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08.02.2016 | Automatisiertes Fahren | Schwerpunkt | Online-Artikel

Automatisiertes Fahren: Hemmschuh Haftungsrecht

verfasst von: Stefan Schlott

3:30 Min. Lesedauer

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Die Visionen vom automatisierten Fahren sind derzeit noch mit zahlreichen offenen Fragen verbunden. Vor allem das Haftungsrecht bereitet Juristen und Fahrzeugherstellern Kopfzerbrechen.

Bis Autos tatsächlich vollständig autonom, also ohne Lenkrad auf den heimischen Straßen unterwegs sind, wird es nach Ansicht von Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsmitglied der Huk-Coburg Versicherungsgruppe, Deutschlands größtem Kfz-Versicherer, noch lange dauern. Heitmann rechnet damit, dass die Unterstützung beim Fahren durch elektronische Systeme sukzessive zunehmen wird - bis das Auto dann eines Tages eigenständig pilotiert. Das oberste Ziel des autonomen Fahrens, die Unfallzahlen zu senken, begrüßte Heitmann im Rahmen eines Diskurses der Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern (Goslar Institut) anlässlich des Verkehrsgerichtstages am 28. Januar 2016 in Goslar.

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Allerdings sei auch das vorerst Zukunftsmusik. Er berichtete, dass laut einer Auswertung von Huk-Fachleuten die fahrerlosen Fahrzeuge des Internetriesen Google bei ihren inzwischen rund zwei Millionen zurückgelegten Testkilometern bislang schlechter gefahren seien als deutsche Autofahrer im Durchschnitt. Insofern erwartet Heitmann noch einen weiten Weg, bis dank autonomer Autos die Unfallzahlen drastisch sinken.

Fahrer und OEMs haften

Als Bremse für die Umsetzung der technischen Möglichkeiten sehen Fachleute vor allem das Haftungsrecht. Nach aktuellem Recht haftet der Unfallverursacher, wie der Rechtsanwalt und Partner der Kölner Anwaltspraxis Osborne Clarke, Dr. Thomas Funke, beim Goslar-Diskurs erläuterte. Gleichzeitig haften Fahrzeughersteller auch heute schon für eigene mangelhafte Produkte. Mit dem Fortschreiten des autonomen Fahrens werde sich ein Teil des Risikos jedoch vom Fahrzeugführer auf die Autohersteller beziehungsweise Importeure verlagern, erwartet der Jurist. Als Beleg dafür führte er an, dass nach dem Willen der Bundesregierung das Verwenden eines Autopiloten grundsätzlich nicht als Fahrlässigkeit eingestuft werden soll.

Mit dieser Einschätzung steht Funke nicht alleine. Auch im Artikel Wie das Recht automatisiertes Fahren hemmt aus der ATZ 4-2015: "Insbesondere Rechtsfragen stehen meist im Fokus, wenn es um die Rahmenbedingungen für das automatisierte Fahren geht. Allerdings hat der Gesetzgeber trotz des rapiden technischen Fortschritts bislang kaum auf die sich entwickelnde Technik reagiert. Auch die Rechtswissenschaft steht erst am Anfang und beginnt, sich nun Schritt für Schritt mit den Folgen und Effekten der fortschreitenden Fahrzeugautomatisierung auseinanderzusetzen."

Viele offene Fragen

Um welche Fragestellungen es konkret geht, bringt Professor Dr. Dr. Eric Hilgendorf von der Forschungsstelle für Robot Recht an der Universität Würzburg auf den Punkt. Im Interview Die Änderung des Wiener Übereinkommens kommt jetzt fast zu spät aus der ATZ 5-2015 skizziert er folgenden Fall: "Angenommen ein Fahrzeug fährt im hochautomatisierten Zustand und es wird ein Kind verletzt, etwa weil das System noch nicht völlig ausgereift ist. Oder ein Sensor ist verschmutzt, und deswegen übersieht die Maschine beim Einparken ein auf dem Boden am Parkplatz spielendes Kind. Das Kind wird angefahren und verletzt. Wer kommt für die Arztkosten auf? Kann man jemanden wegen fahrlässiger Körperverletzung strafrechtlich belangen? Das sind bislang teilweise noch offene Fragen."

Hilgendorf sieht in diesem Zusammenhang vor allem die OEMs in der Pflicht: "Der Automobilhersteller ist der Hersteller dieses autonomen Systems, das dann im Pkw funktioniert, und wenn das System Fehler hat, haftet dafür weniger der Fahrer als der Hersteller des Systems. In Zukunft werden also Hersteller wieder vermehrt haften, auch zivilrechtlich."

Eine Restverantwortung bleibt beim Fahrer

Eine andere mögliche Sichtweise beschreibt Meris Neininger im Artikel Schöne autonome Autowelt? aus dem Versicherungsmagazin 2-2016: "Auch der Lenker eines autonomen Fahrzeugs muss eine Restverantwortung übernehmen." So dürfe es nicht so weit kommen, dass Autofahrer wie Piloten agierten, die beim Ausfall ihres Autopiloten nicht mehr in der Lage wären, ihr Flugzeug - oder dann eben Fahrzeug - sicher eigenständig zu fliegen/zu lenken. Neininger: "Das heißt: Auch in der schönen neuen autonomen (Auto-)Welt darf das eigenverantwortliche Denken nicht vollkommen abgeschaltet werden."

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