Bei Anruf Beratung: Banken-Call Center müssen ihren telefonischen Kundenservice verbessern und auf die Multichannel-Entwicklung am Markt reagieren.
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Während in anderen Branchen, beispielsweise im Versandhandel oder dem Pharmamarkt, telefonische Kundenservice-Center erprobte effiziente Anlaufstelle für Kundenanfragen sind, müssen die Call Center der Kreditinstitute erst noch den nächsten Quantensprung vollziehen. Im Zusammenspiel verschiedener Vertriebskanäle gewinnen sie immer stärker an strategischer Bedeutung. Experten der internationalen Managementberatung Bain & Company glauben, dass sie eine Art Renaissance als Drehscheibe für Kundenkontakte bei Retailbanken der Zukunft erleben. Denn "der Kostendruck der Banken und die damit einhergehende Straffung des Filialnetzes erfordern alternative Zugangswege und besser skalierbare Betreuungsformen vor allem im Kundenservice. Kein anderer Kanal eignet sich dafür so gut wie Kontaktcenter", glaubt Nikola Glusac, Partner bei Bain & Company.
Banken-Call Center schneiden schlecht ab
In der Bain-Studie "Von der Wählscheibe zur Drehscheibe: Die Renaissance der Banken-Call Center" , für die 2015 weltweit 115.000 private Bankkunden befragt wurden, stellen diese den Kreditinstituten allerdings kein besonders gutes Zeugnis aus. Im Vergleich mit anderen Kommunikationswegen, beispielsweise mobilen oder Online-Kanälen, hat kein Kanal so schlecht abgeschnitten wie Call Center, obwohl dort fast ein Drittel der entscheidenden Kundenanfragen eingeht.
Ähnlich wie die Geschäftsmodelle der Geldhäuser müssen auch deren Call Center einen Transformationsprozess durchlaufen. Bausteine sind
- die Servicelevels,
- der Einsatz neuer, innovativer Technologien, beispielsweise Videoberatung oder Co-Browsing
- das richtige Sourcing-Modell, also Insourcing oder Outsourcing über spezialisierte Callcenter-Dienstleister und
- die Vernetzung mit anderen Kanälen zu einem Omnichannel-Angebot im Kundenservice.
Einige Kreditinstitute, die den Wandel bereits vollzogen haben, wie marktführende Direktbanken, konnten durch die Transformation beispielsweise ihre Fallabschlusszahlen erhöhen, die Kosten um bis zu 30 Prozent senken und gleichzeitig den Servicelevel steigern. Ein wesentlicher Punkt dabei sind Anrufmanagement und Kundenklassifizierung. Banken sollten die Zahl der so genannten Low-Value-Calls verringern und die Gesprächsführung optimieren, sagen die Bain-Bankexperten. Self-Service-Systeme und verbesserte digitale Angebote tragen dazu bei, das Anrufaufkommen zu verringern. Call Center großer Mobilfunkanbieter machen es mit abgestuften Telefoniekonzepten sowie einer First und Second-Level-Beratung im telefonischen Kundenservice vor. So genannte High-Value-Calls, die die Kundenbindung erhöhen und damit verbundene Kontaktpunkte sollten Geldhäuser hingegen ausbauen.
Auch Ingo Matuschek und Frank Kleemann, Autoren des Springer-Beitrags "Kundenkommunikation in Call Centern des Finanzdienstleistungssektors" in "Diskurs und Ökonomie" (Seite 207-236), beobachten, dass mit der Ausdünnung des Filialnetzes bei den Banken medienvermittelte Interaktionsformen, allen voran Call Center, an Bedeutung gewonnen haben. Sie verweisen dabei auf die wichtige Rolle der Agents in Call Centern für eine erfolgreiche Kundenkommunikation. Agents nehmen unter anderem die Rolle sprachlicher Mittler zwischen Unternehmen und Kunden ein.