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1998 | Buch

Integrative Umweltbewertung

Theorie und Beispiele aus der Praxis

herausgegeben von: Werner Theobald

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Umweltnatur- & Umweltsozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Die vielfältigen Belastungen und Veränderungen des Naturhaushalts machen eine Bewertung von Eingriffen in den Naturraum immer notwendiger. Einschlägige gesetzliche Regelungen, die auf diese Entwicklung reagieren, haben akuten Handlungsbedarf hervorgerufen. In der Planungspraxis wird jedoch oft von einem nur ungenügend reflektierten Bewertungsbegriff Gebrauch gemacht, der den normativen und methodologischen Implikationen von Bewertungsvorgängen zu wenig Rechnung trägt. Der Band thematisiert aus der Sicht von Wissenschaftstheorie und Ethik, Ökonomie und Ökologie, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Umweltpsychologie zentrale Fragen der Bewertung von Natur und Umwelt und macht deutlich, welche weitreichenden theoretischen Voraussetzungen der Anspruch dieses Bewertens einschließt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

Einführung
Zusammenfassung
Die vielfältigen Belastungen und Veränderungen des Naturhaushalts machen eine Bewertung von Eingriffen in Natur und Landschaft immer notwendiger. Einschlägige gesetzliche Regelungen, die auf diese Entwicklung reagieren, haben akuten Handlungsbedarf hervorgerufen. In der Planungspraxis wird oft von einem nur ungenügend reflektierten Bewertungsbegriff Gebrauch gemacht, der den normativen und methodologischen Implikationen von Bewertungsvorgängen zu wenig Rechnung trägt, so daß man mit Plachter konstatieren kann, daß unser „verfahrenstechnischer Kenntnisstand heute bei weitem nicht ausreicht“, um „Natur zu bewerten“.1 Was so für die naturschutzfachliche Bewertung gilt, trifft für die Umweltbewertung, die neben naturschutzbezogenen Interessen eine Vielzahl weiterer Nutzungsansprüche zu berücksiehtigen hat, in noch größerem Maße zu.
W. Theobald

Grundlinien Integrativer Umweltbewertung

Frontmatter
Umweltbewertung als inter- und transdisziplinärer Diskurs
Zusammenfassung
Wenn man, wie es im Titel dieses Buches geschieht, von Integrativer Umweltbewertung spricht, dann kann dies je nach Vorverständnis des Rezipienten auf verschiedene Weise interpretiert werden.
W. Theobald

Wissenschaftstheoretische und ethische Aspekte der Umweltbewertung

Frontmatter
Utilitaristische Umweltbewertung
Zusammenfassung
Die Umweltethik bietet seit einigen Jahren das irritierende Bild eines Großmarkts von Bewertungs- und Normierungsmodellen, der für jeden Gesehmack und jede Nachfragestrategie etwas bereithält. Zwei Nachfragestrategien sind heute beson-ders verbreitet, aber auch besonders problematisch: der ethische Sentimentalismus (wie man ihn nennen könnte) und der ethische Instrumentalismus.
D. Birnbacher
Problemlösen durch Interdisziplinarität. Wissenschaftstheoretische Grundlagen Integrativer Umweltbewertung
Zusammenfassung
Der Mensch lebt sehon immer von der Natur. Oft nutzte er die Natur so einseitig aus, daß große Teile von ihr zugrunde gingen und der menschliehen Nutzung nachhaltig oder sogar gänzlich entzogen waren. So wurden etwa durch die Aus-rottung der Mammuts mit einer ganzen Tierart große Fleischquellen für den Menschen für immer vernichtet oder mit massenhaften Rodungen das Ökosystem des europäischen Urwaldes zerstört. Diese irreversiblen Eingriffe in naturge-wachsene Bestände geschahen früher durch den direkten Verbrauch der Naturgüter Fleisch, Fett, Holz, Honig usw. Heute treten die durch den Menschen hervorgerufenen Schädigungen der natürlichen Umwelt meist indirekt durch Abfallprodukte ein, die bei der Verwirklichung und Aufrechterhaltung eines bestimmten Lebenskomforts anfallen und den die Menschen mit großem Stolz und ebenso großer Rücksichtslosigkeit gegenüber der Natur immer weiter ausbauen. Dies gilt z.B. für die allgemein lebensbedrohenden Abgase aus der Energienutzung fossiler Ernergieformen, die Abfallprodukte der chemischen industrie oder den Fallout von Kernwaffenexperimenten. Diese indirekten Schädigungen der natürlichen Umwelt haben globalen Charakter, so daß alies höher entwickelte Leben beeinträchtigt wird und auch das Leben der Menschen selbst. Darum besteht heute die Gefahr, daß der Mensch das, wovon er lebt, mehr und mehr zugrunde richtet.
W. Deppert
Methodologische und normative Aspekte der Umweltbewertung — Elemente einer Rationalen Ökologie
Zusammenfassung
Üblicherweise wird „Umweltbewertung“sowohl unter naturwissenschaftlichen wie unter normativen Gesichtspunkten vorgenommen. Der Bereieh des Normativen wird dabei häufig auf „ethische“Reflexion (latissimo sensu) reduziert, während der Ökologie als biologischer Disziplin die Aufgabe des Deskriptiven zukommt. Doch erweist sich diese Reduktion in beiden Hinsichten als insuffizient. Sowenig nämlich Ethik ohne „faktisehe“Wissensbestände auskommt, sowenig wäre Naturwissenschaft ohne normative Grundlagen denkbar.
M. Gutmann

Ökonomische, rechtliche und sozialwissenschaftliche Aspekte der Umweltbewertung

Frontmatter
Ökonomische Bewertungsgrundlagen und die Grenzen einer „Monetarisierung“der Natur
Zusammenfassung
Jede Diskussion ökonomischer Bewertungsgrundlagen muß sich über deren Zeitbedingtheit und deren historischen Wandel im klaren sein. Früher gab es andere Bewertungsgrundlagen als heute. Die Klassiker im 18. und 19. Jahrhundert waren überzeugt, daß es ein objektives ökonomisches Wertmaß gäbe, nämlich die in einem Produkt geronnene Arbeitszeit. Bekanntlich nahm Marx (1972) dieses Konzept auf und entwickelte daraus seine Mehrwerttheorie, nach der der eine Teil der Gesellschaft den anderen ausbeutet, nicht wie im Feudalismus oder in der Sklaverei auf Grund schierer Gewalt, sondern — bei formaler Freiheit aller Beteiligten - durch das Wirken einer verborgenen und von ihnen nicht durchschauten objektiven Gesetzmäßigkeit.
U. Hampicke
Umweltbewertung: Rechtliche Bewertungsgrundlagen und Steuerungsmöglichkeiten des Rechts
Zusammenfassung
Zu Beginn ihrer Entwicklungsgeschichte war es für die Mensehen als integraler Bestandteil des Biosystems selbstverständlich, sich ihrer Umwelt anpassen. Die Jahreszeiten, die klimatischen und meteorologischen Bedingungen, das in der Natur verfügbare Nahrungsangebot und vieles mehr bestimmten ihre Existenz, ihre Verhaltensweisen, ihre Tages- und später Arbeitsabläufe, ihren Lebenszyklus. Nach und nach gingen die Mensehen dazu über, die Umweltbedingungen nach Möglichkeit ihren Vorstellungen anzupassen und zu gestalten. Daß dieses in einer hochtechnisierten Gesellschaft immer mehr zur Vernichtung von Umweltressourcen und zur Bedrohung der natürliehen Lebensgrundlagen führen mußte, geriet allerdings erst vor ca. 30 Jahren durch die Erkenntnisse des Club of Rome in das allgemeine Bewußtsein. Hieraus eine Staatsaufgabe Umweltschutz oder gar eine gemeinsame Aufgabe der Völkergemeinschaft sich entwickeln zu lassen, forderte mühsame weitere gesellschaftliche und politische Initiativen. Unterdessen ist unbestritten, daß es zu den zentralen Zielen der einzelnen Staaten und der Staatengemeinschaft gehört, durch unterschiedliche politische, legislative, planerische und andere Maßnahmen menschliches Verhalten so zu beeinflussen, daß die (natürliche) Umwelt weniger oder zumindest nicht mehr als bisher geschädigt wird. Insbesondere gilt es, die natürliehen Umweltressourcen soweit als möglich vor einem hemmungslosen Verzehr zu schonen.
A. von Mutius, S. Stüber
Werte und Bewertung von Umweltgütern
Zusammenfassung
Am 5. Januar 1993 prallte die Braer, ein in Liberia registrierter Öltanker, im schweren Sturm gegen die Felsen am Garth’s Ness [Landzunge von Garth] beim Sumburgh Head im Süden der Shetland Inseln1. Die Braer war auf dem Weg von Norwegen nach Kanada. Die Besatzung konnte gerettet werden, doch die gesamte Ladung − 84.413 Tonnen Rohöl — ergossen sich ins Meer und teilweise an die Strände und ans Land. Giftige Dämpfe und Partikel verbreiteten sieh. Öl auf den Wiesen und Weiden bedrohte die Schafzucht und die Ernte. Gefahren bestanden auch für die Lachs-, die Muschel- und die Hummerzucht. Fangausfälle gab es für die Fischer, und Touristen kamen nieht in dem erhofften und erwarteten Maße. Die große, befürchtete Katastrophe blieb jedoch aus, da der anhaltende Sturm das Öl im Meer verteilte. Der Schaden scheint im nachhinein nicht so katastrophal zu sein, wie ursprünglich befürchtet. Haftungsprobleme gab es, da der Schiffseigentümer nur für Vermögensschäden versiehert war und nicht für ökologische Schäden, für Schäden an der Natur.2
H. Lenk, M. Maring

Ökologische, naturschutzfachliche und landschaftsästhetische Aspekte der Umweltbewertung

Frontmatter
Bewertung im Naturschutz und in der Landschaftsplanung
Zusammenfassung
Die Autoren des vorliegenden Bandes befassen sich mit unterschiedlichen Facetten einer Integrativen Umweitbewertung. Die verwendete Terminologie bezüglieh des Gegenstandes und der Bewertungsziele unterscheidet sich nicht nur in Nuancen. Neben der Umwelt (des Menschen) sind Ōkosysteme, Landschaften und die Natur (unter dem Aspekt ihres Schutzes) Gegenstand der Reflexion. Im folgenden Aufsatz soil der Begriff Naturschutz weit gefaβt werden und das klassische Betätigungsfeld Artenschutz ebenso einbeziehen wie Landschaften in ihrer Gesamtheit und damit zugleich die Umwelt ihrer Bewohner. Auch wenn globale Umweltprobleme dabei nicht explizit angesprochen werden, so finden sie dennoch unstrittig Eingang in zeitgemäβe Naturschutzkonzepte auf lokaler bis internationaler Ebene.
K. Dierβen, H. Roweck
Landschaft und Kultur — Wildnis und Stadt
Zusammenfassung
„Die Natur schützen“ist ungefähr so präzise wie „für die Freiheit kämpfen“. Diese Parole hat sieh von den Kommunisten über die Sozial- und Christdemokraten bis zu den Fasehisten so ziemlich jede politische Richtung auf ihre Fahnen geschrieben. Der Schluß liegt nahe, daß Freiheit jedesmal etwas anderes bedeutet und nicht etwa all diese Richtungen die Freiheit auf andere Art erringen möchten. Ich will versuchen, den Naturbegriff etwas zu differenzieren, und zwar vor dem Hintergrund der Frage, was Naturschutz bedeuten könnte.
L. Trepl
Naturgefühle und Naturakzeptanz
Zusammenfassung
Kurz bevor ich die Straße überquerte, hörte ich nahezu gleichzeitig den Gesang eines Zaunkönigs aus einem Vorgarten und das näherkommende Dieseln eines Autos. Meine Gedanken gingen für einen Moment zwischen Vogel und dem herannahenden Fahrzeug hin und her. Wohin solite ich hören? Ich entschied mich für das Auto und verdrängte den wohltönenden Vogelgesang.
G. Trommer
Naturästhetik, Umweltethik, Ökologie und Landschaftsbewertung. Überlegungen zu einem spannungsreichen Verhältnis
Zusammenfassung
Naturästhetische Argumente zählen zu einer Reihe von Argumenten, die zugunsten von Landsehafts- und Naturschutz vorgebracht werden können. Diese Reihe wird ais der Argumentationsraum der Umweltethik bezeiehnet (Krebs 1996, 1997; Ott 1997). Ich möchte die Umweltethik (mit Angelika Krebs) definieren als diejenige Teildisziplin der angewandten Ethik, die sich mit den Fragen eines normativ richtigen bzw. moralisch verantwortbaren (individuellen oder kollektiven) Umgangs mit der äuβeren (belebten oder unbetebten) nicht-menschlichen Natur befaβt. Bereiche angewandter Ethik setzen allgemeinethische Grundlagen voraus. Ich seibst favorisiere eine diskursethische Grundkonzeption von Ethik (Ott 1996). Wir bewegen uns im folgenden also auf der Ebene angewandter Ethik, dort im Bereich der Umweltethik und analysieren vor dem Hintergrund eines Diskursprinzips normativer Richtigkeit eines von mehreren Argumenten innerhalb eines komplexen Argumentationsraumes.
K. Ott

Praxisbeispiele

Frontmatter
Integrative Umweltbewertung - das Beispiel der Ökotoxikologie
Zusammenfassung
Bewertungsverfahren sind Meßverfahren analog aufgebaut bzw. anzulegen, d.h. sie setzen sich aus Modellen zusammen, die anhand definierter Regeln auf Maß-stäbe (Qualitätsstandards) abgebildet werden. Modelle müssen infolgedessen die zu bewertenden Sachverhalte fragestellungsbezogen (hinreichend) wenig verzerrt wiedergeben, sonst ist eine Bewertung im Sinne eines reproduzierbaren Vorgangs nicht möglich. Prüfkriterien für die Richtigkeit eines Modells sind neben der logischen Struktur Objektivität, Reliabilität und Validität, die im Rahmen der Kalibrierung anhand entsprechender Daten begründet werden müssen.
  • Objektiv ist ein Verfahren, wenn das zu ermittelnde Merkmal eindeutig festgelegt ist und die Ergebnisse von der Person des Auswerters unabhängig sind.
  • Reliabel ist es, wenn das zu ermittelnde Merkmal exakt erfaßt wird, d.h. wenn die Messung oder Bewertung bei Wiederholung in geringem zeitlichen Abstand zu einem identischen Resultat führt.
  • Valide ist ein Meßverfahren dann, wenn es wirklich das mißt, was es messen soll.
O. Fränzle
Anthropomorphe und mechanistische Naturdeutungen von Kindern und Jugendlichen
Zusammenfassung
Seit ungefähr 30 Jahren wächst das Bewußtsein, daß die Menschheit in einer historisch einmaligen ökologischen Krise steckt, denn im Gegensatz zu früheren ökologischen Krisen ist die jetzige von Menschen selbst geschaffen worden. Nicht ein zufälliges Ereignis wie das Eintreffen des Meteoriten, welches vermutlich vor 65 Millionen Jahren das Aussterben der Hälite aller Arten einschließlich der Dinosaurier auslöste, sondern die gewöhnlichen, alltäglichen Aktivitäten von Menschen sind die Ursache für die heutige Krise. Folglich müssen auch Lösungen beim Menschen selbst ansetzen, und tatsächlich sind unter dem Schlagwort “Umwelterziehung” eine Vielzahl von Interventionsmaßnahmen entwickelt und eingeführt worden, deren Wirkung noch nicht abzuschätzen ist. Vorangetrieben durch eine durchaus angemessene “heuristische Furent” (vgl. Jonas 1984) vor einer Umweltkatastrophe, sind viele dieser Maßnahmen eher “ad hoc” entstanden, auf der Grundlage der reichhaltigen Erfahrungen von Pädagogen und Psychologen. Erst in den letzten Jahren hat man begonnen, auch Einstellungen, Werthaltungen und allgemeine Naturauffassungen systematisch zu ergründen, die den für die Umwelt relevan ten Aktivitäten von Menschen zugrunde liegen. Dies ist auch das Anliegen des hier vorzustellenden Forschungsansatzes, allerdings im Hinblick auf einen speziellen Klientel.
E. Billmann-Mahecha, U. Gebhard, P. Nevers
Backmatter
Metadaten
Titel
Integrative Umweltbewertung
herausgegeben von
Werner Theobald
Copyright-Jahr
1998
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-58974-4
Print ISBN
978-3-642-63809-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-58974-4