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1997 | Buch

Geochemie und Umwelt

Relevante Prozesse in Atmo-, Pedo- und Hydrosphäre

verfasst von: PD Dr. Jörg Matschullat, Prof. Dr. Heinz Jürgen Tobschall, PD Dr. Habil. Hans-Jürgen Voigt

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Atmosphäre

Frontmatter
1. Atmosphärische Deposition von Spurenelementen in „Reinluftgebieten“
Zusammenfassung
80% der atmosphärischen Masse befinden sich in der Troposphäre (≤10 km). Für die folgenden Betrachtungen ist vor allem die Grundschicht unterhalb der Peplopause (ca. 2–3 km) wesentlich. Dieser sog. Wolken-oder Reibungsraum ist die „Schnittstelle“ von Atmo-, Pedo-und Hydrosphäre. Elementkonzentrationen, Verweilzeiten und Transportprozesse in dieser Schicht sind von wesentlicher Bedeutung für den atmosphärischen Stoffeintrag.
Jörg Matschullat, Peter Kritzer
2. Anreicherung von umweltrelevanten Metallen in atmosphärisch transportierten Schwebstäuben aus Ballungszentren
Zusammenfassung
Trotz vermehrter Bemühungen zur Verbesserung der Luftreinhaltung in den Ballungszentren der westlichen Industrienationen nehmen die Säure-und Staubkonzentrationen in der Atmosphäre weltweit weiterhin zu. Bevölkerungswachstum, Verstädterung und der Wunsch nach steigendem Lebensstandard haben zwangsläufig eine rasch fortschreitende Industrialisierung mit wachsenden Umweltproblemen zur Folge. Zunehmende Anteile der Erdoberfläche werden für Siedlungs-, Verkehrs-und Industriebauten auf Kosten natürlicher Landschaften genutzt. Bei der großräumigen Belastung der Umwelt, auch außerhalb der eigentlichen Industriezonen, spielt die Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre und ihre Deposition an der Erdoberfläche eine herausragende Rolle (→ Kap. 1). Die deponierten sauren Luftbeimengungen stammen aber nahezu vollständig aus Gebieten hoher Industrie-, Verkehrs-und Siedlungsdichte.
Hartmut Heinrichs, Hans-Jürgen Brumsack

Pedosphäre

Frontmatter
3. Chemische Prozesse im Ökosystem-Kompartiment Boden
Zusammenfassung
In den Stofftransport zwischen Atmosphäre und Hydrosphäre sind Böden eingeschaltet. Sie wirken als Senken für eingetragene Stoffe, können aber auch als Quellen wirken. Ihr Verhalten gegenüber eingetragenen Stoffen hängt entscheidend vom chemischen Bodenzustand ab, der zugleich eine wichtige Randbedingung für den biologischen Bodenzustand darstellt. Aufgrund ihres Gehalts an Karbonaten und/oder Silikaten stellen Mineralböden schwache Basen dar, die mit aus der Biosphäre stammenden Protonen titriert werden.
Bernhard Ulrich
4. Schwermetalle in Waldökosystemen
Zusammenfassung
Die Bilanzierung von Elementflüssen gibt Auskunft über das Verhalten von Schwermetallen im betrachteten Ökosystem. Dabei können sich sowohl An-und Abreicherungen als auch stationäre Zustände in einzelnen Kompartimenten oder im ganzen Waldökosystem ergeben. Um Zustandsänderungen erkennen zu können, bedarf es einerseits langfristiger und flächenrepräsentativer Flußmessungen, andererseits einer Abschätzung einzelner Kompartimentvorräte (Inventuren). Für Schwermetalle sind die Ergebnisse derartiger Inventuren für einen Buchen-und Fichtenbestand im Soiling ausführlich bei Mayer (1981) bzw. Ellenberg et al. (1986) und erneut einschließlich weiterer Vergleichsbestände in Nordwestdeutschland bei Schultz (1987), Lamersdorf (1988), Andreae (1993) und Matschullat et al. (1994) dargestellt. Nach Lamersdorf (1988) und Andreae (1993) ergibt sich zusammenfassend für die betrachteten Spurenstoffe folgende Reihenfolge in den Elementvorräten der untersuchten Fichtenbestände in Nordwestdeutschland:
Zn > Pb > Cu > Cr > Cd/Co/Ni > As > Se > Bi
Andreas Schulte, Winfried E. H. Blum
5. Zur Geochemie von Mooren
Zusammenfassung
Moore sind Ökotope mit einer an der Oberfläche anstehenden mindestens 3 dm mächtigen Torfschicht, die im natürlichen oder naturnahen Zustand durch eine spezifische, torfbildende Vegetation und im entwässerten Zustand als Moorboden auch durch eine mooruntypische Vegetation gekennzeichnet ist. Moorböden im Sinne der bodenkundlichen Systematik werden durch Horizonte mit charakteristischen geogenen und/oder pedogenen Merkmalen gegliedert (Ehwald 1980; Tüxen 1984; Göttlich 1990; KA4 1994; DIN 4047–4 1995).
Jutta Zeitz
6. Landwirtschaftlich genutzte Böden als Quellen und Senken bei geochemischen Prozessen
Zusammenfassung
Neben der Gewinnung geogener Rohstoffe führt die land-und forstwirtschaftliche Landnutzung zu den bedeutendsten Eingriffen des Menschen in die oberste Erdkruste. So stellt mit 49% der Landesfläche in der Bundesrepublik Deutschland die Landwirtschaft den Hauptnutzer der Böden dar (Anonym 1995). Die von der Landwirtschaft auf diesen Böden durchgeführten Maßnahmen zum Anbau der Kulturpflanzen beeinflussen zum einen Zustände und Prozesse im Boden, sie führen aber auch zu neuen Zuständen und einer Beeinflussung der damit verbundenen stofflich-energetischen Prozesse des Bodens. Landwirtschaftliche Landnutzung, die grob in Ackerbau und Grünlandnutzung gegliedert werden kann, verändert durch den Einsatz von Betriebsmitteln der Produktion (Dünger, Pflanzenschutz, Landtechnik etc.) insbesondere die bodenbezogenen Stoff-und Energieflüsse in den Agroökosystemen. Hierdurch werden auch die Quellen-und Senkenfunktionen des Bodens für die nutzungsrelevanten Stoffe (vorwiegend Pflanzennährstoffe, Kohlenstoffverbindungen, Wasser sowie einige Spurengase und Schwermetalle) beeinflußt (→ Kap. 1–4). Ziel dieses Kapitels ist es deshalb darzustellen, wie landwirtschaftliche Landnutzung die stoffbezogenen Prozesse im Boden verändert, welche wesentlichen Faktoren diese Prozesse beeinflussen und wie diese in der landwirtschaftlichen Praxis gesteuert oder reguliert werden können.
Armin Werner
7. Zur Geochemie der Böden industriell geprägter urbaner Gebiete
Zusammenfassung
Die Böden in Siedlungsgebieten industriell geprägter Ballungsbereiche sind stark anthropogen überprägt. Sie enthalten anorganische und organische Fremdstoffe, die vereinzelt für Pflanzen und Menschen toxische Konzentrationen erreichen (→ Kap. 10). Die Quantifizierung flächiger Belastungen mit Schwermetallen begann vor nur etwa 20 Jahren (Krämer 1976). Auf die ebenfalls großflächigen Belastungen mit z.T. chlorierten polyaromatischen Verbindungen wurde man sogar erst vor etwa zehn Jahren u.a. durch die Folgeprobleme der Bebauung von industriellen Altstandorten aufmerksam (Führ et al. 1986; Hembrock 1988; König u. Hembrock 1989). Zuvor standen allein die visuell und geruchlich wahrnehmbaren Belastungen der Luft und der Oberflächengewässer im Vordergrund des Interesses von Bevölkerung und Politikern sowie kommunalen und staatlichen Verwaltungen. Im Gegensatz zu Luft und Wasser konservieren Böden jedoch ihre einmal erhaltenen Belastungen durch persistente Stoffe und sind daher meist irreversibel kontaminiert. Bodenuntersuchungen wurden schon seit den 60er Jahren durchgeführt, konzentrierten sich jedoch auf ausgewählte Schwermetalle und die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe in Folge der Klärschlammanwendung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Lothar Viereck-Götte, Jürgen Herget
8. Bildung und Verbleib natürlicher halogenorganischer Verbindungen in Wasser, Böden und Sedimenten
Zusammenfassung
Organohalogenverbindungen wie Polychlorierte Dibenzodioxine, Polychlorierte Biphenyle, Chlorphenole, chlorierte Ethane und Ethene, Trihalogenmethane, Methyliodid und auch FCKWs, die man lange Zeit nur als anthropogen hergestellte Produkte angesehen hat (→ Kap. 7, 16), sind in den letzten Jahren auch als Syntheseprodukte der Natur identifiziert worden. Viele Publikationen in jüngster Zeit deuten darauf hin, daß die natürliche Chlorchemie immer mehr in den Blickpunkt des Interesses rückt (Gribble 1992, 1994a, 1994b, 1995; 1996; Geckeler u. Eberhardt 1995; Grimvall u. de Leer 1995; Hoekstra u. de Leer 1995; Naumann 1993, 1994). Natürliche Chlorierungsprozesse sind bislang kaum untersucht und wurden bei der Diskussion von Massenbilanzen bisher meist vernachlässigt. Schwierigkeiten bereitet vor allem die eindeutige Zuordnung eines halogenorganischen Moleküls zu einer natürli-chen Quelle, wenn der Mensch das identische Molekül in großem Maßstab herstellt und großflächig verteilt.
Heinz Friedrich Schöler, Georg Haiber
9. Summarische Bestimmung Essigester-extrahierbarer organischer Halogenverbindungen (EOXE) aus belasteten Böden und Sedimenten
Zusammenfassung
Die organische Schadstoffanalytik belasteter Böden und Sedimente hat sich lange Zeit auf sehr unpolare Substanzen konzentriert (→ Kap. 24). Dafür mögen mehrere Gründe ausschlaggebend gewesen sein: unpolare Substanzen reichern sich am stärksten in der partikulären Phase an, so daß sie dort in sehr hohen Konzentrationen vorliegen können. Sie weisen auch die größten Bioakkumulationspotentiale auf und sind somit von besonderer Bedeutung für die Biosphäre. Ferner sind sehr unpolare Schadstoffe analytisch am besten zugänglich. Diese Schwerpunktsetzung auf unpolare Substanzen hat jedoch in den Hintergrund treten lassen, daß sich auch polarere Verbindungen in der partikulären Phase anreichern. Diese sind im Vergleich zu den sehr unpolaren Verbindungen mobiler und dadurch von größerer Bedeutung hinsichtlich möglicher Sicker-und Grundwasserbelastungen. Des weiteren weisen polarere Substanzen eine höhere Bioverfügbarkeit auf und können damit stärker biologisch wirksam werden.
Thorsten Reemtsma, Martin Jekel

Anthroposphäre

Frontmatter
10. Urbane Geochemie: Prozesse, Muster und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit
Zusammenfassung
Kulturlandschaften sind von Aktivitäten wie Bergbau, Verhüttung, Exploration, Nutzung fossiler Brennstoffe usw. geprägt, die mit der Errichtung und Funktionsweise anthropogener Systeme verknüpft sind (Transport, Landwirtschaft, Städte etc.). Eine Diskussion der Geochemie auf globalem oder regionalem Maßstab bedarf inzwischen der sorgfältigen Analyse der Energie-und Stoffflüsse innerhalb dieser Kulturlandschaften. Seit Beginn der antiken Zivilisation veränderten Bergbau, Verhüttung und der wirtschaftliche Umgang mit verschiedenen Mineralen die Spurenelementzusammensetzung von Böden und Sedimenten in globalem Maßstab. Dieser Beitrag erörtert solche Veränderungen und deren Auswirkungen und bewertet sie im Hinblick auf Kulturlandschaften und deren Bewohner.
Howard W. Mielke
11. PGE-Emissionen aus Kfz-Abgaskatalysatoren
Zusammenfassung
Die Anzahl der Personenkraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland nimmt seit dem wirtschaftlichen Aufschwung immer mehr zu und erreichte 1994 fast 40 Millionen (Statistisches Bundesamt 1995). Dies führt zu insgesamt zunehmenden Emissionen (SRU 1994; Umweltbundesamt 1994). Der technische Fortschritt hat nicht nur zu einer immer größeren Attraktivität der Kraftfahrzeuge geführt, sondern auch zu einer Verminderung des Schadstoffausstoßes der einzelnen Fahrzeuge. Wie auch in anderen Problemfeldern hat sich jedoch herausgestellt, daß die Entfernung eines Schadstoffes nicht mit einem generellen Rückgang der Emissionen verbunden ist, sondern sich nur auf den gegenwärtig diskutierten Schadstoff oder im besten Fall auf die zu der Zeit technisch erfaßbaren Schadstoffe bezieht. Oft ergibt sich auch die komplexe Situation, daß Ersatzstoffe eingesetzt werden, die selbst potentiell umweltschädlich sind, oder aber zur Reinigung von Emissionen Stoffe eingesetzt werden, die dann ihrerseits an die Umwelt abgegeben werden. Dies gilt auch für die Mitte der achtziger Jahre in Deutschland eingeführten Kfz-Abgaskatalysatoren (Heintz u. Reinhardt 1990).
Jörg-Detlef Eckhardt, Jörg Schäfer
12. Siedlungsabfälle: Verwertung - Verbrennung - Deponierung
Zusammenfassung
Knapper werdende Deponieflächen und wachsende Anforderungen an den Umweltschutz machen es auf die Dauer unumgänglich, Abfälle aufzubereiten und zu verwerten. Die Probleme der Abfallbeseitigung lassen sich nur durch ein weitgehend geschlossenes Entsorgungskonzept lösen. Durch dieses müssen die Wiederverwertung von Wertstoffen, die Kompostierung, die Erzeugung von Energie durch thermische Behandlung und die Deponie von Schlacken und Filterstäuben geregelt werden. Grundsätzlich ist jede Deponie eine zukünftige potentielle Altlast, wenn sich Abfallstoffe nicht biologisch und chemisch inert verhalten. Nicht verwertbare Reststoffe müßten gegebenenfalls durch eine thermische Behandlung inertisiert werden. Die TA Siedlungsabfall vom Mai 1993 nennt als Ziel der Abfallverwertung die Schadstoffreduzierung, doch ist der stofflichen Verwertung nicht der Vorrang vor der thermischen eingeräumt worden. Generell kann die wachsende Müllflut nur durch gesetzgeberische Maßnahmen eingedämmt werden, indem mehr Anreize zur Vermeidung und umweltfreundlichen Verwertung geschaffen werden. Zur Bildung einer absatzorientierten Sekundärrohstoff-Wirtschaft müssen wiederverwertbare Stoffe aus Siedlungsabfällen zunehmend durch Recycling-verfahren zurückgewonnen werden. Der Restmüllmüßte entsprechend seinen Eigenschaften nachbe-handelt und deponiert werden. Die Beschäftigung mit der chemischen Zusammensetzung von Abfällen stellt einen Schlüssel zum Verständnis anthropogen überprägter Elementkreisläufe dar. Viele umweltrele-vante Elemente gelangen über nicht verwertbare Ab-fallprodukte zurück in den exogenen Kreislauf.
Hartmut Heinrichs, Thomas Hundesrügge, Hans-Jürgen Brumsack
13. Radiogene Isotope in der Umweltforschung
Zusammenfassung
Umweltbelastungen und Altlasten können meistens nicht sofort und vollständig beseitigt werden. Dazu fehlen unter anderem die finanziellen Mittel. Deshalb muß beurteilt werden, wann von einer Umweltbelastung eine Gefahr ausgeht und wann nicht. Es setzt sich langsam die Erkenntnis durch, daß über den Grenzwerten liegende Meßwerte nicht zwangsläufig zu einer Gefährdung von Mensch und Natur führen müssen (→ Kap. 16). Es ist vielmehr entscheidend, wie mobil diese Schadstoffe sind, d.h. wie leicht die Schadstoffe vom Boden ins Wasser oder in Pflanze und Mensch gelangen können. Die Mobilität z.B. von Schwermetallen ist in hohem Maße von den chemisch-physikalischen Parametern wie pH-Wert, Redoxpotential, Korngröße und Bindungsform abhängig und entscheidend für die Beurteilung von Kontaminationen (→ Kap. 4). Darüber hinaus sind Informationen über die Quellen der Belastungen und mögliche Ausbreitungspfade von großer Bedeutung. Es ist notwendig, Kenntnisse über Verursacher der Kontaminationen zu haben, um damit Auskunft über Sanierungsmöglichkeiten von Altlasten zu geben.
Muharrem Satir, Guido Bracke
14. Kontaminationen von Deponiestandorten - die Kohlenstoff-und Schwefel-Isotopenzusammensetzung von Sickerwässern
Zusammenfassung
Sickerwässer, die aus Mülldeponien austreten, enthalten, je nach Zusammensetzung der Deponie, eine Vielzahl von organischen und anorganischen Stoffen, die potentiell eine Gefährdung für die Umwelt darstellen. Üblicherweise werden die Gehalte verschiedener Schwermetalle (→ Kap. 12, 13), organischer Stoffe (meist als Summenparameter wie AOX, DOC, PAK; → Kap. 8, 9), aber auch Anionen, als Indikatoren für eine mögliche Kontamination gewählt. Es soll in diesem Beitrag gezeigt werden, daß zusätzlich zu diesen Parametern die Isotopenzusammensetzung des in Sickerwässern gelösten Karbonats und Sulfats wertvolle Hinweise über die in einer Deponie ablaufenden Prozesse geben kann und daher als ein zusätzlicher „Kontaminationsparameter“ herangezogen werden kann.
Jochen Hoefs
15. Geochemische Barrieren bei Versatzbergwerken im Fels
Zusammenfassung
In den letzten Jahren werden in zunehmender Menge Massenreststoffe, wie Filterstäube aus der Verbrennung von Kohlen oder Rauchgasreinigungsprodukte aus Hausmüllverbrennungsanlagen (MVA; → Kap. 12) als Versatz zur Sicherung der Erdoberfläche in stillzulegende aber auch in betriebene Bergwerke verbracht. Die überwiegende Mehrzahl dieser Bergwerke liegt im Erz-, im Kohle-oder im Steine-undErden-Abbau, in Aquiferen oder potentiell grundwasserführenden Gesteinsformationen und wird nach der Betriebsphase absaufen. Daher spielt die Betrachtung der Mobilisation von umweltrelevanten Inhaltsstoffen des Versatzes und deren Verhalten während des Transportes durch das umgebende Gestein bis zu nutzbaren Grundwasserhorizonten und der Biosphäre, für die Beurteilung der Machbarkeit von Versatzmaßnahmen und deren Langzeitsicherheit eine wesentliche Rolle.
Jean Thein, Michael Veerhoff, Christoph Klinger
16. Grundlagen und Verfahren der Ableitung von Richtwerten
Zusammenfassung
Böden archivieren im Gegensatz zu Luft und Wasser die langzeitigen anthropogenen Umweltbelastungen. Langjährige Schadstoff-Immissionen resultierten daher in einer großflächigen Erhöhung der Gehalte an ausgewählten Metallen und persistenten organischen Verbindungen in Böden der Ballungsgebiete. Exemplarisch hierfür stehen die Stoffgehalte der Böden des Ruhrgebiets sowie der Städte Hamburg und Frankfurt (Hamburg 1990; UVF 1991; Viereck-Götte 1995; → Kap. 7). Die vorhandenen Muster der räumlichen Schadstoff-Verteilung gleichen meist denjenigen der Immissionsbelastungen, z.T. bis hinein in die zweite Hälfte der 80er Jahre (→ Kap. 2).
Lothar Viereck-Götte, Ulrich Ewers

Hydrosphäre

Frontmatter
17. Zur Biogeochemie und Bilanzierung von Schwermetallen in der Ostsee
Zusammenfassung
Das einzigartige Eiszeitprodukt „Ostsee“ ist ein erdgeschichtlich junges (ca. 10 000 a) intraeuropäisches, epikontinentales Brackwassermeer mit einem Wasservolumen von 21 721 km3 und einer Fläche von 415 266 km2 (Håkanson 1993). Als flaches (mittlere Tiefe: 52,3 m) und praktisch gezeitenloses (der Tidenhub in der Beltsee liegt bei < 0,1–0,2 m) Nebenmeer des Nordostatlantik steht sie mit diesem über Skagerrak/Nordsee im Wasseraustausch, der jedoch durch Meerengen (Großer Belt, Kleiner Belt und Öresund) und Schwellen (Wassertiefe zum Sattelscheitel: Darß-Møn-Schwelle 18 m, Drodgen-Schwelle — Südausgang Oresund — 6 m) behindert wird (Abb. 17.1). Die sich daraus ergebende relativ lange Verweilzeit des Wassers führt zur Akkumulation von Verunreinigungen, die vor allem aus den neun hoch-industrialisierten Küstenstaaten und der Atmosphäre eingetragen werden. Das rund 1,73 • 106 km2 große und von etwa 80 Millionen Menschen besiedelte Wassereinzugsgebiet (100%) umfaßt jedoch nicht nur die gesamten Territorien Estlands (2,6%), Lettlands (3,7%) und Litauens (3,8%), praktisch ganz Polen (17,8%), Schweden (25,3%) und Finnland (17,5%) sowie Teile Deutschlands (1,5%), Dänemarks (1,7%) und Rußlands (18,7%), sondern auch Gebiete von nicht an die Ostsee grenzenden Staaten (Norwegen: 0,8%, Slowakien/Tschechien: 0,8%, Ukraine: 0,9% und Weißrußland: 4,9%). Die Quellen atmosphärischer Verunreinigungen lassen sich sogar bis in außereuropäische Regionen zurückverfolgen (HELCOM 1991; Petersen u. Krüger 1993).
Lutz Brügmann, Jörg Matschullat
18. Geochemische Stoffkreisläufe in Binnenseen: Akkumulation versus Remobilisierung von Spurenelementen
Zusammenfassung
Die zunehmende Industrialisierung unserer Gesellschaft hat den globalen Kreislauf nahezu aller Elemente dramatisch beschleunigt (Nriagu 1979; Li 1981; Nriagu u. Pacyna 1988) und weitreichende Konsequenzen für ökosystemare Gleichgewichte nach sich gezogen. Aquatische Ökosysteme reagieren sehr empfindlich auf anthropogene Veränderungen und sind sensible Indikatoren für die Belastung unserer Umwelt (Sigg u. Stumm 1991). Gleichzeitig stellen Binnenseen neben Grundwasser die wichtigste Süßwasserressource dar und verdienen deshalb unsere besondere Aufmerksamkeit (Wetzel 1983). Der steigende Wasserverbrauch von Industrie und Haushalten nach dem zweiten Weltkrieg führte zu einer Verknappung der unterirdischen Wasservorräte, so daß z.T. wieder auf Oberflächenwasser zurückgegriffen werden muß. So beziehen z.B. Stuttgart und Zürich ihr Trinkwasser aus dem Bodensee (→ Kap. 19) bzw. Zürichsee. Metropolen wie Los Angeles oder Hongkong müssen ihren Trinkwasserbedarf aus künstlich angelegten Stauseen decken. Daneben sind Seen wichtige Erholungsräume und bedeutende Wirtschaftsfaktoren (z.B. Tourismus, Fischerei), so daß für den Schutz von limnischen Ökosystemen eine detaillierte Kenntnis aquatischer Prozesse und Kreisläufe bis heute nicht an Aktualität verloren hat. Seen sind sehr dynamische Ökosysteme. Sie unterliegen komplexen Wechselwirkungen biotischer und abiotischer Faktoren, die sich nachhaltig auf die Wasserqualität und Gewässerbiologie auswirken (Lampert u. Sommer 1993). Trotz umfangreicher Sanierungsmaßnahmen und spürbarer Verbesserung der Gewässersituation in den letzten zwanzig Jahren befin-den sich manche Seen immer noch in einem kritischen Zustand. In vielen Fällen stellen Seesedimente die Hauptquelle für Nähr-und Schadstoffe dar (internal loading; → Kap. 19).
Carl-Dieter Garbe-Schönberg, Manfred Zeiler, Peter Stoffers
19. Chronologie des anthropogenen Phosphor-Eintrags in den Bodensee und seine Auswirkung auf das Sedimentationsgeschehen
Zusammenfassung
Mit seiner zwischen 1952 und 1955 unter dem Leit-gedanken „Seen schreiben ihre Geschichte in die Sedi-mente“ durchgeführten und 1956 veröffentlichten Dissertation „Sedimente als Ausdruck des Zustandes eines Gewässers” hat der schweizer Limnologe Hans Züllig den Weg für eine gesamtheitliche Betrachtung eines Gewässersystems mit den engen Beziehungen zwischen Wasserkörper und seiner sedimentären „Unterlage“ nicht nur für die aktuelle Situation, son-dern auch für die Vergangenheit aufgezeigt. Damit entstand ein wichtiges Werkzeug für die Rekon-struktion der limnologischen Entwicklung eines Ge-wässers, insbesondere seines Trophiegrades, mit Hilfe der Untersuchung datierter Sedimente. Neben chemi-schen Parametern — Konzentrationen an P, N, S und waren es vor allem die in den Sedimenten ent-Corg haltenen subfossilen Kieselalgen sowie Carotinoide, Pigmente, die von Phytoplanktern aus früheren Planktonpopulationen stammten und einen Zusammenhang mit dem Eutrophierungsgrad eines Sees herstellen ließen (Züllig 1982). Die hierfür von Züllig entwickelten dünnschicht-chromatographischen Methoden wurden später auch erfolgreich auf Pigmente phototropher Bakterien eingesetzt (Züllig 1985).
German Müller
20. Natürliche und anthropogen überprägte Grundwasser-Beschaffenheit in Festgesteinsaquiferen
Zusammenfassung
Der geogen und anthropogen bedingte Stoffinhalt des Grundwassers (GW) hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die vielfältigen Prozesse der GW-Beschaffenheitsgenese für Festgesteinsaquifere wurden ausführlich beschrieben und diskutiert (DVWK 1982,DVWK 1993; Hölting 1982, Hölting 1991;Voigt 1985; Gabriel et al. 1989; Mattheß 1990; Grimm-Strele et al. 1991; Schleyer u. Kerndorff 1992;Udluft u. Strätz 1992 ; Baumann u. Wagner 1993; Grewing 1994; Hecht 1995). Übereinstimmend wird von allen Autoren festgestellt, daß sowohl die geochemische Beschaffenheit der Böden und Gesteine der ungesättigten als auch der gesättigten Zone eines GW-Leiters prägende Bedeutung haben. Die mikrobiell gesteuerten, von der Temperatur, dem pH-Wert und dem Redoxpotential abhängigen chemischen Reaktionen modifizieren den geogen bedingten Typ der GW-Beschaffenheit. Des weiteren spielen Transportprozesse im Aquifer, verbunden mit dem Vorgang der Mischung von Grundwässern unterschiedlicher Genese, bei der Spezifizierung der Beschaffenheit eine wesentliche Rolle. Bestimmt wird die Wirksamkeit der Transportprozesse im wesentlichen durch die Art und Ausbildung des Aquifers und seiner Deckschichten sowie durch die Limitierung der Neubildungs-, Speicherungs-und Abflußverhältnisse. Vor allem in eng begrenzten Aquiferen wird diese standort-bzw. einzugsgebietsspezifische Charakteristik durch meteorologische und hydrologische Einflüsse überlagert. Art und Menge der natürlichen oder auch anthropogen bedingten Fracht des in den Untergrund eindringenden Niederschlagswassers wird dabei durch die Landnutzung (Wald, Wiese, landwirtschaftliche Nutzfläche, Siedlung) spezifiziert.
Barbara Gabriel, Günter Ziegler
21. Beschaffenheitsmuster des Grundwassers im Lockergestein
Zusammenfassung
Die Beschaffenheitsentwicklung des Grundwassers auf allen Etappen seiner Formierung, beginnend in der Atmosphäre bis zu den tiefsten Teilen der unterirdischen Hydrosphäre, wird durch eine Vielzahl von komplizierten, voneinander unabhängigen, zufälligen und in jedem Fall jedoch den konkreten Standortbedingungen entsprechenden Prozessen und Faktoren bestimmt. Dabei muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß das Grundwasser mit seinen gelösten Inhaltsstoffen nur einen Bestandteil des „Mehrphasensystems Untergrund“, d.h. des zeitlich und räumlich veränderlichen Systems „Wasser-GesteinGas-Biomasse”, darstellt. Folglich ist die an einem hydrogeologischen Aufschluß (Brunnen, Grundwassermeßstelle, Quelle etc.), in einem bestimmten Grundwasserleiter, innerhalb einer geologischen Struktur, ermittelte Grundwasserbeschaffenheit sehr unterschiedlich und läßt sich nach verschiedenen Gesichtspunkten typisieren, klassifizieren, gruppieren bzw. regionalisieren. Ausdruck dieser Vielfalt ist die große Anzahl hydrogeochemischer Typisierungs-und Klassifizierungsverfahren (mehr als 150), die in der Literatur beschrieben wurden (→ Kap. 20). Im Rahmen der regionalen Beschaffenheitsbetrachtung der Grundwässer in den Lockergesteinen Brandenburgs wird im folgenden ein Bewertungsverfahren vorgestellt, das naturräumliche Bezugssysteme zur Erklärung der GW-Beschaffenheit berücksichtigt.
Stephan Hannappel, Hans-Jürgen Voigt
22. Hydrogeochemische und isotopenchemische Prozesse bei der Auflösung von Karbonatgestein und bei der Abscheidung von Calcit
Zusammenfassung
Die Karbonatgesteine machen etwa 11% der Sedimente der Erdkruste aus und stellen einen großen Aquifer dar. Der Karbonatgehalt von Grundwässern dieser Regionen wird durch das Wechselspiel zwischen der Auflösung von Kalken und Dolomiten sowie der Abscheidung von Calcit gesteuert. Diese Prozesse finden an der Grenzschicht zwischen den Lösungen und den Festkörpern statt. Regional führen die Mechanismen der subterrestrischen Karbonat-Auflösung zu großräumigen Verkarstungen. Das mobilisierte Karbonat kann mit dem Wasser abtransportiert und wiederum in geeigneten Gesteinsverbänden gespeichert werden. Diese Reservoire (Karstaquifere) werden z.B. für die Trinkwassergewinnung genutzt.
Martin Dietzel
23. Problematik der Grundwasserversauerung und das Lösungsverhalten von Spurenstoffen
Zusammenfassung
Das Problem einer ausreichenden Wasserversorgung ist nicht allein auf aride Gebiete beschränkt. Auch in Deutschland wird es zunehmend schwerer, den steigenden Bedarf an hochwertigem Trinkwasser unter vertretbarem Kostenaufwand zu decken. Neben dem Rückgang natürlicher Wasserspeicher durch Trokkenlegung ist dies vor allem auf die Schadstoffbelastung der Oberflächen-und Grundwasser zurückzuführen (z.B. Hessische Landesanstalt für Umwelt 1995; → Kap. 18-22, 24). Die Trinkwassergewinnung aus Oberflächengewässern ist nicht immer kostengünstig. Es kommt zu hohen Verdunstungen, zur schnellen Erwärmung, zu Algenwachstum und zu direkten Einträgen schadstoffreicher atmosphärischer Depositionen. Das Grundwasser hat deshalb als Trinkwasserreserve eine besondere Bedeutung. Jedoch wird auch die Qualität des Grundwassers bereits heute großräumig durch diffuse Schadstoffeinträge aus den verschiedensten Quellen beeinträchtigt (Umweltbundesamt 1994a; Xanthopoulos u. Hahn 1994). Trotz flächendeckender Abwasserreinigung, verbesserter Deponieabdichtungen und Emissionsschutzmaßnahmen verringert sich das Potential unbelasteter Grundwasserreservoire ständig: Die zunehmende Bodenversauerung durch langanhaltende hohe Säureimmissionen beeinflußt das Verhalten von natürlichen und anthropogenen Stoffen sowie deren Transport von der Bodenpassage über die wasserungesättigte Zone bis in den Grundwasserkörper. Ein weiteres aktuelles Problem ist die Oxidation von Sulfiden in Abraumhalden (z.B. Wisotzky 1994).
Alexander Pleßow, Ulrich Bielert, Hartmut Heinrichs, Ilka Steiner
24. Sorption und Desorption hydrophober organischer Schadstoffe in Aquifermaterial und Sedimenten
Zusammenfassung
Untergrundverunreinigungen durch organische Schadstoffe stellen ein weitverbreitetes Problem hinsichtlich der Boden-und Grundwasserqualität dar. Sie machen in Baden-Württemberg über 90% aller bekannten Untergrundverunreinigungen aus (Stand 1996). Die massivsten Verunreinigungen gehen auf Punktquellen (lokale „Unfälle“, undichte Leitungen etc.) zurück. Zu den am häufigsten angetroffenen Schadstoffen zählen hier die organischen Lösemittel (chlorierte C1-C2 Kohlenwasserstoffe, aromatische Kohlenwasserstoffe), Kraftstoffe, Schmiermittel, (aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe), Stein-und Braunkohlenteer (mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen), Holzschutzmittel (z.T. mit Pentachlorphenol), Transformatorenflüssigkeiten (polychlorierte Biphenyle), Rückstände aus der Pestizidproduktion (z.B. Hexachlorcyclohexan - Lindan) und Weichmacher (Phthalate). Flächige Konta-minationen, die im allgemeinen durch geringere Konzentrationen gekennzeichnet sind, gehen meist auf die Anwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft oder atmosphärische Deposition einer Vielzahl anthropogener organischer Verbindungen zurück. Das Verhalten chemischer Verbindungen in der Umwelt und ihre Persistenz hängen von deren physikalisch-chemischen Eigenschaften ab (Box 24.1).
Peter Grathwohl
Backmatter
Metadaten
Titel
Geochemie und Umwelt
verfasst von
PD Dr. Jörg Matschullat
Prof. Dr. Heinz Jürgen Tobschall
PD Dr. Habil. Hans-Jürgen Voigt
Copyright-Jahr
1997
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-59038-2
Print ISBN
978-3-642-63826-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-59038-2