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27.10.2021 | M&A-Management | Schwerpunkt | Online-Artikel

Chinesische Übernahmen schaden deutschen Unternehmen

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Deutsche Unternehmen, die durch einen chinesischen Investor übernommen werden, profitieren davon nicht unbedingt. Krisengeschüttelte Unternehmer hierzulande sollten den Rettungsanker einer deutsch-chinesischen Hochzeit daher sorgfältig prüfen.
 

"Seit dem Höhepunkt chinesischer Investitionen im Ausland 2016 sind die Aktivitäten weltweit, aber auch speziell in Deutschland merklich zurückgegangen. Dazu beigetragen haben regulatorische Verschärfungen in und außerhalb Chinas [...]", schreibt Christian Rusche in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" zum Thema "Chinesische Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland"

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M&A-Transaktionen sind deutlich komplexere Vorgänge als der bloße Kauf und Verkauf von Gütern - da können KMU schnell in unbekanntes Terrain geraten – ganz besonders, wenn es sich um vielschichtige Aktivitäten mit Akteuren aus völlig anderen Kulturen handelt.

Für Michael Hüther, Matthias Diermeier und Henry Goecke vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gehört das im März 2019 von der EU beschlossene Screening von Direktinvestionen zu diesen Maßnahmen . "Wenn auch nicht explizit erwähnt, richtet sich das Instrument eindeutig gegen strategische Übernahmen aus China", schreiben die Wirtschaftsexperten im Buchkapitel "Konfrontation statt Kooperation in der Welt vor Covid-19: Vom Systemwettbewerb zum Systemkonflikt" auf Seite 98. Denn so "behalten die Mitgliedsstaaten die Hoheit über Übernahmen in ihrem Land".

Chinesische M&A-Aktivitäten in Deutschland rückläufig

Zwischen 2011 und 2020 hat es insgesamt 243 Übernahmen deutscher Unternehmen zu 50, 75 oder 100 Prozent gegeben, so eine aktuelle Studie des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Analyse mit dem Titel "Hintergründe und Entwicklung chinesischer Investitionen in Deutschland" belegt allerdings auch den rückläufigen Trend in den vergangenen Jahren.

Demnach gelang 2020 lediglich bei elf Unternehmen eine Übernahme durch Geldgeber aus China. Die Corona-Krise hat allerdings dabei nicht nur die chinesischen M&A-Aktivitäten weiter gebremst, so die Studienautoren. In einem Fall übe der chinesische Mutterkonzern sogar finanziellen Druck auf die deutschen Standorte aus. "In einzelnen Fällen gehören Lohnverzicht und Stellenabbau zu den aktuellen Anforderungen der chinesischen Gesellschafter", heißt es in der Untersuchung von Shuwen Bian. Die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass noch mehr Unternehmen davon betroffen sein könnten.

Chinesisches Mutterkonzerne machen Druck

Auch wenn Gewerkschaften und Betriebsräte oftmals Vereinbarungen zur Standortsicherung aushandeln konnten, laufen viele dieser Regelungen ausgerechnet jetzt in der Corona-Krise aus, sodass betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen sind. "Der finanzielle Engpass, die veränderten internationalen Marktbedingungen, pandemiebedingte Störungen in der globalen Lieferkette – aktuell kann noch nicht konstatiert werden, wie die chinesischen Investoren und ihre deutschen Standorte gemeinsam aus der Krise kommen werden. Die Herausforderungen gehen über das Abwenden der unmittelbaren finanziellen Bedrohung hinaus."

Technologietransfer und schwindende Rentabilität 

Die Kette der Gründe, die gegen eine Fusion mit einem chinesischen Unternehmen sprechen, ist lang. Auch die Verstrickung mit dem chinesischen Regime zählt dazu. Doch in der öffentlichen Aufmerksamkeit ging es häufiger um den "Technologietransfer durch Unternehmensübernahmen chinesischer Investoren"

Einer anderen Frage, nämlich die nach der Leistungsfähigkeit übernommener Unternehmen, ist Christina Brunner von der WHU – Otto Beisheim School of Management nachgegangen. In einer empirischen Längsschnittstudie hat sie Daten zu 63 Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren zwischen 2008 und 2016 untersucht und mit je einem anderen Unternehmen mit ähnlichen Merkmalen verglichen, das nicht übernommen wurde.

Das ernüchternde Ergebnis: Übernahmen durch chinesische Käufer bringen nicht die erhofften positiven Effekte, sondern schaden deutschen Unternehmen. Bei fast allen Beispielen ergab sich eine signifikant niedrigere Rentabilität als vor der Übernahme, auch im Vergleich zu den nicht aufgekauften Vergleichsfirmen. Real sank die jährliche Rentabilität im chinesischen Besitz, gemessen an der Gesamtkapitalrendite, um zwei Prozent. Dieser Rückgang ist auch vier Jahre nach der Übernahme noch gegeben.

Drum prüfe, wer sich an einen chinesischen Investor bindet ...

Auf Grund dieser negativen Fusionsbilanz formuliert Christina Brunner folgende Empfehlungen für Unternehmer:

  • Der chinesische Käufer sollte im Vorfeld sorgfältig überprüft werden. Am besten bringt er Erfahrungen und Kenntnisse rund um das Geschäftsmodell des Zielunternehmens mit.
  • Nach der Übernahme sollten andere Kernmärkte über den chinesischen Markt hinaus nicht vernachlässigt werden. 
  • Der CEO-Posten sollte nach der Übernahme in deutscher Hand bleiben. Sonst droht die Unternehmensrentabilität deutlich zu sinken. Das deutsche Managementteam um eine chinesische Führungskraft zu ergänzen, ist ein sinnvoller Kompromiss.
  • Klare Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege zwischen deutscher Firma und chinesischem Investor sind wichtig. Wer die Entscheidungen fällt, muss klar definiert sein. 

Insgesamt müsse der Fokus "auf positiven Aspekten der Zusammenarbeit (Wertschätzung) und der Überbrückung kultureller Hürden liegen, hier ist Fingerspitzengefühl gefragt", lautet das Fazit im "Leitfaden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit chinesischem Geschäftspartner im M&A Geschäft"

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