Skip to main content

05.03.2024 | Anlageberatung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Sparern geht aus Unwissenheit und Angst Rendite flöten

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Durch konservative Sparanlagen verlieren Menschen in Deutschland auf lange Sicht Geld, zeigt eine aktuelle Anlagestudie der Commerzbank. Doch zu wenig Finanzwissen und Verlustängste halten viele von renditeträchtigeren Aktien oder Fonds ab.

"Das reine Sparen ist momentan leider, was die Kaufkraft betrifft, wirklich eine Geldvernichtung", sagte Thomas Schaufler, im Vorstand der Commerzbank für Privat- und Unternehmerkunden zuständig, anlässlich der Vorstellung der aktuellen Anlagestudie seines Hauses Ende Februar. Der zufolge legen zwar mehr als zwei Drittel (70 Prozent) der rund 3.200 im November 2023 befragten Personen ab 18 Jahren Geld zurück. Aber häufig werde dieser Notgroschen für unerwartete Anschaffungen, der deutschlandweit im dritten Quartal bei rund 2.140 Milliarden Euro lag, nicht in Aktien oder börsengehandelte Indexfonds (ETFs) angelegt, die mehr Rendite versprechen als die klassischen Sparformen. 

Sparer bevorzugen konservative Geldanlagen

Zwar habe die Corona-Pandemie zu einem Schub bei Aktienanlagen vor allem unter jungen Menschen geführt. Doch das Gros des Sparkapitals in Deutschland schlummere immer noch konservativ auf Tagesgeld- und Festgeldkonten oder dem klassischen Sparbuch. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Online-Umfrage, für die im Oktober 2023 im Auftrag der Norisbank mehr als 1.000 Teilnehmende ab 18 Jahren interviewt wurden. 

"Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist damit zufrieden, was sie zurücklegt", kommentierte Jörn Pyhel, Experte beim Marktforschungsinstitut Ipsos, das Ergebnis der gemeinsam mit der Commerzbank durchgeführten Studie. Gut jeder Zweite (54 Prozent) zeigt sich in Bezug auf seine künftige finanzielle Lage zudem zuversichtlich. Jeder Zehnte geht sogar davon aus, in fünf Jahren sehr gut finanziell aufgestellt zu sein.  

Mit dem Einkommen steigt die Sparsumme

Dabei legen derzeit 62 Prozent der Befragten 100 Euro oder mehr im Monat auf die hohe Kante - wenn auch nicht immer regelmäßig. Bei Menschen in Partnerschaften sind es rund 200 Euro. Die sogenannten Millennials, die zwischen 1981 und 1996 geboren wurden, sowie Angehörige der Generation X, also Menschen der Jahrgänge 1965 bis 1980, haben sogar eine Sparrate von 250 Euro pro Monat. 

Die Analyse belegt zudem, dass dieser Betrag mit einem steigenden Einkommen zunimmt: So sparen 42 Prozent der Besserverdiener, die netto mehr als 3.000 Euro monatlich verdienen, ebenfalls 250 Euro oder sogar mehr. Dagegen sinkt das Sparvolumen bei Menschen mit geringer Bildung auf weniger als 50 Euro. 

Mehr als ein Drittel hat kein Geld zum Sparen

Gut jeder Vierte (28 Prozent) ist derzeit nicht in der Lage, Geld zurückzulegen. Das gilt vor allem für ältere Meschen. Aber auch viele Haushalte mit geringem Einkommen sind noch immer von der Teuerung vor allem bei Dingen des täglichen Bedarfs belastet. Dort reichen die geringen finanziellen Mittel trotz des aktuellen Inflationsrückgangs oft gerade so aus, um Miete, Lebensmittel und Energie zu decken. Das belegt der aktuelle Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. 

So ist das wichtigste Kriterium bei der Wahl der Geldanlage laut der Commerzbank-Studie mit 52 Prozent auch die Sicherheit. Verfügbarkeit rangiert mit 39 Prozent auf Rang zwei und die Rendite mit 35 Prozent auf dem dritten Platz. Dabei verfolgen aber nur 26 Prozent eine persönliche Anlagestrategie. Acht Prozent können allerdings mit dem Begriff nichts anfangen. 

Ökonomische Entwicklung verunsichert Verbraucher

Nach einem jahrelangen stabilen Aufschwung, in dem das Wachstum nur eine Richtung kannte, kam mit Beginn der Corona-Pandemie die erste Ernüchterung auf. Der Wohlstand der Deutschen schien abrupt in Gefahr zu sein, und es machte sich Angst breit, dass der Mensch die Kontrolle über das Geschehen in der Welt verliert. Kurze Zeit später folgte der Ukraine-Krieg, der die Energiepreise sowie die Bau- und Lebensmittelkosten explodieren ließ", beschreibt Carmen Mausbach in der Zeitschrift "Bankmagazin" die komplexe ökonomische und politische Lage, die die Sparer in Deutschland so stark verunsichert.   

Der Nahost-Konflikt und der Klimawandel haben Deutschland zusätzlich in eine tiefe Krise gestürzt, die aktuell für noch mehr Orientierungslosigkeit sorge. Auch an den Kapitalmärkten sei diese Entwicklung nicht spurlos vorübergegangen. "Der Deutsche Aktienindex (DAX) und andere wichtige Aktienindizes zeigten sich im Jahr 2023 sehr volatil. Letztendlich verdarb die Mischung aus geopolitischer Unsicherheit und hohen Renditen bei Staatsanleihen vielen Marktteilnehmern einfach die Lust auf Aktien", so Mausbach. 

Aktien könnten 2024 Renditerenner werden

Kontinuierliche Zinserhöhungen und rückläufige Inflationsraten haben 2023 hingegen dazu geführt, dass das Vermögen auf Tages- und Festgeldkonten wieder an Kaufkraft gewonnen hat. "Bei vielen Banken gibt es momentan für Festgeld von einem oder mehreren Jahren über vier Prozent", so Mausbach. Auch festverzinsliche Anleihen seien 2023 ein "Renditebringer" gewesen. 

Kommt es aber 2024 zu den erwarteten ersten Leitzinssenkungen in den USA und in Europa, werde sich dies positiv auf die Unternehmensgewinne auswirken. "Aktienanlagen sollten daher mittelfristig gute Aussichten haben und die Gewinner unter den Anlageklassen sein, wenn auch die Performance unter Schwankungen erzielt werden wird", so Mausbach.

Viele Sparer verzichten auf Expertenrat

Trotz der komplexen Materie und der wirtschaftlichen Unsicherheiten hält aber nur gut die Hälfte der von der Commerzbank befragten Menschen (54 Prozent) eine umfassende Anlageberatung für wichtig oder zumindest eher wichtig. Dabei legen vor allem Millennials sowie Menschen der Generation Z, die die Geburtsjahrgänge 1997 bis 2012 umfasst, Wert auf Informationen aus erster Hand. Für 19 Prozent ist eine professionelle Finanzberatung hingegen eher unwichtig und 17 Prozent können sogar ganz darauf verzichten. Das gilt vor allem für einkommensschwache Personen sowie Männer.

Dies liege oft nicht an einem Mangel an Motivation, sondern an mangelndem Handlungsimpuls, der der bewussten und willentlichen Umsetzung von Zielen zugrunde liegt, erklärt Mira Fauth-Bühler in der Zeitschrift "Versicherungsmagazin". "Innere Widerstände wie Unlustgefühle hindern Sparer daran, Finanzentscheidungen auszuführen oder auch nur einen Beratungstermin zu vereinbaren."

Mehr Finanzwissen und weniger Einstiegshürden

Berater müssen ihr zufolge vor allem über das Phänomen der Verlustaversion aufklären. Diese Angst sorgt dafür, dass Verbraucher Geld lieber auf einem Girokonto parken, als das Risiko einer Anlage in Form von beispielsweise Wertpapieren oder Anleihen einzugehen. "Es gibt gute Gründe, das zu ändern", resümiert Schaufler. "Dafür müssen Ängste abgebaut, Einstiegshürden gesenkt und ganz allgemein das Finanzwissen verbessert werden."

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

28.02.2024 | Social Media | Im Fokus | Online-Artikel

Finfluencer punkten mit Infotainment

19.02.2024 | Spareinlagen | Im Fokus | Online-Artikel

Zinsen beim Festgeld sinken wieder

25.07.2023 | Anlageberatung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Maßgeschneiderte Anlageberatung überzeugt Gen Z