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29.10.2012 | Management + Führung | Interview | Online-Artikel

"Unternehmerische Wertschöpfung zum Nutzen aller"

verfasst von: Andreas Nölting

4 Min. Lesedauer

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Durch die Finanzkrise ist die Erkenntnis gewachsen, dass die bisherigen betriebswirtschaftlichen Modelle nicht immer funktionieren. Zudem müsse die Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft neu diskutiert werden, meint der Wissenschaftler und Autor René Schmidpeter. Denn in Krisen bewährten sich nachhaltige Geschäftsmodelle besser.

Springer für Professionals: Herr Schmidpeter, welche Rolle spielt das Thema verantwortungsvolle Unternehmensführung (CSR) in der traditionellen Betriebswirtschaftslehre?

René Schmidpeter: CSR ist ein klassisches Querschnittsthema. Diese Themen haben es in einer ausdifferenzierten Wissenschaftswelt oft sehr schwer. Denn die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen betrifft eben alle Einzeldisziplinen der BWL wie Personal, Marketing oder auch Finanzen. Damit ist es nicht einfach CSR zu verorten. Mittlerweile sehe ich jedoch die Bereitschaft in den einzelnen Fachdisziplinen wachsen, einen interdisziplinären Austausch über die Frage der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen zu organisieren. Jede Disziplin kann da wertvolle Beiträge liefern.

Gibt es einen Widerspruch zwischen den harten Renditeparametern der BWL und den weichen Faktoren einer verantwortungsvollen Unternehmensführung?

Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise ist die Erkenntnis gewachsen, dass die bisherigen ökonometrischen und betriebswirtschaftlichen Investitions- und Renditemodelle nicht der letzte Stein des Weisen sind. Es wird vermehrt gefragt, wie gesellschaftliche und ökologische Variablen, die bisher „nur“ als sogenannte Soft-Facts angesehen wurden, zu Hard-Facts gemacht und so zum Beispiel in die Investitionsrechnung bzw. in strategische Unternehmensentscheidungen einbezogen werden können. Zudem geht es um die Frage, ob die Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft nicht generell neu diskutiert werden muss. Bisher geht man in der BWL davon aus, dass Unternehmen schlicht Akteure am Markt sind. Die gesellschaftliche Rolle wird dabei allzu oft ausgeblendet. Es ist nun die Zeit gekommen, sich wieder den klassischen Fragen zu stellen. Etwa: Was ist der konkrete Beitrag von Unternehmen für die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Wie kann unternehmerische Wertschöpfung zum Nutzen aller organisiert werden. Damit sind wir wieder am Ursprung der klassischen Ökonomie, und somit bei Adam Smith angelangt. Er stellte genau diese Fragen – etwa: Wie kann unternehmerisches Handeln sowohl Nutzen für den Unternehmer als auch die Gesellschaft generieren?

Honoriert die Börse eine nachhaltige Unternehmensführung?

Es gibt immer mehr Investoren, die in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen investieren wollen. Denn Studien zeigen, dass solche Unternehmen in der Finanzkrise deutlich weniger Wert verloren haben, als andere Konzerne. Auch unter Risikoaspekten ist somit ein Umdenken sinnvoll. Ferner zeigt sich, dass Unternehmen mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell leichter an Fremdkapital kommen und dafür auch weniger Zinsen zahlen müssen. Das liegt daran, dass nicht nur die aktuellen Gewinne eines Unternehmens, sondern auch immer mehr dessen Zukunftsfähigkeit hinterfragt werden. Ob es in den kommenden Jahren überhaupt einen Return on Investment gibt, hängt natürlich stark von der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells ab. Und wir haben gelernt: Krisen kommen über Nacht. Somit muss selbst ein kurzfristig orientierter Investor bei seiner Anlage darauf achten, dass  z.B. ein Unternehmensskandal sein Investment nicht zu Nichte macht.  Diese Gefahr ist sicherlich bei Geschäftsmodellen ohne nachhaltige Strategie größer.  Auch hier denken die Akteure an den Finanzmärkten um. Nichts desto trotz  bedarf es noch Zeit und wohlmöglich noch die ein oder andere Krise.

Noch hört man den Begriff  CSR in Häusern wie Goldman Sachs oder JP Morgan sehr selten.

Auch diese Häuser müssen ihre Strategie überdenken. In einigen Fällen war es nur durch massive staatliche Unterstützung möglich, die Geschäftsmodelle von Finanzinstituten am Laufen zu halten. Die Finanzbranche steckt somit in massiven marktwirtschaftlichen Schwierigkeiten und ist in vielen Fällen auf die Solidarität des Staates angewiesen. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass hier etwas nicht auf der Höhe der ökonomischen Nachhaltigkeit funktioniert. Gerade im Finanzbereich ist die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle mittlerweile eine wirtschaftliche Notwendigkeit und somit zum Kernthema geworden. Nur Unternehmen, die Lösungen für die gegenwärtigen Herausforderungen finden, werden am Markt bestehen.

Sind Vorstände in Börsenkonzernen dem Thema CSR gegenüber aufgeschlossen? Oder haben es Familienfirmen leichter?

Eine stabile Eigentümerstruktur ist natürlich von Vorteil. Familien- bzw. Eigentümergeführte Unternehmen sowie Unternehmen mit z.B. einem Großaktionär, der eine  nachhaltige Strategie unterstützt, tun sich mit dem Thema CSR von Hause aus leichter. Im Vergleich dazu ist bei rein börsennotierten Unternehmen insbesondere der Business Case entscheidend. In diesen Firmen müssen die verantwortlichen Manager verstärkt aufzeigen, dass die Übernahme von Verantwortung auch zum finanziellen Erfolg des Unternehmens beiträgt. Es gibt mittlerweile jedoch einige Beispiele, die nachweisen, dass eine Korrelation zwischen nachhaltigem Wirtschaften und dem finanziellen Erfolg besteht. Und somit eine intelligente CSR-Strategie maßgeblich den Unternehmenserfolg positiv beeinflusst.

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