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08.04.2024 | Steuerrecht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wo neue Steuerregeln 2024 für Wachstumsimpulse sorgen

verfasst von: Sylvia Meier

7 Min. Lesedauer

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Wachstumschancengesetz, Mindeststeuer oder Bürokratieentlastung: Steuerliche Neuerungen, die die deutsche Wirtschaft 2024 ankurbeln sollen, sind oft hart umkämpft. Dieser Schwerpunkt stellt die aktuellsten Regelungen vor und zeigt, was sie Unternehmen bringen.

Die konjunkturelle Schwächephase setzt die deutsche Wirtschaft unter massiven Druck. Zum Jahreswechsel hatte die Politik deshalb zahlreiche Neuerungen im Steuerrecht geplant, die für mehr Wachstum sorgen und Unternehmen entlasten sollen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten steuerlichen Neuregelungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit kurz zusammen: 

Wachstumschancengesetz

Mit dem "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)" erblickte ein großes Paket verschiedener steuerlicher Maßnahmen das Licht der Welt. Von Beginn an gab es reichlich Kritik an den geplanten Regelungen und ein besonders langwieriges Gesetzgebungsverfahren folgte. Konflikte innerhalb der Ampelkoalition und ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat verzögerte die Verabschiedung erheblich. 

Im März 2024 war es schließlich soweit. Doch nicht alle geplanten Maßnahmen wurden umgesetzt. Einige, auf die die Wirtschaft gehofft hatte, wurden von der Agenda gestrichen. Hierzu gehören unter anderem folgende ursprüngliche Pläne:

  • Einführung einer Investitionsprämie
  • Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)
  • Höhere Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen
  • Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen
  • Neue Freigrenze bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung 

Weggefallene Regelungen lösen Kritik aus

Die Streichung dieser ursprünglich geplanten Regelungen im Wachstumschancengesetzt stieß in der Wirtschaft auf zum Teil auf harte Kritik:

Das Gesetz verdient seinen Namen nicht. Im Kern handelt es sich um ein 'Gesetzche'. Denn unterm Strich sind nach großen Ankündigungen nur noch winzige Entlastungen für die Wirtschaft übriggeblieben. Die bitter nötigen Wachstumsimpulse lassen weiter auf sich warten. Der Befreiungsschlag für die Wirtschaft ist gänzlich ausgeblieben und wir steuern geradewegs in eine Rezession hinein", bemerkte beispielsweise Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK).

Auch wenn dem bayerischen BIHK-Chef die steuerlichen Entlastungen für die Wirtschaft nicht weit genug reichen, ist allerdings sicher, dass die Unternehmen nach den langen und zähen Verhandlungen um die Reform nun endlich Planungssicherheit haben. Zu den zahlreichen Maßnahmen gehören:

Elektronische Rechnungen

Eine besonders wichtige Regelung wurde im Bereich der Rechnungsstellung beschlossen: Elektronische Rechnungen im B2B-Bereich werden verpflichtend. Forderungen, die bisher als PDF-Anhang per Mail übermittelt wurden, entsprechen den neuen strengen Anforderungen nicht mehr. Die sogenannte E-Rechnung ist ab 1. Januar 2025 Pflicht. 

Es wurden jedoch einige Übergangsregelungen beschlossen. So sind für Umsätze, die bis 31. Dezember 2026 ausgeführt werden, mit Zustimmung des Rechnungsempfängers auch andere Formate zugelassen. Kleinere Unternehmen mit Umsätzen bis zu 800.000 Euro im Jahr 2026 erhalten sogar ein weiteres Jahr Zeit für die Umstellung. Doch ab 1. Januar 2028 führt an E-Rechnungen im B2B-Bereich kein Weg mehr vorbei. Firmen kommen daher mittelfristig um die Anpassung ihrer Prozesse nicht herum. 

Degressive Abschreibung

Die degressive Abschreibung wurde für bewegliche Wirtschaftsgüter befristet wiedereingeführt. Sie galt bereits im Rahmen der Corona-Steuerhilfegesetze für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022. Unternehmen können nun erneut von dem Wahlrecht für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens profitieren, die nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025 angeschafft oder hergestellt worden sind.

Auch für Wohngebäude wird die degressive Abschreibung befristet wieder gewährt. Sie kommt für Gebäude infrage, die im Zeitraum vom 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 hergestellt oder die mit obligatorischem Vertrag nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 angeschafft werden.

Steuerliche Forschungsförderung

Die Bundesregierung will die steuerliche Forschungsförderung stärken und setzt noch mehr steuerliche Anreize. Das gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Einzelunternehmen, die nun besser gefördert werden. Der Umfang förderfähiger Aufwendungen wird deutlich erweitert. So werden beispielsweise noch mehr Eigenleistungen als förderfähiger Aufwand berücksichtigt.

Geschenke

Beim Betriebsausgabenabzug galt für Geschenke an Geschäftsfreunde bisher eine Freigrenze von 35 Euro. Doch ab 2024 wird dieser Betrag auf 50 Euro erhöht.

Weitere wichtige Neuregelungen im Wachstumschancengesetz im Überblick:

  • Verbesserte Sonderabschreibung nach § 7g EStG 
  • Änderung der Thesaurierungsbegünstigungen 
  • Anhebung der Grenzen für die Buchführungspflicht und für die Ist-Besteuerung 
  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG
  • Digitales Spendenverfahren 
  • Sonderregelung der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen

Zukunftsfinanzierungsgesetz

Eine weitere steuerlich relevante Neuregelung befasst sich mit den Mitarbeiterkapitalbeteiligungen. Diese gelten für Unternehmen als interessante Variante, Eigenkapital zu generieren. Die Politik hat mit dem Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz - ZuFinG) die steuerlichen Rahmenbedingungen dieses Finanzierungskonstrukts verbessert.

Ein wesentlicher Punkt ist die Erhöhung des Freibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 1.440 Euro auf 2.000 Euro, die seit 2024 greift. Außerdem wurde der Anwendungsbereich der Regelung zur aufgeschobenen Besteuerung (§ 19a EStG) ausgeweitet. Eine weitere Neuregelung ermöglicht, dass die Besteuerung bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschobenen wird, wenn der Arbeitgeber bereit ist, die Haftung für die anfallende Lohnsteuer zu übernehmen.

Mindeststeuergesetz

Zudem ist die Einführung eines Mindeststeuergesetzes beschlossen worden. Die sogenannte Mindeststeuer soll sicherstellen, dass Großkonzerne global mit 15 Prozent besteuert werden. Nach der Einarbeitung umfangreicher Stellungnahmen hatte das Bundesministerium der Finanzen im Juli 2023 einen Referentenentwurf vorgelegt. Dieser bildete die Basis für den nachfolgenden Regierungsentwurf, mit dem das ordentliche Gesetzgebungsverfahren initiiert wurde. 

Im November 2023 passierte das Gesetz den Bundestag und wurde am 15. Dezember 2023 vom Bundesrat beschlossen. Die im Bundesgesetzblatt am 27. Dezember 2023 veröffentlichten Regelungen gelten erstmalig für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen. Das Bundesfinanzministerium informiert zu den wichtigsten Fragen auf seiner Homepage.

Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)

Und die Politik will Bürger, Unternehmen und Verwaltung von bürokratischen Fesseln befreien: "Die Bundesregierung hat die Verbände angehört und aus ihren Hinweisen Eckpunkte für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. Darin finden sich Vorschläge, wie die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre zu verkürzen und die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige abzuschaffen", schreibt hierzu Hermann Hill, Professor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, in der Zeitschrift "Innovative Verwaltung". Auch die Anhebung der Schwellenwerte für Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist geplant.

Zugleich moniert der Verwaltungswissenschaftler: 

Die Voraussetzungen im Verwaltungsvollzug sind suboptimal. Schon Gesetze bedenken die Vollzugsfähigkeit oft zu wenig, sie kommen zu schnell nacheinander und lassen kaum Zeit zur Einarbeitung. Hinzu gesellt sich der Fachkräfe- und generell der Personalmangel. Die Chancen der Digitalisierung werden generell zu wenig genutzt."

Um auch bei neuen Technologien voran zu kommen, befassen sich zahlreiche Neuregelungen mit der Förderung der Digitalisierung. So sollen beispielsweise im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Schriftformerfordernisse zu Textformerfordernissen herabgestuft werden, um dem digitalen Wandel zu genügen. Dann ist beispielsweise auch eine E-Mail oder SMS zulässig. Entsprechende Regelungen werden unter anderem auch im Vereinsrecht und im Gesellschaftsrecht geplant. Das Gesetzgebungsverfahren ist Stand April 2024 noch nicht abgeschlossen. 

Weitere Neuerungen für Steuerabteilung und Buchhaltung 

  • Anhebung der Schwellenwerte bei der Bilanzierung und Rechnungslegung
    Die Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen im Handelsbilanzrecht sollen angehoben werden - und zwar bereits rückwirkend für 2023. Mit einem entsprechenden Gesetzentwurf sollen EU-Vorgaben umgesetzt werden.
  • Geänderte Werte in der Lohnbuchhaltung
    Ab 2024 sind zahlreiche weitere steuerliche Änderungen zu berücksichtigen. Vor allem die Lohnbuchhaltung muss geänderte Werte umsetzen. So beispielsweise:
    • Anhebung des Grundfreibetrags 
    • Anhebung des Kinderfreibetrags
    • Geänderte Werte in der Sozialversicherung
      Hinweis: Noch immer gibt es in der Politik Diskussionen, ob der Grundfreibetrag weiter zu erhöhen ist. Bundesfinanzminister Lindner kündigte weitere steuerliche Entlastungen an. Innerhalb der Ampelkoalition muss hierzu jedoch noch Einigkeit erzielt werden.
  • Amtliche Sachbezugswerte 2024
    Die Sachbezugswerte 2024 wurden bekannt gegeben. Diese sind insbesondere in der Lohnbuchhaltung zu beachten. 
  • Umsatzsteuersatz in der Gastronomie
    Die Corona-Krise brachte gerade für die Gastronomie erheblich Einbußen mit sich. Um die wirtschaftlichen Folgen zu mildern, wurde der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent gesenkt. Diese Regelung galt befristet bis Ende 2023. In 2024 muss für Speisen im Restaurant wieder der Regelsteuersatz zur Anwendung kommen.
  • Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen
    Infolge der Energiekrise wurde der Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme aus einer Wärmeerzeugungsanlage befristet auf sieben Prozent gesenkt. Die Befristung galt für den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis Ende März 2024. Ab 1. April 2024 ist der Regelsteuersatz anzuwenden.
  • Solidaritätszuschlag in Diskussion
    Ein weiterer Streitpunkt in der Ampelkoalition bleibt der Solidaritätszuschlag. Bundesfinanzminister Christian Lindner würde den Ausstieg aus dem Soli befürworten. Allerdings ist fraglich, ob hierzu ein gemeinsames Vorhaben der Ampelkoalition realisiert werden kann.

Zudem werden im Verlauf des Jahres noch zahlreiche Urteile vom Bundesfinanzhof und Bundesverfassungsgericht erwartet, die für die Finanz- und Steuerabteilungen der Unternehmen besonders relevant sind.

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