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19.01.2018 | Zahlungsverkehr | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gefährlich schöner Bitcoin-Hype

verfasst von: Stefan Terliesner

5:30 Min. Lesedauer

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Für viele Beobachter aus der Finanzszene ist die Kryptowährung zum Spekulationsobjekt verkommen. Doch während immer mehr Aufseher Regulierungspläne schmieden, etablieren sich andere virtuelle Münzen.

Der Bitcoin ist in aller Munde. Das ist kein Wunder, gewann die Kryptowährung doch im Verlauf des Jahres 2017 deutlich an Wert. Ihr Preis schnellte von fast 1.000 US-Dollar im Januar in der Spitze auf 20.000 Dollar im Dezember des gleichen Jahres in die Höhe. Im Januar 2018 kostete ein Bitcoin rund 14.000 Dollar. Ein wichtiger Grund für die Kursexplosion sind die ersten Terminkontrakte, die es seit wenigen Wochen an US-Börsen auf Bitcoin gibt. Das virtuelle Geld, auch Basis von Geschäftsmodellen aus den Reihen branchenübergreifender Start-ups, ist an der Wall Street angekommen.

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01.01.2018 | Wissen

1. Blockchain

Das satte Kursplus ist aber wenig im Vergleich zur Performance von anderen Cyberdevisen; und davon gibt es mittlerweile weltweit mehr als 1.300. Bitcoin ist nur das bekannteste Computergeld. Die Marktkapitalisierung weiterer Krypotwährungen zeigt die nachfolgende Tabelle:

Marktkapitalisierung von Krypto-Coins


NameMrd. Dollar

1.Bitcoin                                                        

239
2. Etherum 132
3. Ripple  74
4. Bitcoin Cash*     46
5. Cardano   19
6. Litecoin   13
7. NEM   13
8. IOTA   10
9. Stellar   10
10. Dash    8

* Abspaltung vom Bitcoin im Sommer 2017; Stand: 10. Januar 2018
Quelle: Coinmarketcap.com


Auf Platz Eins der Rangliste steht Ripple mit einem Zugewinn von rund 36.000 Prozent im Jahr 2017. Ebenso bemerkenswert ist, dass hinter beiden Digitalmünzen gegensätzliche Ideen stehen. Salopp gesagt funktioniert der Bitcoin bewusst ohne Banken. Ripple hingegen ist eine Kryptowährung, die mit Banken und anderen Finanzunternehmen zusammenarbeitet. Mit der Thematik beschäftigt sich auch der Beitrag "Neue Technik inspiriert Banken", der auf die Bankmagazin-Titelgeschichte (Ausgabe 5/2017, S. 12-17) verweist. Gemeinsam ist Bitcoin und Ripple, dass sie – wie fast alle virtuellen Währungen – auf der Blockchain-Technologie aufbauen. 

Wie der Bitcoin durchstartete

Alles begann vor zehn oder elf Jahren. Damals ersann eine Gruppe von Programmierern namens Satoshi Nakamoto das Konzept hinter der Kryptowährung Bitcoin. Es könnte sich auch um das Pseudonym einer Einzelperson handeln. Kurz nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 schickte die Gruppe ein neuneseitiges Konzeptpapier an einen E-Mail-Verteiler der Kryptographie-Gemeinde. Diese arbeitete an einer Optimierung, bis Ende 2009 ein stabiles Softwareprotokoll für das Bitcoin-Projekt im Internet zur freien Verfügung stand. Dem Vernehmen nach schwebte den Urhebern vor, eine von Banken unabhängige digitale Währung zu schaffen, die einfach zu nutzen sein sollte und von Einzelnen nicht manipuliert werden kann. Gut drei Jahre lang stagnierte der Bitcoin-Kurs unter 25 Dollar. Erst Anfang 2013 kam mehr Bewegung auf. Im März 2013 wurden erstmals reiche Kunden an den Rettungskosten für Banken in Zypern beteiligt. Daraufhin kletterte der Bitcoin auf 266 Dollar. Wohl auch weil die Notenbanken in den USA, der Eurozone, Großbritannien und Japan vor dem Hintergrund gewaltiger Schuldenberge bildlich gesprochen immer mehr Geld (FIAT-Geld) druckten, um damit den Wert ihrer Währung zu verwässern, beziehungsweise Inflation zu erzeugen, behandelten immer mehr Staaten Bitcoin wie echtes Geld. Doch das ist es strengenommen nicht, insbesondere weil es nicht wertstabil ist. 

Vor allem in China boomt die Cyberdevise. Der Hintergrund hierfür: Beobachtern zufolge nutzen Chinesen die Kryptowährung zur Kapitalflucht. Und vor allem sind die Stromkosten in China wie generell in Asien im Vergleich insbesondere zu Westeuropa sehr niedrig. Um neue Bitcoin zu generieren und Transakationen abzuwickeln, wird immens viel Energie benötigt. Das gilt als Manko der virtuellen Münze. Die technischen Details des Bitcoin-Netzwerkes erläutert die Springer-Autorin Elfriede Sixt im Buchkapitel "Funktionsweise des Bitcoin-Netzwerkes".

Ein weiterer Schwachpunkt sind die Plattformen, über die Bitcoins gehandelt werden. Denn sie sind für Hacker angreifbar. Die Börse Mt.Gox, über die 2013 rund 60 Prozent des weltweiten Bitcoin-Volumens gehandelt wurde, musst das erleben. Sie meldete im Februar 2014 Insolvenz an. Viele Bitcoin-Besitzer verloren ihr virtuelles Geld, denn ihnen wurde der Zahlencode gestohlen, der allein ihnen Zugriff auf ihre Bitcoins sicherte. In den folgenden Monaten fiel der Bitcoin-Kurs von rund 600 Dollar auf nur noch rund die Hälfte. Erst Ende 2016 berappelte sich der Wert wieder, um dann ein Jahr später steil nach oben zu schießen.

Risiken der Cyberwährung stehen auf dem Prüfstand

Der rasante Kursanstieg macht zunehmend Aufseher nervös. So gestand jüngst Yves Mersch, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), in einem Interview mit der "Börsen-Zeitung" ein, dass ihn der "spekulative Hype" Sorge macht. Da jetzt Banken in Bitcoin investieren, müsse die Aufsicht genau prüfen, wie groß die eingegangenen Risiken seien. Am meisten treibe ihn um, wenn Finanzmarktinfrastrukturen wie Börsen in dieses Geschäft einsteigen. "Das bringt große Gefahren für die Finanzstabilität", erklärte Mersch. 

Auch auf EU-Ebene gibt es Pläne, Kryptowährungen zu regulieren. Die Akteure hier müssten sich zukünftig ebenso mit den Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche auseinandersetzen wie alle anderen Finanzmarktteilnehmer. Ähnliches ist aktuell aus Südkorea zu vernehmen. Und in China will die staatliche Notenbank Berichten zufolge den hohen Strombedarf für das Schürfen von Bitcoins in Rechner-Farmen begrenzen, indem sie die zuständigen Behörden anweist, die Leistungen aus dem Stromnetz entsprechend zu steuern.

Kursauftrieb hält an

Ob dem Bitcoin damit langsam aber sicher, der Saft abgedreht wird, ist allerdings nicht ausgemacht. Manche Beobachter erwarten eine Fortsetzung des Kursauftriebs bis auf rund 50.000 Dollar. Immer wahrscheinlicher wird jedoch, dass Zentralbanken ihr Monopol bei der Geldschöpfung sowie die Kontrolle über die wichtigsten Zahlungsströme und -systeme wahren wollen. In einem Exkurs zu Thema "Geldpolitik und Finanzmärkte" im Springer-Buch "Politik und Wirtschaft" beschäftigen sich die Autoren Ulrich Hamenstädt und Dirk Wentzel eingehend mit Währungsaspekten.

"Die Einführung von Regulierungsrahmen ist nur noch eine Frage der Zeit“, meint Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer bei der Deutsche Asset Management. In Erwartung dessen und aufgrund neuer konzeptioneller und technologischer Entwicklungen wendet sich ein Teil der Kryptowährungs-Gemeinde schon jetzt anderen virtuellen Coins zu. Auswahl genug gibt es ja – und die Performance bei Ripple, NEM (2017: rund 29.000 Prozent), Stellar (14.400 Prozent) oder Ethereum (9.200 Prozent) ist auch nicht schlecht. Absehbar ist auch: Bitcoin sollte die Banken und andere Intermediäre ausschalten. Doch diese nutzen zunehmend die dahinterstehenden Technologien. "Blockchain wird bleiben, selbst wenn Bitcoin geht", heißt es dazu nicht nur beim Hamburger Bankhaus M. M. Warburg.

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