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08.11.2023 | Polymerwerkstoffe | Im Fokus | Online-Artikel

Wie Kunststoffe von fossilen Rohstoffen loskommen sollen

verfasst von: Thomas Siebel

3:30 Min. Lesedauer

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Plastics Europe hat eine Roadmap für die Transformation der Kunststoffindustrie hin zu Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität vorgelegt. Der Anteil fossilbasierter Kunststoffe soll damit bis 2050 auf 35 % sinken.

In Zusammenarbeit mit Deloitte hat Plastics Europe eine Roadmap mit Maßnahmen vorgelegt, mit der die Kunststoffindustrie bis zum Jahr 2050 kreislauffähig und klimaneutral werden könnte. Der europäische Verband spricht für annähernd 100 Unternehmen, die über 90 % des in Europa produzierten Kunststoffs produzieren. Mit den vorgestellten Maßnahmen soll es möglich sein, den Anteil fossilbasierter Kunststoffe bis 2030 um 25 % und bis Mitte des Jahrhunderts um 65 % gegenüber heute zu senken. Außerdem wird ein potenzieller Weg aufgezeigt, um die Treibhausgasemissionen des gesamten Kunststoffsystems bis 2030 um 28 % zu reduzieren und bis 2050 auf Netto-Null zu bringen.

Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es Plastics Europe zufolge Innovationen und Investitionen auf drei strategischen Feldern. Erstens müssen Kunststoffe kreislauffähig werden, zweitens müssen Lebenszyklusemissionen auf Netto-Null sinken und drittens müssen Kunststoffe nachhaltig eingesetzt werden. Kunststoffe im Kreislauf zu führen sieht der Verband als schnellste, günstigste, effektivste und zuverlässigste Methode, um Treibhausgasemissionen zu senken. Neben einer verstärkten Wieder- und weniger Einfachverwendung von Kunststoffen sollten zudem alle Hebel hinsichtlich recyclinggerechter Designs und der Nutzung von Biomasse sowie Rohstoffen aus dem Carbon Capture and Utilization (CCU) in Bewegung gesetzt werden.

Treibhausgase bis 2050 auf Netto-Null

Heute bestehen 12 % des neu produzierten Kunststoffs aus recycelten Rohstoffen. Bis zum Jahr 2050 könnte dieser Anteil nach Darstellung des Verbands auf 65 % wachsen, wobei das mechanische Recycling mit insgesamt 15 Mt (heute sind es 5 Mt) den größten Anteil vor dem chemischen Recycling (11 Mt), biomassebasierter Rohstoffe (11 Mt) und Rohstoffen aus dem Carbon Capture and Utilization (CCU) (3 MT) ausmachen dürfte. Außerdem könnten bis 2050 auch jährlich 12 Mt an gebrauchten Kunststoffen wiederverwendet werden, was die Zuwächse an der Kunststoffneuproduktion von heute 57 Mt auf dann 65 Mt zumindest dämpfen würde.

Im Zuge dieser Umstellung sollen auch die Treibhausgasemssionen entlang des Kunststofflebenszyklus bis zum Jahr 2050 auf Netto-Null sinken. Damit das gelingt, sollten Plastics Europe zufolge Geschäftsmodelle für den Einsatz von gebrauchtem und recyceltem Kunststoffe angereizt und das Angebot an biomasse- und CCU-basierten Rohstoffen erhöht werden. Die Produktion von neuen Kunststoffen müsse zudem energieeffizienter und auf erneuerbare und kohlenstoffarme Brennstoffe umgestellt werden. Auch die Elektrifizierung von Produktionsprozessen und die CCS-Nutzung sollte forciert werden.

Additive erfassen und Granulatverlust vermeiden

Um sicherzustellen, dass von Kunststoffe künftig weder Gesundheits- noch Umweltrisiken ausgehen, tritt der Verband unter anderem für mehr Transparenz und Austausch entlang der Wertschöpfungskette ein. Der Gebrauch chemischer Additive soll besser erfasst werden und der Verlust von Granulat in der Produktion soll vermieden werden.

Trotz beträchtlicher Investitionen seitens der Unternehmen stellt der Wandel hin zur kreislauffähigen und emissionsarmen Wirtschaft die Kunststoffhersteller laut Plastics Europe vor Herausforderungen. Deloitte rechnet mit insgesamt nötigen Investitionen von 235 Milliarden Euro.

Industrie und Politik sind gefordert

Zu den kurzfristigen Maßnahmen, die die Industrie ergreifen muss, gehören dabei die transparente Darstellung des Status-quo in der Transformation und eine engerer partnerschaftliche Anbindung an Abfallmanagementunternehmen. Zudem sollten Kunststoffe auf den Markt gebracht werden, die zugleich funktional, erschwinglich und recycelbar sind. Bis spätestens 2030 sollten die Unternehmen zudem enger mit Biomasseanbietern kooperieren, im größeren Maßstab chemisch recyceln können, ihre Anlagen auf maximale Energieeffizienz getrimmt und CCS-Technologien im Einsatz haben.

Die industrieseitigen Maßnahmen sollten laut Plastics Europe durch einen geeigneten Rechtsrahmen unterstützt werden. Unter anderem fordert der Verband ein EU-Äquivalent zum US-amerikanischen Inflation Reduction Act, eine kraftstoffunabhängige Kodifizierung des Massenbilanzansatzes für das chemische Recycling und harmonisierte Anforderungen an die Messung des Rezyklatgehalts in einem Kunststoff. Mindestziele für Rezyklatanteile sollten zudem auch für importiere Kunststoffe gelten müssen. Außerdem sollte das recyclinggerechte Design von Produkten seitens der Politik stärker forciert sowie Maßnahmen eingeleitet werden, um Qualität und Menge von biobasierten Rohstoffen für die Kunststoffindustrie zu steigern.

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