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19.05.2016 | Unternehmenskultur | Interview | Online-Artikel

"Planlose, cholerische und arrogante Chefs sind weit verbreitet“

verfasst von: Merle Kammann

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Prof. Dr. Martin-Niels Däfler

Springer-Autor Martin-Niels Däfler lehrt an der FOM Hochschule in Frankfurt am Main.

Ralph Dannhäuser

Springer-Autor Ralph Dannhäuser ist in Deutschland einer der führenden Experten für Karrierenetzwerke. 

Was braucht ein Mitarbeiter, um im Beruf glücklich zu sein? Unterforderung und unangenehme Vorgesetzte gehören nicht dazu, so die Springer-Autoren Martin-Niels Däfler und Ralph Dannhäuser im Interview.

Springer Professional: Es gab in den letzten Jahren verschiedene Umfragen und Studien zum Thema Zufriedenheit im Beruf. Hat Ihre eigene Online-Befragung Ergebnisse hervorgebracht, die Sie überrascht haben?

Martin-Niels Däfler: Unsere Befragung hat einige Annahmen bestätigt, aber auch ein paar Resultate geliefert, mit denen wir so nicht gerechnet hatten. In unserer Online-Befragung haben uns 1.519 Teilnehmer aus ganz Deutschland Auskunft darüber gegeben, wie zufrieden sie in materieller und immaterieller Hinsicht sind. Über ein Drittel ist finanziell und zugleich ideell zufrieden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass knapp zwei Drittel nicht glücklich in ihrem Job sind. Knapp ein Viertel der Befragten ist weder materiell noch immateriell zufrieden. Diese Verteilung korrespondiert im weitesten Sinn mit ähnlichen Untersuchungen.

Überraschend war, dass die 26- bis 35-Jährigen am unzufriedensten sind. Ganz anders die über 55-Jährigen; sie schneiden in beiden Kategorien am besten ab. Weiterhin erstaunt hat uns, dass sich 31 Prozent der Befragten unterfordert fühlen, aber nur acht Prozent überfordert. Offensichtlich haben wir in unserer Gesellschaft nicht nur ein Burnout-, sondern auch ein Boreout-Problem.

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Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Zufriedenheit? Wenn ja, woraus ergeben diese sich?

Ralph Dannhäuser: Frauen sind unzufriedener als Männer, und zwar sowohl in materieller als auch in immaterieller Hinsicht. Die rein quantitative Auswertung liefert natürlich keine Hinweise darauf, warum das so ist. Es ergeben sich aber interessante Einsichten, wenn man die Freitextantworten sowie die Frage nach der Über-/Unterforderung betrachtet. Hier zeigt sich, dass Frauen sich mit gut elf Prozent deutlich häufiger überfordert fühlen als ihre männlichen Kollegen, bei denen es nicht ganz sieben Prozent sind. Das mag mit der nach wie vor vorhandenen Doppelbelastung zu tun haben, kann aber auch daran liegen, dass Frauen vielleicht höhere Ansprüche haben und daher öfter enttäuscht sind. Jedenfalls werden wir zu diesem Thema weiter forschen.

Was braucht denn ein Berufstätiger, um sich mit seiner Arbeit glücklich fühlen zu können?

Martin-Niels Däfler: Letztlich wünschen sich Berufstätige nicht allzu viel. Sie wollen – plakativ gesagt – einfach nur in Ruhe ihre Arbeit machen können und hin und wieder ein wenig ehrliche Wertschätzung erfahren. Das klingt banal, aber genau das ist es, was so häufig beklagt wird. Arbeitnehmer kritisieren insbesondere die Verhaltensweise des direkten Vorgesetzten: Planlose, cholerische und arrogante Chefs sind nach wie vor weit verbreitet. Um die Frage abschließend zu beantworten: Berufstätige brauchen Aufgaben, die sie optimal fordern und eine halbwegs vernünftige Arbeitsatmosphäre, einen aufrichtigen Vorgesetzten eingeschlossen.

Was können unglückliche Mitarbeiter konkret tun, um in ihrer aktuellen Position mehr Zufriedenheit zu erreichen?

Ralph Dannhäuser: Wer total frustriert ist, wird unserer Erfahrung nach am alten Arbeitsplatz nichts bewegen können. Hier gilt es, das Spielfeld zu wechseln, also sich einen neuen Job zu suchen. Anders bei den materiell Unzufriedenen. Die sollten zunächst das offene Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und nach einer Gehaltssteigerung fragen.

Ein solches Gespräch will natürlich gut vorbereitet sein. Nur zu argumentieren, dass man mehr Geld wolle, zählt für den Chef nicht. Mitunter kann man versuchen, über zusätzliche Sozialleistungen mehr rauszuholen. Und häufig wird man ehrlicherweise erkennen müssen, dass man mit seiner Qualifikation einfach nicht mehr verdienen kann. Dann heißt es, in Weiterbildung zu investieren, wenn man am Monatsende mehr auf dem Konto haben will.

Schließlich jene, die in immaterieller Hinsicht unglücklich sind: Ausgangspunkt hier ist die Erkenntnis, dass man andere nicht ändern kann, nur sich selbst. Wir können aber viel durch unser eigenes Verhalten und durch unsere Kommunikation bewirken. Die Logik ist eine einfache: Psychisch normale Menschen handeln nach dem Reziprozitätsprinzip, dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Auf gut Deutsch heißt das: "So wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." 

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Glücklicher im Beruf ...

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