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09.01.2024 | Wärme | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gesetz für Wärmeplanung und -netze

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Die Bundesregierung will mit dem Ausbau der Wärmenetze die Energiewende drastisch vorantreiben. Die Ziele sind ehrgeizig. Ein neues Gesetz soll beim Erreichen helfen. Doch derzeit gibt es für das kostspielige Vorhaben keine Förderung.

Mit dem Jahr 2024 gilt auch das Gesetz zur Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze (KWP). Es zielt darauf ab, Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme bis 2045 treibhausgasneutral zu gestalten und ist dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschaltet. Denn erst wenn feststeht, dass Gebäude nicht an Wärmenetze angeschlossen werden, treten hier die Pflichten für die Wärmeerzeugung ein, wie sie im GEG vorgegeben sind.

Das Gesetz sieht vor, bis 2030 30 % der Wärme klimaneutral zu erzeugen. Bis 2040 sollen Wärmenetze zu 80 %, bis 2045 vollständig mit erneuerbaren Energien oder Abwärme betrieben werden. Für neue Netze gilt ab 2024 eine Mindestquote von 65 % erneuerbarer Wärme.

Städte über 100.000 Einwohnern müssen bis Juni 2026, kleinere bis 2028 Wärmepläne erstellen. Zudem gibt es eine Begrenzung des Biomasse-Anteils ab 2045 und Anpassungen im Baugesetzbuch.

Fernwärme soll stark wachsen

Nach dem aktuellen Gesetzentwurf werden 14 % der Haushalte in Deutschland mit Fernwärme beheizt. Sie gilt als klimafreundlich, da sie Abwärme aus Kraftwerken nutzt. Deswegen soll sie stark ausgebaut werden, auf bis zu 20 %. Dazu müssten jährlich gut 100.000 Gebäude an Wärmenetze angeschlossen werden. Der Bund plant dafür eine finanzielle Unterstützung von 500 Millionen Euro für die Planung und etwa vier Milliarden Euro bis 2027 für den Um- und Ausbau des Netzes.

Förderung erst mal gestoppt

Die Förderung lief bisher über das Bundesförderprogramm für effiziente Wärmenetze (BEW). Es förderte den Neubau von Wärmenetzen mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien und die Dekarbonisierung bestehender Netze. Dieser systemische Ansatz wurde durch Einzelmaßnahmen ergänzt, etwa die Betriebskostenförderung für die Erzeugung erneuerbarer Wärmemengen aus Solarthermieanlagen und strombetriebenen Wärmepumpen.

Aktuell ist die Finanzierung des Programms jedoch durch eine Haushaltssperre des Bundesfinanzministeriums aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt. Neue Vorhaben können derzeit nicht bewilligt werden. Auch die Annahme neuer Anträge ist pausiert. Lediglich Maßnahmen, die bereits Förderzusagen erhalten haben, können weiterverfolgt werden.

Kritik von Opposition und Branche

An dem Verfahren wie auch am Ergebnis gab es schon wie beim GEG reichlich Kritik. Jan-Marco Luczak und Michael Kießling von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kritisierten die späte Einführung des Gesetzes und die mangelhafte Verzahnung mit dem GEG. Eigentümer bräuchten schneller Klarheit über Anschlüsse an Fernwärme oder Wasserstoffnetze. Luczak bemängelt zudem das Fehlen eines detaillierten Förderkonzepts und einer sozialen Flanke der Heizwende. Kießling fürchtet, dass das Gesetz Kommunen finanziell und personell überfordert und dass wichtige Fragen nach dem Abschluss des Gesetzes weiterhin offenbleiben. Diese Kritik ist angesichts der Mangellage bei Personal (hier vor allem Handwerker und Planer), Material und Ressourcen im Bau durchaus angebracht.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), kritisiert ebenfalls die unzureichende Finanzierung der Wärmeplanung.

Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) hingegen begrüßt das Gesetz zwar grundsätzlich, warnt aber, dass die Wärmeplanung das Modernisierungstempo bremsen und zu Verzögerungen bei der Wärmewende führen könnte. Der BDH kritisiert außerdem eine zu starke Fokussierung auf Wärmenetze und mögliche Anschluss- und Benutzungszwänge, die den freien Wettbewerb einschränken könnten. Auch in Gebieten mit Nah- und Fernwärmenetzen sollten dezentrale Lösungen wie Wärmepumpen ermöglicht werden.

Wasserstoff wird nicht berücksichtigt

Jörg Höhler, Präsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) bemängelt, dass das Gesetz die Planungssicherheit für das Wasserstoffnetz auf Verteilnetzebene nicht ausreichend berücksichtigt und die Integration von Wasserstoff in die Wärmeversorgung erschwert. Notwendig wäre die Aufnahme des Gasnetzgebietstransformationsplanes als Teil des Wärmeplanungsgesetzes.

Fazit: Das Wärmegesetz wird die Wärmewende zunächst verlangsamen. Wer erst Planungssicherheit hat, wenn er weiß, dass er nicht an ein wie auch immer geartetes Wärmenetz angeschlossen wird, kann derzeit die Hände in den Schoß legen. Eine beschleunigte Wärmewende sieht anders aus.

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