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2019 | Buch

Bildung und Konventionen

Die „Economie des conventions“ in der Bildungsforschung

herausgegeben von: Prof. Dr. Christian Imdorf, Prof. Dr. Regula Julia Leemann, Prof. Dr. Philipp Gonon

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Soziologie der Konventionen

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Über dieses Buch

Der Sammelband vereinigt Beiträge aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz, welche die „Economie des conventions“ in der Bildungsforschung einsetzen und weiterentwickeln. Entlang einer Vielfalt von empirischen Anwendungsfeldern im Bereich von Volksschule, Berufsbildung, Erwachsenenbildung und Hochschule zeigen die Autorinnen und Autoren auf, welches Potenzial die im deutschen Sprachraum auch als Soziologie der Rechtfertigung bekannte Theorie hat, um Problemstellungen und vielfältige Entwicklungen im Bildungsbereich zu deuten und zu verstehen. Dazu zählen Themen wie Eliterekrutierung, Governance, Transformationen, Qualitätsevaluation, Übergänge, Curriculum, Schulbeurteilung, Selektion, Profession.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführungen

Frontmatter
Das Potenzial der Soziologie der Konventionen für die Bildungsforschung
Zusammenfassung
Der Beitrag gibt einen Überblick über die konventionentheoretische Forschung in den französisch- und deutschsprachigen Bildungswissenschaften, um das Potenzial der Soziologie der Konventionen für bildungswissenschaftliche Untersuchungen darzulegen. Im Anschluss an die Systematisierung verschiedener Konventionen in der Bildung werden drei sich ergänzende konventionentheoretische Zugänge dargestellt und die Beiträge des Sammelbands darin verortet: Konventionen als Rechtfertigungsordnungen zur Analyse von Ungleichheit, Gerechtigkeit und Inklusion in der Bildung; Konventionen als Handlungslogiken zur Analyse von Governance, Transformationen und Reformen von Bildungsinstitutionen und Bildungsorganisationen; sowie Konventionen als Wertigkeitsordnungen zur Analyse von Qualität, Bewertungen und Klassifikationen in der Bildung.
Regula Julia Leemann, Christian Imdorf
Die Soziologie der Konventionen im Bereich der Bildung. Wissenschaft, Politik und Gesellschaftskritik in Frankreich am Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert
Zusammenfassung
Dieser Artikel stellt die politische und wissenschaftliche Entwicklung der Bildungsthematik in Frankreich seit den 1970er Jahren dar und skizziert, wie die Soziologie der Konventionen Veränderungen in der politischen Situation aufgegriffen hat. Die 1970/80er Jahre beruhten auf dem Ideal von Chancengleichheit. Es mussten jedoch auch neue Kompromisse gesucht werden, um die aufkommende Leistungsorientierung zu integrieren. Die 1990er Jahren zeichneten sich durch die Globalisierung und Überzeugungen aus, die auf den Prinzipien des NPM basierten. Neue Vorstellungen von Gerechtigkeit etablierten sich, beispielsweise das Konzept des Dritten Weges oder das Versprechen der Gleichheit der Ergebnisse. Diese Bezüge wurden am Ende des 20. Jhdt. neu durch die Migration herausgefordert. Die Frage der Integration rückte wieder in den Vordergrund, aber mit der Herausforderung, Unterschiede in den Gesellschaften und mehrere Diskurse von Wahrheit zu respektieren.
Jean Louis Derouet

Ungleichheit und Gerechtigkeit in der Bildung

Frontmatter
Konventionen auf schwindendem Grund – Zu den praktischen Konsequenzen schulischer Selektion an einer Hauptschule im sozialen Brennpunkt
Zusammenfassung
Selektivität ist ein Charakteristikum des deutschen Schulsystems, welches sich seit geraumer Zeit in einer Legitimationskrise befindet. Die Rechtfertigungsmuster, die bei der Legitimation von Selektionsentscheidungen verwendet werden, können einerseits als Kompromissbildungen zwischen verschiedenen Konzeptionen von Gerechtigkeit verstanden werden. Anderseits laufen sie Gefahr, Probleme eher zu delegieren als sie lösbar zu machen. Somit können sie als institutionelle Diskriminierung wirken. Dieser Beitrag folgt der Annahme der Soziologie der Kritik, dass jede Rechtfertigungsordnung Maßstäbe für die Feststellung von „Größe“ von Mitgliedern einer Gemeinschaft bereitstellt. In Bezug auf Selektionsprozesse im Schulsystem können Kompromisse demzufolge dann als legitim erachtet werden, wenn sie es SchülerInnen ermöglichen, den Zustand von Größe zu erlangen. Unter Verwendung der dokumentarischen Methode rekonstruiert dieser Beitrag, wie dies im konkreten Kontext einer Berliner Hauptschule im sogenannten sozialen Brennpunkt systematisch misslingt. So kann aufgezeigt werden, wie die verfügbaren Konventionen in diesem konkreten Kontext einer materiellen Grundlage entbehren und so nicht bloß die gemeinsame Würde der SchülerInnen, sondern auch der betroffenen Lehrerin gefährden. Die Erfahrungsberichte der Lehrerin werden so als Form der radikalen Kritik gedeutet und verstehbar gemacht.
Hauke Straehler-Pohl
Unterschiede, Ungleichheiten, Unterscheidungen. Pädagogisches Kategorisieren zwischen Engagement, Rechtfertigung und Kritik
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund beharrlicher Bildungsungleichheiten bespricht der Beitrag aktuelle pädagogische Unterscheidungsordnungen und fragt, wie diese in den Strukturen und Anforderungen pädagogischer Praxis verankert sind. Als empirische Grundlage dient eine Interviewstudie mit Elementar- und Primarstufenpädagog/innen. Gestützt auf analytische Heuristiken der Soziologie der Konventionen wird argumentiert, dass ein wesentliches Element zum Verständnis des Wechselspiels sozialer Ungleichheiten und pädagogischer Praktiken in der Hybridität pädagogischen Unterscheidungswissens liegt. Pädagog/innen greifen zur Definition und Bewältigung ungewisser Situationen auf unterschiedliche und häufig stereotype soziale Kategorien und Klassifikationslogiken zurück. Diese Rückgriffe ergeben sich aus den Strukturen pädagogischer Praxis: aus der Notwendigkeit, komplexe Konstellationen typisierend auf eine Formel zu bringen, aus der Anforderung, Erklärungen für Unterschiede und Ungleichheiten zu finden, sowie aus dem Anspruch, zwischen diagnostischen und nachvollziehend-verstehenden Bezügen zu wechseln. Angesichts der vielfältigen potenziellen Ungleichheitseffekte der ausgemachten Klassifikationsformen stellt sich die Frage nach neuen Formen eines reflexiven und sozialtheoretisch fundierten Theorie-Praxis-Dialogs.
Kenneth Horvath
Qualitätskonventionen und Regimes staatlichen Handelns: die Umbrüche im marokkanischen Bildungswesen
Zusammenfassung
Um die Strukturierung und den Wandel nationaler Bildungssysteme zu verstehen, wird ein Ansatz verschiedener Regimes staatlichen Handelns vorgeschlagen. Demnach kann Bildung als in Institutionen eingeschriebenes Gemeingut durch „Qualitätskonventionen“ betrachtet werden, die mit pluralen Formen der Handlungskoordination verbunden sind. Basierend auf dem Regime-Ansatz wird sodann die Entwicklung des Bildungssystems innerhalb der marokkanischen Gesellschaft analysiert. Dieser Fall zeigt anschaulich, wie sehr ein nationales System aus einer Pluralität von strukturierenden Prinzipien hervorgeht. Dabei ist deren Zusammensetzung in beständiger Evolution begriffen, und zwar unter dem Einfluss krisenhafter Qualitätskonventionen, an denen sich in Marokko die in den letzten zwanzig Jahren angestrengten Bildungsreformen stießen.
Eric Verdier

Bewertungen im Bildungssystem

Frontmatter
Das Unbestimmbare bewerten. Aufnahmeverfahren an Kunsthochschulen aus rechtfertigungstheoretischer Perspektive
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht Auswahlverfahren an Kunsthochschulen im Hinblick auf unterschiedliche Praktiken der Bewertung und fragt nach deren Bedeutung für die (Re-)Produktion von sozialen Ungleichheiten. Aufnahmeprüfungen an Kunsthochschulen werden als Entscheidungssituationen konzipiert, in denen die Wertigkeit der KandidatInnen durch Bezugnahme auf einen innerhalb der Schulwelt anerkannten Maßstab beurteilt wird. Das Konzept der Bewertungskette beschreibt dabei, wie KandidatInnen immer wieder von neuem begutachtet und einmal attribuierte Qualitäten transformiert werden. Durch das Zusammenstellen einer Gruppe als ‚künstlerische Gemeinschaft‘ muss die Heterogenität der KandidatInnen reduziert werden, wodurch Ungleichheit im Prozess der Aufnahmeverfahren (re-)produziert wird.
Philippe Saner
Schulen beurteilen. Grammatik und Pragmatik der Bewertung in Schulinspektionsteams
Zusammenfassung
Schulen sind zentrale gesellschaftliche Orte der Bewertung, die sich lange Zeit der Bewertung durch äußere Instanzen nahezu vollständig entziehen konnten. Mit der jüngsten, durch die PISA-Studien symbolisierten Krise des Bildungssystems und den Versuchen, sie zu bearbeiten, hat sich dies entschieden geändert. Bildungspolitische Reformen fordern interne wie externe Evaluationen. Der Aufsatz stellt die Frage, wie das Bewertungsobjekt „Schule“ von seinen Bewertenden bewertet wird. Am Beispiel von Schulinspektionsteams zeigen wir, dass sich die Bewertenden in ihrer Bewertungsarbeit auf ein Set von Rechtfertigungsordnungen beziehen und dabei der Schwerpunkt auf der „industriellen“ Ordnung liegt. Darüber hinaus richten wir den Blick auf die Frage, wie die Bewertungen praktisch operativ vollzogen werden: Was tun die Bewertenden, wenn sie bewerten?
Moritz G. Sowada, Thorsten Peetz

Curriculumforschung

Frontmatter
Zwischen Expertenökonomie und Politischer Ökonomie: der Wirtschaftsunterricht an den französischen Gymnasien auf dem Prüfstand
Zusammenfassung
Dieser Aufsatz untersucht den inhaltlichen Wandel des Wirtschaftsunterrichts (von Lehrplänen in „Sciences économiques et sociales“) an den französischen Gymnasien von 1966 bis heute sowie die damit verbundenen Kontroversen. Die Daten stammen aus früheren Forschungsarbeiten der Autorin. Sie bestehen aus Archivmaterial, aktuellen Dokumenten, Untersuchungen und gesammelten Aussagen von Akteuren. Die Analyse lehnt sich an die pragmatische Soziologie der Kritik an, wie sie Luc Boltankski (2009) in seinem Werk De la critique darlegt, und bezieht aus ihr Erklärungsansätze von Wandel in Anbetracht der Entwicklungen des Kapitalismus. Gezeigt wird, wie die vom Unterricht betroffenen Akteure handeln, um den Lehrplan zu beeinflussen und abweichende Standpunkte zu vertreten, die wiederum auf unterschiedlichen Normen und Werten beruhen.
Elisabeth Chatel
Ökonomisierung der sozialwissenschaftlichen Bildung? Anwendung eines konventionentheoretischen Diktionärs zur massentextanalytischen Untersuchung einer bildungspolitischen Debatte
Zusammenfassung
Seit einigen Jahren herrscht eine bildungspolitische Auseinandersetzung um die ökonomische Bildung in deutschen Schulen. Klassischerweise in Form sozialwissenschaftlicher Integrationsfächer unterrichtet, fordern Wirtschaftsverbände ein eigenes Unterrichtsfach Wirtschaft. Kritikerinnen sehen darin eine weitere Ökonomisierung der Bildung.
Bislang fehlt dieser Diskussion eine belastbare empirische Grundlage. Mithilfe massentextanalytischer Verfahren und einem EC-basierten Diktionär analysieren wir alle 100 derzeit in Deutschland gültigen sozialwissenschaftlichen Lehrpläne.
Der Vergleich integrierter Lehrpläne mit Lehrplänen für einen separaten Wirtschaftsunterricht zeigt, dass ökonomische und nicht-ökonomische Inhalte bei letzteren in ein deutliches Missverhältnis geraten. Die Studie bestätigt die Sorge einer schleichenden Ökonomisierung der Bildung im Falle einer Ausweitung separater, monodisziplinärer Unterrichtsfächer.
Henning Middelschulte, Patrick Kahle
Situation versus Komparation? Eine Skizze zur konventionentheoretischen Methodologie am Beispiel Bürgerschaftsbildung in der Schule
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich einer Forschungslücke der konventionentheoretischen Forschung: der Bürgerbildung in Schulen und behandelt in diesem Feld den Vergleich zwischen deutschen und französischen Schulen. Das Fundament der Forschung ist der methodologische Situationalismus, der eine spezifische Vorgehensweise beim Vergleich verlangt. Die Autoren argumentieren, dass schulische Bürgerbildung geradezu ein Paradebeispiel für die konventionentheoretischen Kernkonzepte Ungewissheit und Rechtfertigungsdruck bietet. Sie diskutieren die Bedeutung von materialen Objekten und Produkten in der und für die Bürgerbildung, eine Dimension, die bislang kaum erforscht wurde. Sie erläutern, warum man die Organisation Schule und ihre Bürgerbildung in erster Linie als Kompromisswerkzeuge für den Umgang mit unterschiedlichen Welten und Konventionen auffassen kann. Schließlich erörtern sie die Implikationen für eine internationale Bürgerbildungsforschung, die ihre Aufgabe darin sieht, situierte Situationen miteinander zu vergleichen.
Reinhold Hedtke, Andrea Szukala, Claude Proeschel

Konstruktion von Personen und Institutionen in der Bildung

Frontmatter
Der „Lehrling“: Qualifizierung einer Kategorie im schweizerischen Rechtsdiskurs (1870–1930)
Zusammenfassung
Der Beitrag verfolgt das Ziel, die in der Forschung vernachlässigte Kategorie des Lehrlings einer historischen Rekonstruktion zu unterziehen und gleichzeitig das Theorieangebot der Soziologie der Konventionen zu erproben. Es wird der Anspruch erhoben, dass dieser Ansatz aufgrund seines pragmatistisch-situativen Charakters einerseits und seines Institutionenverständnisses anderseits für historische Analyse besonders geeignet ist. Im Vordergrund steht das Konzept der Qualitätskonventionen und deren Rolle in Prozessen der Klassifizierung und Kategorisierung. Gefragt wird nach der Genese des „Lehrlings“ in der Zeit zwischen 1870 bis 1930 sowie nach den Konflikten, die in diese eingegangen sind und bis heute immer wieder virulent werden.
Esther Berner
Disparate Entwicklungen der schweizerischen Berufsmaturität – Zur Wertigkeit eines beruflichen Bildungsabschlusses in verschiedenen Kantonen
Zusammenfassung
Die Berufsmaturität ist heute eine etablierte Bildungsoption für Schweizer Jugendliche, die ihre Bildungslaufbahn nach der beruflichen Erstausbildung auf Hochschulstufe fortsetzen wollen. Die 26 Schweizer Kantone verleihen diesen Bildungsabschluss jedoch unterschiedlich häufig. Der Beitrag geht der Frage nach, wie die unterschiedlichen Entwicklungslinien aus konventionentheoretischer Perspektive erklärt werden können. Drei Fallstudien, welche die Einführung der eidgenössischen Berufsmaturität in verschiedenen Kantonen beleuchten, bilden den Kern dieses Beitrags. Die Analysen zeigen, dass die unterschiedlichen Entwicklungslinien auf einer kantonal unterschiedlich zugeschriebenen Wertigkeit dieses beruflichen Bildungsabschlusses beruhen, die durch handlungskoordinierende Arbeitsgruppen und Kommissionen strukturiert werden.
Lea Hägi
Zur Legitimität von Hochschulweiterbildung in der Schweiz – Zwischen Wissenschafts- und Arbeitsmarktorientierung
Zusammenfassung
Seit den 1990er Jahren wurde in der Schweiz die Hochschulweiterbildung ausgebaut. Die vonseiten des Bundes initiierte „Weiterbildungsoffensive“ hat die Weiterbildung insgesamt, aber auch die Universitäten und Fachhochschulen selbst verändert und im Besonderen vielen Personen mit hochschulischen Abschlüssen eine Weiterbildungsoption eröffnet. In diesem Beitrag werden die Entstehung dieser Form von akademischer Weiterbildung („Advanced Studies“) dargestellt und das konfliktive Ringen um die Programmatik, Ausrichtung und Legitimität der Hochschulweiterbildung rekonstruiert. Dabei eignet sich der Ansatz der „Economie des Conventions“ (EC) insofern als er die Forminvestition und die Qualitätskonventionen, welche Rechtfertigungsbedarfe aber auch die Expansion dieses Bereiches prägen, sichtbar macht.
Philipp Gonon

Governance in der Bildung

Frontmatter
Soziale Arbeit als ‚art of composition‘ – Zur konventionsbasierten Regulierung von Übergängen von der Schule in Ausbildung in Motivationssemestern
Zusammenfassung
In diesem Artikel wird das Potenzial der Economie des conventions (EC) für die Analyse von alltagspraktischem Handeln in pädagogischen Organisationen beschrieben. Auf der Basis einer exemplarischen Analyse der Umsetzungspraxis einer Übergangsmaßnahme für ausbildungsplatzsuchende Schulabgänger in der Schweiz wird gezeigt, dass Akteure in pädagogischen Organisationen mit einer Vielzahl von widersprüchlichen Handlungslogiken konfrontiert sind, mit denen auf der Ebene der Interaktion mit Klienten umgegangen werden muss. Mit der EC können diese Spannungsfelder als kritische Spannungen zwischen unterschiedlichen Wertordnungen und Arten der Beurteilung konzipiert werden, welche in konkreten Handlungssituationen aufeinandertreffen. Anhand von zwei kritischen Handlungssituationen wird gezeigt, wie Akteure in Übergangsmaßnahmen angesichts pluraler konventioneller Arrangements institutionelle Widersprüche situativ aushandeln. Diese situative Koordination unterschiedlicher Evaluationslogiken im adressatenbezogenen Handeln kann mit der EC als ‚art of compositionʻ kompetenter Akteure beschrieben werden.
Stephan Dahmen
Praktiken der Valorisierung in der Educational Governance. Zur Institutionalisierung der Schweizer Fachmittelschule in den 1970er Jahren
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht, wie sich in der Schweiz die Fachmittelschule neben Gymnasium und Berufsbildung als dritter Bildungsweg etablieren konnte. Fokussiert wird der Zeitraum der 1970er Jahre, als im Kontext von Koordinationsanforderungen bildungspolitisch eine gesamtschweizerische Lösung für die Vorgängerschulen gefordert wurde. Mit Bezug zur Soziologie der Konventionen werden Praktiken der Valorisierung in der Governance dieses Institutionalisierungsprozesses untersucht. Die Datenbasis bilden bildungspolitische Berichte. Die Analysen zeigen, dass mittels Generalisierung durch Verzicht auf kantonale Varianten entlang eines gemeinsamen Äquivalenzmaßstabs der neue Schultyp konstruiert wurde. Als Legitimationsprinzipien setzten die Akteure auf einen Kompromiss von staatsbürgerlicher und häuslicher Konvention, welcher sich im Kompromisssubjekt einer „reifen Persönlichkeit“ als Ausbildungsziel materialisierte.
Regula Julia Leemann, Christian Imdorf
Rechtfertigungsstrategien in der Programmgestaltung in Volkshochschulen im Zuge veränderter Governance-Strukturen aus einer konventionentheoretischen Perspektive
Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich am Beispiel von Volkshochschulen in öffentlicher Trägerschaft aus einer konventionentheoretischen Perspektive mit Rechtfertigungsstrategien in der Programmgestaltung von Leitungskräften in Anbetracht veränderter Governance-Strukturen. Dazu werden empirische Befunde aus einer explorativen Interviewstudie mit Leitungskräften aus Volkshochschulen vorgestellt, die sich auf deren Umgang mit steuerungsrelevanten Akteuren aus Kommunalverwaltung und Politik im Kontext der Ausgestaltung ihrer Bildungsprogramme beziehen. Es werden drei zentrale Strategien der Rechtfertigung dargelegt, die mit Hilfe des Analyseinstrumentariums der Soziologie der Konventionen erschlossen wurden: marktwirtschaftliche Rechtfertigungsstrategien, staatsbürgerliche Rechtfertigungsstrategien in Konfliktsituationen sowie die Querfinanzierung als Kompromissstrategie und Form-Investition.
Matthias Alke
Metadaten
Titel
Bildung und Konventionen
herausgegeben von
Prof. Dr. Christian Imdorf
Prof. Dr. Regula Julia Leemann
Prof. Dr. Philipp Gonon
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-23301-3
Print ISBN
978-3-658-23300-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23301-3

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