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22.09.2021 | Additive Fertigung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Große Potenziale für den 3D-Druck von Beton

verfasst von: Christoph Berger

5 Min. Lesedauer

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Additive Fertigungsverfahren werden vermehrt für den Druck von Beton eingesetzt – so wurden inzwischen ganze Häuser gebaut. Für die Baubranche bringt der 3D-Druck zahlreiche Vorteile mit sich.

Am 28. Juli 2021 kam es zu einer Deutschlandpremiere: Im nordrhein-westfälischen Beckum wurde das erste gedruckte Wohnhaus für bezugsfertig erklärt und eröffnet. Am 17. September 2020 wurde mit dem Druck des Hauses durch Peri begonnen. Als Druckmaterial verwendete das auf Schalungs- und Gerüstsysteme spezialisierte Unternehmen den Druckmörtel "i.tech 3D" von Heidelberg Cement. Seitdem druckte das Unternehmen zudem das größte Mehrfamilienhaus Europas in Wallenhausen und das erste Wohnhaus in Tempe (Arizona) in den USA. Waldemar Korte vom Büro Mense-Korte Ingenieure und Architekten, von dem das Gebäude geplant wurde, sagte bei der Eröffnung in Beckum unter anderem, dass sich das Bauen und Planen, wie es seit Jahrhunderten bekannt sei, in vielen Bereichen grundlegend ändern werde.

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2021 | Buch

Baubetriebliche Optimierung des vollwandigen Beton-3D-Drucks

Beton-3D-Druckverfahren werden es zukünftig ermöglichen, Bauprozesse planbarer, produktiver und nachhaltiger zu realisieren. Durch die höchst anspruchsvollen Randbedingungen auf Baustellen und die im Bauwesen typische Unikatbauweise unterliegen Beton-3D-Druckverfahren besonderen Herausforderungen.

Dass die digitalen Voraussetzungen für die Einführung automatisierter Bauprozesse stetig verbessert würden und die Branche im Rahmen der Digitalisierung vor einem Umbruch stehe, schreibt auch Martin Krause im Kapitel Additive Fertigungsverfahren im Bauwesen des Springer-Fachbuchs Baubetriebliche Optimierung des vollwandigen Beton-3D-Drucks. So könne beispielsweise das auf Grundlage einer BIM-basierten Planung erstellte 3D-Gebäudemodell "dazu genutzt werden, um daraus die notwendigen Steuerungsdaten für automatisierte Prozesse, z. B. für 3D-Druckverfahren, zu extrahieren" - beschrieben wird die Vorgehensweise in dieser Prozesskette auch im Kapitel BIM for 3D Printing in Construction des Springer-Fachbuchs "Building Information Modeling". Eine effiziente Wertschöpfungskette von der digitalen Planung über die digitale Fertigung bis hin zur Ausführung auf der Baustelle sei damit sichergestellt und vervollständige den ganzheitlichen Ansatz von BIM in einer besonderen Weise, so Krause weiter.

Geringere Bauzeit, niedrigere Baukosten

Auch wirtschaftlich beinhalte der 3D-Druck von Beton erhebliche Einsparpotenziale, führt er weiter aus: "Im Ergebnis können Einsparungen bei den Baukosten und vor allem der Bauzeit im Vergleich zu konventionellen Bauverfahren bestätigt werden", schreibt er – bezugnehmend auf eine Studie des Instituts für Baubetriebswesen der TU Dresden, die von Medien und Unternehmen verbreitete Zahlen kritisch überprüfte.

Einen weiteren Vorteil sieht Krause in den neuen Gestaltungsmöglichkeiten für die Architektur, die sich durch den 3D-Druck ergeben würden. Ähnlich wie in anderen Branchen könnten auch im Bauwesen additive Fertigungsverfahren zu neuen gestalterischen und geometrischen Freiheiten führen. So könnten beispielsweise runde Betonwände mit annähernd gleicher Geschwindigkeit und annähernd gleichen Kosten wie gerade Wände hergestellt werden. Allerdings würden neue Formen auch neue statische Berechnungs- und Nachweisverfahren voraussetzen.

Es wird weniger Material benötigt

Dass die Herstellung mit additiven Fertigungsverfahren individuell nach Kundenwunsch und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgen kann, betonen auch die Autoren des Fachartikels Kompetenzzentrum 3DK erforscht Potenziale des Contour-Craftings in der Keramische Zeitschrift, Ausgabe 4-5/2021. Und: "Durch den Druck hohler oder teilgefüllter Strukturen können Bauteile im Vergleich zur traditionellen monolithischen Fertigung materialreduziert hergestellt werden und es besteht außerdem die Möglichkeit, sie beispielsweise durch Dichtegradienten an die jeweiligen Umgebungseinflüsse anzupassen. Auch Einzelanfertigungen von Schalungen, die danach nicht wieder zu verwenden sind, lassen sich einsparen." Diese Aspekte führt auch Krause in seinem Buch auf. Er sieht in Verbindung mit dem 3D-Druckverfahren zudem noch die Chancen, dem Fachkräftemangel in der Baubranche entgegenzuwirken und den Gesundheitsschutz zu verbessern.

Die Vielfalt additiver Fertigungsverfahren

Im weiteren Verlauf des Kapitels Additive Fertigungsverfahren im Bauwesen wird detailliert auf die additiven Technologien mit mineralischen Baustoffen eingegangen – immerhin sei die additive Fertigung im Bauwesen von einer stetig wachsenden Verfahrensvielfalt geprägt, wie Krause schreibt. Zu unterscheiden seien:

  • die Additive Fertigung mit der Selektiven Bindung, der Extrusion und dem Sintern, 
  • die Indirekte Fertigung mit der Selektiven Bindung und der Extrusion sowie
  • Smart Dynamic Casting mit der 3DSpritzbetontechnologie.

Diese Vielfalt würde sich ebenso in den Forschungsansätzen widerspiegeln, die jedoch häufig in übergeordnete Druckprinzipien unterteilt werden könnten. So werde unterschieden zwischen

  • der Schichtgeometrie (Feinfilamentablage, Mittelfilamentablage, Grobfilamentablage), 
  • dem Maschinenbaukonzept (Portalkran, kabelgeführter Portalkran, Kran, Industrieroboter, Schwarm, Autobetonpumpe) oder 
  • der Druckstrategie (Contour Crafting, Concrete Printing, Sonstige Strangdruckverfahren, Vollwanddruck).

Krause konzentriert sich in seinen weiteren Ausführungen im Kontext des Extrusionsbasierten Beton-3D-Drucks auf den Strangdruck mit den Verfahren Contour Crafting, Concrete Printing und sonstige Strangdruckverfahren. Contour Crafting wird auch im bereits erwähnten Kapitel Kompetenzzentrum 3DK erforscht Potenziale des Contour-Craftings erläutert.

3D-Druck von Beton und Brückensanierungen

Welche Potenziale im 3D-Druck von Betonbauteilen stecken, will auch das bei Hamburg ansässige Start-up Aeditive zeigen. Nach Eigenaussage im Juli 2021 ist es das erste Unternehmen Deutschlands, das eine 3D-Druck-Lösung für Betonfertigteile anbietet. Derzeit würden zum Beispiel Brückenteile maßgeschneidert aus hochwertigem Beton für Sanierungen gedruckt, ohne eine Schalung dafür anfertigen zu müssen. Auch hier werden die bereits aufgezählten Vorteile Zeitersparnis sowie der hohe Grad an Automatisierung als Ausgleich zu fehlenden Fachkräften auf dem Bau als Vorzüge genannt. Die vom Unternehmen entwickelte integrierte Fertigungsanlage besteht aus zwei Industrierobotern, die den Herstellungsprozess von Betonfertigteilen vollständig automatisieren würden, heißt es. Beginnend mit einer normgerechten Betonmischung verlaufe der Bauprozess bis zur Nachbearbeitung der Bauteile. Geplant und designt würden die Bauteile in einer eigenen Cloud.

Zu den Vorreitern beim 3D-Druck von Betonfertigbauteilen beziehungsweise von Häusern zählt unter anderem China, wie Simon Thebelt und Sebastian Hofreiter im Kapitel Entwicklungen und Auswirkungen des nachhaltigen Bauens in China und Deutschland aus einem psychologischen Blickwinkel des Springer-Fachbuchs Innovation und Kreativität in Chinas Wirtschaft schreiben: "Besonders in China wird diese Technologie zum Bau von nachhaltigen Gebäuden stetig vorangetrieben. Als Vorreiter ist die chinesische Firma "WinSun Decoration Design Engineering" zu nennen. Das Unternehmen stellt Material her, das Ähnlichkeiten mit Beton aufweist und im 3D-Drucker erzeugt werden kann. Im Jahr 2014 erlangten sie durch den weltweit ersten erfolgreichen 3D-Druck eines Hauses internationale Bekanntheit." Die eingesetzte Technologie basiere auf dem Druck von Gebäudekomponenten als vorgefertigte Elemente, die aus einzelnen Modulen bestehen, erklären die Autoren. Diese würden nach dem Druck in der Fabrik zur jeweiligen Baustelle transportiert und vor Ort zusammengesetzt. 

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

Green Buildings

Entwicklungen und Auswirkungen des nachhaltigen Bauens in China und Deutschland aus einem psychologischen Blickwinkel
Quelle:
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BIM for 3D Printing in Construction

Quelle:
Building Information Modeling

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