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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Doing Identity im Spannungsfeld von Dis-/Ability. Ein (Macht-)Spiel um Deutungsweisen in Interaktionen

verfasst von : Miklas Schulz

Erschienen in: Ethnographie und Diversität

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

In seinem Beitrag untersucht Miklas Schulz als blinder Wissenschaftler über autoethnografisch angelegte Reflexionen die Entstehung (nicht) behinderter Identität. Am Beispiel der Wohnungssuche zeigt er auf, inwieweit die soziale Identität auch als Resultat einer getroffenen Entscheidung für die situative (Nicht-)Relevanz körperlicher Dimensionen gelten muss. Dafür wird der Goffmanschen Stigmatheorie eine kritische Reflexionsebene erweiternd an die Seite gestellt, die die gesellschaftlich wirkenden Wissensbestände in die Untersuchung miteinbezieht. So ausgerüstet lässt sich das Identitätsspiel, seine Taktiken und Strategien machtkritisch einfangen, um so die ihm inhärenten Paradoxien zu betonen.

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Fußnoten
1
Es geht vorliegend bei der Autoethnografie weniger um die Auseinandersetzung mit dem Aufbau einer gesamten Biografie, wie dies regelmäßig zu finden ist (vgl. Denzin 1989; Zaner 2004). Ich verwende autoethnografisch angelegte Reflexionen vielmehr als eine Analyseform, bei der ein Blitzlicht auf eine Situation im Zentrum steht. Das Interaktionsgeschehen kann so beispielhaft herangezogen werden, um soziokulturell konfigurierte Praktiken und deren Wirkzusammenhänge aufzuzeigen (vgl. Schulz 2014, 2017b, 2018).
 
2
Normalität lässt sich im Anschluss an Jürgen Link (1997) zweifach dimensionieren: Als soziale Norm und als normalistische Norm. Erstere ist grob vereinfachend dem sozialen Handeln vorgelagert und bewertet Verhalten nach bestehenden Regeln. Die zweite zielt weniger auf das regelgerechte denn vielmehr auf das regelmäßige, auf statistischen Dokumentationen beruhende Handeln. Es ist dem vorgefundenen Verhalten nachgelagert und seine Grenzen sind dynamisch (vgl. auch Waldschmidt 2003).
 
3
Sie heben auf die Anwesenheit von Menschen mit und ohne Behinderung ab (vgl. Krähenbühl 1977).
 
4
In meinem Fall vor allem auch, weil sie von Umweltbedingungen wie den gegebenen Licht- und Kontrastverhältnissen abhängt, die sich zusätzlich mit meinem Sehfokus konfigurieren. Wenn bei einer Blickrichtung und Augenstellung ein Hindernis noch erkannt werden kann, ist es zuweilen mit der nächsten Augenbewegung unauffindlich verschwunden.
 
5
Eine Option besteht natürlich auch darin sich nicht zu entscheiden, womit ebenfalls eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen getroffen ist. Man kann in sozialen Interaktionen nicht nicht sozial handeln.
 
6
Ebenso denkbar wäre eine Analyse mit dem Otheringkonzept gewesen und wie sie z. B. Ehrenberg und Lindmeier in diesem Band im Kontext Schulassistenz vornehmen.
 
7
Ausgehend von dieser Definition wird seit den 1970er Jahren in der Soziologie der Behinderung ihr Gegenstand (die Behinderung) auch als Resultat eines Zuschreibungsprozesses und nicht länger nur als Eigenschaft untersucht (vgl. Hohmeier 1975; Thimm 1975 und für einen Überblick zur Diskussion Cloerkes 2000 sowie für die Erweiterung des zugrunde gelegten Identitätsverständnisses Neubert et al. 1991).
 
8
Die darin liegende Potentialität von Benachteiligung ist evident, soll aber dennoch expliziert werden: Was wäre passiert, wenn ich kein solches Angestelltenverhältnis mitgebracht hätte? Die Antwort liegt auf der Hand. Andere (blinde) Personen ohne meinen Status wären hier sehr wahrscheinlich nicht zum Zuge gekommen, sondern diskriminiert worden.
 
9
Nach der Identitätstheorie von Krappmann liegt die Herausforderung darin, den widersprüchlichen Anforderungen zu genügen, denen zur Disposition stehende Identitäten unterworfen sind. Weder ist den Erwartungen der Außenwelt und ihren Normalitätsvorstellungen immer vollständig zu entsprechen, noch können die anvisierte Einzigartigkeit und die Normalitätsansprüche völlig ignoriert werden (vgl. Neubert et al. 1991, S. 677).
 
10
An dieser Stelle fragt sich, auf welcher Seite die größere Stärke zu verorten ist; auf Seiten der Normalen, die möglichst mit nichts Unerwarteten konfrontiert werden wollen – oder auf Seiten des Behinderungserfahrenen, der nicht nur einen Umgang mit seinem Schicksal lernen darf, sondern es darüber hinaus auch noch vollbringt, die Verunsicherungen der normalitätsenttäuschten Umwelt aufzufangen.
 
Literatur
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Zurück zum Zitat Waldschmidt, Anne. 2011. Symbolische Gewalt, Normalisierungsdispositiv und/oder Stigma? Soziologie der Behinderung im Anschluss an Goffman, Foucault und Bourdieu. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 36 (4): 89–106.CrossRef Waldschmidt, Anne. 2011. Symbolische Gewalt, Normalisierungsdispositiv und/oder Stigma? Soziologie der Behinderung im Anschluss an Goffman, Foucault und Bourdieu. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 36 (4): 89–106.CrossRef
Zurück zum Zitat Zaner, Richard M. 2004. Conversations on the edge. Narratives of ethics and illness. Washington, D.C.: Georgetown University Press. Zaner, Richard M. 2004. Conversations on the edge. Narratives of ethics and illness. Washington, D.C.: Georgetown University Press.
Metadaten
Titel
Doing Identity im Spannungsfeld von Dis-/Ability. Ein (Macht-)Spiel um Deutungsweisen in Interaktionen
verfasst von
Miklas Schulz
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21982-6_16