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23.04.2015 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie sich die Batterietechnik für Elektroautos entwickelt

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

6:30 Min. Lesedauer

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Über den Durchbruch von Elektroautos entscheidet vor allem die Batterie. Deshalb wird mit Hochdruck an Batterien geforscht. Wie sich die Reichweite eines E-Autos steigern lässt, warum automatisiertes Fahren die Batterietechnik beeinflusst und Akkus einen zweiten Frühling haben, lesen Sie im Beitrag.

Die Anforderungen an Hochvolt-Batterien in Fahrzeugen sind enorm. Eine Lithium-Ionen-Batterie muss derzeit beispielsweise für eine Laufleistung von mindestens 150.000 Kilometern und eine Lebensdauer von bis zu 15 Jahren ausgelegt sein. Nach diesem Autoleben muss die Batterie dann immer noch 80 Prozent ihrer anfänglichen Speicherkapazität und Leistung aufweisen.

"Eine gleichermaßen günstige, leistungsfähige und zuverlässige Hochvoltbatterie fürs Auto zu entwickeln - das ist die sprichwörtliche rocket science", sagt Dr. Joachim Fetzer, Mitglied des Bereichsvorstands Gasoline Systems mit der Zuständigkeit Elektromobilität bei Bosch. Bosch will bis in fünf Jahren doppelt so leistungsfähige Hochvoltspeicher anbieten. Zeitgleich forscht der Konzern an neuen Batterietechnologien.

Die nächste Generation der Lithium-Ionen-Batterie

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Die Lithium-Ionen-Technologie hat in den kommenden Jahren noch viel Potenzial. Heutige Akkus haben eine Energiedichte von circa 115 Wh/kg, bis zu 280 Wh/kg sind möglich. Die Energiedichte gilt als wichtigstes Maß, um die Reichweite eines Elektrofahrzeugs abzuschätzen. An der nächsten Generation der Lithium-Ionen-Batterie forscht Bosch zusammen mit GS Yuasa und Mitsubishi Corporation im Joint-Venture Lithium Energy and Power. "Unser Ziel im Joint Venture ist es, Lithium-Ionen-Batterien bis zu zwei Mal leistungsfähiger zu machen", sagt Fetzer. GS Yuasa bringt Erfahrungen in der Zelloptimierung ein, um eine Batterie mit höherer Energiedichte und gesteigerter Reichweite produzieren zu können. Bosch steuert seine Erfahrung beim Batteriemanagement und der Systemintegration bei.

Wie noch deutlich höhere Energiedichten erzielt werden können, erforscht derzeit ein Team des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des vom KIT gegründeten Helmholtz-Instituts Ulm (HIU). Die Forscher haben ein neues Speicherprinzip und ein darauf basierendes Kathodenmaterial für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt. Das Lithium wird direkt auf den Gitterplätzen gespeichert.

Post-Lithium-Ionen-Batterien: Lithium-Schwefel und Lithium-Luft

Doch es muss nicht immer nur Lithium sein: In der zentralen Entwicklung arbeitet Bosch an Post-Lithium-Ionen-Batterien. Ein Beispiel dafür ist die Lithium-Schwefel-Technologie. Diese verspricht eine höhere Energiedichte und -kapazität. Nach Schätzungen von Bosch wird die Lithium-Schwefel-Batterie allerdings frühestens Mitte der nächsten Dekade serienreif sein. Neben Bosch arbeitet auch zum Beispiel das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS an der Lithium-Schwefel-Batterie. Forscher haben kürzlich auf Basis von Lithium-Schwefel zyklenstabile Batteriezellen mit hohen Energiedichten von mehr als 400 Wh/kg entwickelt.

Eine weitere Alternative stellt das System Lithium-Luft dar. Lithium-Luft-Batterien speichern potenziell ein Vielfaches der Energie von Lithium-Ionen-Batterien. Sie gelten daher neben dem System Lithium-Schwefel als vielversprechende Nachfolger. Eine Lithium-Luft- Zelle weist eine theoretische Energiedichte von mehreren tausend Wh/kg auf, wie die Springer-Autoren Janek und Adelhelm im Kapitel "Zukunftstechnologien" (Seite 202) aus dem Handbuch Lithium-Ionen-Batterien angeben. Doch das System steht noch vor großen Herausforderungen. Eine davon sind jetzt Forscher der TU Graz in Zusammenarbeit mit den Universitäten St. Andrews, Oxford und Amiens sowie dem Collège de France angegangen. Sie haben den Entlademechanismus der Batterie besser aufgeklärt: Die Art des Elektrolyten wirkt sich entscheidend auf die effektive Kapazität der Batterie aus, so das zentrale Ergebnis der Wissenschaftler.

Allerdings sind sowohl das System Lithium-Schwefel und als auch das System Lithium-Luft noch Zukunftsmusik: Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) prognostiziert die Marktreife der Li/S8-Zelle für das Jahr 2020. Bei Lithium-Luft dauert es noch länger: Erst Ende 2030 erwartet das Institut hier die Marktreife.

Lesen Sie mehr zu innovativen Materialien für Anode und Kathode, zum Batteriemanagement und der Weiterverwendung alter Hochvoltspeicher aus Elektroautos auf Seite 2.

Materialien für Anode und Kathode

Die Leistung der Batterie lässt sich mit verschiedenen Methoden verbessern. Beispielsweise spielt in der Zellchemie das Material der Anode und Kathode eine große Rolle. Aktuell besteht die Kathode meist aus Nickel-Cobalt Mangan (NCM) und Nickel-Carboxyanhydride (NCA). Die Anode besteht hingegen aus Graphiten, Soft- und Hard-Carbon oder Silizium-Kohlenstoff.

Doch Forscher arbeiten auch an alternativen Materialien für die Anode und Kathode. Kürzlich haben US-amerikanische Wissenschaftler der University of California solvatisierte Strukturen aus Graphen vorgestellt, die als robustes, hoch leistungsfähiges Material für die Anode dienen können. In eine Lithiumknopfzelle eingespannt, habe eine derartig aufgebaute Elektrode eine deutlich bessere Kapazität als das gängige Graphit gezeigt, erklären die Forscher. Neue Materialien für Kathoden erforschen hingegen Hamburger Wissenschaftler im Verbundprojekt Singer. Und die BASF hat kürzlich die kommerzielle Produktion von Kathodenmaterialien aus Lithium-Eisen-Phosphat bekannt gegeben.

Daneben können sogenannte Hochvolt-Elektrolyte die Leistung des Akkus weiter steigern, da diese die Spannung innerhalb der Zelle auf 4,5 bis fünf Volt erhöhen. Die wesentliche technische Herausforderung liegt laut Bosch darin, Sicherheit und Lebensdauer auch bei gesteigerter Leistung zu garantieren.

Batteriemanagement bringt zehn Prozent mehr Reichweite

Zudem kann ein ausgeklügeltes Batteriemanagement die Reichweite eines Autos nochmals um bis zu zehn Prozent erhöhen - ohne etwas an der Zellchemie zu ändern, gibt Bosch an. Das Batteriemanagementsystem steuert die Batterieladung und -entladung. Bis zu zehn Mikrocontroller regeln über ein CAN-Bussystem den Energiefluss in den Zellen.

Automatisiertes Fahren beeinflusst Batterietechnik

Einen erheblichen Einfluss auf die Batterietechnik werden Schnellladestationen für Elektroautos haben. Denn je schneller der Akku eines Elektroautos wieder aufgeladen ist, desto weniger wichtig wird laut Bosch die isolierte elektrische Reichweite des Speichers.

Daneben vereinfacht ein vollautomatisiertes Fahrzeug das Laden deutlich. Denn es kann sich seine Ladestation ganz ohne den Fahrer suchen. Wie das funktioniert, zeigt zum Beispiel das Projekt V-Charge von Bosch, VW und verschiedenen Universitäten in Europa. Die Idee dahinter: Das Elektroauto kann beispielsweise in einem Parkhaus bequem per Smartphone-App zur Ladestation geschickt werden. Kehrt der Fahrer zurück, kommt das Auto selbstständig wieder zum Abholpunkt. Auch andere Varianten sind laut Bosch denkbar: Das Fahrzeug einer Carsharing-Flotte könnte dann kurzfristig per Handy gleich zum Einsatzort bestellt werden. Auch hier verändern sich die Ansprüche an die Batterie - beispielsweise was die Lebensdauer betrifft. Denn Flottenfahrzeuge sind meist deutlich kürzer im Einsatz als die für Elektroauto-Batterien veranschlagten 15 Jahre, so Bosch.

Zweites Leben: Weiterverwendung alter Hochvoltspeicher aus Elektroautos

Dabei ist das Auto ist nur der erste Schritt der Hochvolt-Batterie. Denn ein Batterieleben hat unterschiedliche Stadien: Ein Flottenfahrzeug, das in kurzer Zeit viele Kilometer fährt, erfordert eine neue Batterie mit voller Leistung und Kapazität. Bei Autos, die nur vereinzelt für Kurzstrecken genutzt werden, könnte hingegen eine nur wenig gebrauchte Batterie ebenfalls gute Dienste leisten. Das würde die Gesamtkosten des Elektroautos senken. Selbst nach einem durchschnittlichen Autoleben von zwölf Jahren hat eine Batterie laut Bosch immer noch 80 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung und Kapazität. Somit könne die Komponente außerhalb des Autos noch sinnvoll genutzt werden, beispielsweise als Stromspeicher.

Zum Beispiel werden gebrauchte Batterien aus Elektrofahrzeugen in Hamburg zu einem großen Stromspeicher zusammengeschaltet. Dessen Energie steht binnen Sekunden zur Verfügung und kann dabei helfen, das Stromnetz stabil zu halten. Mit diesem Projekt, genannt Second Life, wollen Bosch, BMW und Vattenfall gemeinsam die Elektromobilität und den Stromspeicher vorantreiben. Mit der Weiterverwendung von Batterien beschäftigen sich auch Forscher vom Institut für Wirtschaftsinformatik und vom Batterieforschungszentrum Meet der Universität Münster. In dem Projekt "EOL-IS" (End-Of-Life Solutions für eCar-Batterien) wollen sie Konzepte entwickeln, die zu einer erschwinglichen Batterietechnik beitragen sollen.

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

Zukunftstechnologien

Quelle:
Handbuch Lithium-Ionen-Batterien

2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

„Fokus Batterie“

Zur technischen Entwicklung von Elektroautos
Quelle:
Das Elektroauto

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