Immer mehr Staaten kündigen die Abkehr von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren an oder legen Pläne für eine lokal emissionsfreie Mobilität vor. Die Pläne der Politik in der Übersicht.
Benzin, Diesel, Strom und Co.: Welchen Weg schlagen Politik und Automobilhersteller beim Antrieb von morgen ein?
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Einige Staaten haben bereits Fahr- oder Verkaufsverbote für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren angekündigt. Auch mehrere Automobilhersteller planen den Ausstieg aus der Verbrennertechnologie. Im ersten Teil unserer Serie "Wer plant wann den Verbrennungsmotor-Ausstieg?" geben wir eine Übersicht über die Ausstiegs- und Mobilitätspläne der Länder. Der zweite Teil wird sich mit den Antriebsstrategien der Automobilhersteller befassen, der dritte Teil ordnet die Länder- und Herstellerstrategien kritisch ein.
Weltweit haben sich 17 Regierungen Ziele für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bei Pkw beziehungsweise für den Umstieg auf lokal emissionsfreie Mobilität gesetzt. Dazu gehören Kanada, die kanadische Provinz British Columbia, Kalifornien, Costa Rica, Irland, Frankreich, Spanien, Kap Verde, Island, Schottland, das Vereinigte Königreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, die Niederlande, Slowenien und die chinesische Provinz Hainan. Nach Angaben des International Council on Clean Transportation (ICCT) stehen hinter diesen Regierungen aber nur 13 Prozent (2019) der weltweiten Pkw-Verkäufe.
Norwegen und die Niederlande haben sich zu den strengsten Zeitplänen verpflichtet. Bis 2025 sollen in Norwegen alle neu verkauften Pkw, leichten Nutzfahrzeuge und Stadtbusse lokal emissionsfrei sein (Busse dürfen Biogas verwenden). Das Land strebt laut ICCT außerdem an, dass 75 Prozent der neuen Fernbusse und 50 Prozent der neu verkauften Lkw bis 2030 lokal emissionsfrei sein sollen. Ein explizites Verbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hat Norwegen nicht erlassen. In den Niederlanden müssen neue Busse, die ab 2025 in Betrieb genommen werden, lokal emissionsfrei sein, ebenso wie neue Personenfahrzeuge, die ab 2030 verkauft werden, so das ICCT. Das können batterie- oder wasserstoffelektrische Fahrzeuge sein. Darüber hinaus hat sich das Land verpflichtet, bis 2025 eine emissionsfreie Stadtlogistik zu realisieren.
Andere europäische Länder, die sich laut ICCT dazu verpflichtet haben, den Verkauf oder die Zulassung neuer Verbrenner-Pkw in weniger als zehn Jahren zu beenden, sind Dänemark, Island, Irland, Slowenien (indirekt über CO2-Grenzwert) und Schweden. Schottland will den Verkauf neuer Verbrenner-Pkw und Transporter bis 2032 beenden, und das Vereinigte Königreich wird sein derzeitiges Ziel für 2040 wahrscheinlich auf 2030 (Verkauf von Hybriden noch bis 2035 möglich) vorverlegen. Frankreich hat sich zum Ziel gesetzt, den Verkauf von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, bis 2040 zu beenden. Nach Angaben der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft dürfen in Paris ab 2024 keine Diesel mehr fahren, ab 2030 keine Benziner. Spanien hat einen Gesetzesentwurf erlassen, der den Verkauf von emissionsfreien Fahrzeugen ab 2040 vorsieht. Nach vbw-Angaben soll auf den Balearen die Nutzung neuer Dieselfahrzeuge nach 2025 und von neuen Benzinern nach 2035 verboten werden.
Kalifornien und Hainan in Amerika und Asien am ehrgeizigsten
In Nordamerika ist Kalifornien am ehrgeizigsten, was den Zeitplan und die betroffenen Fahrzeuge angeht. Bis 2035 sollen laut ICCT alle in Kalifornien verkauften, neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge lokal emissionsfrei sein. Die kanadische Provinz British Columbia hat eine verbindliche Regelung erlassen, die die Autohersteller verpflichtet, den Verkaufsanteil neuer, lokal emissionsfreier Pkw und leichter Nutzfahrzeuge bis 2025 schrittweise auf zehn Prozent, bis 2030 auf 30 Prozent und bis 2040 auf 100 Prozent zu erhöhen, so das ICCT. Auf nationaler Ebene habe Kanada die gleichen schrittweisen Ziele für die gleichen Fahrzeugsegmente festgelegt, aber noch keine rechtlich verbindliche Regelung verabschiedet. In Mittel- und Südamerika sind Costa Rica und Kolumbien die einzigen Länder, so das ICCT, die sich für lokal emissionsfreie Mobilität beziehungsweise den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor in offiziellen politischen Dokumenten ausgesprochen haben.
Die chinesische Provinz Hainan hat sich laut ICCT die ehrgeizigsten Ziele Asiens gesetzt, um den Verkauf von neuen Diesel- und Benzin-Fahrzeugen (Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Busse und Reisebusse) bis 2030 auslaufen zu lassen. Für bestimmte Nutzergruppen (zum Beispiel staatliche Flotten, Carsharing-Anbieter, Post- und Logistikdienste) gebe es frühere Zielvorgaben, die den Verkauf von 100 Prozent Elektrofahrzeugen bis 2020 vorsehen. Nur für Fahrzeuge im Privatgebrauch strebe die Provinz eine schrittweise Erhöhung des Verkaufs von Elektrofahrzeugen von zehn Prozent im Jahr 2019 auf 40 Prozent im Jahr 2020, 80 Prozent im Jahr 2025 und 100 Prozent im Jahr 2030 an. Die israelische Regierung beabsichtigt laut ICCT für das Jahr 2030 ebenfalls einen allmählich steigenden Anteil von Elektrofahrzeugen an den Verkäufen von neuen Privatfahrzeugen: fünf Prozent im Jahr 2022, 23 Prozent im Jahr 2025, 61 Prozent im Jahr 2028 und 100 Prozent im Jahr 2030. Der Inselstaat Kap Verde ist laut ICCT der einzige afrikanische Staat, der sich auf einen Zeitrahmen für den Ausstieg aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor festgelegt hat.
Vage Ziele: USA, China und Deutschland
Führende Fahrzeugmärkte wie die USA und Deutschland haben noch keine verbindlichen Ziele festgelegt. In den USA wurde der Zero-Emission Vehicles Act 2020, der ein Ziel für den Verkauf emissionsfreier Fahrzeuge bis 2035 festlegt, nicht verabschiedet. Deutschland hat sich mit dem Beitritt zur International Zero Emission Vehicle Alliance (IZEVA) implizit dazu verpflichtet, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren bis spätestens 2050 aus dem Verkehr zu ziehen, so das ICCT. Diese Verpflichtung spiegele sich jedoch noch nicht im nationalen Klimaschutzplan wider. Die 18 Länder, Staaten und Provinzen, die der IZEVA beigetreten sind, haben sich darauf geeinigt, dass alle neuen Pkw bis spätestens 2050 Nullemissionsfahrzeuge sein sollen. Dazu zählt das IZEVA batterieelektrische Fahrzeuge, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenautos.
In China wird die Co-Existenz zwischen E-Auto und Verbrenner noch länger andauern als zunächst erwartet. Das Land will sich mit einem Verbot für Verbrennerfahrzeuge bis 2060 Zeit lassen, wie Andreas Radics, geschäftsführender Partner Berylls Strategy Advisors, angibt. Allerdings ist China laut ICCT bei der Elektrifizierung seiner Busflotte schon recht weit. China habe im Jahr 2019 96 Prozent seiner neuen Busse elektrisch verkauft.
Weitere Länder, Regionen und Bundesstaaten haben sich dazu verpflichtet, den Verkauf von Verbrenner-Fahrzeugen auslaufen zu lassen, allerdings bisher ohne offizielle Grundsatzdokumente oder Gesetze, so das ICCT. New York und New Jersey fordern, dass der Verkauf von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in ihren Bundesstaaten bis 2035 zu 100 Prozent lokal emissionsfrei sein soll; im Gegensatz zu Kalifornien war dies nicht Teil einer Durchführungsverordnung. Im September 2020 hat die belgische Regierung laut ICCT ein Verkaufsverbot für Verbrenner-Neufahrzeuge bis 2026 vorgeschlagen, das sich jedoch nur auf Firmenwagen beziehe. Zu den anderen Ländern, die einen Ausstieg aus dem Verkauf von Verbrennungsmotoren angekündigt haben, gehören laut ICCT Ägypten, Portugal, Sri Lanka und Taiwan (laut vbw ab 2035).
Übersicht: Regierungsziele für eine lokal emissionsfreie Mobilität
Regierung | Jahr | Fahrzeugsegment* | Ziel* | Richtlinie/Dokument** |
Europa | ||||
Norwegen | 2025 | Pkw, leichte Nfz, städtische Anwendungen | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | |
Niederlande | 2025 | Stadtbusse | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | |
2030 | Pkw | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | ||
2030 |
| Kein Verkauf neuer Benzin- oder Dieselfahrzeuge | ||
Dänemark | 2030 | Pkw | Keine neuen Verkäufe von Benzin- und Dieselfahrzeugen (im Entwurf des Klimaplans von 2018 war auch ein Verkaufsverbot neuer Plug-in-Hybridfahrzeuge ab 2035 vorgesehen) | Integrated National Energy and Climate Plan (2019) |
Island | 2030 | Pkw | Keine Neuzulassungen von Benzin- oder Dieselfahrzeugen (Ausnahmen, zum Beispiel für abgelegene Gebiete, werden in Betracht gezogen) | |
Irland | 2030 | Pkw | Kein Verkauf von neuen Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen | |
Slowenien | 2030 | Pkw, leichte Nfz | Keine Neuzulassungen von Fahrzeugen mit CO2-Emissionen über 50 g/km | Market Development Strategy for the Establishment of Adequate Alternative Fuel Infrastructure in the Transport Sector in the Republic of Slovenia (2017) |
Schweden | 2030 | Pkw | Kein Verkauf von neuen Benzin- oder Dieselfahrzeugen | Climate Policy Action Plan (2019) |
Schottland (UK) | 2032 | Pkw, leichte Nfz | Kein Verkauf von neuen Benzin- oder Dieselfahrzeugen | |
Vereinigtes Königreich | 2035 | Pkw, leichte Nfz | Kein Verkauf von neuen Benzin-, Diesel- oder Hybridfahrzeugen | Consulting on ending the sale of new petrol, diesel, and hybrid cars and vans (2020) |
Frankreich | 2040 | Pkw, leichte Nfz | Kein Verkauf von neuen Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen | |
Spanien | 2040 | Pkw, leichte Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | |
Deutschland | 2050 | Pkw | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | IZEVA-Verpflichtung (2015), noch nicht im nationalen Klimaschutzplan berücksichtigt |
Nord-, Zentral- und Südamerika | ||||
Kalifornien (USA) | 2035 | Pkw, leichte Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | |
Kolumbien | 2035 | Öffentliche Verkehrsmittel | Neuanschaffungen 100% elektrisch | Law for the Promotion of Electric Vehicles in Columbia (2019) |
British Columbia (Kanada) | 2040 | Pkw, leichte Nfz | Neufahrzeuge (Verkauf und Leasing) 100% emissionsfrei | |
Kanada | 2040 | Pkw, leichte Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | Kanadas Federal Budget (2019) |
Costa Rica | 2050 | Pkw, leichte Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | |
Connecticut, Maryland, Massachusetts, New Jersey, New York, Oregon, Rhode Island, Vermont, Washington (USA) | 2050 | Pkw | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | IZEVA-Verpflichtung (2015), noch nicht in offiziellen, strategischen Dokumenten auf Landes- oder Provinzebene berücksichtigt. |
California, Connecticut, Colorado, Hawaii, Maine, Maryland, Massachusetts, New Jersey, New York, North Carolina, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, Vermont, Washington, District of Columbia (USA) | 2050 | Mittelschwere und schwere Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | Memorandum of Understanding (2020), noch nicht in offiziellen, strategischen Dokumenten berücksichtigt. |
Asien | ||||
Hainan (China) | 2020 | Behörden- und Carsharing-Fahrzeuge, leichte Nfz | Neuwagen (Verkauf) 100% elektrisch | Clean Energy Vehicle Development Plan (2019) |
2020 | Busse, Ride-Hailing-Fahrzeuge | Kein Verkauf von neuen Benzin- oder Dieselfahrzeugen (CNG- und LNG-Fahrzeuge erlaubt) | ||
2025 | Reisebusse, Mietautos | Kein Verkauf von neuen Benzin- oder Dieselfahrzeugen (CNG- und LNG-Fahrzeuge erlaubt) | ||
2030 | Privatwagen | Neuwagen (Verkauf) 100% emissionsfrei | ||
Israel | 2030 | Privatfahrzeuge | Neuwagen (Verkauf) 100% elektrisch | |
Afrika | ||||
Kap Verde | 2035 | Pkw, leichte Nfz, Busse, mittlere und schwere Lkw, Zweiräder | Keine Importe von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die fossile Brennstoffe (Benzin oder Diesel) verwenden | |
* Terminologien, die in offiziellen politischen Dokumenten verwendet werden | ||||
Nationale, landesweite und bundesstaatliche Regierungsziele für den schrittweisen Ausstieg aus dem Verkauf von Verbrenner-Neufahrzeugen, lokal emissionsfreie Mobilität oder die Festlegung von Zielen für einen 100-prozentigen Anteil von Elektrofahrzeugen an Neuverkäufen, Zulassungen oder Importen bis zum Jahr 2050 (Stand: Anfang November 2020). | ||||
Quelle: International Council on Clean Transportation (ICCT); eigene Recherche |