1983 | OriginalPaper | Buchkapitel
Literaturmarkt I
verfasst von : Gisbert Lepper
Erschienen in: Einführung in die deutsche Literatur des 18. Jahrhunderts
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Die bisher angeführten literarischen Neuerscheinungen sind Anzeichen für die Entstehung einer bürgerlichen Bildungsschicht innerhalb der Ständegesellschaft und für ihre kulturelle Emanzipation von der Kirche. Der Buchhandel verbreitet seit den 50er Jahren die Wochenschriften und die neuentstandene moralische Erzählliteratur bis in die Landstädte hinein und beginnt dort, den kulturellen Regionalismus aufzuheben. Brockes, Haller, Hagedorn, Geliert, Klopstock und Lessing werden in Zeitschriften gedruckt und besprochen. Über Anthologien werden ihre Dichtungen nun auch im katholischen Süden bekannt; in den nördlichen Ländern werden sie Unterrichtsgegenstand der städtischen Oberschulen. In Landstädten beginnen die bürgerlichen Honoratioren, Pfarrer, Beamte, Kaufleute und Gastwirte, sich zusammenzutun, um die neuen Zeitschriften oder Zeitungen im Gemeinschaftsabonnement zu bestellen; solche Initiativen bereiten die seit Ende der 70er Jahre entstehenden Lesegesellschaften vor. — Von Habermas ist der kulturelle Zusammenhang, der vor allem durch den überregionalen Buchhandel zustande kommt, als „literarische Öffentlichkeit” bezeichnet worden.1 Es ist ein Konnex von vereinzelter Lektüre, literarischen Briefen und Freundschaften, Buchbesprechungen und reagierenden Neuveröffentlichungen. Er geht über das hinaus, was herkömmlicher Weise in Deutschland „Gelehrtenrepublik” heißt. Herder nennt ihn, in Anspielung auf den den Regionalismus und Staatsgrenzen überwindenden Handelsverkehr, das „commercium der Geister und der Herzen“.