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2005 | Buch

Soziales Europa?

Perspektiven des Wohlfahrtsstaates im Kontext von Europäisierung und Globalisierung. Festschrift für Klaus Busch

herausgegeben von: Alexandra Baum-Ceisig, Anne Faber

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Buchreihe : Forschungen zur Europäischen Integration

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung und grundlegende Fragen

Frontmatter
Einführung
Zusammenfassung
„Was hält Europa noch zusammen?“ So fragte die Zeit in der Ausgabe vom 9. Juni 2005 im Titel, um auf den folgenden Seiten die Frage zu diskutieren, ob (spätestens) mit der EU-Osterweiterung 2004 der Traum eines auch sozial geeinten Europas ausgeträumt war. Hierfiir, so der Kommentar, seien die Standards des sozialen Schutzes in den nun 25 Mitgliedstaaten zu unterschiedlich und würden auch zukünftig „zwangsläufig variieren“. „Sozial“, so das Resümee, ist aber „schließlich auch, was Arbeitsplätze schafft — und da sieht die Bilanz der EU gar nicht so schlecht aus“. 1
Alexandra Baum-Ceisig, Anne Faber
„Sozialstaatswerdung“ Europas? Integrationstheoretische Überlegungen zur Entwicklung der EU-Sozialpolitik
Zusammenfassung
So alt wie die politischen Initiativen für eine europäische Einigung sind die sozialwissenschaftlichen Versuche, Ursachen, Funktionsweise und Wirkungen des Integrationsprozesses zu erklären. Nach der Hochphase der integrationstheoretischen Diskussion in den 1960er Jahren und der Stagnation der 1970er Jahre gewann die Debatte mit dem Binnenmarktprojekt wieder an Fahrt und entwickelte sich seit den 1990er Jahren zu einem der am intensivsten diskutierten sozialwissenschaftlichen Forschungsfelder überhaupt (vgl. Faber 2005). Mit dem erneuten Interesse an der Integration war eine Akzentverschiebung in der Forschung verbunden. Während traditionell die Trieb- bzw. Bremskräfte des Prozesses sowie das Verhältnis zwischen supranationaler Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im Vordergrund standen, richtet sich das Augenmerk nunmehr auf den Strukturwandel des Regierens im ebenenübergreifenden politischen System der EU (vgl. Hooghe/Marks 2001; Jachtenfuchs/Kohler-Koch 2003). Damit korrespondiert, dass neben den ehedem dominanten Paradigmen der Internationalen Beziehungen zunehmend Fragestellungen und Ansätze der Vergleichenden Politikwissenschaft für die Analyse der Integration fruchtbar gemacht werden (vgl. Knelangen 2004). Als Ergebnis einer nunmehr über 50 Jahre alten integrationstheoretischen Forschung hat sich damit eine Vielzahl von Theorien, Modellen und Hypothesen herausgebildet, die von jeweils unterschiedlichen Prämissen und Perspektiven zu sich teilweise ergänzenden, überwiegend jedoch zu konkurrierenden Aussagen zum Integrationsprozess insgesamt wie auch zu sektoralen Problemstellungen gelangen (vgl. Giering 1997; Diez/Wiener 2003; Bieling/Lerch 2005).
Wilhelm Knelangen
Internationale Kapitalmobilität — Verschärfung der Ausbeutung in der Ersten und Dritten Welt
Zusammenfassung
Mit Klaus Busch verbindet mich nicht nur persönliche Freundschaft. Seit Anfang der 1970er Jahre arbeiten wir schwerpunktmäßig auf dem gleichen Gebiet. Rund 30 Jahre lang haben wir uns beide mit den Problemen der Internationalen Kapitalmobilität beschäftigt und dabei insbesondere die Herausbildung von Multinationalen Konzernen und deren Einfluss auf die Lage der abhängig Beschäftigten in den Industrieländern wie in der Dritten Welt untersucht. Mit seinem 1974 in der edition suhrkamp erschienenen Buch „Die Multinationalen Konzerne“ hat er auch mir viele wertvolle Denkanstöße gegeben, die ich dann in meinem wenig später publizierten Buch „Multinationale Konzerne“ sowie in weiteren Veröffentlichungen zu diesem Thema verarbeiten konnte. Mit diesem, Klaus Busch gewidmeten Beitrag, greife ich unsere damaligen Diskussionen mit dem Ziel auf: Marx zu „reloaden“ als Versuch des „alten Maulwurfs“ (MEW 8: 196 und 12: 4)1, die für die weitere Entwicklung verhängnisvolle neoklassische Ideologie zu untergraben!
Klaus Peter Kisker
“Looking outwards: the inclusivity of European identity”
Abstract
The years 2004 and 2005 have been dominated in EU circles by the question of enlargement of the Union. Ten new members joined in May 2004; none of them is particularly large, with the exception of Poland, but nonetheless they represent an enormous expansion in territory and population, requiring the highly contested production of a new draft constitution for the Union. Meanwhile, the second half of 2004, continuing into 2005, often seemed overwhelmed by discussion of the next round of potential applicants for membership, with most eyes, whether friendly or hostile, fixed firmly on Turkey. With its huge population, modest state of economic modernization, and large Muslim majority, its accession would undoubtedly have a major impact on the way things work in the EU. There has rightly been a lively debate about these issues, and it will continue to rumble and rage for several years.
Michael Wintle

Probleme des Wohlfahrtsstaats in Europa

Frontmatter
Der Umbau des Sozialstaates in Europa und die Probleme der Gewerkschaften
Zusammenfassung
Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und der Systemkonkurrenz haben einige Autoren die These vertreten, dass nunmehr die Konkurrenz, der Wettstreit zwischen verschiedenen Kapitalismusmodellen innerhalb der so genannte „Triade“ (Nordamerika, Westeuropa, Ostasien) in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um die Gestaltung einer neuen Weltordnung treten werde. Für den Franzosen Michael Albert (1992) war der „rheinische Kapitalismus“ dem angelsächsischen sowie dem ostasiatischen Modell an ökonomischer Leistungsfähigkeit und Legitimität (durch soziale Sicherungen und Partizipationsrechte der Bürgerinnen und Bürger) überlegen. Dennoch werde das amerikanische Modell, das auf individuelle Freiheit und die Marktkräfte setzt, letztlich aus dieser Konkurrenz als Sieger hervorgehen, weil es über die größeren Machtpotentiale sowie über eine bessere Vermarktungsstrategie (über die Medien) verfüge. In den USA melden sich immer wieder Autoren zu Wort (zuletzt Jeremy Rifkin 2004), die den Amerikanern die Vision eines ökonomisch leistungsfähigen und sozial entwickelten und gerechten EU-Europa vor Augen führen wollen.1
Frank Deppe
Armut und soziale Ausgrenzung in den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten im Kontext der EU-Strategie zur sozialen Eingliederung
Zusammenfassung
Seit ihrem Beitritt zur Europäischen Union im Mai 2004 partizipieren die neuen EU-Mitgliedsstaaten als gleichberechtigte Partner an der Strategie der Europäischen Union zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung und an der Methode der offenen Koordinierung (MOK) im Bereich sozialer Eingliederung. Der folgende Artikel befasst sich mit der Situation von Armut und sozialer Ausgrenzung in den mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländern1 zum Zeitpunkt ihres EU-Beitritts2 und geht dabei primär der Frage nach, inwieweit sich die jeweils länderspezifisch unterschiedliche Ausgangslage mit den auf der EU-Ebene entwickelten Definitionen und Indikatoren erfassen lässt. Als Grundannahme wird vorangestellt, dass die neuen EU-Staaten trotz vieler Gemeinsamkeiten und einer gemeinsamen historischen Entwicklung in den letzten 50 Jahren in vielen Bereichen stark divergieren. Gerade diese regionalen und nationalen Unterschiede verlangen eine stärker ausdifferenzierte Armutsstrategie von Seiten der Europäischen Union.
Claudia Nospickel
Governing Social Europe? Die Rolle der europäischen Sozialpolitik bei der Transformation der Wohlfahrtsstaaten in West- und in Osteuropa
Zusammenfassung
Wenn heute über die Veränderungen der Wohlfahrtsstaaten in Europa diskutiert wird, taucht regelmäßig der Begriff der Transformation auf. Dieser Begriff ist schwierig. Nach dem vorherrschenden Verständnis wird er für einen Strukturwandel in Politik, Wirtschaft, Sozialstruktur und Kultur verwendet, dessen Besonderheit in der klaren Richtungsbestimmung liegt. Entscheidend ist, dass mit dem Begriff der Transformation ein sozialer Strukturwandel gemeint ist, der sich an vergleichsweise klaren Wegweisern orientiert. Von einer Transformation wird gesprochen, wenn sowohl die Ausgangslage als auch der Endzustand eines sozialstrukturellen Veränderungsprozesses eindeutig beschreibbar sind.
Helmut Voelzkow
Die Lissabon-Strategie und das Europäische Sozialmodell
Zusammenfassung
Im März 2000 verkündete der Europäische Rat die so genannte. „Lissabon-Strategie“ und das hehre Ziel, bis zum Jahr 2010 „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen — einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“ (Europäischer Rat 2000: 2). Die politische Resonanz auf diese ambitionierte Programmatik war damals überwältigend. Der propagierte Quantensprung in die Wissensgesellschaft, die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, die Modernisierung des europäischen Gesellschaftsmodells und die Ausgestaltung eines geeigneten makroökonomischen Policy-Mixes stieß nicht allein auf die begeisterte Zustimmung der Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände. Auch die Gewerkschaften entdeckten in der Lissabon-Strategie viele Aspekte, auf die sie sich positiv beziehen konnten: so z.B. die aktive Beschäftigungspolitik, die Stärkung des Humankapitals, die Modernisierung des Sozialschutzes, kurzum, die Förderung sozialer Kohäsion. In gewisser Weise stellte die Lissabon-Strategie eine Art „Wundertüte“ dar, von der sich die unterschiedlichen politischen Organisationen teils marktliberale, teils sozialregulative Fortschritte erhofften.
Hans-Jürgen Bieling

Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union

Frontmatter
Europäisches Sozialmodell und Arbeitsbeziehungen in der erweiterten EU. Ein Problemaufriss
Zusammenfassung
Das „Europäische Sozialmodell“ erlebt gegenwärtig — gemessen an der Häufigkeit, mit der dieses Label in nationalen politischen Auseinandersetzungen, europäischen Debatten und mittlerweile auch in wissenschaftlichen Diskursen auftaucht — geradezu eine Hochkonjunktur.
Hans-Wolfgang Platzer
Tarifpolitik im Zuge der Osterweiterung
Zusammenfassung
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in den westeuropäischen Ländern mehrheitlich ein Paradigmenwechsel sowohl in der Wirtscharts- als auch in der Tarifpolitik vollzogen. Sinkende Wachstumsraten, ansteigende Erwerbslosigkeit, zunehmend transnational operierende Unternehmen und verstärkte Globalisierungstendenzen sowie ein grundlegender Politikwechsel von der vielfach keynesianisch ausgerichteten Wirtschaftspolitik hin zu einer angebotsorientierten Strategie (Busch 1994) begrenzten den tarifpolitischen Aktionsrahmen. Eine produktivitätsorientierte oder wettbewerbsneutrale Lohnpolitik war fortan kaum noch möglich und wurde in der überwiegenden Mehrheit der heutigen EU-Staaten durch eine wettbewerbsorientierte lohnpolitische Strategie ersetzt (Schulten/Bispinck 1999), die nach wie vor innerhalb der Europäischen Union (EU) als wichtiger Garant für Wachstum und Beschäftigung gilt. Konsequenz dieser verteilungspolitischen Wende sind insbesondere rückläufige Lohnquoten und sinkende reale Lohnstückkosten, während die erhofften positiven Effekte wie ein Ansteigen des Wirtschaftswachstum und ein deutlicher Abbau der Arbeitslosigkeit nicht im erwünschten Maße eintraten.
Alexandra Baum-Ceisig
Globalisierung, Europa und die Gewerkschaften — eine neue Dimension der Interessenvertretung
Zusammenfassung
Seid wie die Lachse — schwimmt gegen den Strom und kommt doch zum Ziel. Vielleicht taugt dieses Bild als aufbauende Projektion für die Gewerkschaften, sich den großen Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, auch wenn der gesellschaftliche „mainstream“ sich gewaltig gegen sie wendet. Aus der Perspektive einer Interessenvertretung abhängig Beschäftigter entwickeln sich manche Rahmenbedingungen auf Zustände in einer Zeit zu, aus der die Gewerkschaften hervorgegangen sind. Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, sich ausbreitende Armut, zunehmende Prekarisierung der Arbeit, ein sich stark vergrößernder Niedriglohnsektor, ein Rückgang der Schutzrechte der Beschäftigten und eine fast schon permanente Einschränkung der Leistungen der sozialen Sicherungssysteme realisieren sich in einer Zeit explodierender Unternehmensgewinne und kontinuierlicher Wohlstandsgewinne. Die europäische oder globale Konkurrenzfähigkeit müsse erhalten und gestärkt werden. Das erfordere nun einmal ein „Gürtel enger schnallen“ in einer globalisierten Welt. Diese, durch unsere in ihrem Angebot zwar sehr stark ausdifferenzierte, in ihren Besitzverhältnissen aber hochkonzentrierte Medienlandschaft, täglich hundertfach verbreitete „message“, zeigt Wirkung. Kaum wahrzunehmen sind die Stimmen, welche diesen vermeintlichen „Sachzwang“ verneinen. Wie hilflos sich mittlerweile staatliche Führungskräfte bei der Aufgabe zeigen, ein Wirtschaftssystem zum Wohle der Menschen zu gestalten, zeigt uns exemplarisch Bundeskanzler Schröder. Auf die Ankündigung der Deutschen Bank, trotz ausgezeichneter Renditen im Jahr 2004, massiven Stellenabbau in 2005 zu betreiben, um die Kapitalrendite auf 25 Prozent zu steigern, schreibt der Bundeskanzler an den Bank Chef Ackermann:
„Ich finde, das derart formalisierte Unternehmensziele immer problematisch sind [...]. Die Bank muss sich nicht nur in einem wirtschaftlichen, sondern auch in einem kulturellen und sozialen Umfeld bewegen, wenn sie erfolgreich sein wolle.“ (Frankfurter Rundschau 14.02.2005)
Wie tragfähig das Konzept „moralischer Appell“ als staatliches Gestaltungselement ist, hat die Geschichte hinreichend gezeigt, so dass hier die implizierte Botschaft an das deutsche Volk: Wir bemühen uns ja und verlangen von allen soziale Verantwortung, aber mehr ist eben nicht drin — wohl eher zum Schriftverkehr motivierte.
Manfred Flore

Europäische Sozial- und Beschäftigungspolitik

Frontmatter
Europäische Sozialpolitik in der nationalen Praxis
Zusammenfassung
Wie auch Klaus Busch in zentralen Beiträgen und Büchern aufgezeigt hat (Busch 1988, 1992a, 1992b, 1996, 1998; Busch et al. 1998), steht die Sozialpolitik im europäischen Mehrebenensystem vor großen Herausforderungen.2 Einerseits erschweren die unterschiedlichen Sozialsysteme und Arbeitsrechtsstandards der Mitgliedstaaten eine detaillierte Angleichung durch die EU.3 Andererseits hat jedoch die Liberalisierung der Wirtschaft im europäischen Binnenmarkt den Wettbewerbsdruck auf die nationalen Sozial- und Arbeitsrechtssysteme verschärft. Darüber hinaus wurden auch die geographischen Grenzen mitgliedstaatlichen Sozialrechts im Vergleich zur europaweiten oder gar weltweiten Aktionskapazität der Konzerne immer enger. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde aus diesem Grund vielfach ein verstärktes gemeinschaftliches Agieren auf EU-Ebene für den Bereich der Sozialpolitik im Allgemeinen und den Bereich des (hier im Zentrum stehenden) Arbeitsrechts im Besonderen verlangt.
Gerda Falkner, Oliver Treib
Sektorale Sozialdialoge — zur aktuellen und zukünftigen Entwicklung
Zusammenfassung
Sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der politischen Diskussion wird der Begriff „Sozialdialog“ zumeist in einem umfassenden Sinne benutzt; dieser inflationäre Gebrauch schließt sämtliche Formen der Konzertierung zwischen Arbeitgeber(-verbänden), Gewerkschaften und Staat ein. Weiterhin werden tripartistisch angelegte Strategien sowohl auf der nationalen als auch auf der supranationalen Ebene subsumiert, so dass der Terminus als Synonym fir „System der Arbeitsbeziehungen“ steht (ILO 1997, 2004). Im Gegensatz zu dieser verwirrenden Terminologie verwenden wir im Folgenden den Begriff nur für die supranationale Ebene und ausschließlich fir die Beziehungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, fir die wir die gemeinschaftsoffizielle Bezeichnung Sozialpartner übernehmen, sowie für deren Beziehungen mit der Kommission. 1
Berndt Keller
Europäische Beschäftigungsstrategie und die offene Methode der Koordinierung: Entstehung und Bedeutung für Politiksteuerung auf EU-Ebene
Zusammenfassung
Im Kontext der Wirtschafts- und Währungsunion und insbesondere im Zuge der Etablierung der Europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) seit 1993 setzt sich auf EU-Ebene ein neues politisches Steuerungsinstrument durch, das die bestehenden rechtlichen Steuerungsinstrumente ergänzt: die offene Methode der Koordinierung (OMK). Diese wird schließlich 2000 offiziell als EU-Politiksteuerungsinstntment eingefiihrt (Europäischer Rat (Lissabon) 2000). Die OMK umfasst die Festlegung gemeinsamer Ziele, Leitlinien und Indikatoren, den Austausch bewährter Verfahren sowie Elemente zur Überwachung und Bewertung der Umsetzung der europäischen Vorgaben in nationale Politik (Europäischer Rat (Lissabon) 2000; KOM 2001). Angewandt wird die OMK u.a. im Bereich der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Renten. Der vorliegende Beitrag analysiert das Steuerungspotential der OMK im Rahmen der EBS, der stärksten Ausprägung der OMK.1 Nachdem ein Überblick über die Entstehungshintergründe und die Ausgestaltung der EBS sowie die Implikationen des Europäischen Verfassungsvertrages gegeben worden ist, werden der Steuerungstyp sowie die zentralen Akteure und der EU-Einfluss analysiert werden. Zudem wird den Fragen nachgegangen, ob die EBS die Konvergenz nationaler Beschäftigungspolitiken fördern kann und ob es sich bei der OMK um ein neutrales Steuerungsinstrument handelt. Schließlich werden mögliche Elemente einer wirksameren EBS/OMK skizziert werden.
Antje Stephan
Rethinking the Social Dimension of the EU: The Costs of Non-Social Policy
Abstract
Social justice is fundamental to the values that Europeans hold dear, as was clearly demonstrated in the conclusions of the 2000 Lisbon European Council at which the EU mapped out a way forward for its economic and social model. There are sound reasons for having social policy and for the central place that social protection occupies in European society (Begg/Berghman 2002), but it does not follow that all such policies are well-conceived or implemented. However, some of the attacks on social policy in recent years have focused on core features of the social model — even if they have functioned well, and there have been pressures in many countries to roll back the welfare state. Klaus Busch (1998: 19) highlighted the risks: “the starting advantage for the advocates of this neoliberal project lies in the fact that EMU will be concluded without political union and that the market powers will increasingly take care of the break-down of competitively unfavourable social, wage and taxation standards.”
Iain Begg

Ausblick

Frontmatter
Die Transformation von Staatlichkeit in Europa. Zur verschränkten Dynamik der Zerfaserung des Nationalstaates
Zusammenfassung
In den Analysen von Staat und Globalisierung fällt auf, dass die europäische Integration eine seltsame Zwitterstellung einnimmt. Ein Teil der sozialwissenschaftlichen Literatur verortet Europäisierung auf der Seite der Globalisierung (vgl. für viele Nahamowitz 1999), also praktisch als Teil jener Kräfte, die die Autonomie und Souveränität der klassischen nationalen Wohlfahrtsstaaten unterhöhlen, ihre Steuerungs- und Umverteilungsfähigkeit beeinträchtigen und die demokratische Legitimation kollektiver politischer Entscheidungen schmälern. Europäisierung wird hier mit Liberalisierung, Entgrenzung, Entstaatlichung und einer Sachzwanglogik in Verbindung gebracht (für viele Altvater/Mahnkopf 1993). Damit kontrastiert eine andere Argumentation, wonach die Europäische Integration einen Teil der Antwort der klassischen Nationalstaaten auf die Herausforderungen der Globalisierung darstellt (am deutlichsten Beck 1998; Beck/Grande 2004). Supranationale Kooperation sorgt in dieser Perspektive nicht nur für die teilweise Re-Territorialisierung denationalisierter Global Players, sondern auch für die Re-Regulierung entgrenzter Märkte und die Sicherung europäischer Sozial- und Umweltregulierungsstandards gegenüber der internationalen Konkurrenz und den market-making Absichten etwa der Welthandelsorganisation.
Stephan Leibfried
Die Selbstbehauptung Europas — Die Rolle der EU in der Welt
Zusammenfassung
„Deutschland? aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu fmden. Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf.“ Ersetzt man in diesem vielzitierten Spruch aus den „Xenien“ von Goethe und Schiller Deutschland durch Europa und das „gelehrte“ durch das wirtschaftliche, dann ist das Dilemma des heutigen Europa beschrieben. Nach der einzigartigen Erfolgsgeschichte der europäischen Integration, beginnend mit sechs Staaten in der EWG und heute gewachsen auf fiinfundzwanzig Mitgliedsstaaten in der EU, gilt es neue große Herausforderungen zu bewältigen. Der über Jahrzehnte vom Motor der wirtschaftlichen Integration vorangetriebene Vereinigungsprozess ist mit der einheitlichen Währung im wesentlichen abgeschlossen. Etliche Formen politischer Zusammenarbeit haben den Integrationsprozess komplettiert. Die Europäische Union ist gewachsen und größer geworden, aber ihr politisches Gewicht ist nicht gestiegen. Helmut Schmidts Befund, Europa sei ein ökonomischer Riese und ein politischer Zwerg, hat an Gültigkeit nicht verloren.
Rolf Wortmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Soziales Europa?
herausgegeben von
Alexandra Baum-Ceisig
Anne Faber
Copyright-Jahr
2005
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-663-01618-2
Print ISBN
978-3-531-14644-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-01618-2