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01.02.2019 | Mitarbeitermotivation | Interview | Online-Artikel

"Gelegentlich entstehen regelrechte Jammerzirkel"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Viele Menschen stehen sich selbst im Weg und rufen nur einen Bruchteil ihrer Leistung ab – weil sie 'falsch' denken. Wie Denkfallen entlarvt und überwunden werden können, erklärt Springer-Autor Martin Sauerland im Interview.

Springer Professional: Sie machen in Ihrem Buch "Design your mind – Denkfallen entlarven und überwinden" dysfunktionale Denkweisen dafür verantwortlich, dass Mitarbeiter ihre Potenziale nicht voll ausschöpfen. Was sind dysfunktionale Denkweisen?

Martin Sauerland: Es handelt sich um Denkmuster oder unhinterfragte Überzeugungen, die logisch widersprüchlich, schlecht belegt oder einfach nicht zielführend sind. Der einschränkende Charakter solcher Denkmuster ist leicht veranschaulicht: Es ist beispielsweise sehr verbreitet, dass Menschen dichotom, also in Entweder-Oder-Kategorien statt in Sowohl-Als-Auch-Relationen, denken. Letzteres würde es viel eher ermöglichen, die zumeist vorhandene Optionenvielfalt zu erkennen. Ebenso beim reduktionistischen Denken, bei dem ein Ereignis auf nur eine einzige Ursache zurückgeführt wird. Auch dabei übersieht man schnell die Vielfalt der bestehenden Möglichkeiten, ein Ereignis zu beeinflussen.

Empfehlung der Redaktion

2018 | Buch

Design Your Mind! Denkfallen entlarven und überwinden

Mit zielführendem Denken die eigenen Potenziale voll ausschöpfen

Das Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien oder in Konjunktiven, übertriebener Perfektionismus oder der ständige Vergleich mit anderen – wer kennt derartige Denkfallen nicht. Denkmuster dieser Art begegnen uns jeden Tag und beeinträchtigen unsere Denkprozesse und unsere Produktivität. 


Woran machen sich solche dysfunktionale Kognitionen bemerkbar? Auf welche Signale müssen Führungskräfte bei sich und ihren Mitarbeitern achten?

Oft genügt es schon, die typischen dysfunktionalen Denkmuster zu kennen – das ermöglicht es, entsprechende eigene Gedanken oder diejenigen anderer Personen als dysfunktional zu erkennen. Man kann in inneren und äußeren Dialogen auch auf bestimmte Signalwörter achten, wie etwa Negationen: "Der Kunde hat sicher kein Interesse an uns Neulingen auf dem Markt!“ oder Konjunktive "Hätten wir uns damals doch bloß anders entschieden!“. Weitere Hinweise können sein: persönlicher Leidensdruck, Leistungseinbußen, häufige Konflikte, Demotivierungszustände und auch, wenn Ziele nicht auf vergleichsweise effiziente Weise erreicht werden.  

Und wie kann man solche hinderlichen oder destruktiven Denkweisen abstellen?

Zunächst muss man sich darüber klar werden, dass Überzeugungen letztlich auch nur Hypothesen sind. Wenn Personen auf diese Weise in die Lage versetzt werden, ihre Überzeugungen in Frage zu stellen, muss die Basis für ein funktionaleres Gedankensystem aufgebaut werden. Das heißt Ziele müssen konkretisiert und ideale zielführende Gedanken dafür formuliert werden: Wie müsste jemand denken und handeln, der das Ziel unbedingt erreichen will? Daraufhin werden die eigenen Gedanken mit diesen idealen Gedanken kontrastiert und die unberechtigten und berechtigten Anteile daran ermittelt. Im letzten Schritt werden die berechtigten Anteile der eigenen Überzeugungen in den idealen Gedanken integriert, so dass effektiver agiert werden kann. In jedem Schritt kommen raffinierte Techniken zum Einsatz. Wenn eine Person denkt "Kollege X mag mich nicht" soll sie sich probeweise einen Tag lang so verhalten als gelte das Gegenteil. Dabei wird sie höchstwahrscheinlich viele Belege sammeln, die eher für die Gegenhypothese sprechen. 

Können Sie bitte eine konkrete Situation beschreiben, in der diese Technik wie angewendet werden kann?

Im Rahmen eines Change-Projekts machten sich Widerstände bei den Mitarbeitern bemerkbar. Wir haben daher Widerstand erzeugende Situationen bei den Mitarbeitern identifiziert, die emotionalen und verhaltensbezogenen Reaktionen auf diese Situationen erfasst, die jeweils zwischen Situation und Reaktion tretenden Gedanken ermittelt, einem der dysfunktionalen Denkmuster zugeordnet und hinterfragt; das heißt, andere Kollegen generierten ständig andere Perspektiven auf die Situationen, suchten Gegenbelege, versuchten Widersprüche im Denken aufzudecken. Abschließend wurden funktionale Gedanken formuliert wie "Wenn ich das Projekt aktiv mitgestalte, kann ich auch für mich etwas Vorteilhaftes dabei herausholen!“, die in der ursprünglich Widerstand erzeugenden Situation erprobt wurden.

"Design your mind“ ist aber nicht nur eine Selbstmanagement-Aufgabe. Wie können Manager Teams und Mitarbeiter so führen, dass Denkblockaden aufgelöst werden?

Auch in Teams werden Entscheidungen in reduktionistischer oder dichotomer Weise getroffen. Gelegentlich entstehen regelrechte Jammerzirkel. Das Wissen um die verschiedenen Typen von dysfunktionalen Denkmustern kann dabei helfen, sich im Arbeitsalltag wechselseitig auf solche Prozesse aufmerksam zu machen. Es kann ein so genannter  Advocatus Diaboli eingesetzt werden, dessen Aufgabe darin besteht, bei der Entscheidungsfindung zu prüfen, ob sich der Diskurs in "Entweder-Oder-Strukturen“ vollzieht, um unmittelbar mit einem „Sowohl-als-auch-Vorschlag“ dagegen zu halten. Auch in Mitarbeitergesprächen sollten Führungskräfte für das Thema sensibel sein, um die Ursachen anspruchsloser Zielsetzungen entlarven zu können.

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