Anleger, die in Deutschland ansässig sind und in Investmentfonds mit Sitz in den USA investiert haben, können eine Pauschalbesteuerung nach § 6 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) vermeiden. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. November 2015, VIII R 27/12 entschieden.
Pflichtangaben nach dem InvStG
Investmentfonds – sowohl inländisch, als auch ausländisch – sind verpflichtet, bestimmte gesetzliche Angaben zu veröffentlichen. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 5 InvStG. „ § 5 InvStG enthält die formalen Bekanntmachungspflichten, welchen der Investmentfonds unterliegt. Sie umfassen insbesondere die Angaben zu den vorgenommenen Ausschüttungen, welche Erträge darin aus welchen Quellen enthalten sind, sowie Angaben zu den ausschüttungsgleichen Erträgen“ erläutertn die Springer-Autoren Professor Florian Haase und Dr. Katrin Dorn in der Einleitung zu ihrem Buch „Investmentsteuerrecht“.
Doch nicht immer kommen Investmentfonds diesen Pflichten nach. Und dies führt dann dazu, dass der inländische Anleger für den Fiskus seine steuerpflichtigen Einkünfte pauschal ermitteln muss. „Die Besteuerung intransparenter Fonds ist von der Strafbesteuerung i. S. d. § 6 InvStG gekennzeichnet. Der Fonds selbst bleibt weiterhin für die Besteuerung der Erträge nach § 11 Abs. 1 InvStG unberücksichtigt. Allerdings findet jetzt auf Ebene der Anleger eine pauschale Besteuerung statt. Sie umfasst neben den Ausschüttungen und dem Zwischengewinn 70 Prozent eines Mehrbetrags, der sich aus der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis ergibt" beschreiben die Autoren. Der Anleger muss jedoch mindestens Erträge in Höhe von 6 Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises für den Investmentanteil ansetzen.
Diese Regelung ist aber natürlich für den Anleger ärgerlich. Und nicht jeder informiert sich bei einer Investition in so einen Fonds, welchen Bekanntgabepflichten dieser nach kommt.
BFH verweist auf EuGH-Urteil
In dem aktuellen Urteilsfall entschied der BFH, dass die Voraussetzungen für eine pauschale Ermittlung der Erträge gemäß § 6 InvStG aus den US-Investmentfonds der Revisionsklägerin nicht erfüllt waren. Der BFH verweist in seinem Urteil auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache van Caster und van Caster vom 9. Oktober 2014, C 326/12 (EU:C:2014:2269).
Anleger können Pauschalbesteuerung vermeiden
Daraus ergibt sich, dass ein inländischer Anleger mit Investmentanteilen an einem Fonds mit Sitz im EU-/EWR-Ausland die gesetzlichen Pflichtangaben nach § 5 Abs. 1 InvStG selbst machen kann, um die Pauschalbesteuerung seiner Erträge zu vermeiden. Mit anderen Worten: In diesen Fällen können Anleger die für sie ungünstige Pauschalbesteuerung umgehen. Das aktuelle Urteil des BFH hat nun – entgegen der Finanzverwaltung – folgende Auffassung: Auch in den Fällen, in denen der betroffene Investmentfonds Sitz in den USA hält, sollen inländische Anleger die Pauschalbesteuerung vermeiden können.
Neue Anlagestrategien?
Die Besteuerung von Investmentfonds ist für viele Anleger komplex. Auch auf Bankberater können deshalb Fragen hinsichtlich der Besteuerung zukommen. Jedoch sind pauschale „Steuertipps“ hier mit Vorsicht zu genießen. Entscheidend ist im Steuerrecht nun mal meistens der Einzelfall. Dieses Urteil zeigt jedoch wieder interessante Möglichkeiten bei Anlagestrategien auf. Wie die Finanzverwaltung auf diese Entwicklung reagieren wird, bleibt abzuwarten.
Übrigens: Das Investmentsteuergesetz soll insgesamt geändert werden. Ein entsprechender Referentenentwurf wurde vom Bundesfinanzministerium im Dezember 2015 veröffentlicht. Einige steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten sollen demnach nicht mehr möglich sein. Anleger werden im Hinblick auf steuerliche Gesichtspunkten insgesamt ihre Strategien überdenken müssen.