen sich durch ihre grundsätzliche Souveränität aus (vgl. dazu z.B. Milner 1991). Auf dieser Grundlage hat sich eine besondere institutionelle Struktur der internationalen und globalen Umweltpolitik herausgebildet. Internationale Regime und internationale Organisationen bilden die Hauptelemente dieser Struktur. In ihnen bilden und entwickeln sich Verfahren und Regeln, die dazu dienen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. In diesem Rahmen stellen sich der internationalen Umweltpolitik verschiedene Probleme, für die sie Lösungsansätze entwickelt. In der Diskussion über mögliche Lösungsansätze spielen Innovationspotenziale, die in der Reform und Weiterentwicklung der gegenwärtigen institutionellen Arrangements internationaler Umweltpolitik liegen, eine besondere Rolle.
Sebastian Oberthür
Globales Arrangement für eine lokale Politik nachhaltiger Entwicklung — das „Klima-Bündnis“
Zusammenfassung
Im Sommer 1990 gründeten Repräsentanten einiger größerer europäischer Kommunen und Vertreter amazonensischer indigener Völker ein Bündnis, das sich zu verschiedenen Klima- und Regenwaldschutzmaßnahmen verpflichtete:
„Reduzierung der CO2-Emissionen der Kommunen mit dem Ziel einer Halbierung bis zum Jahre 2010; weitgehende Reduzierung aller treibhausrelevanten Gase im kommunalen Bereich; Vermeidung von Tropenholz im kommunalen Bereich; Informationsaustausch zwischen den Kommunen ...; Unterstützung der indigenen Völker durch Förderung von Projekten; Unterstützung der Interessen der amazonensischen Indianervölker ... durch die Titulierung und nachhaltige Nutzung ihrer Territorien“ (§2 Satzung des europäischen Vereins Klima-Bündnis, abgedruckt in: Klima-Bündnis 1993: 347ff.).
Jörg F. Mayer-Ries

Institutionelle Arrangements im internationalen Vergleich

Frontmatter
Die Ökologische Steuerreform — Eine umweltpolitische Innovation im internationalen Vergleich
Zusammenfassung
Unter dem Begriff Ökologische Steuerreform (ÖSR) werden seit Ende der 70er Jahre verschiedene, in den Inhalten erheblich differierende Konzepte diskutiert: Die Spanne reicht von der Einführung einzelner Umweltabgaben oder -steuern bis hin zur aufkommensneutralen Steuerreform, bei der das Umweltsteueraufkommen zur Senkung anderer Steuern verwandt wird.
Lutz Mez
Umweltplanung als institutionelles Arrangement — ein vergleichender Überblick
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist die Entwicklung von nationalen Umweltpolitikplänen respektive nationalen Nachhaltigkeitsstrategien im Sinne der Agenda 21 in den meisten Industriestaaten zur politischen Realität geworden. Die Zahl nationaler Umweltpläne ist im Anschluss an die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro weltweit geradezu explosionsartig angestiegen. Das World Resource Institute listet in seiner Dokumentation inzwischen mehr als 100 solcher nationalen Strategien in Industrie- und Entwicklungsländern auf (WRI 1996). Auf der UN-Sondervollversammlung 1997 in New York (Rio +5) wurde die Bedeutung nationaler Nachhaltigkeitsstrategien für die Umsetzung der Agenda 21 bekräftigt. Die Teilnehmerstaaten wurden aufgefordert, spätestens bis zum Jahr 2002 eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Im Rahmen der OECD haben gegenwärtig 20 von 26 Mitgliedsstaaten einen Planungsprozess zur Erstellung einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie oder eines nationalen Umweltplans auf den Weg gebracht.
Ralf Nordbeck
Institutionelle Arrangements und Fußballübertragungsrechte — Die Einführung des Bezahlfernsehens in Deutschland und Italien
Zusammenfassung
Die Übertragung von Fußball spielte in den strategischen Überlegungen von Medienunternehmen zur Einführung des Bezahlfernsehens in seinen verschiedenen Formen wie Pay-TV und Pay-per-view eine herausragende Rolle. Fußball ist in seiner hundertjährigen Geschichte zu einem nicht mehr wegzudenkenden Mass kultureller Bestandteil der meisten Länder der Welt geworden.1 Der Fußballsport ist ein integrierendes Element vieler Gesellschaften.2 Kein Fernsehereigniss erreicht höhere Einschaltquoten als die Übertragungen der Fußballweltmeisterschaften. Fußball hat daher immer wieder als eine Art Katalysator gedient: bei der Einführung des Fernsehens in Europa in Form der WM 1954, bei der Einführung des Farbfernsehens bei der WM 1974 und bei der Entstehung des privaten Rundfunksektors während der 80er-Jahre (vgl. Großhaus 1997). Es erscheint nur folgerichtig, dass Fußball auch zur Durchsetzung des Bezahlfernsehens benützt wird.
Carsten Kluth

Institutionelle Arrangements ausgewählter Politikfelder

Frontmatter
Institutionelle Arrangements zwischen Zukunfts- und Gegenwartsfähigkeit: Netzregulierung im liberalisierten deutschen Stromsektor
Zusammenfassung
Politische Prozesse unterliegen in ihrem Verlauf und Ergebnis der Einwirkung durch Institutionen.1 In dieser Vorstellung gewinnt die Gestaltung von Institutionen eine eigenständige Bedeutung für politische Steuerungsstrategien. Durch ein entsprechendes Design von Regelzusammenhängen und Anreizstrukturen für politisches Handeln ergibt sich die Aussicht auf einen politischen Lenkungsansatz, der für die Zielformel Zukunftsfähigkeit zur Orientierung genommen werden kann.
Jan-Peter Voß
Energiemanagement im Umbruch: Institutionelle Steuerung regionaler Energiepolitik am Beispiel Berlins
Zusammenfassung
Die Institutionen der leitungsgebundenen Energieversorgung befinden sich im Umbruch. Basierte die Energiewirtschaft bislang auf der Grundannahme, dass zentrale Ordnungs- und Infrastrukturinteressen nur durch Gebietsmonopole und weitreichende staatliche Kontrolle zu befriedigen seien, hat sich unlängst die Überzeugung durchgesetzt, dass eine stärkere Wettbewerbsorientierung nicht nur möglich, sondern aus Effizienzgründen auch wünschenswert ist. Dementsprechend wurden mit der Novellierung des über 63 Jahre lang gültigen Energiewirtschaftsrechts weitreichende institutionelle Reformen der Energiewirtschaft beschlossen und staatliche Kontrollbefugnisse über die preisgünstige und sichere Energieversorgung zugunsten einer marktorientierten Koordination abgebaut.
Jochen Monstadt
Institutionelle Arrangements im Schnittfeld zwischen Umwelt- und Tourismuspolitik
Zusammenfassung
Das Spannungsfeld zwischen Umwelt und Tourismus war bislang ein eher national beziehungsweise regional diskutiertes Thema (vgl. Kahlenborn/Kraack/Carius 1999). Mit dem enormen Wachstum der Tourismuswirtschaft zu einem der weltweit bedeutendsten Wirtschaftssektoren und den damit einhergehenden Umweltproblemen wandelt sich dieses Bild zusehends. Viele Aspekte im Schnittfeld von Umwelt- und Tourismuspolitik werden jetzt international von einer Vielzahl bedeutender Akteure thematisiert (vgl. Kahlenborn u.a. 1998). Die hierbei neu entstehenden institutionellen Arrangements sind Gegenstand dieses Beitrags.
Walter Kahlenborn, Michael Kraack, Kerstin Imbusch
Institutionelle Arrangements als Determinanten gesetzeskonformen Metallrecyclings?
Eine Untersuchung am Beispiel des Autorecyclings
Zusammenfassung
Die ökologische Zukunftsfähigkeit moderner Industriestaaten hängt langfri­stig davon ab, ob sie in der Lage sind, ressourcenschonend zu wirtschaften. Dies ist nicht nur wegen der prinzipiellen Endlichkeit der Rohstoffe geboten, sondern auch wegen der Endlichkeit des anthropogen nutzbaren Bodens in dichtbesiedelten Ballungsgebieten wie Mitteleuropa. Die Entsorgungstechnik hat mittlerweile ein einmaliges technisches Niveau erreicht und auch die Menge recycelter Stoffe nimmt weiter zu. Doch die Stoffströme in ihrer Ge­samtheit konnten bislang nicht nennenswert reduziert werden. Über 200 000 Altlastenverdachtsflächen in Deutschland stützen heute das Diktum des Na­tionalökonomen Georgescu-Roegen, der moderne Produktionsprozess sei nichts anderes als die Umwandlung kostbarer Rohstoffe in nutzlosen Abfall (Georgescu-Roegen 1971).
Hagen Lang
Backmatter
Metadaten
Titel
Institutionelle Arrangements in der Umweltpolitik
herausgegeben von
Volker von Prittwitz
Copyright-Jahr
2000
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-663-10367-7
Print ISBN
978-3-8100-2641-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-10367-7