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04.03.2014 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gigafabrik von Tesla bedroht automobile Batterieindustrie

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

5 Min. Lesedauer

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Japan baut seine Führerschaft im Bereich Elektromobilität aus. Gründe dafür sind die starke Batterie- und Zellproduktion sowie die breite Lade-Infrastruktur. Bei der Zellproduktion könnten aber die USA dank der Tesla-”Gigafabrik” bald die Nase vorn haben.

Japanische OEMs legen im Bereich Elektromobilität weiter zu: Sowohl bei Neuwagenverkäufen als auch bei der technologischen Weiterentwicklung von Fahrzeugen und Funktionen drängt Japan weiter an die Spitze. Das geht aus dem neuen "Index Elektromobilität" von Roland Berger Strategy Consultants und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen Aachen (fka) für das erste Quartal 2014 hervor.

"Japanische OEMs haben die Preise für Elektroautos im Heimatmarkt im Vergleich zu anderen Ländern stark gesenkt", erläutert Thomas Schlick, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. "So zahlen japanische Kunden für einen Neuwagen bis zu 40 Prozent weniger als in Europa. Und das verbesserte Preis-Leistungsverhältnis führt dazu, dass mittlerweile 80 Prozent der Elektroautos in Japan privat genutzt werden." Hinzu komme die immer umfangreichere Lade-Infrastruktur für E-Fahrzeuge in Japan. Dies sei ein wesentlicher Treiber der Elektromobilität.

Für die starke Ausgangsstellung Japans bei der Elektromobilität waren auch die massive Subventionierung seitens der Regierung und die sehr gute Kooperation zwischen Regierung, Industrie und Forschungsinstituten ausschlaggebend, wie die Springer-Autoren Horak und Pascha im Kapitel Wettbewerbsfähigkeit der japanischen und koreanischen Automobilindustrie im Übergang zur Elektromobilität (Seite 491) aus dem Buch Schritte in die künftige Mobilität erläutern.

Strategien beim Bau von Elektromotoren

Während OEMs ihre Verbrennungsmotoren in der Regel selbst herstellen, herrscht beim Bau von Elektromotoren bislang keine einheitliche Strategie, erklären die Analysten von Roland Berger und vom fka. Deutsche OEMs produzieren ihre Elektromotoren entweder selbst oder gründen Joint Ventures mit wichtigen Zulieferern, um deren Know-how gezielt nutzen zu können. Japanische Autohersteller würden hingegen eine duale Strategie fahren: Sie beziehen Elektromotoren teils aus eigenen Produktionsstätten, teils von externen Lieferanten. Französische und amerikanische Autobauer dagegen verzichten auf jede Eigenproduktion.

Japanische Autohersteller decken gesamte Wertschöpfungskette ab

So bleibt die Herstellung von Lithium-Ionen-Batteriezellen fast ausschließlich in der Hand von Unternehmen, die ursprünglich nicht als Autozulieferer tätig waren, geht aus dem „Index Elektromobilität“ hervor. Diese seien zum größten Teil in Japan und Südkorea aktiv. "Das erklärt auch, warum japanische Autohersteller einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben", sagt fka Senior Engineer Markus Thoennes. "Sie schaffen es, die gesamte Bandbreite an Komponenten selbst herzustellen bzw. direkt vor Ort zu beziehen, und können so die gesamte Wertschöpfungskette abdecken."

Gigafabrik: Auswirkungen auf die weltweite Batteriewertschöpfung

"Der Bau einer "Gigafabrik" in den USA für Automotive-Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von 35 GWh könnte die Struktur dieser Industrie aber grundlegend verändern", meint Roland Berger-Partner Wolfgang Bernhart. "Denn die Skaleneffekte, die sich daraus ergeben können, haben das Potenzial, die gesamte Batterieindustrie und insbesondere die Geschäftsmodelle der Hersteller von großformatigen Pouch- und prismatischen Zellen zu erschüttern."

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Zum Vergleich: Im Jahr 2012 wurden weltweit Lithium-Ionen-Zellen mit einer Gesamtkapazität von circa 40 GWh abgesetzt, davon etwa ein Achtel für Automotive-Anwendungen mehrheitlich auf Basis großformatiger Zellen, geht aus dem Index Elektromobilität hervor. Die Gesamtproduktionskapazität der großformatigen Zellen lag Ende 2012 bei circa 20 bis 25 GWh, die Herstellkosten dieser EV-Zellen liegen heute in einer Größenordnung von 240 bis 250 US-Dollar pro kWh.

Massiv steigender Einsatz der 18650-Rundzellen

Eine mögliche "Gigafabrik" könnte zu einem massiv steigenden Einsatz der bereits heute von Tesla verwendeten 18650-Rundzellen führen, prognostizieren die Analysten von Roland Berger und dem fka. Diese hätten durch eine effizientere Zellproduktion (wickeln statt stapeln/falten wie bei Pouch- und prismatischen Zellen) bereits heute eine attraktivere Kostenposition von circa 190 bis 200 US-Dollar pro kWh, würden im Fahrzeug jedoch einen erhöhten Aufwand insbesondere für das Batteriemanagement erfordern. Eine "Gigafabrik" in der von Tesla geplanten Größenordnung könnte den Kostenvorteil der Rundzelle weiter massiv erhöhen, erklären die Analysten. Skaleneffekte bei Overheadkosten und Investitionen sowie niedrigere Energiekosten könnten die Produktionskosten der Zelle um 30 bis 35 US-Dollar pro kWh (entsprechend circa 40 bis 45 Prozent), die Materialkosten der Zelle um 10 bis 12 Prozent (bis zu 10 US-Dollar pro kWh) senken. In der Summe würde sich der Kostenvorteil der Rundzellen um circa 40 bis 45 US-Dollar pro kWh erhöhen, sagen die Experten bei Roland Berger und dem fka.

Diese Kostendifferenz dürfte zu einem beschleunigten Preisverfall und damit einem beschleunigten Konsolidierungsprozess der Branche führen, sagen die Analysten. Aufgrund der entstehenden Einkaufsmacht eines Marktteilnehmers könnte sich gleichzeitig auch die Innovationsgeschwindigkeit der Branche verringern, da die Entwicklung einer verbesserten Zellchemie für Materiallieferanten deutlich unattraktiver wird. Auch bleibe abzuwarten, ob sich andere Fahrzeughersteller für den Einsatz von 18650-Rundzellen entscheiden und sich damit in der Schlüsseltechnologie Energiespeicher in die Abhängigkeit eines Wettbewerber begeben.

Gigafabrik mit einer Jahreskapazität von 35 GWh

Bereits Ende Oktober 2013 haben Tesla und Panasonic eine Ausweitung ihres 2011 geschlossenen Liefervertrages bekanntgegeben. Dieser sieht eine Lieferung von circa zwei Milliarden Rundzellen des Typs 18650 (entspricht circa 6,5 GWh) über einen Zeitraum von vier Jahren vor, erläutern die Roland-Berger und fka-Experten. Im Februar 2014 wurde von Tesla eine integrierte Batteriefabrik angekündigt, die größer "als alle anderen Fabriken in Summe" sei und mit mehreren Partnern realisiert werden soll, wie die Analysten angeben. Die Planung soll eine Fabrik mit einer Jahreskapazität von 35 GWh bei einem Investitionsvolumen von vier bis fünf Milliarden US-Dollar vorsehen. Auf einer bebauten Fläche von bis zu einer Million Quadratmeter sollen 6500 Mitarbeiter arbeiten. Die Energieversorgung werde komplett über erneuerbare Energien (Solar und Wind) sichergestellt. Der Produktionsstart soll ab 2017 erfolgen.

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