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23.12.2014 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Elektrofahrzeuge bewerten am Beispiel des VW e-Up

verfasst von: Markus Schöttle

3:30 Min. Lesedauer

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Der erste Eindruck ist dank vertrauter Bedienelemente gleich, aber die Fahr- und Komforteigenschaften der Elektrovariante VW e-Up sind mit denen des VW Up mit Verbrennungsmotor nicht vergleichbar. Doch beide sind in der Klasse der Kleinwagen positioniert. Ist diese von der Fahrzeugindustrie und den meisten Käufern vorgenommene Klassifizierung wirklich zielführend?

Der VW Up ist ein wendiges Stadtfahrzeug, das in der Klasse der Kleinwagen mit Einbußen in der Akustik kleinvolumiger Otto- und Dieselmotoren, weniger Aufwand in der Geräuschdämmung und erwartungsgemäß weniger Antriebsleistung positioniert ist. Diese klassischen Grenzen sprengt die Elektroantriebsvariante e-Up. Volkswagen hat dies auch im Vergleich zu Elektrofahrzeugen im Kompakt- bis Premiumsegment perfekt umgesetzt, denn E-Antriebe können Traktionsgeräusche erzeugen, zudem könnte die enorme Kraftentfaltung (maximales Drehmoment im Moment des Anfahrens, 60 kW, 210 Nm bei 2800 Umdrehungen pro Minute) besonders Kleinfahrzeuge an die Grenzen der Traktionssicherheit drängen. Der e-Up meistert das Handling in Grenzbereichen hingegen souverän. Mehr zu unseren Testerfahrungen lesen Sie in Technik im Alltag: Der VW e-Up.

Klassifizierung überdenken

Mit diesen Fahr- und Komforteigenschaften ist der e-Up nicht mehr Eins-zu-eins mit verbrennungsmotorisch angetriebenen Automobilen zu vergleichen. Dennoch fordert es der Markt, vielmehr die klassische Denke der Fahrzeugindustrie und die meisten Käufer: Kleinwagen gleich kleiner Preis, mit Ausnahme von perfekt positionierten Premiumprodukten wie dem Audi A1, dem Mini oder dem Elektrofahrzeug i3 aus dem Hause BMW. Die Premiumstrategie hilft dem i3, der allerdings im Vergleich zu anderen Elektroautos auch spürbaren Mehrwert bieten muss und diesen Anspruch einlöst. Die inneren Werte vorausgesetzt, die den e-Up auszeichnen, aber unter dem i3 positionieren, kommt den äußeren Werten sehr hohe Bedeutung zu. Was dem i3 mit dem auffälligen Design und der speziell auf den E-Antrieb konzipierten Karosserie gelingt, nämlich Emotionen und hochpreistaugliches Prestige zu erzeugen, gelangt dem e-Up zum Nachteil. Außer dem "e" im Schriftzug und anderer Rückleuchten unterscheidet sich die Elektrovariante nicht vom konventionellen Bruder. Warum dann 15.000 Euro mehr für einen E-Antrieb zahlen? Ungewollt fährt dieser Gedanke im e-Up immer mit und dämpft den unbestritten hohen Fahrspaß.

Erwartungen sollten relativiert werden

Realistisch gesehen handelt es sich bei den Käufern und potenziellen Kunden eines e-Up um eine neue Käuferschicht, die sich auf den häufigsten Einsatz von Fahrzeugen, den Kurzstreckenverkehr, fokussieren und dort die Nachteile des Verbrennungsmotors mit ins Kalkül nehmen: Kaltlauf, höherer Kraftstoffverbrauch, Vorwärmung nur mit Standheizung, Vorklimatisierung nicht möglich. Zudem zählen die Nachteile eines E-Antriebs für diesen noch überschaubaren Käuferkreis wenig bis gar nicht: Der im Vergleich zu flüssigkraftstoffbetankten Fahrzeugen beschränkte Aktionsradius ist nicht mehr relevant. Kein Interessent, der täglich an die Grenzen der erfahrbaren Reichweite kommt, sollte und wird sich für den E-Antrieb entscheiden. Die neue Käuferschicht weiß, wie und wo sich Strom tanken lässt. Sie hat sich - wie viele Flottenbetreiber oder Unternehmen sowie Mitarbeiter - Elektroladestellen organisiert oder zugelegt beziehungsweise Partner und Kooperationen gefunden. Strom tanken ist für diesen Kundenkreis auch ein Rechenmodell, das besonders im Leasing Vorteile generiert. Mit der Incentivierung von E-Autos und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen in anderen Ländern (bis zu 7000 Euro beispielsweise in Holland) entscheiden sich Kunden dort auch allein aus monetären Gründen für den "neuen" Antrieb. Eine Chance für den e-Up: Was in Deutschland aufgrund dieser und anderer fehlender Rahmenbedingungen nicht gelingt, hilft "dem Kleinen" im Ausland.

Bewertungsmaßstäbe müssen angepasst werden

Die eingeschränkte Reichweite eines Elektrofahrzeugs sollte auch für die Kunden in Deutschland kein Problem darstellen, dennoch ist der Aktionsradius mit einer Batterieladung, Schnellladefähigkeit und Effizienz beim Kurzintervallladen eine der wichtigsten Kenngrößen und Bewertungsmaßstäbe, die bei Elektrofahrzeugen angesetzt werden müssen. Einerseits geht es darum, dass E-Fahrzeuge mit anderen E-Fahrzeugen detaillierter verglichen werden, andererseits gilt es, mit seriösen Testergebnissen Vertrauen und Orientierung bei möglichen größeren und künftigen Käuferkreisen zu generieren. Im Vordergrund künftiger Testreihen sollte deshalb zudem das Einsatzprofil des Fahrzeugs stehen. Der konventionelle Drittelmix sollte somit überdacht werden. Es gilt, spezielle auf den E-Antrieb abgestimmte Fahrszenarien zu entwickeln, inklusive Höhen- und Gefällstrecken, auf die Elektroautos in punkto Energieverbrauch sensibler reagieren als verbrennungsmotorisch angetriebene Fahrzeuge. Das schließt die Bewertung von Rekuperationsmöglichkeiten und umfangreichem Energiemanagement im Bordnetz mit ein. Weitere wichtige Qualitätsmerkmale sind Mobilitäts- und Reichweitenmanagement, was auch die intuitive Bedienbarkeit und intelligentes Infotainment umfasst.

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