Markowitz (1952) entwickelte vor über fünfzig Jahren ein normatives Modell zur Portfolioselektion. Damit löste er den bis dahin eher oberflächlichen Umgang mit Portfoliorisiken („Don’t put all your eggs in one basket“) ab.1 Allerdings wurde das Markowitz-Modell aufgrund der hohen Informations- und Datenverarbeitungsanforderungen erst mit der rasanten Entwicklung der Informations- und Datenbeschaffungstechnologie sowohl für institutionelle als auch für private Investoren praktikabel.
Ein Portfolio kann deflniert werden als die Aufteilung eines bestimmten Budgets auf mindestens zwei Vermögensgegenstände (Assets).2 Der Ausgangspunkt im Portfoliomanagement ergibt sich mit der grundlegende Fragestellung, wie das Vermögen (Budget) auf die einzelnen Assets aufgeteilt werden soll. Markowitz (1952), der als Begründer der modernen Portfoliotheorie gilt, liefert mit dem Mittelwert-Varianzoder auch μ-σ-Ansatz einen Lösungsweg, indem er das Selektions- bzw. Entscheidungsproblem auf zwei statistische Größen reduziert. Durch die Beschränkung auf die Kriterien erwartete Rendite und Varianz reduziert sich das Selektions-problem auf die Teilmenge der so genannten „effizienten“ Portfolios. Im Folgenden wird zunächst der Ansatz zur Portfoliooptimierung nach Markowitz dargestellt, anschließend werden diverse Modellerweiterungen diskutiert.3
Als Ausgangspunkt für die Betrachtung von Markt- und Volatilitäts-Timing zeigt Merton (1971) in einem theoretischen Modell, wie die zeitliche Variation der Renditeverteilungsparameter die optimale Portfoliozusammenstellung eines rationalen Investors verandert.114 So sollte ein Investor beispielsweise den Anteil riskanter Assets in Zeiten hoher erwarteter Renditen erhöhen (Markt-Timing) bzw. in Phasen hoher erwarteter Volatilität senken (Volatilitäts-Timing). In diesem Zusammenhang haben zahlreiche empirische Studien in den letzten Jahren die relative Bedeutung der aus den Parameterveränderungen resultierenden Effekte untersucht. Der Schwerpunkt dieser Untersuchungen liegt jedoch auf der Schatzbarkeit der Parameter mit niedriger und nicht mit hoher zeitlicher Frequenz sowie auf den Auswirkungen der sich im Zeitablauf verandernden erwarteten Renditen und nicht auf den zweiten zentralen Momenten.115
Vor der Beschreibung der Datengrundlage und der methodischen Vorgehensweise werden die einzelnen Untersuchungsziele der Arbeit zunächst in die Empirie eingeordnet.
Das nachfolgende Kapitel widmet sich zwei zentralen Untersuchungszielen: Zum einen werden die verschiedenen Varianz-Kovarianz-Schätzer hinsichtlich ihrer Schätzqualität evaluiert (Kapitel 5.1) und zum anderen wird der ökonomische Wert der dynamischen Anpassung der Portfolios aufgrund der Schätzungen der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung analysiert (Kapitel 5.1 und 5.2).335
In Kapitel 3.1.3 wurde gezeigt, dass die Verwendung von realisierten Varianzen und Kovarianzen, die auf Basis von Intraday-Daten ermittelt werden, zu einer theoretisch genaueren Schätzung der Varianz-Kovarianz-Matrix fuhren sollten. Allerdings kann die durch Marktmikroeffekte auftretende Autokorrelation der Intraday-Renditen zu Verzerrungen der Schätzungen fuhren. Weitere Verzerrungen entstehen möglicherweise durch fehlende Renditebeobachtungen über Nacht oder nicht-synchrone Preisfeststellungen zwischen den einzelnen Aktien.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit Möglichkeiten einer dynamischen Steuerung von Portfoliorisiken auseinander. In diesem Zusammenhang wird erstmals für den deutschen Kapitalmarkt der ökonomische Wert einer dynamischen Steuerung von Portfolios anhand der zweiten zentralen Momente der Renditeverteilung auf Basis von Tages- und Intraday-Daten untersucht. Neben der Überprüfung von Schätzmodellen aus der Literatur werden als Grundlage für die dynamische Anpassung der Portfolios an die sich im Zeitablauf verändernden Varianzen und Kovarianzen eigens neue Varianz-Kovarianz-Schätzer entwickelt. Die durchgeführten Untersuchungen basieren auf einem Aktienportfolio, bestehend aus fünfzehn Dax-Aktien, und einem Aktien- / Rentenportfolio, bestehend aus Dax- und Rex-Index. Für die Betrachtung der Portfolios basierend auf Tagesdaten dient dabei der Zeitraum von Januar 1992 bis Juli 2004, der Intraday-Betrachtung liegen Dax-Aktien von Anfang 1998 bis Ende 2001 zugrunde.