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18.02.2013 | Management + Führung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Jenseits des reinen Nutzendenkens

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Die Arbeitsgesellschaft wandelt sich rasch. Die intersektoralen Partnerschaften und die Legitimationsfrage wirtschaftlichen Handelns eröffnen neue Tätigkeitsfelder. Unternehmen müssen ein Konzept haben, wie sie mit den gesellschaftlichen Anforderungen umgehen sollten, schreibt der Wissenschaftler Gian-Claudio Gentile in einem Gastbeitrag.

Unternehmen als "Bürger", also als einen Teil einer (Werte-)Gemeinschaft zu verstehen, findet zunehmend Zuspruch und wird im Rahmen von Debatten um die gesellschaftliche Legitimation unternehmerischer Zweckerfüllung gerne als Orientierungsmetapher eingebracht. Die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen wird nicht mehr nur in der ökonomischen Leistungserbringung gesehen, sondern um ökologische und soziale Aspekte erweitert. Die Diskussionen um die Rolle der Wirtschaft, d. h. der Unternehmen in der Gesellschaft, sind Teil einer eigentlichen Neuausrichtung des institutionellen Gefüges zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Sie sind in einer globalisierten Welt, welche durch Individualisierung und Wertepluralismus gekennzeichnet ist, von zentraler Bedeutung für eine nachhaltige und gerechte Wohlstandsgenerierung.

In kritischer Abgrenzung zu instrumentellen und sogenannt philanthropischen Ansätzen des Corporate Social Responsiblitiy (CSR) relativiert die Perspektive des Corporate Citizenship (ähnlich wie der normative Stakeholderansatz) den Primat der Gewinnmaximierungslogik sowie der damit zusammenhängenden Annahme: ".....that social relations should (naturally) be thought of as exclusively instrumental – that is, in terms of maximizing output from a given input“ (Alvesson, Bridgman & Willmott, 2009, S. 11). Einem integrativen Verständnis sozial verantwortlichen Managements Folge leistend, sollen Unternehmen auch andere Sprachstile als den durch Effizienz und Effektivität geprägten Dialekt neo-klassischer Gewinnrhetorik sprechen oder zumindest verstehen.

Die Legitimationsfrage wirtschaftlichen Handelns

Durch eine sich wandelnde Arbeitsgesellschaft (z.B.  die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Umgang mit dem Demographischen Wandel), die zunehmend geforderten intersektoralen Partnerschaften (z.B. in der Nachhaltigkeitsdebatte / -entwicklung) sowie hinsichtlich der grundsätzlichen Legitimationsfrage wirtschaftlichen Handelns (z.B. Managergehälter) eröffnen sich neue Tätigkeitsfelder. Das Unternehmen bzw. dessen Unternehmensmitglieder müssen ein Konzept davon haben, wie mit unterschiedlichen Interessen und Anforderungen jenseits reinen Nutzendenkens umzugehen ist. Zwei ausgewählte Beispiele mögen dies illustrieren:

  • So gilt es zum einen eine neue Sensibilität für den Umgang mit Mitarbeitenden zu entwickeln. Diese werden, entgegen der klassischen Reduktion auf eine reine Arbeitskraft, vermehrt im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen wie Pflege, Familie und Beruf sowie zivilgesellschaftliches Engagement als wichtige Ressource entdeckt und gesellschafts-politisch eingefordert (Beck, 1999; Europäische Kommission, 2009). Unternehmen als Arbeitgeber sollen mit innovativen Arbeitsmodellen ihren Teil dazu beitragen.

  • Zum anderen gilt es die Fähigkeit der Betriebe zur Perspektivenübernahme zu schärfen. Konkret heisst dies, dass bei intersektoralen Partnerschaften die unterschiedlichen Interessen gleichberechtigt diskutiert werden und nicht vorschnell die Win-Win-Rhetorik bemüht wird. Beispielhaft, wenn auch nicht perfekt in der Umsetzung, mögen folgende Initiativen erwähnt sein: (1) der Forest Stewardship Council (FSC), eine globale Initiative von NGO und Unternehmen zum Schutz der Wälder; (2) die Entwicklung des CSR-Standards ISO 26000 im Rahmen eines globalen Entwicklungsprozesses zwischen Stakeholdern wie NGO, Staatsvertretern, Unternehmen u.a.

Die moralischen Pflichten eines Unternehmens

In den genannten Beispielen stellen die Fähigkeiten zur Perspektivenübernahme bzw. erweiterten Bedürfnisberücksichtigung geschäftsrelevante Kompetenzen der Firmen dar. Zum einen für die Gewinnung von Mitarbeitenden, sofern die Rede von der Generation Y nicht (nur) Rhetorik ist. Zum anderen für die Legitimation der eigenen Geschäftstätigkeit (z.B. das Einhalten von Standards bzw. die kritische Auseinandersetzung damit, wie z.B. im Fall von IKEA im Jahr 2012 bzgl. der Verwendung von geschützten Hölzern aus Russland). 

Corporate Citizenship soll unter diesen Bedingungen dazu beitragen, dass sich Unternehmen vermehrt in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen, um sowohl ihre (moralischen) Pflichten, als auch ihre  Rechte in der kritischen Auseinandersetzung mit anderen Akteuren abzustimmen.

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