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10.06.2013 | Energie | Interview | Online-Artikel

Erster Branchenmonitor "Energieeffizienz"

verfasst von: Günter Knackfuß

7 Min. Lesedauer

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Der erste Branchenmonitor in der deutschen Energieeffizienzbranche untersuchte Marktstrukturen, Zahlen und Trends. Insgesamt sind neben steigenden Energiepreisen das Bewusstsein von Unternehmen und Verbrauchern für Klimaschutz und Nachhaltigkeit wichtige Treiber für den Energieeffizienzmarkt. Zu den wichtigsten Resultaten der aktuellen DENEFF-Studie äußert sich Martin Bornholdt, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF).

Springer für Professionals: Die DENEFF versteht sich als starke Stimme der Energieeffizienzbranche. Welche Ziele verfolgen sie?

Martin Bornholdt: Die DENEFF ist eine Initiative von mittlerweile etwa 80 Unternehmen und Organisationen in Deutschland, deren Kerngeschäft im Einsparen von Energie liegt – vom Heizungspumpenhersteller bis zum Dämmstofffabrikanten, vom Start-Up bis zum Weltkonzern. Die Initiative wurde vor etwas mehr als 2 Jahren mit dem Ziel gegründet hat, dem Thema Energieeffizienz in der öffentlichen und politischen Diskussion mehr Gewicht zu verleihen. In Sonntagsreden tauchte diese zwar immer wieder als unbestrittene "günstigste und sauberste Energiequelle" auf – die Debatte dominierte jedoch die Erzeugungsseite, weil die Interessen der Energieeffizienzunternehmen nicht übergreifend formuliert und kommuniziert waren. Uns ist wichtig zu zeigen, dass Energieeffizienz nicht nur für den Klimaschutz sondern vor allem auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland entscheidend ist. Den politischen Ankündigungen müssen nun Taten folgen, um die Marktbarrieren für die einzusparende Kilowattstunde systematisch zu beseitigen. Hier bringt die DENEFF auch eigene konstruktive, technologieoffene Vorschläge ein.

Die jetzt veröffentlichte Studie "Branchenmonitor Energieeffizienz 2013" war gleich ein Paukenschlag. Welche Hauptergebnisse bestimmen den Monitor?

Zunächst einmal waren wir positiv überrascht, wie viele vor allem auch sehr große und bekannte Unternehmen sich an der Umfrage zum Branchenmonitor beteiligt haben. Das zeigt: Beim Thema Energieeffizienz sind eine Vielzahl von Akteuren bereits mit eigenen Produkten und Lösungen am Markt vertreten. Wesentliche Ergebnisse der Studie zeigen außerdem, dass Energieeffizienz ein echter Wachstums- und Jobfaktor ist mit durchschnittlich 16% Umsatzsteigerung und 9% mehr Arbeitsplätzen in den Effizienzgeschäftsbereichen im Vergleich zum Vorjahr. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: natürlich sind steigende Energiepreise und wachsendes Nachhaltigkeitsbewusstsein die Haupttreiber für das Wachstum im Energieeffizienzmarkt. Aber auch der Bauboom verursacht durch niedrige Zinsen und Krisenängste kommt beispielsweise der energetischen Gebäudesanierung zu Gute. Gleiches gilt für rechtliche Änderungen wie die Notwendigkeit eines Energiemanagements für EEG- und Energiesteuerausnahmen, welche die Nachfrage nach Energieberatungen und Hard- und Software zum Energiemanagement steigen lässt.

Insgesamt wünschen sich die Unternehmen der Energieeffizienzbranche von der Politik jedoch klare und verbindliche Energiesparvorgaben, eine gute Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie und stabile Förderbedingungen. Die Stimmung am Markt ist gut bis sehr gut. Ein echter Schmerzpunkt für die Branche ist allerdings die schlechte Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften – fast 60% der Befragten beurteilt diese als "schlecht", nur 5% als "gut". Hier muss sowohl das staatliche Qualifizierungsangebot verbessert werden, aber die Branche selbst hat auch einen gewissen Nachholbedarf in Punkto Personalmarketing und Aus- und Weiterbildung. Wenn man sich aber die Wachstumsperspektiven und die interessanten und herausfordernden Aufgabenbereiche anschaut, kann man nur jedem jungen Menschen zurufen: die Jobs der Zukunft liegen in der Energieeffizienz!

Welche Akteure haben an dem Projekt mitgewirkt?

Der Branchenmonitor hat viele Väter. Zum einen haben unsere Unternehmensvertreter und die Experten aus dem fachlichen Beirat den Grundstein in vielen qualitativen Diskussionen z.B. in unseren Arbeitsgruppen oder in persönlichen Gesprächen gelegt. Die Umfrage und Analysen wurde von der DENEFF Geschäftsstelle gemeinsam mit den beiden Energieeffizienzexperten Nicolas Deutsch und Adrian Bründl entwickelt (beide arbeiten beim DENEFF-Mitglied PricewaterhouseCoopers und wurden für die Arbeit dankenswerter Weise zeitweise freigestellt). Teilgenommen an der Befragung haben dann 63 Unternehmen der Energieeffizienzbranche aus so unterschiedlichen Bereichen wie Energieberatung, Baustoffe, Finanzdienstleistungen, Gebäudetechnologie, Maschinenbau usw. Abschließend haben wir die Studie nochmals durch unseren fachlichen Beirat kommentieren lassen. Daneben haben uns Verbände aus der Energiewirtschaft wie der VKU, GEODE und der VfW unterstützt aus dem Kreis ihrer Mitglieder Einsichten zu erhalten.

Sie haben neben den oben genannten Treibern für die Marktentwicklung auch Attraktivitätsfaktoren des Energieeffizienzmarktes identifiziert. Welche sind das?

Genau – wir haben uns gefragt, welche Faktoren wichtig für die weitere Marktentwicklung sind und sind dabei auf Regulierung, Konkurrenzdruck, Markteintrittsbarrieren und die bereits beschriebene Fachkräfteverfügbarkeit gestoßen. Bei den regulatorischen Rahmenbedingungen geht es vor allem um die systematische Beseitigung von Marktbarrieren und langfristige und verlässliche Planbarkeit. Denn bislang gibt es von politischer Seite zwar Willensbekundungen zum Thema Energieeffizienz – z.B. Verdopplung der Sanierungsrate – diese Ziele sind aber nicht rechtlich bindend, im Gegensatz übrigens zu beispielsweise Ausbauzielen für erneuerbare Energien. Selbst wenn 2012 für den Markt ein gutes Jahr war und selbst wenn das Wachstum optimistisch angenommen so anhalten würde, wären die politisch gewollten und volkswirtschaftlich sinnvollen Zielwerte mit diesen Steigerungsraten damit immer noch nicht erreichbar, weil viele sinnvolle Energieeffizienzinvestitionen aus verschiedenen Gründen nicht getätigt werden. Hier muss die Politik engagiert nachlegen. Was Marktbarrieren und Konkurrenzdruck betrifft, sind diese je nach Bereich stark variierend, der Wettbewerb aber insgesamt sehr stark am Markt. Das ist so lange gut und richtig, wie dieser noch ausreichend wächst. Stagniert der Markt, werden sicherlich einige Anbieter wieder aussteigen bzw. sich konsolidieren müssen. Auch sehr spannend waren die Antworten auf die Frage nach den individuellen Erfolgsfaktoren. Hier kam heraus, dass die Energieeffizienzanbieter vor allem auf individualisierte und qualitativ hochwertige Angebote setzen und weniger auf Standardisierungen und Kostenführerschaft – Billigproduktion in Fernost ist in der Branche vorerst kein Thema.

Energieeffizienz wird also zunehmend nachgefragt. Nach welchen Lösungen besteht denn der größte Bedarf?

Da wir technologieoffen sind, haben wir keine einzelnen technologischen Lösungen untersucht. Anhand unserer Mitgliederstruktur und anhand der Struktur der Teilnehmer an der Studie sehen wir aber, dass die Angebote im Bereich Energieeffizienz sehr vielfältig sind – was auch Sinn macht, da der Energieverbraucher ja seinen individuellen optimalen Weg zur eingesparten Kilowattstunde gehen muss. So wird der eine Hausbesitzer eventuell im ersten Schritt eher auf ein hocheffizientes High-Tech-Heizsystem mit iPhone-App setzen, während sein Nachbar mehr Wert auf Behaglichkeit legt und beispielsweise die Fassade dämmt und ein Lüftungssystem einsetzt. Der Fabrikant wird vielleicht seinen Fokus auf effiziente Produktionsanlagen setzen, der Einzelhändler eher auf effiziente Beleuchtung und Kühltruhen usw. Das macht es aber auch gleichzeitig sehr schwierig den Markt abzugrenzen und als Kunde eine schnelle, gute Übersicht zu bekommen. Aus den Diskussionen mit den Unternehmen wird eines jedoch zunehmend klarer: insgesamt kommt die Nachfrageseite meist aus der Richtung "Mein Kühlschrank ist ohnehin kaputt, dann kaufe ich mir doch diesmal den energieeffizientesten!". Vergleichsweise geringer ist dagegen noch die Nachfrage nach reinen Energieeinsparungen, unabhängig von ganz konkreten Austausch- oder Sanierungsanlässen.

Auf der Angebotsseite haben sie den "Energieeffizienzmarkt" definiert. Was muss man darunter verstehen?

Alle Lösungen die dazu beitragen, dass der gewünschte Output, Experten sprechen hier von der "Energiedienstleistung", mit weniger Energieeinsatz erzielt wird. Oder um es etwas plakativer zu sagen: Alles, was hilft, meine Wohnstube mit weniger Heizöl auf eine wohlige Raumtemperatur zu bekommen und mit weniger Strom meine 1.000 Autos am Tag zu produzieren. Das können Produkte wie effiziente Motoren oder dreifach verglaste Fenster sein, aber auch Dienstleistungen wie Handwerksleistungen, Energieberatung oder Effizienz-Contracting.

Welches Gesamtfazit ziehen sie für die künftige Arbeit der DENEFF?

Für uns als DENEFF ist es gerade im Wahljahr 2013 extrem wichtig zu zeigen, dass an dem Thema Energieeffizienz Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in großem Umfang hängen und dass in der nächsten Legislaturperiode hier auch politisch mehr passieren muss, um Energieeffizienznachfrage und Angebot zu steigern – hierzu stellen wir derzeit einen konkreten Forderungskatalog auch auf Basis des Branchenmonitors auf. Mindestens genauso wichtig für uns ist aber auch, die Ergebnisse mit den Teilnehmern der Befragung und unseren Mitgliedern intensiv zu diskutieren und zu überlegen: was können und müssen wir als Branche noch leisten, unabhängig von der Politik, um die Energiesparpotenziale künftig noch effektiver und effizienter heben zu können.

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