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2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Arbeitswelttransformation durch Digitalisierung: Ein aktivitäts- und koordinationstheoretischer Zugang

verfasst von : Benjamin Krack

Erschienen in: Digitale Transformation von Arbeitswelten

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Veränderungen und Auswirkungen digitaler Arbeitswelttransformation sind ein vielseitiges Themenfeld. Gegenstand dieses Kapitels ist es deshalb, einen fokussierten Zugang zu entwickeln. Hierfür werden zunächst das Titelphänomen der Arbeitswelt beschrieben und Überlegungen für ein praxistheoretisches Arbeitsweltverständnis angestellt (vgl. Abschnitt 2.1). Anschließend wird die kulturhistorische Aktivitätstheorie eingeführt. Diese dient einerseits als Grundlage zur theoretisch-empirischen Konzeption beruflicher Arbeitswelten, andererseits als analytische Perspektive auf Veränderungen und Auswirkungen digitaler Transformationsdynamiken innerhalb von Arbeitswelten (vgl. Abschnitt 2.2). Daran anknüpfend folgt eine Einführung in den Koordinationsdiskurs, da sich die vorliegende Arbeit auf technologievermittelte Veränderungen und Auswirkungen in ihrem Zusammenspiel mit Koordinationsphänomenen konzentriert. Das Koordinationskonzept wird erklärt, die Entwicklung des Diskurses in Richtung einer Perspektive von Koordination als Praktik besprochen, der wissenschaftliche Status Quo studienrelevanter Koordinationsliteratur dargestellt und hinsichtlich bestehender Forschungsdefizite reflektiert (vgl. Abschnitt 2.3). Abschließend wird der theoretische Zugang kurz zusammengefasst (vgl. Abschnitt 2.4).

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Fußnoten
1
Die individuelle Ebene umfasst die Aspekte Führungsstil, kollegiale Beziehungen, Mitarbeitermotivation, Mitarbeiterkompetenz und Verantwortung. Die unternehmensbezogene Ebene umfasst die Aspekte Aufgabenmerkmale, Arbeitsplatz, Leistungsbewertung und -vergütung, Ressourcenausstattung der Beschäftigten, Partizipation von Mitarbeitern im Entscheidungsfindungsprozess und Leistungsdruck (vgl. Stock-Homburg, 2013, S. 608).
 
2
Entlang der drei Ebenen, Organisation, Interaktion und Individuum, unterscheiden die Autoren zwischen folgenden Dimensionen: Digitale Infrastruktur, Koordination der Arbeit, Strukturen und Prozesse, Strategie und Kultur (Ebene: Organisation); Führung, Zusammenarbeit (Ebene: Interaktion); Motivation, Kompetenzen, Gesundheit, Arbeitsaufgabe und Rollen (Ebene: Individuum) (vgl. Thiemann et al., 2019).
 
3
Im englischen wird die Theorie als cultural-historical activity theory (CHAT) bezeichnet (Engeström, 2015; Spinuzzi, 2018, 2019) und als kulturhistorische Tätigkeits- oder Aktivitätstheorie in das Deutsche übersetzt (Geithner, 2012; Schaal, 2009; Schulz, 2006). In dieser Arbeit wird der Begriff Aktivitätstheorie verwendet.
 
4
Dem praxistheoretischen Paradigma können unter anderem die Praxeologie um Giddens (1976, 1979, 1984) und Bourdieu (1977, 1990), der amerikanische Pragmatismus um Mead (1934) und Dewey (1987, 1997), die Ethnomethodologie um Garfinkel (1967, 1986), die „site ontology“ von Schatzki (1996, 2002) sowie die kulturhistorische Aktivitätstheorie, insbesondere in ihrer Denkart um Engeström (1987, 2008, 2015), zugeordnet werden.
 
5
Bourdieu (1990) vergleicht das Praktik-Konzept auch mit dem modus operandi (der Arbeits- bzw. Vorgehensweise), entgegen dem opus operatum (der getanen Arbeit).
 
6
Das methodische Vorgehen dieser Arbeit wird in Kapitel 3 beschrieben.
 
7
Das Wort der T(h)ätigkeit kann im Kontext dieser Arbeit mit Aktivität gleichgesetzt werden.
 
8
Es existieren unterschiedliche Schreibweisen, wie Vygotsky oder Vygotskij. Diese Arbeit verwendet Vygotsky, als eine in der Literatur verbreitete Schreibweise des Namens.
 
9
Die meisten Texte waren in Russisch verfasst.
 
10
Es existieren unterschiedliche Schreibweisen, wie Leontiev, Leont’ev, Leontyev oder Leontjew. Diese Arbeit verwendet Leontiev, als eine in der Literatur verbreitete Schreibweise des Namens.
 
11
Der Begriff der Aktivität ist vergleichbar mit dem Begriff der Praktik, der im Rahmen anderer praxistheoretischer Ansätze im Zentrum steht. Die Begriffe werden im weiteren Verlauf der Arbeit synonym verwendet.
 
12
Diese Erkenntnis führt Leontiev insbesondere auf die Entwicklung gesellschaftlicher Klassen zurück, wodurch die gesellschaftliche Bedeutung und die Bedeutung für das Subjekt auseinanderfallen (Geithner, 2012) – „Was sich radikal ändert, ist der Charakter der Beziehungen, die die Ziele und Motive der Tätigkeit miteinander verbinden“ (Leontiev, 2012, S. 133).
 
13
In der Fähigkeit, das Objekt und Motiv einer Aktivität zu trennen, sieht Leontiev zudem das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen und Tieren. Demnach ist die Aktivität eines Tieres stets auf biologische Bedürfnisse gerichtet und durch diese stimuliert. Beispielsweise wird die Aktivität eines Tieres durch Hunger ausgelöst, im Bestreben dieses Bedürfnis unmittelbar zu befriedigen (Bakhurst, 2009; Leontiev, 2009b).
 
14
In Anlehnung an das Beispiel der Wundversorgung im Rahmen der pflegerischen Versorgungsaktivität: Für einen Pflegeschüler ist die Applikation eines Pflasters zu Beginn seiner Ausbildung ggf. noch eine bewusste, zielgerichtete Handlung, entwickelt sich mit zunehmender Erfahrung aber zu einer routiniert-automatisierten Tätigkeit und somit zu einer Operation.
 
15
Der Begriff stammt ursprünglich von Leontiev (vgl. Leontiev, 2012, S. 101).
 
16
Aktivitätstheoretische Analysen wählen typischerweise die Position und Sichtweise des Subjektes als Perspektive (Engeström & Sannino, 2010).
 
17
Vor dem Hintergrund dieser Arbeit ist wichtig zu erwähnen, dass auch ein Individuum das Objekt einer Aktivität sein kann, wie zum Beispiel Patienten im Rahmen pflegerischer Aktivitäten.
 
18
Frühe Anwendungen der Aktivitätstheorie in der Sowjetunion waren stark auf die psychologische Entwicklung von Individuen bezogen und gruppierten um den Diskurs über die vertikale Entwicklung hin zu „higher psychological functions“; Empirische Ansätze „were largely limited to play and learning among children“ (Engeström, 2009, S. 55).
 
19
Beispiel in Anlehnung an den Hintergrund dieser Arbeit: Zwei interagierende Aktivitätssysteme sind z. B. eine IT-Projektgruppe und eine Pflege-Projektgruppe, die im Rahmen der Entwicklung und Implementierung eines digitalen Dokumentationssystems zusammenarbeiten. Objekt 1 der IT-Projektgruppe sind die Erprobung, Bewertung und Auswahl von Hard- und Software-Varianten. Objekt 1 der Pflege-Projektgruppe ist die Ausarbeitung inhaltlicher Anforderungen des Systems. Kollektiv bedeutsam werden beide Objekte zum Beispiel, wenn beide Gruppen spezifische Technologievarianten und inhaltliche Anforderungen bevorzugen. Die Weiterentwicklung zu einem gemeinsam geteilten Objekt resultiert beispielsweise aus der Abstimmung eines konkreten Vorgehensplans zur Systementwicklung zwischen den Projektgruppen (Engeström, 2008a, S. 65, 2009, S. 56).
 
20
Vgl. Anhang im elektronischen Zusatzmaterial für eine kurze Einführung in das Themenfeld Aktivitätstheorie und interventionistische Forschung.
 
21
Vgl. auch Abschnitt 2.2.2.3: „A collective activity is driven by a communal motive. The motive is formed when a collective need meets an object that has the potential to fulfill the need. The motive is thus embedded in the object of the activity“ (Engeström, 1999b, S. 65).
 
22
Hervorzuheben sind hier die Vermittlungskomponenten (Artefakte, Regeln, Arbeitsteilung), die als Resultate eines historisch-kulturellen Entwicklungsprozesses die Erfahrungen früherer Aktivitäten verkörpern und somit ihre spezifische Geschichtlichkeit in eine Aktivität mit einbringen.
 
23
Espinosa et al. (2007) verdeutlichen Koordination am Beispiel von Softwareentwicklung: Wenn die Aktivitäten mehrerer Akteure synchronisiert zusammengeführt werden sollen, müssen die entsprechenden Interdependenzen bzw. Aufgabenabhängigkeiten gut organisiert werden. Im Rahmen der Entwicklung einer Software können mehrere Entwickler Teile einer Software effektiv entwickeln (z. B. fehlerfrei, pünktlich, mit hoher Qualität). Allerding kann es sein, dass diese Einzelteile in Kombination, als gesamthafte Software, nicht funktionieren. Die einzelnen Teile müssen deshalb effektiv integriert, sprich deren Zusammenführung in einer finalen Softwarelösung koordiniert werden (Espinosa et al., 2007, S. 136 ff).
 
24
Faraj & Xiao (2006) entwickelten folgende praxistheoretische Koordinationsdefinition: „Based on a practice view, we suggest the following definition of coordination: a temporally unfolding and contextualized process of input regulation and interaction articulation to realize a collective performance“ (ebd., S. 1157 Hervorh. im Original).
 
25
Aufgrund der Vielfalt existierender Studien erhebt der in dieser Arbeit wiedergegebene Forschungsstand keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
 
26
IKT: Informations- und Kommunikationstechnologien.
 
27
IT: Informationstechnik.
 
28
Hinter diesem Autonomieverständnis steht auch die Annahme, Autonomie nicht als weitgehend stabile Eigenschaft von Jobs, Individuen oder Teams zu begreifen, sondern als „dynamic capability enacted by workers in practice“ (Mazmanian et al., 2013, S. 1353). Übertragen auf berufliche Kontrolle richtet das Verständnis den Fokus nach Mazmanian et al. (2013) somit auf Kontrolle-produzierenden Praktiken und Konditionen.
 
Metadaten
Titel
Arbeitswelttransformation durch Digitalisierung: Ein aktivitäts- und koordinationstheoretischer Zugang
verfasst von
Benjamin Krack
Copyright-Jahr
2023
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40077-4_2

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