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1995 | OriginalPaper | Buchkapitel

Mikroökonomische Hysteresis im Angebot und in der Nachfrage

verfasst von : Gustav Dieckheuer, Matthias Göcke

Erschienen in: Beiträge zur angewandten Mikroökonomik

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Der aus der Physik stammende Begriff der “Hysteresis” beschreibt anhaltende Effekte bzw. zurückbleibende Wirkungen einer vergangenen, nur temporär aufgetretenen Ursache.1 Obwohl schon vor mehreren Jahrzehnten in den ökonomischen Sprachgebrauch eingeführt,2 wurde die Bedeutung des Phänomens der Hysteresis in der Ökonomie erst in jüngster Zeit voll erkannt und vornehmlich in zwei Teilbereichen diskutiert, in der Theorie des Arbeitsmarktes und in der Außenwirtschaftstheorie. In beiden Bereichen gaben empirische Beobachtungen gesamtwirtschaftlicher Phänomene den Anstoß für die analytische Aufbereitung der Hysteresis. So läßt sich auf dem Arbeitsmarkt beoabachten, daß eine durch einen exogenen Schock, z.B. durch eine Reallohnerhöhung oder durch eine Konjunkturkrise, verursachte höhere Arbeitslosenquote nicht wieder auf das Ausgangsniveau zurückgeht, obwohl der Schock überwunden wird.3 Als Folge ergibt sich eine persistierende Arbeitslosigkeit, so wie sie vor allem in Europa zu einem grundlegenden Problem der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik geworden ist. Als Beispiel kann nicht zuletzt die Entwicklung auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt dienen. Hier bewegte sich die Arbeitslosenquote von 1965 bis einschließlich 1973 im Bereich um etwa 1%. Im Laufe einer Konjunkturkrise, die vor allem eine Folge des ersten Ölpreisschocks war, erhöhte sie sich in den beiden Jahren 1974 und 1975 auf über 4% und verharrte bis einschließlich 1980 ungefähr auf diesem Niveau, obwohl die Konjunkturkrise ab 1976 allmählich überwunden wurde. Ein weiterer merklicher Anstieg der Arbeitslosenquote auf nunmehr über 8% trat im Zuge der weltweiten Konjunktur- und Strukturkrise zwischen 1980 und 1983 ein; diese Krise war ihrerseits zum Teil eine Folgewirkung des zweiten Ölpreisschocks zu Beginn der 80er Jahre. Nach 1983 ging die Arbeitslosenquote zwar wieder leicht zurück, aber trotz Bewältigung der Krisenursachen und der konjunkturell günstigen Entwicklung zwischen 1983 und 1991 blieb sie mit 6 bis 7% weit über dem Niveau im vorangegangenen Zyklus. Der Konjunktureinbruch im Jahr 1992, der nicht zuletzt durch einen relativ starken Anstieg der Reallöhne verursacht wurde, erhöhte die Arbeitslosenquote erneut auf über 8%; und trotz der Lohnzurückhaltung und der konjunkturellen Verbesserung ab 1994 zeichnet sich zur Zeit kein nennenswerter Rückgang der Arbeitslosigkeit ab.

Metadaten
Titel
Mikroökonomische Hysteresis im Angebot und in der Nachfrage
verfasst von
Gustav Dieckheuer
Matthias Göcke
Copyright-Jahr
1995
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-79509-1_10

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