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Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 2-4/2020

Open Access 30.11.2020 | Original Article

Parteiautonomie in Versicherungssachen: Eine Streitschrift

verfasst von: Jens Gal

Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft | Ausgabe 2-4/2020

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Zusammenfassung

In einem viel erwarteten Urteil stellte der EuGH nunmehr seine Rechtsauffassung hinsichtlich der subjektiven Erfassung von Versicherten unter einem Großrisikovertrag durch eine dort enthaltene Gerichtsstandsklausel klar. Für Kenner der Materie wenig überraschend, hielt der EuGH in der Balta-Entscheidung an seiner Position unter der Peloux-Entscheidung fest, und urteilte, dass solche Gerichtsstandsklauseln grundsätzlich Verträge zu Lasten Dritter wären, würde man sie in der Gestalt auf Versicherte erstrecken – die der Klausel nicht formgültig zugestimmt haben –, dass diese dadurch der Internationalen Zuständigkeit von Gerichten verlustig gingen, die sie ansonsten hätten anrufen können. Der EuGH wendet diesen Grundsatz nunmehr unbedingt auch auf Großrisikoverträge an und weigert sich zudem kategorisch eine Ausnahme zu machen, selbst wenn der Versicherte keine wirtschaftlich schwächere Partei ist, die des Schutzes bedarf, es sei denn, der Versicherte ist selbst ein Gewerbetreibender im Versicherungsbereich. Während dies, eher noch milde ausgedrückt, schwer nachvollziehbar erscheint, verbleiben Möglichkeiten diese untaugliche Rechtsprechung auszuhebeln, um das Rechtsprodukt und die zugrundeliegenden Berechnungsgrundlagen nicht zu gefährden.

1 Einführung1

Die Rechtsprechung des EuGH war schon seit jeher ein abgeschlossenes System, das sich nur um die auszulegenden Normen und frühere eigene Urteile kümmert, ohne mit seinem Umfeld ansonsten in nennenswerten Austausch zu treten. Lange (und erfolglos) muss man suchen, um Entscheidungen des EuGH zu finden, die Quellen zitieren, die nicht von ihm selbst stammen oder zumindest nicht im weitesten Sinne dem legislatorischen Prozess zugehören.2 Der EuGH genügt sich selbst. Wissenschaftliche Arbeiten zu noch unbehandelten Rechtsfragen oder gar kritische Auseinandersetzung mit einzelnen Judikaten bleiben außenvor, zumindest wird eine Auseinandersetzung nicht im Urteilstext offengelegt.3 So nimmt es nicht Wunder, dass die teilweise massive Kritik an der Peloux-Entscheidung,4 in der der EuGH 2005 angenommen hat, dass der Versicherte nicht an eine zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden sei,5 keinerlei Spuren hinterlassen hat, sondern der EuGH den einmal eingeschlagenen Pfad unbeirrt weiterschreitet. Gegenwärtiger Schlusspunkt stellt die hier zu besprechende Balta-Entscheidung dar, in der der EuGH nunmehr klarstellt, dass auch dem Versicherten eines Großrisikovertrages eine dort formgültig enthaltene Gerichtsstandsklausel nicht entgegengehalten werden kann.

2 Evolution der Rechtsprechung zur Behandlung von Gerichtsstandsvereinbarungen in Versicherungssachen

Ausgangspunkt der Rechtsprechung zur Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen6 in Versicherungsverträgen war das Gerling-Urteil des EuGH von 1983.7 In diesem Vorabentscheidungsverfahren, dem ein aus der Sachverhaltsschilderung nur schwer nachvollziehbarer Fall zugrunde lag,8 hatte der EuGH unter der Geltung der Artt. 17 f. EuGVÜ9 korrekt entschieden, dass der Versicherte (bzw. hier der Rechtsnachfolger des Versicherten) sich auf eine rechtswirksam zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer (bzw. hier eigentlich den Mitversicherern) geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung (die einen Alternativgerichtsstand vorsieht) berufen kann, selbst wenn der Versicherte der Gerichtsstandsvereinbarung selbst nicht (formwirksam) zugestimmt hat. Hieraus entnahm die ganz h. M. in Deutschland erweiternd, dass insoweit im europäischen Recht (bzw. damals im europäischen Völkerrecht) nichts anderes gelte, als unter dem autonomen deutschen Recht, nämlich dass ein Versicherter durch eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung im Versicherungsvertrag subjektiv erfasst werde, sich mithin einerseits auf diese berufen könne, andererseits aber auch der Versicherer (zumindest was den Aktivprozess des Versicherten angeht) diese ihm gegenüber einredeweise geltend machen könne.10
Diesem sinnvollen Verständnis erteilte jedoch der EuGH 2005 zwar noch unter Geltung des EuGVÜ, aber schon unter Berücksichtigung der Brüssel I-VO11 (dem Vorgänger der gegenwärtigen Brüssel Ia-VO12) in seiner Peloux-Entscheidung eine recht deutliche Absage.13 Die Klägerin Société financière et industrielle du Peloux (im Folgenden: Peloux) war hierbei Produzentin von Bauplatten, deren Installation – ob eines Entwurfs- und Herstellungsfehlers – in einer Käserei zu einem hohen sechsstelligen Schaden führte. Peloux war u. a., und allein hierauf kam es an, seit ihrer vorherigen Eingliederung in einen Konzern, über die Konzerndeckung des Mutterunternehmens mitversichert,14 wobei dieser Vertrag (bzw. genauer diese Mitversicherungsverträge) eine Gerichtsstandsklausel mit zwingendem Gerichtsstand am Sitz der Mutter enthielt, die jedoch, dies mag die entscheidende Überlegung des EuGH angestoßen haben, durch einen rückwirkenden Nachtrag auf Peloux erstreckt wurde. Als Peloux in Frankreich verklagt wurde, verkündete sie unter Missachtung der Gerichtsstandsvereinbarung den Mitversicherern der Konzerndeckung dort den Streit (appel en garantie) auf Grundlage des Art. 10 Abs. 1 EuGVÜ. Hier sprachen durchaus erwägenswerte Gründe dafür, Peloux im konkreten Fall als nicht an die Gerichtsstandsvereinbarung gebunden anzusehen,15 allein der EuGH begründete die Nichtbindung von Peloux gerade nicht mit diesen Besonderheiten, sondern mit der seither immer verwandten Leerformel der besonderen Schutzbedürftigkeit der schwächeren Partei.16 Da mithin der Versicherte des postulierten besonderen Schutzes bedürfe, könne ihm eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer nicht entgegengehalten werden. Dem Umstand, dass der Versicherte seine Stellung lediglich sekundär aus der vertraglichen Abrede zwischen den Primärparteien des Vertrages (d. h. Versicherungsnehmer und Versicherer) ableitet und daher im Hinblick auf den Gerichtsstand nicht besser gestellt sein kann als der Versicherungsnehmer selbst17, schenkt der EuGH genauso wenig Beachtung wie den praktischen Schwierigkeiten, die aus dieser Auffassung resultieren, nämlich der Notwendigkeit, gegebenenfalls von einer Vielzahl von Versicherten (die zudem oftmals gar nicht bekannt sind) eine Zustimmung zu einer Gerichtsstandsklausel in einem Vertrag einzuholen, der ansonsten allein zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ausgehandelt werden könnte. Die Vermutung lag (und liegt) nahe, dass der EuGH seine Sichtweise nicht allein auf den Art. 12 Nr. 3 EuGVÜ (bzw. heute Art. 15 Nr. 3 Brüssel Ia-VO) beschränken würde, der im entschiedenen Fall maßgeblich war, sondern grundsätzlich alle Gerichtsstandsvereinbarungen „zu Lasten“ des Versicherten genauso beurteilen würde.
Äußerungen aus der Wissenschaft ließen jedoch hoffen, dass Art. 13 Nr. 5 Brüssel I-VO (Art. 15 Nr. 5 Brüssel Ia-VO) bezüglich der Versicherung von Großrisiken (eine Sonderregelung, die es unter dem EuGVÜ noch nicht gab) davon ausgenommen bleiben könnte.18 Würde man auch diese Vorschrift einbeziehen, wäre dadurch die für Großrisiken beabsichtigte Freiheit der Gerichtsstandswahl in weiten Bereichen völlig entwertet, da dort die Einbeziehung von Versicherten eine geradezu typische Gestaltung ist. Diese Hoffnung wurde 2012 dann zumindest durch die Baxter-Entscheidung des US District Court for the Northern District of Illinois zunichte gemacht, in der die Auffassung vertreten wurde, dass die Rechtsprechung des EuGH auch auf Gerichtsstandsklauseln in Verträgen über Großrisiken übertragbar sei.19 Ob sich auch der EuGH diese Auffassung zu Eigen machen würde, blieb zunächst offen.
Mit dem nunmehr vorliegenden Balta-Urteil erteilt der EuGH jedoch der Hoffnung eine Absage, dass für Großrisikoverträge ein anderer Standard greifen möge.20 Hier war das litauische Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungsunternehmen Grifs AG UAB,21 erfolgreich in Litauen auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden, für eine grob fahrlässige Verursachung eines Einbruchdiebstahls bei einem vertraglich verbundenen Juwelier. Grifs AG UAB, eine hundertprozentige Tochter der in Lettland sitzenden Grifs AG SIA, war in einem durch die Mutter mit dem lettischen Versicherer Balta AAS abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag mitgedeckt. Dieser enthielt eine Gerichtsstandsklausel, nach der für alle Streitigkeiten ausschließlich die lettischen Gerichte zuständig seien. Grifs AG UAB verklagte den Versicherer jedoch in Vilnius, Litauen, wogegen dieser die Einrede der Gerichtsstandsklausel erhob. In seinem Vorabentscheidungsurteil kommt der EuGH, wobei auf die Begründung später noch einzugehen ist,22 zu dem Schluss, dass auch unter einem Großrisikovertrag dem Versicherten eine Gerichtsstandsvereinbarung (so gut wie) niemals entgegengehalten werden kann, wenn dieser ihr nicht formwirksam zugestimmt hat.

3 Grundsätzliches zur Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen unter Berücksichtigung der Besonderheit der Versicherung für fremde Rechnung

Nun ist dem EuGH zunächst zugute zu halten, dass es im europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, genauso wie im deutschen (Internationalen) Zivilprozessrecht, richtig ist, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, sowie jeder andere (Prozess‑)Vertrag auch, nicht zu Lasten eines Dritten geschlossen werden kann. Jedoch bedeutet dies eben nicht, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung niemals einem Dritten gegenüber geltend gemacht werden könnte. Dass auch unter der Brüssel Ia-VO Nichtvertragsparteien an eine Gerichtsstandsvereinbarung gebunden werden können, zeigt sich etwa in Art. 25 Abs. 3 Brüssel Ia-VO, der grundsätzlich auch einer einseitig beschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung des Begründers eines Trust ihre Wirkung auch gegenüber dem Trustee und den Begünstigten zuerkennt.
Aber auch darüber hinaus muss der Grundsatz eines Ausschlusses einer exceptio ex iure tertii teilweise durchbrochen werden. So bindet etwa die Gerichtsstandsvereinbarung den Gesamtrechtsnachfolger einer Partei, also etwa den Erben einer natürlichen Person oder die Rechtsnachfolgerin einer juristischen Person (grundsätzlich unabhängig davon, ob durch Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder einen Formwechsel). Gleiches muss auch bei der Einzelrechtsnachfolge gelten,23 sodass auch der Zessionar sich eine Gerichtsstandsvereinbarung entgegenhalten lassen muss, wie der EuGH seit seiner Tilly Russ-Entscheidung – hier enthielt das Konnossement eine zwischen Be- und Verfrachter vereinbarte Gerichtsstandsvereinbarung, die sich auch der Empfänger des Frachtguts als Drittinhaber des Konnossements entgegenhalten lassen musste – in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat.24 Voraussetzung ist hierbei, neben der wirksamen Vereinbarung der Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den ursprünglichen Parteien, dass der Dritte nach dem (kollisionsrechtlich) anwendbaren materiellen Recht in die Rechte und Pflichten einrückt, die von der Gerichtsstandsvereinbarung ratione materiae umfasst sind.
Einen gewissen Widerspruch erzeugt insofern das Assens Havn-Urteil des EuGH, in dem festgehalten wurde, dass der Geschädigte hinsichtlich seiner Klage gegen den Versicherer des Schädigers nicht an die Gerichtsstandsvereinbarung des Versicherungsvertrages gebunden sei.25 Hierbei ist zunächst hervorzuheben, dass nach der richtigen Auffassung des EuGH ein Geschädigter hinsichtlich seines Direktanspruchs, wenn die alternative Anknüpfung des Art. 18 Rom II-VO auf ein Recht verweist, das einen solchen gewährt, nicht an eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer gebunden sein kann.26 In Assens Havn lag der Fall jedoch zumindest nach der mitgeteilten dänischen Rechtslage etwas anders. Hier hatte ein gechartertes Schiff an einer Anlegestelle des dänischen Hafens einen Schaden verursacht. Der schwedische Charterer hatte für das streitgegenständliche Schiff eine Haftpflichtversicherung mit einem englischen Versicherer abgeschlossen, die eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung (Artt. 15 Nr. 5, 16 Nr. 2 lit. a i. V. m. Nr. 1 lit. a Brüssel Ia-VO27) auf englische und walisische Gerichte vorsah. Da der schwedische Charterer in Insolvenz verfallen war, verklagte die dänische Geschädigte den Versicherer vor einem dänischen Gericht. Hierbei stütze sie ihren Anspruch auf § 95 Abs. 2 S. 1 des dänischen VVG (Forsikringsaftalelov), der jedoch gerade (zumindest in der mitgeteilten Übersetzung) bestimmt: „(1) Ist die Ersatzpflicht des Versicherten gegenüber dem Geschädigten festgestellt und die Höhe des Ersatzes festgelegt, tritt der Geschädigte in das Recht des Versicherten gegenüber der Gesellschaft ein, soweit seine Forderung nicht befriedigt worden ist. (2) Der Geschädigte tritt außerdem in das Recht des Versicherten gegen die Gesellschaft ein, wenn der Ersatzanspruch des Geschädigten von der Insolvenz […] des Versicherten erfasst wird.“ Nimmt man diese Regelung bei ihrem Wortlaut, so läge hier eigentlich ein Fall der Legalzession vor,28 sodass der Geschädigte sich dann als Einzelrechtsnachfolger nach der ständigen Rechtsprechung auch die Gerichtsstandsvereinbarung entgegenhalten lassen müsste29.30 Der EuGH stellte gleichwohl fest, dass der Geschädigte sich die Gerichtsstandsvereinbarung nicht entgegenhalten lassen müsse. Obgleich die Entscheidung in der Sache zweifelhaft ist,31 erscheint sie aber im Rahmen der Vorlagefrage richtig.32 Das dänische Gericht hatte gerade festgehalten, dass es für den § 95 Abs. 2 S. 1 Forsikringsaftalelov die Auffassung vertrete, dass es sich um einen Direktanspruch i. S. d. Art. 13 Abs. 2 Brüssel Ia-VO handele. Da es dem EuGH insoweit nicht obliegt, darüber zu entscheiden, ob das nationale Recht in einem nicht-harmonisierten Bereich (hier gerade kein Straßenverkehrsunfall33) einen Direktanspruch gewährt, musste es diese Auffassung als gegeben voraussetzen und hat unter dieser Prämisse korrekt festgehalten, dass ein Geschädigter hinsichtlich eines Direktanspruchs nicht an Gerichtsstandsvereinbarungen im Versicherungsvertrag gebunden wird,34 ohne hierdurch seine richtige Rechtsprechung zur Bindung des Rechtsnachfolgers aufzugeben.
Problematisch wird die Rechtsprechung des EuGH mithin erst dort, wo es um die Bindung an die Gerichtsstandsvereinbarung eines durch einen Vertrag zugunsten Dritter Begünstigten geht, dessen Paradigma eben die Versicherung für fremde Rechnung ist. Hier nimmt eine gefestigte deutsche Meinung schon seit langem an, dass der Begünstigte, zumindest wenn die Gerichtsstandsvereinbarung vor oder zeitgleich mit der Einräumung der Rechtsstellung vereinbart wurde, an diese gebunden ist, denn, wie Geimer es treffend ausdrückt, „[d]em Dritten wird nicht genommen, sondern gegeben: nämlich eine Forderung, deren (prozessuale) Durchsetzungsmöglichkeit allerdings geregelt ist“.35 Eine solche Bindung wird man allerdings zunächst nur für den Aktivprozess des Dritten, d. h. des Versicherten, annehmen dürfen.36 Mithin kann die Gerichtsstandsvereinbarung grundsätzlich nicht vorsehen, dass der Versicherte vor anderen als den gesetzlich vorgesehenen Gerichten verklagt werden kann, da dies die Begründung einer Pflicht, nämlich Gerichtspflicht wäre. Mithin bleibt es dabei, dass der Internationale Beklagtengerichtsstand des Versicherten nach Art. 14 Abs. 1 Brüssel Ia-VO grundsätzlich ein ausschließlicher ist, dessen Aufhebung allenfalls durch Vereinbarung mit dem Versicherten bewirkt werden kann. Für Regressforderungen oder kondiktionsrechtliche Ansprüche gegen den Versicherten kann also keine bindende Änderung durch die Gerichtsstandsklausel vorgesehen werden. Da es im Verhältnis zum Versicherten, der ja gerade nicht der Prämienschuldner ist, jedoch nur selten zu Aktivprozessen des Versicherers kommen wird, bedeutet dies keine nennenswerte Belastung. Durch das vorstehende Verständnis wird sichergestellt, dass die eigentlichen Vertragsparteien, d. h. Versicherungsnehmer und Versicherer, Herren der Vertragsgestaltung bleiben, ohne auf die Zustimmung Dritter, d. h. der Versicherten, angewiesen zu sein, die aus dem Vertrag nur Rechte erwerben, denen aber keine Pflichten erwachsen.
Hierbei kommt einer rechtsfesten Vereinbarung einer Gerichtsstandsvereinbarung beim „Rechtsprodukt“37 Versicherung im Fall des internationalen Bezuges eine überragende Bedeutung zu, da nur dadurch sichergestellt werden kann, dass nicht auf Grund abweichender kollisionsrechtlicher Vorschriften ein anderes als das visionierte Sachrecht zur Anwendung gelangt, nicht unvorhergesehene Eingriffsnormen zur Anwendung gelangen oder AGB-rechtliche Bestimmungen zu einer Umformung des Deckungskonzepts führen. Je größer die Anzahl der Versicherten, die einen Sitz in einem vom Versicherungsnehmer abweichenden Staat haben, desto größer würde sonst die Gefahr von so nicht vorhersehbaren Deckungsentscheidungen, durch die die Kalkulationsgrundlage des Versicherers erheblich gestört werden könnte.

4 Fehlerhaftigkeit des Begründungsansatzes des EuGH

Nun ist es freilich so, dass der Versicherte unabhängig von den vorherigen Überlegungen durch die Brüssel Ia-VO ohnehin mittelbar davor geschützt wird, bestimmter gesetzlicher Gerichtsstände verlustig zu gehen. So erlauben Art. 15 Nr. 1–4 Brüssel Ia-VO dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer Gerichtsstandsvereinbarungen nur unter sehr restriktiven Umständen, was den Versicherten im Reflex schützt, da auch die ihm eröffneten Gerichtsstände nur und allenfalls unter diesen Prämissen genommen werden können. Etwas anderes gilt nur im Großrisikobereich (und den anderen durch Art. 15 Nr. 5 Brüssel Ia-VO erfassten Versicherungssparten38), für den der Gesetzgeber ersichtlich von einer möglichst umfassenden Parteiautonomie ausgeht. Durch die Balta-Entscheidung wird diese Parteiautonomie, gerade im Hinblick darauf, dass die erfassten Verträge sehr häufig auch geographisch weit gestreute Versicherte mitumfassen werden, bis zur Unkenntlichkeit verkürzt. Zur Untermauerung seiner Rechtsansicht bedient sich der EuGH eines Bündels von Begründungsansätzen, die allesamt nicht überzeugen können.39
Zunächst erscheint es nicht hinnehmbar, dass der EuGH zur Begründung der Nichtbindung des Versicherten einen „Analogieschluss“ zur Behandlung der Klage aus einem Direktanspruch des Geschädigten zu bemühen scheint.40 Ein Geschädigter, dem ein Direktanspruch zukommt, unterscheidet sich wesentlich von einem Versicherten. So besteht zwischen dem Geschädigte gerade keine vertragliche Verbindung mit dem verklagten Haftpflichtversicherer seines Schädigers. Er hat vielmehr einen von Versicherungsnehmer unabhängigen, eigenen und nicht etwa bloß einen akzessorisch vom Versicherungsnehmer abgeleiteten Klägergerichtsstand für seine Direktklage,41 so wie eben auch sein Direktanspruch nur insoweit an den Deckungsanspruch gebunden ist, dass überhaupt eine Deckung besteht, ohne dass ihm Einwände aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich entgegengehalten werden könnten.42 Allerdings wird man die Ausführungen des EuGH in Balta zu Assens Havn entgegen teilweiser Meinung43 wohl nicht als tragenden Begründungsansatz zu verstehen haben, da der EuGH diese Ausführungen wohl nur in Reaktion auf die Antragsfrage des vorlegenden litauischen Gerichtes44 macht.
Schwerer wiegen die Bedenken, dass der EuGH hier wie stets die Erwägungsgründe 18 und 19 Brüssel Ia-VO bemüht, um die Regelungen der Brüssel Ia-VO unter Billigkeitsgesichtspunkten zu überzeichnen.45 Bezeichnend ist hierbei, dass der EuGH den Erwägungsgrund 18 gerade fehlerhaft, aber in der Sache durchaus angemessen wiedergibt, dass im Rahmen der Zuständigkeit für Versicherungssachen die schwächere Vertragspartei46 geschützt werden solle. Genau dies ist der Versicherte, der eben nicht Partei des Vertrages wird, jedoch nicht.47 Aus diesem Lapsus zieht der EuGH jedoch, wie zu erwarten, keine Konsequenzen. Stattdessen wird breit aufgefächert, weshalb der Versicherte des besonderen Schutzes auch zuständigkeitsrechtlich bedürfe, ohne auch nur mit einem einzigen Wort darauf einzugehen, dass der Versicherte eben vielfach den Versicherungsschutz „geschenkt“ bekommt. Das Sprichwort vom geschenkten Gaul scheint in Luxemburg mithin nicht bekannt zu sein.48
Dem EuGH – der sich hier gerade auch weigert, eine Einzelbetrachtung des Versicherten vorzunehmen, sondern diesen per se für schutzwürdig erklärt – scheinen hier unausgesprochene Gefahren vorzuschweben, in denen ansonsten einem Versicherten mit Verbrauchereigenschaft seine aktiven Gerichtsstände genommen werden könnten, sodass er auch den gewerblichen Versicherten meint schützen zu müssen. Man mag sich insofern fragen, ob dies unter Großrisikoverträgen eine echte Gefahr darstellt. Denkbar wäre dies etwa für die Feuer- und Elementarschadenversicherung (Anhang I Teil A Nr. 8 Solvency II-RL) und sonstige Sachschadenversicherungen (Anhang I Teil A Nr. 9 Solvency II-RL), wenn diese wie üblich auch Fremdschäden abdecken, sodass etwa auch das im Betrieb befindliche Eigentum der Arbeitnehmer mitversichert ist, und für alle Arten der Fahrzeughaftpflicht (Anhang I Teil A Nr. 8 Solvency II-RL), wenn ein Verbraucher ein solches Fahrzeug zu privaten Zwecken mietet oder sonst verwendet, und über diesen Vertrag seine Fahrzeugführerhaftpflicht mitgedeckt wird. Alle sonstigen Versicherungssparten (eine Ausnahme wäre etwa noch die D&O-Versicherung), die im Einzelfall eine Großrisikoversicherung enthalten können, sehen üblicherweise Deckungskonzepte vor, bei denen Versicherte nur andere Gewerbetreibende sein können. Nimmt man nunmehr die Sachversicherung als Beispiel, erschließt sich auf den ersten Blick, dass der Versicherte hier nicht sonderlich schutzwürdig erscheint. Dieser erhält Versicherungsschutz ohne Einsatz eigenen Geldes. Man verdeutliche sich, zu welchem Ergebnis die Auffassung des EuGH hier führt. Wenn ein griechisches Unternehmen unter (verlängertem) Eigentumsvorbehalt eine Maschine an ein deutsches Unternehmen geliefert hat, die dann dort durch ein Feuer zerstört wird, so könnte der deutsche Feuerversicherer nunmehr am griechischen Sitz des Eigentümers auf Deckung verklagt werden, ohne die übliche Gerichtsstandsklausel einwenden zu können. Dies würde dann dazu führen, dass ein Versicherer bei einem Großschadensereignis potenziell mit hunderten weltweit gestreuten Gerichtsständen belastet wäre. Hierbei wird dem Versicherten dann vielfach erst eine Klage vor den Heimatgerichten möglich, während er bei einer Klage gegen den eigentlichen Vertragspartner grundsätzlich in dessen Sitzstaat (der typischerweise auch der Sitzstaat des Versicherers ist) hätte prozessieren müssen. Und dies letztlich nur, weil der Versicherungsnehmer als besonderen Schutz des Vertragspartners (und letztlich als indirekter Schutz vor der Belastung mit Schadensersatzansprüchen) auch Fremdversicherungsschutz eingekauft hat. Aus Verbraucherschutzgesichtspunkten (i. w. S.) wirklich problematisch ist insofern nur die Fahrzeughaftpflichtversicherung eines Unternehmens. Hierbei seien die Luftfahrzeughaftpflicht und die Schifffahrtshaftpflicht ausgespart, da die Fälle, in denen potenziell ein Verbraucher als Versicherter Deckung erhält, praktisch eher unbedeutsam sind. Anders aber bei der KH-Versicherung, wenn hier eine Autovermietung einen Flottenversicherungsvertrag abschließt, der eine Gerichtsstandsklausel enthält.49 Dies kann zumindest prima facie durchaus empfindlich in den Schutz von Verbrauchern eingreifen. Hier ist jedoch wiederum zu beachten, dass europaweit dem Geschädigten gerade ein Direktanspruch gegen den KH-Versicherer gewährt wird. Entsprechend wird üblicherweise der Geschädigte nach § 14 Abs. 2 Brüssel Ia-VO den Versicherer vor seinem Wohnsitzgericht verklagen, und, wenn dies dort möglich ist, wird der Versicherte50 allenfalls nach Art. 14 Abs. 3 Brüssel Ia-VO mit dem Instrument der Streitverkündung (da der Versicherte wohl üblich dem Versicherer beitreten wird) mitverklagen.51 Ein Problem entsteht also nur dann, wenn der Geschädigte praktisch gerade untypisch nur den Versicherten, nicht aber den Versicherer (oder den Versicherungsnehmer als Fahrzeughalter) verklagt, sodass dann der Versicherte wegen der Gerichtsstandsklausel an einer Streitverkündigung gehindert wäre. Zumindest unter dem deutschen Haftpflichtversicherungsrecht ist auch dies jedoch nur ein Scheinproblem, da dem Versicherer eine Prozessführungsbefugnis zukommt und er, wenn er diese wahrnimmt oder trotz rechtzeitiger Ermöglichung durch den Versicherten nicht wahrnimmt, an alle doppelrelevanten Tatsachen des Haftungsprozesses auch für das Deckungsverhältnis gebunden wird.52 Insofern würde auch eine dann erzwungene Prozessführung des Versicherten im Ausland gegen den Versicherer so vereinfacht, dass dies durchaus noch als hinnehmbar erschiene. Davon abgesehen ließe sich gerade für solche Situationen vertreten, insbesondere wenn das anwendbare Versicherungsvertragsstatut eine solche Tatsachenerstreckung nicht vorsieht, dass dann eben doch zum Schutz der schwächeren Partei, die Gerichtsstandsklausel nicht entgegengehalten werden kann. Dies ist letztlich die grundsätzliche Verfehlung des EuGH: Dieser schränkt die Parteiautonomie auch in den gewährten Freiräumen grundsätzlich ein und will sie nur im kaum je einschlägigen Ausnahmefall gewähren, anstatt der Parteiautonomie, wo sie gewährt wird, den Primat einzuräumen, um sie dann aus zwingenden Schutzgesichtspunkten im Einzelfall zu beschränken. Die sowieso nur sehr beschränkt gewährte Parteiautonomie in Versicherungssachen wird hierdurch von den Füßen auf den Kopf gewendet.
Der EuGH geht in Balta aber noch weiter und versperrt nahezu alle Hintertürchen. So hätte man nach dem Vorgesagten zumindest noch annehmen können, dass diese Einschränkung aus Schutzwürdigkeitsgesichtspunkten zumindest dann nicht gelten kann, wenn durch eine Einzelabwägung ermittelt wird, dass der Versicherte nicht schutzwürdig ist, also zumindest dann, wenn in analoger Anwendung der durch Art. 16 Nr. 5 Brüssel Ia-VO in Bezug genommenen Art. 13 Nr. 27 lit. b und c Solvency II-RL gerade eine Großrisikoversicherung vorliegen würde, wenn der Versicherte sie selbst als Versicherungsnehmer genommen hätte. Der EuGH führt jedoch aus, dass eine solche Einzelabwägung nicht statthaft sei und begründet dies, nahezu zynisch, damit, dass gerade in der Großrisikoversicherung ansonsten die Rechtssicherheit der Zuständigkeitsregelungen (die ja gerade erst durch die verfehlte Balta-Entscheidung zerrüttet wird) zu stark und nicht mehr hinnehmbar beeinträchtigt wäre.53 Dies bedeutet mithin, dass etwa die Gerichtsstandsklausel in einem Großrisikovertrag qua Sparte, der vielfach auch von einer Holding oder einem zu diesem Zweck geschaffenen Tochterunternehmen genommen wird, um allen konzernzugehörigen Unternehmen Versicherungsschutz zu verschaffen, selbst einem potenten Großunternehmen, das vertraglich nur Versicherter ist, nicht entgegengehalten werden kann, obgleich dieses vielfach die Vertragsgestaltung bestimmend vorgeben wird, während es sich auf für es günstige Abweichungen berufen kann.
Die einzige Ausnahme, die der EuGH bestehen lässt, wiederum um sich nicht zu seiner älteren Rechtsprechung in Widerspruch zu setzen,54 ist die, dass ein Versicherter, der selbst gewerblich im Versicherungsbereich tätig ist, nicht von dieser teleologischen Reduktion profitiere, also doch an die Gerichtsstandsvereinbarung gebunden sei.55 Dies bedeutet dann, dass einem kleinen Versicherungsvertreter, der durch einen als (automatische) Gruppenversicherung genommenen Berufshaftpflichtversicherungsvertrag als Versicherter gedeckt wird, der Klägergerichtsstand genommen werden kann, nicht aber einem DAX-Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mehreren Milliarden Euro.56 Richtig verstanden sollte beides möglich sein.

5 Praktische Lösungsmöglichkeiten

Unabhängig davon, dass die Entscheidung des EuGH in Balta nicht einmal im Ansatz überzeugen kann, bindet sie sämtliche mitgliedstaatlichen Gerichte (und in Erweiterung zumindest indirekt auch die von EWR-Staaten57). Die Praxis wird mithin, zumal der EuGH in Balta erstaunlich unmissverständlich formuliert,58 zukünftig als in Stein gemeißelte Regel anzunehmen haben, dass Gerichtsstandsvereinbarungen den Versicherten auch hinsichtlich ihres Aktivprozesses nicht entgegengehalten werden können. Dies wirft die Frage nach praktischen Lösungsmöglichkeiten auf.
Eine potenzielle Lösungsmöglichkeit zeichnet Peloux und dem folgend Balta vor, nämlich, dass einfach die Zustimmung der Versicherten zur Gerichtsstandsvereinbarung eingeholt werden solle.59 Dies ist jedoch vielfach deutlich komplizierter, als der EuGH dies imaginiert. Hierbei ist zu beachten, dass gerade im Rahmen der Großrisikoversicherung vielfach Duzende von Versicherten gedeckt werden, deren Zustimmung vor dem Vertragsschluss dann eingeholt werden müsste. Zudem werden vielfach auch zukünftige konzerngebundene Unternehmen automatisch eingezogen, sodass dann bereits der „Unternehmenskauf“ unter die aufschiebende Bedingung einer Zustimmung zur Gerichtsstandsklausel in der Konzerndeckung gestellt werden müsste, um das Deckungskonzept nicht zu gefährden. Noch einschneidender sind die Probleme in der Großrisikosachversicherung, da dort die Fremdversicherten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt sind, sodass ein Zustimmungsmodell selbst bei größtmöglicher Anstrengung nicht zum gewünschten Erfolg führen könnte.
Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma zeigen Smeele und Oude Alink auf, die anregen, dass die Versicherer, die Deckung von Versicherten (in der Großrisikoversicherung) aufschiebend bedungen davon abhängig machen sollten, dass der Versicherte der Gerichtsstandsvereinbarung zustimmt.60 Wenn eine solche Vertragsgestaltung auch zulässig erscheint, so wird sie jedoch vielfach den Interessen des Versicherungsnehmers nicht gerecht werden. Der Versicherungsvertrag gewährt den Versicherten eben nicht deshalb Deckung, um diesen eine altruistisch motivierte Wohltat zukommen zu lassen, sondern weil der Versicherungsnehmer ein wie auch immer geartetes Interesse daran hat. So schließt etwa die Konzernmutter vielfach einen auch ihre Töchter deckende Versicherung, weil sie Schäden, die bei diesen auftreten, ob eines Ergebnisabführungsvertrages sonst selbst zu tragen hätte. Der Versicherungsschutz für Fremdinteressen dient zudem vielfach, obgleich die Sachversicherung eigentlich eine Aktivenversicherung ist, dazu, mittelbar einen Passivenversicherungsschutz zu bewirken, da der Versicherungsnehmer für eingetretene Schäden an fremdem Eigentum faktisch sein Schadensersatzrisiko reduziert. Die Durchsetzung all dieser berechtigten Interessen werden behindert, wenn man induziert durch eine fehlerhafte Rechtsprechung zur Internationalen Zuständigkeit nunmehr den Fremdversicherungsschutz unter eine aufschiebende Bedingung der Zustimmung des Versicherten stellen wollte, die zumal, wie vorher ausgeführt, vielfach überhaupt nicht eingeholt werden könnte.61
Eine durch Heiss,62 durch Smeele und Oude Alink63 sowie auch durch den Verfasser64 vorgeschlagene Möglichkeit innerhalb der Großrisikoversicherung wäre die Flucht in die Schiedsgerichtsbarkeit. Abgesehen davon, dass es nur schwer erträglich erscheint, dass ein sinnvolles Deckungskonzept nur dadurch geschützt werden kann, dass sich die Parteien dem Einfluss des Staates, der doch ein Interesse am ordentlichen Funktionieren der Wirtschaft haben sollte, so weit wie möglichen entziehen, ist dieses Vorgehen durchaus gefahrbehaftet. Zwar hat die Rechtsprechung des EuGH für die Frage der persönlichen Erfassung von Versicherten durch eine Schiedsklausel keinen verpflichtenden Charakter für die deutschen oder andere europäische Gerichte, da Schiedsklauseln nicht von Art. 15 EuGVO erfasst werden.65 Allerding besteht die ernstzunehmende Gefahr, dass die (deutsche) Rechtsprechung im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung in Zukunft die Ratio von Peloux und Balta auch auf den Abschluss einer Schiedsklausel durch den Versicherungsnehmer übertragen könnte, sodass dem Versicherer die Einrede der Schiedsvereinbarung im Rahmen eines durch den Versicherten vor dessen Heimatgerichten initiierten Verfahrens verwehrt werden könnte.
Am pragmatischsten scheint mithin wohl der Weg, eine Klage des Versicherten bereits über die materiellrechtliche Ausgestaltung des Versicherungsvertrages zu verhindern. Ziel muss es also sein, dass der Versicherte (für den Begünstigten gibt es hierfür keine Möglichkeit) seinen Anspruch nicht persönlich gegenüber dem Versicherer geltend machen kann. Unter der Geltung des deutschen Rechs als Versicherungsvertragsstatut, welches gemäß § 44 Abs. 2 VVG die Berechtigung des Versicherten zur gerichtlichen Geltendmachung der ihm zustehenden Versicherungsansprüche grundsätzlich ausschließt (es sei denn der Versicherungsnehmer stimmt dem zu oder der Versicherte ist im Besitz der Police),66 bedeutet dies, dass eigentlich keine weiteren Maßnahmen nötig sind, will man nicht in den AVB das Verfügungsrecht der Versicherten noch weiter beschränken.67 Auch dies gewährt keinen vollständigen Schutz, da zumindest die deutsche Rechtsprechung im Einzelfall prüft, ob hinsichtlich der konkreten Klageerhebung ein schützenswertes Eigeninteresse des Versicherers besteht, sich auf die Verfügungsbeschränkung zu berufen.68 Obgleich nach hiesiger Sicht ein solches Eigeninteresse in der Großrisikoversicherung grundsätzlich dahingehend offensichtlich ist, als nur durch die Verfügungsbeschränkung das in dem Vertrag niedergelegte Deckungskonzept rechtssicher geschützt werden kann, verbleibt auch hier eine Restgefahr, dass ein durch den Versicherten angerufenes Gericht dies anders bewertet. Soweit ein anderes Recht als Versicherungsvertragsstatut – sei es subjektiv durch Rechtswahl oder aufgrund (teilzwingender) objektiver Anknüpfung nach Art. 7 Abs. 4 und 5 Rom I-VO – zur Anwendung gelangt, ist sicherzustellen, dass auch dieses einen Ausschluss des Verfügungsrechts des Versicherten möglichst vollumfänglich zulässt. Nur hierdurch kann verhindert werden, dass die visionierte Verfahrenskonzentration, die mittelbar ein in anderen Forumsstaaten herrschendes Verständnis und damit die Umgestaltung des Großrisikovertrages hindern soll, auch greift.

6 Fazit

Das durch den EuGH entworfene Modell der Nichterstreckung von Gerichtsstandsvereinbarungen auf Versicherte selbst in der Großrisikoversicherung ist stark versicherungsfeindlich und wird der Besonderheit einer Versicherung für (auch) fremde Rechnung nicht im Ansatz gerecht. Wichtiger aber, es ist versicherungsnehmerfeindlich. Indem dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit genommen wird, eine Gerichtsstandsvereinbarung auch mit Wirkung für die durch seinen Vertrag mitgedeckten Versicherten, vielfach seine Tochterunternehmen, zu schließen, wird der Einkauf von Konzerndeckungen erheblich erschwert und – berücksichtigt man, dass der Versicherer nunmehr eine unüberschaubare Zahl potenzieller Streitforen einkalkulieren muss – voraussichtlich verteuert. Weshalb dem Versicherten hier eine Schutzwürdigkeit zukommen soll, muss letztlich das Geheimnis des EuGH bleiben. Dem Versicherten wird seine Rechtsstellung als solcher gerade in statu nascendi mit der Belastung einer Gerichtsstandsvereinbarung zuteil. Durch die Gerichtsstandsvereinbarung wird dem Versicherten mithin nichts genommen, sondern sie haftet den zugeteilten Rechten ab initio an. Man will nur hoffen, dass der EuGH nicht noch zusätzlich auf die dann völlig abstruse Idee verfällt, seine Rechtsprechung auch auf Art. 7 Abs. 2 UA 1 Rom I-VO auszuweiten und anzunehmen, dass die Versicherten unter einem Großrisikovertrag nicht an eine wirksam getroffene Rechtswahlklausel gebunden sind, sondern für diese dann nach Art. 7 Abs. 2 UA 2 Rom I-VO grundsätzlich an das Sitzrecht des Versicherers angeknüpft wird (wenn dieses, wie in der Großrisikoversicherung durchaus nicht unüblich, gerade nicht das bedungene Vertragsstatut ist). Vertrauen möchte man darauf nicht.
Hoffnung auf Änderung der Rechtsprechung mag man getrost begraben. Dem über weite Flächen selbst-referentiellen case law des EuGH ist ein Hang zu einer hermeneutisch anmutenden Arbeitsweise zu eigen, die dazu führt, dass nahezu zwanghaft an bereits ergangenen Entscheidungen festgehalten wird und neue Entscheidungen zumindest in eine Scheinkongruenz gesetzt werden.69 Eine echte Rechtsprechungsänderung, d. h. die Abänderung eines „Präzedenzfalls“ (anders als etwa nur eine abweichende Entscheidung wegen eines distinguishing factor oder aber einer Übertragung von alten Urteilen auf andere Sachverhalte), ist unter diesen Vorzeichen eine kaum je erlebte Seltenheit,70 wenn der EuGH nicht durch externe Faktoren (d. h. Änderung der Verträge oder des entscheidungsrelevanten Sekundärrechts) dazu gezwungen wurde. Solange also der Gesetzgeber nicht für eine angemessene Anpassung der Artt. 15 f. Brüssel Ia-VO sorgt, wird die nunmehrige Rechtsprechung zu den Gerichtsstandsvereinbarungen in Versicherungssachen wohl ad eternam gelten.
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Fußnoten
1
Der Verfasser ist ehemaliger Inhaber einer Juniorprofessur für Versicherungsrecht an der Goethe-Universität, Frankfurt und gegenwärtig Vertreter einer Professur an der Universität Trier.
 
2
Hierbei stellt der ehemalige Präsident des EuGH (Skouris, Erwartungen der gerichtlichen Praxis an die Wissenschaft des Europarechts, EuR Beiheft 2/2018, 149) richtig heraus, dass der EuGH grundsätzlich überhaupt keine wissenschaftlichen Arbeiten (und auch keine Urteile anderer Gerichte) zitiert, sondern eine Auseinandersetzung mit der Doktrin vorrangig durch die Generalanwälte erfolgt, welche in ihren Schlussanträgen zumindest sporadisch auch einzelne Quellen offenlegen; kritisch wie hier etwa Remien, Über den Stil des europäischen Privatrechts – Versuch einer Analyse und Prognose, RabelsZ 1996, 1 (28 ff.).
 
3
Für vergleichende Studien zur Zitierpraxis höchster Gerichte siehe etwa Kötz, Die Zitierpraxis der Gerichte – Eine vergleichende Skizze, RabelsZ 1988, 644; für die dahinterliegenden Gründe siehe etwa Jestaedt, Autorität und Zitat – Anmerkungen zur Zitierpraxis des Bundesverfassungsgerichts, in: Jacob/Mayer, Im Namen des anderen – Die Ethik des Zitierens, 2010, S. 141. Hier sei zudem einmal, nur der guten Ordnung halber, in den Raum gestellt, dass nach hiesigem Verständnis auch der Staat und die Europäische Union, unabhängig von allen historisch gewachsenen Zitiergebräuchen, an das Urheberrecht gebunden sind, wenn es auch vielfältige Privilegien gerade für die Rechtsprechung gibt (siehe etwa § 45 UrhG). Sollte der EuGH, was diesseitig vermutet wird, sich zumindest gelegentlich das geistige Eigentum von rechtswissenschaftlichen Autoren zu eigen machen, ohne dies offenzulegen, also ohne diese Autoren zu zitieren, so erscheint dies jedoch höchst bedenklich, und sei es nur hinsichtlich der Vorbildfunktion, die gerade vom EuGH zu erwarten wäre. Um hier ein Desiderat zu formulieren: Es wäre wünschenswert, dass einmal eine IP-bezogene Dissertation der Frage nachgeht, in wie weit unmittelbar in Urteilen (des EuGH) enthaltende Plagiate rechtlich zu behandeln sind, zumal das geistige Eigentum ob der Gemeinfreiheit des Urteils nunmehr keinerlei Schutz mehr erfährt.
 
4
Kritisch: Fricke, VersR 2006, 1283; Smeele/Oude Alink, Aansprakelijkheid Verzekering en Schade (AV&S) 2005, 180 (184 f.), die anraten entweder Mitversicherungsschutz nur noch unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung zum Gerichtsstand durch den Versicherten zu gewähren oder aber gleich Schiedsklauseln abzuschließen; differenzierend: Heiss, Gerichtsstandsvereinbarungen zulasten Dritter, insbesondere in Versicherungsverträgen zu ihren Gunsten, IPRax 2006, 497 (498 f.): ablehnend zum EuGVÜ, zustimmend zur Nichtwirkung der Abbedingung des Aktivgerichtsstandes des Art. 9 Abs. 1 lit. b Brüssel I-VO und der Gerichtsstände des schädigenden Ereignisses des Art. 10 S. 1 Brüssel I-VO, dann allerdings wieder ablehnend, sollte es sich, was anzunehmen ist, um eine Großrisikoversicherung gehandelt haben; (tendenziell) zustimmend etwa Michinel Álvarez, Revista Española de Derecho Internacional 2005, 951 (953 f.); Kramer, Rechtsmacht en forumkeuze in het internationaal verzekeringsrecht, Verzekerings-Archief 2006, Heft 4, 110 (allerdings in der Annahme, dass dies nicht auf Großrisikoverträge übertragbar sei).
 
5
EuGH, Urt. v. 12.05.2005, Rs. C-112/03 – Société financière et industrielle du Peloux ./. Axa Belgium u. a., Slg. ECLI:EU:C:2005:280 = IPRax 2005, 531 Nr. 42.
 
6
Voraussetzung ist hierbei natürlich stets, dass die konkrete Gerichtsstandsklausel und die (international) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts überhaupt in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fallen; vgl. hierzu Wandt/Gal, Gerichtsstandsvereinbarungen in Versicherungssachen im Anwendungsbereich des § 215 VVG, Dammann/Grunsky/Pfeiffer, Gs Wolf (2011), S. 579 (584 ff.). Irrelevant wären die Ausführungen mithin nur für eine solche Großrisikoversicherung, bei der ein reiner Inlandssachverhalt vorliegt, also Versicherungsnehmer, Versicherer und Versicherte ihren Sitz in Deutschland haben und auch ansonsten keine internationalen Gerichtsstände eröffnet sind (etwa die des schädigenden Ereignisses).
 
7
EuGH, Urt. v. 14.07.1983, Rs. 201/82 – Gerling Konzern Speziale Kreditversicherungs-AG u. a. ./. Amministrazione del tesoro dello Stato, Slg. ECLI:EU:C:1983:217 = IPRax 1984, 259.
 
8
Im Wesentlichen hatte hier ein Versicherungspool, gemeint ist eine Mitversicherungsgemeinschaft, mit der in der Schweiz sitzenden International Road Transportation Union (IRU) einen Versicherungsvertrag (bzw. genauer mehrere Mitversicherungsverträge) geschlossen, durch den (auch) die dem Dachverband zugehörigen nationalen Straßentransportverbände mitversichert wurden. Hierbei traten diese Verbände als Bürgen für allfällige Abgaben und Nebenkosten (insb. Geldstrafen für zollrechtliche Übertretungen) im Zusammenhang mit der Durchführung von Straßentransporten auf, wobei der entsprechende Verband in Italien abgewickelt worden und das Finanzamt in dessen Rechte und Pflichten eingetreten war. Der Versicherungsvertrag enthielt hierbei eine Gerichtsstandsklausel mit alternativem Gerichtsstand, nach der „bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Pool und einem der nationalen Verbände, diese berechtigt sind, das zuständige Gericht des Landes, in dem sie ihren Sitz haben, zum Zwecke der Anwendung des Rechts dieses Landes anzurufen“. Das Finanzministerium, als Rechtsnachfolgerin der Versicherten, des nationalen Straßentransportverbandes Ente autotransporti merci (EAM), legte in Italien Klage ein und berief sich auf diese Gerichtsstandsvereinbarung.
 
9
Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Letzte veröffentlichte Fassung: Abl. v. 26.01.1998, Nr. C-27, 3.
 
10
Dies ergab sich insbesondere aus der Rechtsprechung zum äquivalenten Fragekreis der Erstreckung der Schiedsklausel bspw. auch RG, Urt. v. 30.10.1924 – VI 106/24, JW 1925, 2608; BGH, Urt. v. 22.05.1967 – VII ZR 188/64, BGHZ 48, 45; BayOblG, Beschluss v. 09.09.2000 – 4 Z SchH 13/99, BB 2000, Beilage 8, S. 19.
 
11
VO 44/2001/EG des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, in: Abl. v. 16.01.2001, Nr. L-12, 1; zuletzt geändert durch VO 416/2010/EU der Kommission vom 12.05.2010, in: Abl. v. 13.05.2010, Nr. L-119, 7.
 
12
VO (EU) 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in: Abl. v. 20.12.2012, Nr. L-351, 1.
 
13
EuGH, Urt. v. 12.05.2005, Rs. C-112/03 – Société financière et industrielle du Peloux ./. Axa Belgium u. a., Slg. ECLI:EU:C:2005:280 = IPRax 2005, 531 Nr. 42.
 
14
Das Urteil spricht insoweit zwar vielfach vom Begünstigten, Peloux war jedoch keine Begünstigte im deutschen versicherungsvertraglichen Sinne, sondern eben eine Versicherte.
 
15
Da Peloux nach der Schilderung durch Nachtrag in den Konzernversicherungsvertrag einbezogen wurde und hier eine (zudem rückwirkende) Gerichtsstandserstreckungsklausel vorgesehen wurde, stellt sich die Frage, ob Peloux vorher nicht wie vielfach üblich automatisch in den Versicherungsvertrag einbezogen wurde, sodass dann eventuell die nachträgliche Erstreckung der Gerichtsstandsklausel die bereits gewährte Rechtsposition zu ihren Lasten verändern würde; zur Unzulässigkeit einer nachträglichen Vereinbarung einer Gerichtsstandsvereinbarung gegenüber einer bereits vorher mitversicherten Person Heiss, in: Magnus/Mankowski, Bd. 1, 2016, Art 15 Brussels Ibis Reg. Rn 14; anders aber bspw. Mankowski, in: Rauscher, Bd. 1, 4. Aufl. 2015, Art. 15 Brüssel Ia-VO Rn. 157.
 
16
Siehe hierzu ausführlich unter Abschn. 4.
 
17
Vgl. Fricke, VersR 2006, 1283 (1284 f.); Geimer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, Art. 15 EuGVVO Rn. 4 f.; Heiss/Schnyder in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. 2005, S. 160; nicht mehr Looschelders in: a. a. O., 2. Aufl. 2017, Teil C Rn. 199.
 
18
Kropholler, EuGVO, 8. Aufl. 2005, Art. 13 Rn. 4 a. E.; Heiss, IPRax 2005, 497 (499); Fricke, VersR 2006, 1283 (1285); Kramer, Verzekerings-Archief 2006, Heft 4, 110 (112).
 
19
US District Court for the Northern District of Illinois, Baxter International Inc. v. Axa Versicherung AG, WL 2012, 5429618.
 
20
Hierbei wird die Annahme des vorlegenden litauischen Gerichts im Rahmen des Beitrags als richtig vorausgesetzt, dass es sich eben um einen Großrisikovertrag handelte, was als tatrichterliche Frage auch nicht durch den EuGH hinterfragt werden konnte. Hierbei ergibt sich die zivilprozessuale Bewertung vorliegend aus Art. 16 Nr. 5 Brüssel Ia-VO i. V. m. Art. 13 Nr. 27 lit. c i. V. m. Anhang I Teil A Nr. 13 Solvency II-RL. Entsprechend ist hier die Bewertung als Großrisiko von der quantitativen Bewertung des Versicherungsnehmers (Bilanzsumme, Nettoumsatz, Beschäftigtenzahl) abhängig. Auf den Versicherten kommt es dabei nicht an.
 
21
Das Urteil ist zu den Gesellschaftsverhältnissen leider etwas ungenau. So stellt das Urteil etwa nur fest, dass der Versicherungsvertrag durch die „Grifs AG“ (ohne diesen Begriff im Urteil zu definieren) geschlossen wurde (siehe dort Rn. 15). Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass es sich bei dieser um die Grifs AG SIA, die Mutter (nicht aber die Konzernmutter: dies ist die Grifs AG International SIA) der Grifs AG UAB, geschlossen wurde. Man hat das Gefühl, dass der EuGH hier durch den „AG“-Bestandteil der Firma etwas verwirrt war, der hier jedoch kein gesellschaftsformanzeigender Firmenzusatz, sondern eigentlicher Firmenbestandteil ist.
 
22
Siehe unten Abschn. 4.
 
23
Von der Frage nach der Erstreckung einer Gerichtsstandsvereinbarung auf den Rechtsnachfolger zu trennen ist das hier nicht behandelte Problem, ob sich ein „professioneller“ Rechtsnachfolger auf die begünstigenden gesetzlichen Klägergerichtsstände berufen kann; verneinend für den Sozialversicherungsträger EuGH, Urt. v. 17.09.2009, Rs C‑347/08 – Vorarlberger Gebietskrankenkasse ./. WGV-Schwäbische Allgemeine Versicherungs AG, Slg. EU:ECLI:C:569 = IPRax 2011, 255; verneinend für einen gewillkürten Zessionar, der sich gewerblich Direktansprüche von Geschädigten übertragen ließ EuGH, Urt. v. 31.01.2018, Rs. C-106/17 – Hofsoe ./. LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster AG, Slg. ECLI:EU:C:2018:50 = VersR 2018, 1020; anders aber bspw. für eine Klage am Gerichtsstand des Erfolgsortes durch den Sozialträger OGH, Urt. v. 19.01.2012 – 2 Ob 210/11p, IPRax 2013, 364; kritische Anm. hierzu Looschelders, Zuständigkeit des Gerichts am Unfallort für Direktklage des Sozialversicherungsträgers gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers aus übergegangenem Recht, IPRax 2013, 370; anders dann aber (bejahend für Arbeitgeber als Legalzessionar bei Entgeltfortzahlung) EuGH, Urt. v. 20.07.2017, Rs. C-340/16 – Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft (KABEG) ./. Mutuelles du Mans assurances (MMA IARD SA), Slg. ECLI:EU:C:2017:576 = IPRax 2018, 196.
 
24
EuGH, Urt. v. 19.06.1984, Rs. 71/83 – Partenreederei MS. Tilly Russ u. a. ./. NV Haven- & Vervoerbedrijf Nova u. a., Slg. ECLI:EU:C:1984:217 = IPRax 1985, 152; ders., Urt. v. 16.03.1999, Rs. C-159/97 – Transporti Castelletti Spedizione Internazionali SpA ./. Hugo Trumpy SpA, Slg. ECLI:EU:C:199:142 = IPRax 2000, 142; ders., Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-387/98 – Coreck Maritime GmbH ./. Handelsveem BV u. a., Slg. ECLI:EU:C:2000:606; ders., Urt. v. 21.05.2015, Rs. C-352/13 – Cartel Damage Claims (CDC) Hydrogen Peroxide SA ./. Akzo Nobel NV u. a., Slg. ECLI:EU:C:2015:335 Rn. 64 f.; siehe vertieft etwa Mankowski, in: Rauscher (Fn. 15), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 151 ff.
 
25
EuGH, Urt. v. 13.07.2017, Rs. C-368/16  Assens Havn ./. Navigators Management (UK) Ltd., Slg. ECLI:EU:C:2017:546 = IPRax 2018, 259; positiv hierzu, wobei das hier behandelte Problem nicht aufgegriffen wird, Mankowski, Eine Gerichtsstandsvereinbarung im Haftpflichtversicherungsvertrag entfaltet keine Derogationswirkung gegen den geschädigten Direktkläger, IPRax 2018, 233.
 
26
EuGH, Urt. v. 13.12.2007, Rs. C-463/06 – FBTO Schadeverzekeringen NV ./. Odenbreit, Slg. ECLI:EU:C:2007:792 = IPRax 2008, 123; ders., Urt. v. 07.12.2013, Rs. 543/10 – Refcomp SpA ./. Axa Corporate Solutions Assurance SA u. a., Slg. ECLI:EU:C:2013:62 = IPRax 2013, 552 Nr. 43; BGH, Urt. v. 23.10.2012 – VI ZR 260/11, VersR 2013, 73; vgl. hierzu (insb. FBTO Schadeverzekeringen) kritisch Fuchs, IPRax 2008, 104.
 
27
Der Fall wurde noch nach den Vorschriften der Brüssel I-VO entschieden, im Text werden jedoch die der Brüssel Ia-VO zitiert; auch auf den hier unerheblichen Umstand, dass diese Normen nicht unmittelbar, sondern vermittelt über das Abkommen zwischen der EU und Dänemark (Abl. v. 05.05.2006, Nr. L-120, 22) zur Anwendung gelangten, wird nicht näher eingegangen.
 
28
So übrigens auch das absolut herrschende Verständnis in Dänemark: Scherpe, in: Basedow/Fock, Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bd. 2, 2002, S. 907 (984; dort insb. Fn. 456); van der Sluijs, Direktkravsrätt vid ansvarsförsäkring, Stockholm 2006, S. 72 ff. spricht allerdings missverständlich, und in Dänemark gebräuchlich, von einem „direktkravsrätt genom cession“ (Direktanspruch durch Abtretung); siehe zum Ganzen ausführlich Franck, Direktansprüche gegen den Haftpflichtversicherer im deutschen und skandinavischen Recht, ZVersWiss 2014, 329 (338 f.).
 
29
Dies erkennen etwa auch Lüttringhaus, LMK 2017, 395598; Henning, Zur Reichweite von Gerichtsstandsvereinbarungen in internationalen Versicherungsprogrammen, VersR 2020, 394 (399).
 
30
Hierbei sei noch ergänzend ausgeführt, dass unter dem nunmehrigen Einfluss der Balta-Entscheidung der Fall, selbst wenn er durch das dänische Gericht korrekt aufgearbeitet worden wäre, anders zu entscheiden wäre, wenn der Schädiger nicht der Charterer als Versicherungsnehmer, sondern ein anderer Versicherter gewesen wäre. Hier wäre dann zwar der Anspruch des Versicherten durch Legalzession auf den Geschädigten übergegangen, jedoch nach der nunmehrigen Rechtsprechung gerade unbelastet mit einer Gerichtsstandsvereinbarung.
 
31
Auch das Recht von England und Wales, das hier das Versicherungsvertragsstatut bildete, sieht für diese Konstellation keinen Direktanspruch vor, da unter dem Third Parties (Rights Against Insurers) Act 2010, gerade auch nur eine Zession vorgenommen wird. Insofern gewährte keines der alternativen Statuten des Direktanspruchs aus Art. 18 Rom II-VO einen Direktanspruch; Alternativität der Anknüpfung erstmals explizit bestätigt durch EuGH, Urt. v. 09.09.2015, Rs. C-240/14 – Prüller-Frey ./. Brodnig u. a., Slg. ECLI:EU:C:2015:567 = IPRax 2016, 31 = EuZW 2015, 795 (m. Anm. Loacker).
 
32
Henning, VersR 2020, 394 (399 f.) vertritt hingegen die Auffassung, dass die Bindung des Rechtsnachfolgers (wenn dies der Geschädigte ist) an die Gerichtsstandsvereinbarung in Versicherungssachen generell nicht greife. Dies ist so nicht hinnehmbar, da dies prozessrechtlich dann bedeuten würde, dass ein Direktanspruch fingiert würde, obwohl der Geschädigte hier letztlich durch Zession (etwa Pfändungs- und Überweisungsbeschluss) in die Position des Versicherungsnehmers eingetreten ist.
 
33
So wäre es dem EuGH bspw. durchaus zugekommen, § 108 Abs. 1 Færdselsloven („Kfz-Gesetz“) dahingehend auszulegen, da dieser eben als Transformationsnorm des Art. 18 der KH-Richtlinie (RL 2009/103/EG, Abl. v. 07.10.2009 Nr. L-263, 11) dient.
 
34
Allerdings hätte sich dem EuGH hier der Eindruck aufdrängen müssen, dass das vorlegende dänische Gericht wegen der im dortigen Versicherungssektor bestehenden sprachlichen Konvention, den § 95 Forsikringsaftalelov als „Direktanspruch durch Abtretung“ (siehe Fn. 28) zu bezeichnen, einem Fehlverständnis aufsaß, was ein Direktanspruch, der eine „unmittelbare Klage“ unter Art. 13 Abs. 2 Brüssel Ia-VO eröffnet, ist. Es wäre insofern durchaus richtig gewesen, hätte der EuGH hier noch einmal einige Klarstellungen zum zuständigkeitsöffnenden Direktanspruch verloren.
 
35
Geimer, Zuständigkeitsvereinbarungen zu Gunsten und zu Lasten Dritter, NJW 1985, 533 (534); zustimmend etwa Heiss, IPRax 2005, 597; Mankowski, IPRax 1996, 427 (431).
 
36
So etwa richtig Mankowski, in: Rauscher (Fn. 15), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 157 m. w. N.
 
37
Dreher, Die Versicherung als Rechtsprodukt, 1991.
 
38
Diese gesondert aufgeführten Sparten des Art. 16 Nr. 1–3 Brüssel Ia-VO sind allerdings ihrerseits aufsichtsrechtlich ohnehin Großrisiken.
 
39
AA Deshayes, IWRZ 2020, 141 (143), die, ohne hierfür Konstellationen zu bilden, ausführt, dass gerade im Rahmen der Feuer- und sonstigen Sachversicherung und der Transportversicherung (!), die durch eine Großrisiko-Versicherungsnehmer geschlossen wird, eine Schutzbedürftigkeit des Versicherten angenommen werden könne, die die Entscheidung des EuGH dann insgesamt richtig erscheinen ließe. Gerade was die Transportversicherung angeht, scheint dies schon nahezu abenteuerlich. Diese Sparte war über Jahrzehnte hinweg noch nicht einmal zulassungspflichtig und auch heute noch können ihre Produkte grenzüberschreitend ohne Aufsicht des Tätigkeitslandsaufsehers vertrieben werden. Sie ist die eigentliche Heimat des Großrisikos, für die schon seit jeher maximale Privat- und Parteiautonomie griff. Ein Versicherter, der bei entsprechender Auslegung hier schutzbedürftig erschiene (wohlgemerkt sind gerade Reisegepäckschädenversicherungen nach Art. 15 Nr. 1 lit. b Brüssel Ia-VO ausgenommen), wäre nur eins, nämlich im falschen Gewerbe tätig.
 
40
EuGH, Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 37 = VersR 2020, 708.
 
41
Dies ist aber nach wie vor (leicht) streitig; vgl. zum Meinungsspektrum etwa Mankowski, in: Rauscher (Fn. 15), Art. 13 Brüssel Ia-VO Rn. 6 (dort insb. Fn. 28).
 
42
Dies heißt zunächst, dass die Entstehung eines Direktanspruchs akzessorisch an die Entstehung eines Haftungsanspruchs gegen den Versicherten gebunden ist, und für den Haftpflichtanspruch zumindest abstrakt eine Deckung bestehen muss. Allerdings wird über § 117 VVG im Verhältnis zum Geschädigten gerade auch bei einem sog. „kranken“ Versicherungsverhältnis das Fortbestehen eines „gesunden“ Versicherungsverhältnisses fingiert, sodass trotz fehlender Deckung im Innenverhältnis eine Einstandspflicht im Außenverhältnis im Rahmen des Direktanspruchs besteht; vgl. etwa Klimke in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 117 Rn. 1 ff.
 
43
Insb. Mankowski, VersR 2020, 708 (713 f.).
 
44
Siehe hierzu EuGH, Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 22 = VersR 2020, 708.
 
45
Vgl. EuGH, Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 27 f. = VersR 2020, 708.
 
46
So auch in anderen Sprachfassungen: „weaker party to the contract“, „la partie la plus faible au contrat“, „la parte più debole del contratto“, „de zwakke partij bij de overeenkomst“, „a parte mais fraca no contrato“ und „la parte más débil del contrato“.
 
47
Ein ähnliches grundsätzliches Fehlverständnis vom Versicherten lag schon EuGH, Urt. v. 12.05.2005, Rs. C-112/03 – Société financière et industrielle du Peloux ./. Axa Belgium u. a., Slg. ECLI:EU:C:2005:280 Rn. 30 = IPRax 2005, 531 Nr. 42 zugrunde, wo der EuGH ausführte, dass das Schutzbedürfnis des Versicherten daher rühre, dass er „meist mit einem vorformulierten, in seinen Einzelheiten nicht mehr verhandelbaren Vertrag konfrontiert wird und in aller Regel der wirtschaftlich Schwächere ist“. Dies trifft („meist“) jedoch nur für den Versicherungsnehmer zu, der Versicherte wird überhaupt nicht konfrontiert und ihm kommt im Verhältnis zum Versicherer auch niemals eine Verhandlungsbefugnis zu; er entscheidet auch letztlich nicht darüber, ob er in die Deckung einbezogen wird, er kann sie lediglich ausschlagen. Der EuGH versucht also – weil er dies halt immer tut – zwanghaft die Entscheidungsdisposition des Verbrauchers sensu lato zu stärken, verkennt aber, dass dem Versicherten überhaupt keine Entscheidungsbefugnis zukommt.
 
48
Was durchaus zweifelhaft erschein, als zunächst Luxemburg über eine auch deutschsprachige Bevölkerung verfügt, und zudem das Sprichwort auch im Französischen („À cheval donné on ne regard pas la denture“) durchaus gebräuchlich ist.
 
49
Hier erhält der Versicherte den Deckungsschutz letztlich auch nicht „geschenkt“, da die Kosten in den Mietzins umgelegt werden.
 
50
Wobei hier praktisch sowieso meistens nicht der Fahrzeugführer, sondern gerade der Fahrzeughalter verklagt wird, da dieser auf Gefährdung und nicht wie der Fahrzeugführer auf vermutetes Verschulden haftet; vgl. zum deutschen Recht §§ 7, 18 StVG.
 
51
Nimmt man nunmehr jedoch mit richtiger Mng. an, dass Streitverkünder der Versicherer sein muss (siehe Staudinger, in: Rauscher [Fn. 15], Art. 13 Brüssel Ia-VO Rn. 13a), so könnte der Versicherte sich ohnehin entsprechend der Gerling-Entscheidung mit der dann begünstigten Gerichtsstandsklausel verteidigen.
 
52
Vgl. zu diesem Themenkomplex etwa Lücke, in: Prölss/Martin (Fn. 42), § 100 Rn. 58 ff.
 
53
EuGH, Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 38 ff. = VersR 2020, 708.
 
54
Hierbei geht es um EuGH, Urt. v. 31.01.2018, Rs. C-106/17 – Hofsoe ./. LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster AG, Slg. ECLI:EU:C:2018:50 = VersR 2018, 1020; vgl. (dogmatisch) kritisch hierzu und ein anderes Verständnis propagierend (Abstellen statt auf die Tätigkeit im Versicherungsgewerbe auf eine Abgrenzung zwischen „one-shotter“ und „repeat player“) Dörner, „One-shotter“ gegen „repeat player“ – Zum Verständnis der Art. 13 Abs. 2 und 11 Abs. 1 lit. b EuGVVO, IPRax 2018, 158.
 
55
EuGH, Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 44 f. = VersR 2020, 708.
 
56
Auf diesen inhärenten „Fairnesswiderspruch“ zwischen Hofsoe und Balta weist auch hin Deshayes, IWRZ 2020, 141 (142 f.).
 
57
Vermittelt über das Lugano-Übereinkommen, dass weitestgehend der Brüssel I-VO entspricht; [Revidiertes Luganer] Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007, Abl. v. 10.06.2009, Nr. L-147, 5.
 
58
Dies hebt auch hervor Mankowski, VersR 2020, 708 (712).
 
59
EuGH, Urt. v. 12.05.2005, Rs. C-112/03 – Société financière et industrielle du Peloux ./. Axa Belgium u. a., Slg. ECLI:EU:C:2005:280 Rn. 39 = IPRax 2005, 531 Nr. 42; ders., Urt. v. 27.02.2020, Rs. C-803/18 – AAS „Balta“ ./. UAB „Grifs AG“, Slg. ECLI:EU:C:2020:123 Rn. 35 = VersR 2020, 708.
 
60
Smeele/Oude Alink, Aansprakelijkheid Verzekering en Schade (AV&S) 2005, 180 (185).
 
61
Davon abgesehen bliebe unter diesen Gesichtspunkten gänzlich offen, ob der EuGH selbst eine solche Zustimmung dann auch wirklich anerkennen würde, wenn im Versicherten nicht die analogen Voraussetzungen eines Großrisikointeressenträgers vorliegen. Im Hinblick auf die generelle Überzeichnung der Parteiautonomie in Versicherungssachen wäre es genauso gut denkbar, dass der EuGH für einen Versicherten, für den dies nicht zutrifft, eine Gerichtsstandsvereinbarung nur dann zulässt, wenn dies nach Art. 14 Nr. 1–4 Brüssel Ia-VO zulässig ist. Es wäre nicht die erste rechtliche Beugung.
 
62
Heiss, Gerichtsstandsfragen in Versicherungssachen nach europäischem Recht, in: Reichert-Facilides/Schnyder, Versicherungsrecht in Europa – Kernperspektiven am Ende des 20. Jahrhunderts, Basel u. a. 2000, S. 105 (132 ff.); ders., IPRax 2005, 497 (499).
 
63
Smeele/Oude Alink, Aansprakelijkheid Verzekering en Schade (AV&S) 2005, 180 (185); ablehnend demgegenüber Kramer, Verzekerings-Archief 2006, Heft 4, 110 (114).
 
64
Gal, in: MünchKommVVG, Bd. 3, 2. Aufl. 2017, Abschnitt „SchiedsVerf“, Rn. 97.
 
65
Die Nichtanwendbarkeit der Brüssel Ia-VO auf die Schiedsgerichtsbarkeit wird durch Art. 1 Abs. 2 lit. d und Erwägungsgrund 12 klargestellt; zu verbleibenden Restproblemen Dörner, in: Saenger, ZPO, 8. Aufl. 2019, Art. 1 EuGVVO Rn. 12; Gottwald, in: MünchKommZPO, Bd. 3, 5. Aufl. 2017, Art. 1 EuGVO Rn. 24 ff.
 
66
D. h. das deutsche Versicherungsvertragsrecht geht praktisch sehr sachgerecht davon aus, dass Anspruchsinhaberschaft (Versicherter) und Anspruchsverfügungsbefugnis inkl. der gerichtlichen Geltendmachung (Versicherungsnehmer) grundsätzlich gespalten sind; vgl. Klimke, in: Prölss/Martin (Fn. 42), § 44 Rn. 7 ff.
 
67
Nach solchen ist allein der Versicherungsnehmer verfügungsbefugt, sodass der Versicherte, auch wenn er im Besitz der Police ist oder die Zustimmung des Versicherungsnehmers erhalten hat, seine Ansprüche nicht selbst gegen den Versicherer (gerichtlich) geltend machen kann. Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Klausel (vgl. etwa Ziff. 27.2 S. 1 AHB 2016; Teil A Nr. 1–2.4 S. 2 AVB BHV 2016; Teil B § 12 Nr. 1 S. 2 und 3 AMB 2011), siehe bspw. Brand, in: Bruck/Möller, VVG, Bd. 2, 9. Aufl. 2010, § 44 Rn. 37; Klimke, in: Prölss/Martin (Fn. 42), § 44 VVG Rn. 25 jeweils m. w. N.
 
68
BGH, Urt. v. 04.05.1964 – II ZR 153/61, BGHZ 41, 327 (329 ff.); BGH, Urt. v. 04.05.1983 – IV a ZR 106/81, VersR 1983, 823 (824); OLG Stuttgart, Urt. v. 07.02.1991 – 7 U 176/90, r+s 1992, 331 (331 f.); vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen von Rintelen, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Hdb., 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 59; Ausnahmen von dieser Einrede der Treuwidrigkeit gegen die Berufung auf die Verfügungsbeschränkung werden aber zumindest dann gemacht werden müssen, wenn die Personen der Versicherten gerade nicht bekannt oder ausgesprochen unübersichtlich sind; so richtig bspw. Looschelders, Ausschluss der Klagebefugnis des Mitversicherten und Teilklageobliegenheit des VN in der Rechtsschutzversicherung nach den ARB 75, VersR 2000, 23 (26).
 
69
So insb. Mankowski, VersR 2020, 712.
 
70
Vgl. Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, 2013, S. 256 ff.
 
Metadaten
Titel
Parteiautonomie in Versicherungssachen: Eine Streitschrift
verfasst von
Jens Gal
Publikationsdatum
30.11.2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft / Ausgabe 2-4/2020
Print ISSN: 0044-2585
Elektronische ISSN: 1865-9748
DOI
https://doi.org/10.1007/s12297-020-00485-7

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