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12.04.2021 | Anleihe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Anleiherenditen bleiben ein Damoklesschwert

verfasst von: Michael Fuchs

3:30 Min. Lesedauer

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Niedrigzinsen, gewaltige Hilfsprogramme und die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität lassen die Börsen im siebten Himmel schweben. Doch so viel Harmonie ist an den Aktienmärkten meist trügerisch. Die dunklen Wolken am Anleihemarkt sind Vorboten eines drohenden Unwetters. 

Der Rücksetzer im Februar war ein Warnschuss: Nach wochenlangen Anstieg gerieten die Aktienkurse plötzlich ins Trudeln. Grund waren nicht etwa steigende Corona-Zahlen, sondern der Anleihemarkt. Nach Rekordtiefs im Vorjahr nahmen die langfristigen Renditen an Fahrt auf. Ein Blick auf die zehnjährigen US-Anleihen zeigt die Dramatik der Entwicklung: Nach einem moderaten Anstieg der Rendite in den Monaten zuvor ging es im Februar plötzlich schwungvoll nach oben. 

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Langfristige Geldanlage: Aktien, Anleihen und weitere Anlagemöglichkeiten

In diesem Kapitel werden langfristige Kapitalanlagen vorgestellt, bei denen die Ermittlung des Risikos und die Dauer der Investition eine entscheidende Rolle spielen und die in der Verzinsung widergespiegelt werden.

Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners führt die Bewegung auf zwei Gründe zurück: "Zum Einen erwarten die Anleger langfristig ein Comeback der Inflation. Zum Anderen beurteilen sie die langfristigen Wachstumsaussichten positiv." Was zunächst gut für die Aktienmärkte klingt, wird in einer Zeit hochgradiger Verschuldung zum Damoklesschwert. "Bei den Unternehmen schlagen höhere Kreditkosten unmittelbar auf den Gewinn durch. Für die Staaten wird die Finanzierung der Rettungspakete damit noch einmal teurer", warnt Altmann.

Märkte bleiben anfällig für Rückschläge

Die Entwicklung zeigt, wie fragil die Finanzmärkte sind. Denn so dramatisch der jüngsten Renditeanstieg zunächst wirkt, auf lange Sicht ist noch nicht viel passiert. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind gerade einmal in den Bereich von Anfang 2020 geklettert und haben damit Vor-Corona-Niveau erreicht. Im Kontext der vergangenen zehn Jahre bewegen sie sich aber immer noch am unteren Rand der Bandbreite von rund 1,5 bis drei Prozent. Offensichtlich genügte das jedoch schon, den Börsen einen gehörigen Schrecken einzujagen. 

Kein Wunder, dass sich die Notenbanken beeilten, die Märkte zu beruhigen. Die US-Notenbank hält an ihrem lockeren Kurs fest und erwartet bis Ende 2023 keine Leitzinsanhebung, die Europäische Zentralbank will ihre Anleihekäufe im zweiten Quartal sogar nochmals beschleunigen. Für die Finanzmärkte sind das zunächst positive Signale. Aktien sind wieder auf Rekordkurs und die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Corona-Einschränkungen sorgt für Nachfrage. 

Beruhigungspillen mit Nebenwirkungen

Einen Grund zur Sorglosigkeit gibt das allerdings nicht. Die ständigen Beruhigungspillen der Währungshüter haben ihre Nebenwirkungen. Steigende Inflation mit entsprechenden Auswirkungen auf die Anleiherenditen ist ein durchaus realistisches Szenario. Zumal die Verbraucher mit dem Ende der Lockdown-Maßnahmen nachholen dürften, was ihnen so lange verwehrt war. Tourismus, Gastronomie und Einzelhandel, die unter den Einschränkungen stark leiden, könnten einen Nachfrageschub erleben. 

"Wir erwarten, dass viele vom steigenden Inflationsdruck in den kommenden zehn Jahren überrascht werden", gibt Bob C. Doll, leitender Aktienstratege der Anlagegesellschaft Nuveen, zu bedenken. Ziehen in der Folge die Renditen deutlich an, droht das Spiele von vorne loszugehen. Dann sind wieder die Notenbanken gefragt, um negative Folgen einzudämmen. Die Währungshüter dürften "alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Zahlungsausfälle von Staaten zu vermeiden", betont Jacob Vijverberg, Fondsmanger beim niederländischen Versicherer Aegon. 

Der Markt lässt sich nicht überlisten

Die Folgen liegen auf der Hand. Der Fondsmanager rechnet damit, dass anhaltend "negative Realzinsen den Wert der realen Vermögenswerte stützen, nachdem die Pandemie vorüber ist". Diese Vermögenswerte könnten "von Investoren, die keine Alternative sehen, beliebig hochgehandelt werden". Als Folge drohen Boom- und Rezessionszyklen mit erheblichen Verwerfungen. 

Denn grundlegende Mechanismen lassen sich auf Dauer nicht aushebeln, wie die Springer-Autoren Christoph Braunschweig und Bernhard Pichler im Buch "Die Kreditgeldwirtschaft" (Seite 72) feststellen:

Besteht ein Wertungleichgewicht zwischen der Gesamtheit des kursierenden Geldes und der Gesamtheit der künftig in den Markt gelangenden Sachgüter, dann wird ihn nichts davon abbringen, ein Wertgleichgewicht früher oder später (auf eventuell auch unsanfte Art und Weise) wieder herzustellen. Er passt die Kaufgutpreise dem Knappheitsgrad des Kaufguts an. Daraus resultiert: Der Markt regelt Fehlentwicklungen von selbst, und zwar auf seine Art – unter Umständen rigoros." 

Was man bei Immobilien seit einigen Jahren beobachten kann, baut sich an den Aktienmärkten gerade auf: eine spekulative Blase. Aktienstratege Doll rät daher, den Börsen zwar nicht ganz den Rücken zu kehren, Anleger sollten "ihre Erwartungen allerdings dämpfen".

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