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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. Kontexte von aktuellen Transfers

verfasst von : Tamara Bosshardt

Erschienen in: Geld, Generation und Ungleichheit

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Eine gute soziologische Erklärung beginnt mit der Beschreibung der Ausgangslage. Um zu erklären, warum es zum Austausch von Geld zwischen Familiengenerationen kommt, wird deshalb zunächst der Kontext genauer beleuchtet, in welchem der Austausch von finanziellen Transfers stattfindet. Damit folgt dieses erste empirische Kapitel der Logik der Situation.
Hinweise

Ergänzende Information

Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://​doi.​org/​10.​1007/​978-3-658-43924-8_​5.
Eine gute soziologische Erklärung beginnt mit der Beschreibung der Ausgangslage. Um zu erklären, warum es zum Austausch von Geld zwischen Familiengenerationen kommt, wird deshalb zunächst der Kontext genauer beleuchtet, in welchem der Austausch von finanziellen Transfers stattfindet. Damit folgt dieses erste empirische Kapitel der Logik der Situation (siehe Kapitel 1). Abschnitt 5.1 beleuchtet Opportunitäten und Bedürfnisse der Eltern- und Kindergeneration. Danach stehen in Abschnitt 5.2 die Beziehungsstrukturen im Vordergrund. Zuletzt geht es in Abschnitt 5.3 um den Familienkontext und weitere gesellschaftliche Kontexte.
Bei der Untersuchung von Generationenbeziehungen aus Perspektive der erwachsenen Kinder stellt sich aber zunächst die Frage, wie viele Erwachsene in der Schweiz überhaupt noch lebende Eltern haben, mit welchen ein finanzieller Austausch möglich wäre. Tabelle 4 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt, dass insgesamt knapp 10’500 Personen gültige Angaben zu Mutter und Vater gemacht haben. Davon haben über 40% noch zwei lebende Elternteile. Bei 17.5% lebt nur noch die Mutter, bei gut 4.5% nur noch der Vater. Bei gut 35% der Befragten sind bereits beide Elternteile verstorben. Diese Anteile sind jedoch nur Durchschnittswerte, sie variieren stark über die Altersspanne der Befragten.
Der obere Teil von Abbildung 5.1 zeigt, dass bei 95% der 20 Jährigen beide Eltern noch leben. In wenigen Fällen wird bereits nur noch von einer lebenden Mutter berichtet, d.h. der Vater ist bereits verstorben oder den Befragten unbekannt. Da die Grafik das Potenzial der Beziehungen zu biologischen Eltern im Erwachsenenalter abbilden soll, wurden verstorbene und unbekannte Elternteile zusammengefasst. Mit steigendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Mutter oder Vater versterben. Im Alter von 40 Jahren haben noch knapp 80% zwei lebende Eltern, bei knapp 15% lebt nur noch die Mutter. Bei den restlichen Befragten sind entweder die Mutter oder bereits beide Elternteile verstorben. Zwischen den 40- und 60-Jährigen zeigt sich die grösste Veränderung. Nur 7% der befragten 60-Jährigen geben an, dass beide Elternteile noch leben. In zwei von fünf Fällen lebt die Mutter noch, und in weiteren gut 7% der Vater. Bei knapp der Hälfte aller 60-Jährigen sind bereits beide Elternteile verstorben. Im Alter von 80 Jahren sind schliesslich die Eltern von allen Befragten bereits verstorben.
Insgesamt zeigen sich drei Phasen: Im früheren Erwachsenenalter sind in der Regel Generationenbeziehungen zu beiden Elternteilen möglich. In den mittleren Altersgruppen unterscheiden sich die Potenziale für Beziehungen zu den Eltern am stärksten. Manche haben noch zwei lebende Elternteile, aber der Anteil derjenigen, die bereits einen Elternteil oder sogar Mutter und Vater verloren haben, nimmt stetig zu. Im fortgeschrittenen Erwachsenenalter ist immer häufiger nur noch eine Generationenbeziehung vorhanden. In der Schweiz lag die Lebenserwartung von Männern über das gesamte letzte Jahrhundert einige Jahre unter der Lebenserwartung von Frauen (Kohli 2017, S. 9). Zudem sind die Väter der SwissGen Befragung im Schnitt knapp 3 Jahre älter als die Mütter. Damit können Beziehungen zwischen Erwachsenen und ihren Müttern tendenziell länger andauern.
Die vorliegende Arbeit untersucht aktuelle Transfers zwischen erwachsenen Kindern und deren lebenden Eltern. Für die weiteren Untersuchungen werden daher alle Befragten ausgeschlossen, die keine lebenden Elternteile mehr haben. Der untere Teil von Abbildung 5.1 zeigt die Verteilung der knapp 7’000 im Sample verbleibenden Personen mit mindestens einem lebenden Elternteil über die Altersspanne zwischen 18 und 80 Jahren. Mit 100 bis 150 Befragten pro Altersjahr liegt der Schwerpunkt des Samples bei den 20 bis knapp 60-Jährigen. Die hellen Anteile zeigen an, wie viele Personen sowohl Angaben zu einer lebenden Mutter als auch zu einem lebenden Vater gemacht haben. Diese Personen sind bei Auswertungen auf Dyadenebene doppelt im Sample vertreten. Während dies im jüngeren Erwachsenenalter auf die meisten zutrifft, nimmt der Anteil von Personen mit zwei lebenden Eltern ab einem Alter von 40 kontinuierlich ab. Entsprechend besteht das Dyadensyample aus ca. 300 Dyaden mit 30-Jährigen erwachsenen Kindern, während ungefähr 100 Generationenbeziehungen von 60-Jährigen erwachsenen Kindern untersucht werden. Die Abbildung macht deutlich, dass die Fallzahlen der potentiellen Generationenbeziehungen ab 60 stark zurückgehen. Um die Verzerrung der Auswertungen aufgrund von geringen Fallzahlen zu minimieren, beschränken sich alle folgenden grafischen Auswertungen auf die Altersspanne von 18 bis 65 Jahren. Die multivariaten Auswertungen berücksichtigen hingegen alle gültigen Fälle.

5.1 Opportunitäten und Bedürfnisse

In der Mitte des ONFC-Modells (siehe Abschnitt 3.​2) stehen die zu erklärenden Dimensionen von Generationensolidarität. Diese werden durch Einflussfaktoren auf verschiedenen Ebenen geprägt. Auf individueller Ebene werden die Opportunitäten und Bedürfnisse der Eltern und Kinder relevant. Sie werden im folgenden genauer betrachtet. Daneben wird auch ein Blick auf die ökonomischen Ungleichheitsstrukturen in Eltern- und Kindergeneration geworfen.

Situation der Eltern

Zunächst stehen Ungleichheitsindikatoren der Elterngeneration im Fokus. Dabei interessiert sowohl die Bildung als auch die Gesundheit der noch lebenden Eltern. Danach wird die Finanzlage in verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Elterngeneration betrachtet.
Die obersten Zeilen von Tabelle 1 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt das Bildungsniveau der Herkunftsfamilien der Befragten. Dieser wird durch den höchsten Bildungsstand der Eltern gemessen (siehe auch Abschnitt 4.​3). Insgesamt kommt weniger als jede*r fünfte Befragte aus einem Elternhaus mit tiefer Bildung. Etwas mehr als 40% der Befragten hat Eltern mit mittlerer Bildung, knapp 40% stammen aus einem Elternhaus mit mindestens einem hoch gebildeten Elternteil. Darunter ist der Gesundheitszustand der Eltern aufgeführt. Die Mehrheit berichtet von einem guten Gesundheitszustand ihrer Eltern. Nur knapp 3% der Eltern haben eine sehr schlechte Gesundheit, rund 10% eine schlechte. Mehr als jedem dritten Elternteil geht es gesundheitlich mittelmässig. Etwas grösser ist der Anteil der Mütter und Väter, die bei guter Gesundheit sind. 15% der Mütter und Väter haben eine sehr gute Gesundheit.
Mit dem Alter der Befragten ändert sich auch die Lebenssituation der Mütter und Väter. Abbildung 5.2 zeigt den Bildungshintergrund und den Gesundheitszustand der Eltern nach Alter der befragten erwachsenen Kinder. Der obere Teil weist darauf hin, dass das Bildungsniveau der Eltern mit dem Alter der Befragten abnimmt. Hier zeigt sich die Bildungsexpansion des letztes Jahrhunderts (Becker und Zangger 2013), die auch vor der Schweiz nicht halt machte. Sie führte dazu, dass immer mehr Erwachsene einen höheren Bildungsabschluss machten. Bei den 20-Jährigen kommen nur gut 10% der Befragten aus einem Elternhaus mit tiefer Bildung. Dieser Anteil liegt bei den über 50-Jährigen mit über 20% doppelt so hoch. Der Anteil an Personen aus mittel gebildetem Elternhaus nimmt ebenfalls über das Alter der Befragten zu. Bei den Jüngeren liegt er bei rund 40%. Unter den älteren Befragten hat gut die Hälfte Eltern mit mittlerer Bildung. Am deutlichsten ist der Effekt der Bildungsexpansion bei der hohen Bildung zu sehen. Fast die Hälfte der jungen Erwachsenen kommt aus einem Elternhaus in dem mindestens ein Elternteil eine Ausbildung auf Tertiärstufe abgeschlossen hat. Dieser Anteil liegt bei den 40-Jährigen nur bei 40%, bei den 50-Jährigen bei 30%. Von den über 50-Jährigen Befragten stammt weniger als jede*r Dritte aus einem Elternhaus mit hoher Bildung.
Da mit steigendem Alter der Befragten auch deren Eltern älter werden, zeigen sich auch bei der elterlichen Gesundheit Veränderungen über die Altersspanne der Befragten. Der untere Teil von Abbildung 5.2, zeigt eine langsame Abnahme der Gesundheit. Unter den 20-Jährigen berichtet jede*r Zweite von guter, jede*r Vierte gar von sehr guter elterlicher Gesundheit. Der Anteil der Eltern mit sehr guter Gesundheit geht erst rasant und dann kontinuierlich zurück. Er liegt bei den 30- Jährigen bei 15% und geht danach bis zum Alter von 60 auf unter 10% zurück. Der Anteil der Mütter und Väter mit guter Gesundheit geht auch zurück, allerdings weniger stark. So geben um die 40% der 30- bis 40-Jährigen an, dass es ihren Eltern gesundheitlich gut geht. Bei den 50-Jährigen sind das nur noch 35%, bei den 60-Jährigen weniger als 20%. Im hohen Alter steigt der Anteil derjenigen wieder, die von einer guten Gesundheit berichten. Das weist auf eine gewisse Selbstselektion hin: Nur wer bei guter Gesundheit ist, erlebt überhaupt den 60. oder 70. Geburtstag der eigenen Kinder. Über einen mittleren Gesundheitszustand verfügen gut 20% der Eltern von 20-Jährigen Befragten. Bei den 30 bis 50-Jährigen trifft dies auf rund 35% zu. Danach steigt der Anteil an Eltern mit mittlerer Gesundheit nochmals an und liegt bei den 60-Jährigen bei über 40%. Im höheren Alter geht er wieder zurück, hier sind Eltern häufiger bei guter Gesundheit. Weniger als 5% der 20-Jährigen berichten von einer schlechten Gesundheit der Eltern. Auch im Alter von 30 liegt der Anteil von Müttern und Vätern mit (sehr) schlechtem Gesundheitszustand bei unter 10%. Bei den 40 bis 50-Jährigen sind es rund 15% mit schlechter oder sehr schlechter Gesundheit. Danach nimmt der Anteil mit schlechter Gesundheit auf 20% zu. Sehr schlechte Gesundheit nimmt ebenfalls zu.
Insgesamt geht es den Eltern der Befragten gesundheitlich gut. Je älter die Befragten aber sind, desto eher sind ihre Eltern selbst in einer Bedarfsssituation, da es ihnen gesundheitlich schlechter geht. Hierbei handelt es sich um einen Lebenslaufeffekt. Gleichzeitig haben Eltern von älteren Befragten eher ein tieferes Bildungsniveau. Da dies auf die Bildungsexpansion zurück zu führen ist, handelt es sich hierbei um einen Kohorteneffekt.
Um die Reproduktion der Ungleichheitsstrukturen einschätzen zu können, wird nun die Verteilung der ökonomischen Lebenschancen in den Blick genommen. In Abbildung 5.3 ist die Finanzlage der Elternteile abgebildet. Der oberste Balken zeigt, dass die meisten Angehörigen der Elterngeneration gut mit ihren finanziellen Mitteln zurecht kommen. Weniger als 3% der Mütter bzw. Väter haben eine sehr schlechte finanzielle Lage, knapp 10% eine schlechte. Je knapp ein Drittel der Elternteile kommt mittelmässig oder gut mit den Finanzen des Haushalts aus, eines von vier Elternteilen sogar sehr gut.
Verschiedene Bevölkerungsgruppen weisen grosse Unterschiede bei der Finanzlage auf. Abbildung 5.3 zeigt die finanzielle Lage der lebenden Elternteile in den Bildungs- und Altersgruppen sowie für Mütter und Väter und in Bezug auf die Migrationserfahrung. Bildung ist in der Elterngeneration ein wichtiger Faktor für die finanzielle Lage. So kommen in der Gruppe der tief gebildeten Eltern mehr als 20% nur sehr schlecht oder schlecht mit den Finanzen ihres Haushalts zurecht. Bei den Müttern und Vätern mit mittlerer Bildung sind es weniger als 10%, unter den hoch Gebildeten gut 5%. Von einer weder guten noch schlechten Finanzlage der Eltern berichten 40% der Befragten mit tief gebildeten Eltern, während es bei mittel gebildeten Eltern knapp 30% und bei hoch gebildeten Eltern nur knapp 20% sind. Gut zurecht mit den Finanzen kommt jeder vierte Elternteil mit tiefer Bildung und mehr als jeder dritte mit mittlerer oder hoher Bildung. Eine sehr gute Finanzlage haben dagegen nur 14% der Mütter und Väter mit tiefer Bildung. Unter den Eltern mit mittlerer Bildung ist es bereits jede*r Vierte, bei Eltern mit hoher Bildung sind es sogar fast 40%.
In der Elterngeneration zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Mütter kommen etwas häufiger als Väter nur (sehr) schlecht mit ihren Finanzen aus. Mehr als 30% der Mütter haben eine mittlere Finanzlage, bei den Vätern trifft dies auf gut jeden vierten zu. Weitere 30% der Mütter und 34% der Väter kommen gut mit ihren finanziellen Mittel zurecht. Sehr gut zurecht kommen 23% der Mütter und knapp 30% der Väter.
Zuletzt werden unter dem Stichwort Migration Eltern verglichen, die im Ausland leben, im Ausland geboren und in die Schweiz eingewandert sind sowie Eltern, die keine Migrationserfahrung haben, also in der Schweiz geboren sind und immer noch leben. Knapp 20% der Mütter und Väter, die im Ausland leben, kommen (sehr) schlecht mit ihren finanziellen Mitteln zurecht. Bei den Eingewanderten trifft dies immerhin noch auf knapp 15% zu, unter Müttern und Vätern ohne Migrationserfahrung nur auf halb so viele. Weder gut noch schlecht kommen knapp 38% der im Ausland lebenden Eltern mit ihren Finanzen aus, unter den Eingewanderten ist es jede*r Dritte, bei Eltern ohne Migrationsgeschichte jede*r Vierte. Knapp 30% der Mütter und Väter die im Ausland leben haben eine gute, 15% sogar eine sehr gute Finanzlage. Bei eingewanderten Eltern haben gut 30% eine gute finanzielle Lage, über 20% sogar eine sehr gute. Die beste finanzielle Situation findet sich bei Müttern und Vätern ohne Migrationserfahrung, hier kommt jeweils jede*r Dritte gut und sehr gut finanziell zurecht.
Zusammenfassend können sich zwei Figuren gegenübergestellt werden: Eine gute finanzielle Position haben hochgebildete Väter ohne Migrationserfahrung. Schlechter zurecht mit den Finanzen des Haushalts kommen dagegen tief gebildete Mütter, die im Ausland leben.

Situation der erwachsenen Kinder

Nun stehen Opportunitäten und Bedürfnisse der erwachsenen Kinder im Vordergrund. Tabelle 4 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt die Verteilung des Bildungsniveaus und des Erwerbsstatus der rund 7’000 Befragten mit lebenden Eltern. Etwas mehr als jede*r Zehnte hat einen tiefen Bildungsabschluss. Über 45% der befragten Erwachsenen haben einen mittleren Bildungsabschluss. Das bedeutet, dass sie eine Berufslehre oder eine Maturität abgeschlossen haben. Einen hohen Bildungsabschluss auf Tertiärniveau haben zum Zeitpunkt der Befragung 43% der Söhne und Töchter erreicht. In mehr als der Hälfte der Eltern-Kind Dyaden haben die Befragten denselben Bildungsstand wie ihr Elternhaus erreicht. Knapp 20% haben zum Zeitpunkt der Befragung einen tieferen Bildungsstand, knapp 30% einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern (siehe Tabelle 1). In Tabelle 4 finden sich auch Angaben zur Erwerbssituation. Mehr als drei von vier Befragten gibt an, erwerbstätig zu sein. Knapp 10% aller Erwachsenen absolvieren eine Ausbildung, knapp 15% sind zum Zeitpunkt der Befragung nicht erwerbstätig oder bereits in Rente.
Abbildung 5.4 zeigt, wie sich Bildungsdifferenz und Erwerbsstatus über die Altersspanne der Befragten unterscheiden. Im oberen Teil fällt auf, dass es insbesondere im jungen Erwachsenenalter zu Veränderungen kommt. Bei den unter 20-Jährigen hat noch die Mehrheit einen tieferen Bildungsabschluss als die Eltern. Dieser Anteil fällt rasant auf 10%-15% bei den über 35-Jährigen und ist in den höheren Altersgruppen relativ stabil. Der Anteil der erwachsenen Kinder, die dasselbe Bildungsniveau wie ihre Eltern haben, steigt bis zu den ca. 25- bis 30-Jährigen entsprechend schnell an. Er stabilisiert sich bei rund 55%. Eine höhere Bildung zu erreichen braucht etwas mehr Zeit. So stabilisiert sich der Anteil der höher Gebildeten erst bei den ab 34-Jährigen bei gut 30%. Den grössten Anteil bilden Personen, die denselben Bildungsstand wie ihre Eltern haben. Die Bildungsexpansion zeigt sich aber in dem Umstand, dass deutlich mehr Personen einen höheren Bildungsstand und nur wenige einen tieferen Bildungsstand als ihre Eltern erreicht haben.
Der untere Teil von Abbildung 5.4 zeigt den Erwerbsstatus über die Altersspanne der Befragten. Die meisten Veränderungen gibt es im jungen und höheren Erwachsenenalter. So nimmt der Anteil der Erwerbstätigen bis zum Alter von 30 Jahren rasant von fast null auf über 80% zu. Bei den 30- bis 55-Jährigen liegt er relativ konstant bei um die 85%. Danach sinkt er erst langsam auf 75% und anschliessend sehr schnell auf unter 15% bei den über 65-Jährigen ab. In Ausbildung sind insbesondere junge Erwachsene. Bei den unter 20-Jährigen noch fast alle Befragten, im Alter von 20 dann immerhin noch über 60%. Mit 25 hat sich der Anteil in Ausbildung Befindlicher halbiert und im Alter von 30 Jahren geben nur noch 5% der Befragten an, eine Ausbildung zu absolvieren. Danach kommen Aus- bzw. Weiterbildungsphasen zwar noch vor, allerdings sehr selten. Zuletzt wird der Anteil der nicht Erwerbstätigen betrachtet. Darunter fallen einerseits Personen, die Haus- und Familienarbeit leisten, andererseits Personen, die Rentenzahlungen (IV/AHV) erhalten und Arbeitslose. Bei den jungen Erwachsenen liegt der Anteil der nicht Erwerbstätigen um 5%. Zwischen 35 und 50 ist rund jede achte Person nicht erwerbstätig. Danach steigt der Anteil der nicht Erwerbstätigen an. Bereits jede*r Vierte 60-Jährige ist nicht erwerbstätig. Bei den 65-Jährigen sind es mehr als drei von vier.
Eine Bedarfslage der Kindergeneration zeigt sich insbesondere unter den jüngeren Befragten. Viele junge Erwachsene haben noch einen tieferen Bildungsstand als ihre Eltern und befinden sich auch noch in Ausbildung. Daneben liegt der Anteil der zumindest in Teilzeit erwerbstätigen Erwachsenen mit über 80% im mittleren Erwachsenenalter sehr hoch.
Als nächstes wird die Finanzlage der befragten Personen betrachtet. Der oberste Balken von Abbildung 5.5 zeigt, dass auch die meisten Befragten gut mit ihren finanziellen Mitteln zurechtkommen. Nur knapp 10% geben an, sehr schlecht oder schlecht auszukommen. Ein Drittel der Erwachsenen in der Schweiz schätzt die eigene finanzielle Lage weder gut noch schlecht ein, ein weiteres Drittel gut. Eine von vier befragten Personen gibt an, dass ihr Haushalt sehr gut mit den vorhanden finanziellen Mitteln zurecht kommt.
In einem nächsten Schritt wird die Finanzlage in unterschiedlichen Bildungsgruppen, für Frauen und Männer sowie für Personen mit und ohne Migrationserfahrungen betrachtet. Abbildung 5.5 zeigt, dass die finanzielle Lage stark mit der Bildung der Befragten zusammenhängt. So kommen gut 20% aller Erwachsenen mit tiefer Bildung nur sehr schlecht oder schlecht mit den finanziellen Mitteln ihres Haushalts zurecht. Unter Befragten mit hoher Bildung ist dies nur bei 5% der Fall. Gut oder sehr gut zurecht kommen weniger als ein Drittel aller tief gebildeten Befragten. Bei Personen mit mittlerer Bildung sind dies rund 55%, unter den hoch Gebildeten gar mehr als 70%. Frauen geben eine etwas bessere aber sehr ähnliche finanzielle Lage an wie Männer. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich Geschlechterunterschiede der Einkommen auf individuelle Ebene zeigen und hier das finanzielle Auskommen des ganzen Haushalts erfragt wird.
Im Gegensatz dazu finden sich grosse Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationserfahrung. Knapp 4% der Personen, die im Ausland geboren wurden und somit der ersten Migrationsgeneration angehören, kommen sehr schlecht und weitere 8% von ihnen nur schlecht mit ihren finanziellen Mitteln zurecht. Die meisten Eingewanderten schätzen ihre Finanzlage mittel ein, etwas über 30% als gut und weniger als 20% als sehr gut. In der zweiten Migrationsgeneration gibt weniger als jede*r Zwölfte an, (sehr) schlecht mit den eigenen finanziellen Mitteln auszukommen. Etwas weniger als jede*r Dritte schätzt die eigene Finanzlage mittel ein, über ein Drittel gut. Mit über 20% liegt der Anteil derjenigen, die eine sehr gute Finanzlage angeben, deutlich höher als bei der ersten Migrationsgeneration. Am besten schätzen jedoch Personen ihre Finanzlage ein, die wie ihre Eltern bereits in der Schweiz geboren sind. Hier sind es 2% bzw. 5% die nur sehr schlecht bzw. schlecht mit ihren Finanzen auskommen. Jede*r vierte Befragte ohne Migrationsgeschichte schätzt die eigene Finanzlage weder gut noch schlecht ein. Über ein Drittel aller Erwachsenen dieser Gruppe kommen gut, weitere 30% sehr gut mit den finanziellen Mitteln ihres Haushalts zurecht.
Weiter zeigt Abbildung 5.6 die Verteilung der Vermögen in der Kindergeneration. Mehr als zwei von fünf Befragten haben kein nennenswertes Vermögen. Gut jede*r Vierte gibt an, Geld, Wertgegenständen oder Immobilien im Wert von bis zu 100’000 Franken zu besitzen. Gut 15% besitzen ein Vermögen zwischen 100’000 und 500’000 Franken. Gut 8% der Befragten verfügt über Vermögenswerte zwischen 500’000 und 1’000’000 Franken. Etwas weniger haben ein Vermögen von über einer Million Franken. Die Mehrheit der Erwachsenen hat also gute ökonomische Voraussetzungen, verfügt über eine Ausbildung und konnte sich auch einige Rücklagen ansparen. Hohe Vermögenswerte sind aber einer Minderheit vorbehalten.
Auch beim Vermögen zeigen sich grosse Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Zwei Drittel der tief Gebildeten verfügt über kein Vermögen. Knapp jede*r Vierte mir tiefer Bildung besitzt Geld, Wertpapiere oder Immobilien im Wert von bis zu 100’000 Franken. Zwischen 100’000 Franken und 500’000 Franken Vermögen haben gut 7% der Befragten mit tiefer Bildung. Ein grösseres Vermögen geben nur 2% der tief Gebildeten an. Befragte mit mittlerer Bildung haben durchschnittlich mehr Vermögen. Hier geben rund 45% an, kein Vermögen zu haben. Gut jede*r Vierte besitzt bis zu 100’000 Franken, knapp 15% bis zu 500’000 Franken. Gut 7% der Erwachsenen mit mittlerer Bildung kommen auf Vermögenswerte zwischen einer halben und einer Million Franken. 4% der Befragten mit mittlerer Bildung besitzt Vermögen im Wert von über einer Million Franken. Die grössten Vermögen finden sich in der Gruppe der hoch Gebildeten. Hier geben weniger als 30% an, kein Vermögen zu besitzen. Gut jede*r vierte hoch Gebildete hat Vermögenswerte bis 100’000, jede*r Fünfte bis 500’000 Franken. Mit je über 10%, die über ein Vermögen von bis zu einer Million resp. über einer Million verfügen, sind die hoch Gebildeten klar die vermögensstärkste Gruppe.
Bei den Geschlechtern zeigen sich ähnlich wie bei der Finanzlage nur geringe Unterschiede, wobei Männer über etwas höhere Vermögenswerte verfügen als Frauen. Unterschiedliche Migrationserfahrungen sind wiederum mit Unterschieden bei den Vermögenswerten assoziiert. So haben fast die Hälfte der Befragten, die im Ausland geboren sind, kein nennenswertes Vermögen. Bei Personen, deren Eltern im Ausland geboren wurden, sind dies knapp 45%, unter Befragten ohne Migrationsgeschichte knapp 35%. Geld, Wertgegenstände oder Immobilien im Wert von bis zu 100’000 Franken hat in allen Migrationsgruppen gut jede*r Vierte. Zwischen 100’000 Franken und einer halben Million haben 12% der Personen, die selbst im Ausland geboren wurden. Bei Personen der 2. Migrationsgeneration sind es ähnlich viele. In der Gruppe ohne Migrationsgeschichte kommt dagegen jede*r Fünfte auf ein Vermögen von bis zu einer halben Million Franken. Auch bei den höheren Vermögenswerten stehen Personen mit Migrationserfahrung schlechter da. Nur gut je 6% der im Ausland Geborenen verfügen über ein Vermögen von bis zu einer bzw. über einer Million Franken. Bei Angehörigen der zweiten Migrationsgeneration sind es etwas mehr. Personen ohne Migrationsgeschichte haben mit 10% etwas häufiger ein Vermögen von bis zu einer Million Franken. Jede*r Zwölfte hat über eine Million Franken.
Die Zahlen zeigen: Insgesamt geht es der Mehrheit der Schweizerischen Bevölkerung finanziell gut. Einigen geht es aber deutlich besser als Anderen. Und diese Unterschiede sind nicht zufällig über die Bevölkerung verteilt, sondern zeigen sich entlang bekannter Determinanten sozialer Ungleichheit. So haben hoch gebildete Männer ohne Migrationsgeschichte die beste ökonomische Ausgangslage, während tief gebildete Frauen aus der ersten Migrationsgeneration am wenigsten vom Wohlstand der Schweiz profitieren.

5.2 Beziehungsstrukturen

Finanzielle Transfers gehören zu den funktionalen Solidaritätsstrukturen die zwischen Familienmitgliedern bestehen können. Neben ihnen zählt auch das Geben und Nehmen von Zeit etwa in Form von praktischer Hilfe oder emotionaler Unterstützung sowie das Teilen von Wohnraum zur funktionalen Solidaritätsdimension (vgl. Tabelle 2.​1). Wie steht es um den Kontakt und die Enge zwischen Erwachsenen und ihren Eltern? Vorerst abgesehen vom finanziellen Austausch: Welche anderen Formen der Unterstützung gibt es zwischen den Generationen in der Schweiz? In diesem Kapitel wird dargestellt, wie es um diverse Aspekte der Generationensolidarität in der Schweiz steht.
Zunächst stehen Solidaritätsdimensionen im Vordergrund, die den direkten Austausch von Ressourcen ermöglichen: die Wohndistanz sowie die Kontakthäufigkeit zu den Eltern. Daran anschliessend liegt der Fokus auf praktischer Hilfe im Haushalt, bei der Kinderbetreuung oder Pflege. Diese funktionalen Solidaritätsdimensionen werden generational in beide Richtungen betrachtet, d.h. von Eltern an Kinder und von Kindern an Eltern.

Potentiale von Generationenbeziehungen

Der Austausch von Ressourcen zwischen Familiengenerationen ist in weitere Beziehungsstrukturen eingebettet. Sie werden als Potentiale für funktionale Solidarität betrachtet. Der untere Teil von Tabelle 1 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt die Verteilung der Wohndistanz und der Kontakthäufigkeit zu lebenden Elternteilen.
Es zeigt sich, dass Familiengenerationen in der Schweiz häufig nah beieinander leben. Gut jede*r achte befragte Erwachsene wohnt sogar (noch) im gleichen Haus wie Mutter oder Vater. Doch auch wenn kein gemeinsamer Haushalt besteht, bleiben viele in der Nähe wohnen. Jede*r Fünfte wohnt bis zu 5 Kilometer von Mutter oder Vater entfernt. Weitere je knapp 20% leben in einer Distanz zwischen 5 und 25 Kilometern bzw. über 25 Kilometer von den Eltern entfernt. Bei knapp 30% der Befragten wohnen Mutter oder Vater im Ausland.
Die Mehrheit der Befragten steht überdies in häufigem Kontakt zu ihren Eltern. Nur bei knapp 10% kommt es nie oder seltener als monatlichen zu persönlichem, telefonischem, postalischem oder digitalem Austausch mit Mutter oder Vater. Knapp 20% pflegen einen monatlichen Kontakt zu den Eltern. Fast die Hälfte der Befragten steht wöchentlich in Kontakt mit den Eltern, etwas weniger als jede*r vierte sogar täglich. Damit bieten sich für einen grossen Teil der Befragten regelmässige Gelegenheiten um die Beziehung zu pflegen und sich über individuelle Bedürfnisse und Möglichkeiten der Unterstützung auszutauschen.
Abbildung 5.7 zeigt, wie sich die Wohndistanz und die Kontakthäufigkeit zwischen den Generationen über die Altersspanne der Kinder verändern. Aus dem oberen Teil geht hervor, dass die Häufigkeit von Koresidenz, d.h. dem gemeinsamen Wohnen, bis zum Alter von 35 Jahren stark zurückgeht. Danach leben nur noch vereinzelte Befragte im selben Haus wie die Eltern. Die Anteile derjenigen, die bis 5 Kilometer, zwischen 5 und 25 Kilometern oder über 25 Kilometer von Mutter oder Vater entfernt wohnen, nehmen bis zum Alter von 35 dagegen auf etwa 20% zu und bleiben bis zum Alter von 45 relativ stabil. Danach steigen die Anteile derjenigen etwas an, die in der Nähe der Eltern wohnen. Dies könnte mit einem erhöhten Bedarf der alternden Eltern nach praktischer Hilfe in Verbindung stehen. Der Anteil der Befragten, deren Eltern im Ausland wohnen, nimmt bis auf 40% bei den Anfang 40-Jährigen zu und geht anschliessend wieder etwas zurück. Unter den rund 60-Jährigen gibt es einen grösseren Anteil von Personen, deren Eltern im Ausland leben. Der auffällige Rückgang an Personen mit Eltern im Ausland bei den rund 55-Jährigen könnte darauf zurück geführt werden, dass vielen Personen mit Migrationsgeschichte nach dem Konjunkturabschwung der 1970er Jahre die Aufenthaltsbewilligung entzogen wurde (D’Amato 2008).
Aus der unteren Darstellung in Abbildung 5.7 geht hervor, dass der tägliche Kontakt zwischen den Generationen parallel zur Abnahme des gemeinsamen Wohnens abnimmt. Im Alter von 20 stehen noch über 80% im täglichen Austausch mit Mutter oder Vater, im Alter von 30 nur noch gut 20%. Bei Befragten über 30 liegt der Anteil derjenigen, die sich täglich mit den Eltern austauschen, bei 5 bis 10%. Regelmässiger Kontakt zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern ist aber weiterin sehr verbreitet. Die Kontakthäufigkeiten sind in den Altersgruppen der 35- bis 50-Jährigen relativ stabil. In dieser Altersspanne haben je etwa ein Viertel der Befragten mehrmals wöchentlich, wöchentlich oder mindestens monatlichen Kontakt zu Mutter oder Vater. Etwas über 10% haben hingegen seltener als monatlich oder nie Kontakt zu den Eltern. Bei den über 50-Jährigen steigt der Anteil von Personen, die wöchentlich mit ihren Eltern in Kontakt stehen, wieder etwas an. Auch dies ein Anzeichen dafür, dass sich die Generationen näher kommen, sobald die Eltern im höheren Alter sind.
Insgesamt zeigt sich ein grosses Potential für Generationenbeziehungen. Rund die Hälfte der Erwachsenen wohnt maximal 25 Kilometer von ihren Eltern entfernt und über 70% haben mindestens wöchentlichen Kontakt zu Mutter und Vater.

Funktionale Solidarität zwischen Generationen

Mit unterschiedlichen Wohndistanzen und Kontakthäufigkeiten gehen unterschiedliche Potentiale zu Generationenbeziehungen einher. In den folgenden beiden Abschnitten stehen nun die funktionalen Aspekte der Generationensolidarität, d.h. die konkreten Unterstützungsleistungen im Fokus. Dabei können Eltern ihre Kinder oder umgekehrt Kinder ihre Eltern unterstützen.
Die obersten Zeilen von Tabelle 2 im elektronischen Zusatzmaterial zeigen die Häufigkeitsverteilung von praktischer Hilfe während der letzten 12 Monate vor der Befragung. Damit ist Hilfe im Haushalt, beim Einkaufen, bei bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Kinderbetreuung gemeint. Über die Hälfte der Erwachsenen erhielt im letzten Jahr praktische Hilfe von den Eltern. Bei jeder vierten befragten Person war dies allerdings seltener als monatlich der Fall. Eine*r von acht wird mindestens monatlich unterstützt. Nur ein kleiner Teil erhält regelmässig praktische Hilfe von Mutter oder Vater. Gut 10% erhalten wöchentlich und etwas mehr als jede*r Zwanzigste erhält täglich Hilfe von den Eltern im Haushalt, bei bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Kinderbetreuung.
Weiter geht aus Tabelle 2 im elektronischen Zusatzmaterial hervor, dass nur jede*r dritte Befragte der Mutter bzw. dem Vater im letzten Jahr nie praktische Hilfe oder Pflege hat zukommen lassen. Etwas weniger als jede*r dritte Befragte hat die Eltern sporadisch, d.h. seltener als monatlich bei praktischen Angelegenheiten unterstützt. Gut 18% halfen monatlich Mutter oder Vater im Haushalt, bei bürokratischen Arbeiten oder unterstützten mit Pflegeleistungen, gut jede*r Achte tat dies wöchentlich. Tägliche praktische Hilfe haben nur knapp 4% aller befragten Erwachsenen geleistet. Insgesamt unterstützen erwachsene Kinder ihre Eltern häufiger mit praktischer Hilfe als umgekehrt.
Abbildung 5.8 stellt die praktische Hilfe zwischen Eltern und Kindern über die Altersspanne der Befragten dar. Es zeigt sich, dass praktische Hilfe von Mutter oder Vater mit dem Alter der Befragten tendenziell abnimmt. Bei jüngeren Erwachsenen geht die Hilfe schnell zurück, bleibt dann relativ stabil und geht danach langsamer zurück. Während bei den 20-Jährigen rund 15% nie praktische Hilfe von den Eltern erhielt, sind es bei den über 35-Jährigen rund 40%. Ab einem Alter von 45-Jährigen geht die Unterstützung noch stärker zurück. Bei den 60-Jährigen wurden 80% aller Erwachsenen im letzten Jahr weder im Haushalt noch in bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Kinderbetreuung unterstützt. Der Anteil der Personen, die sporadisch, d.h. seltener als monatlich praktische Hilfe von Mutter bzw. Vater erhalten, steigt von gut 15% im Alter von 20 auf knapp 35% im Alter von 30 an und nimmt danach kontinuierlich ab. Monatliche Hilfe im Haushalt, bei bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Kinderbetreuung, erhalten im jüngeren Erwachsenenalter knapp 15%, ab 40 Jahren wird die monatliche Unterstützung aber seltener. Noch früher geht die wöchentliche und tägliche Hilfe zurück. Hier liegen die Anteile bei den 20-Jährigen bei gut einem Viertel aller befragten Personen. Bereits bei den ab 30-Jährigen werden jedoch weniger als 10% aller Befragten wöchentlich oder täglich von Mutter oder Vater im Haushalt, bei bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Betreuung eigener Kinder unterstützt.
Auch bei der Hilfe, die erwachsene Kinder ihren Eltern zuteil werden lassen, verändern sich die Häufigkeiten mit der Altersspanne der Befragten. Der untere Teil von Abbildung 5.8 zeigt die praktische Hilfe an Eltern über die Altersspanne zwischen 18 und 65. Es fällt auf, dass praktische Hilfe insbesondere im jüngeren und höheren Alter geleistet wird. Nie helfen unter den 20-Jährigen knapp 15% aller Befragten. Dieser Anteil steigt bei den zwischen 40- und 50-Jährigen auf fast 40%. Anschliessend geht der Anteil der Erwachsenen, die Mutter bzw. Vater nie im Haushalt, bei bürokratischen Angelegenheiten oder bei der Körperpflege helfen wieder auf unter 20% zurück. Sporadische Hilfe leisten im Alter von 20 Jahren ebenfalls weniger als 20%. Bei den 30-Jährigen sind es dagegen rund zwei von fünf Erwachsenen. Bei den über 60-Jährigen nimmt die Häufigkeit der sporadischen Hilfe zugunsten regelmässiger praktischer Hilfe wieder ab. Rund 15% der unter 60-jährigen Erwachsenen unterstützt die Eltern monatlich im Haushalt oder bei bürokratischen Angelegenheiten. Im Alter von 60 tut dies hingegen jede*r Fünfte. Wöchentliche praktische Hilfe ist unter den jüngeren Erwachsenen am verbreitetsten. Im Alter von 20 Jahren helfen zwei von fünf Befragte ihren Eltern in praktischer Form. Dieser Anteil fällt bis zum 30. Lebensjahr auf unter 10%, nimmt bei den über 50-Jährigen aber wieder zu. Bei den 20-Jährigen unterstützen noch gut 10% Mutter oder Vater täglich mit praktischer Hilfe. Tägliche praktische Hilfe an die Eltern wird ab dem 30. Altersjahr aber nur noch vereinzelt geleistet.
Diese Zahlen spiegeln wider, dass die meisten Erwachsenen bis zum 30. Altersjahr das Elternhaus verlassen, einen eigenen Haushalt gründen und selbstständig werden. Damit geht die tägliche und wöchentliche praktische Hilfe zwischen den Generationen stark zurück. Praktische Unterstützung ist aber je nach Lebensphase durchaus noch relevant. Bei den 30- bis 45-Jährigen wird elterliche Hilfe bei der Kinderbetreuung relevant. Über 50-Jährige unterstützen ihre alternden Eltern wieder häufiger.

5.3 Kontexte

Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf finanzielle Transfers zwischen in der Schweiz lebenden Personen und deren Eltern. Für den Austausch von finanzieller Unterstützung zwischen Erwachsenen und ihren Eltern sind deren Opportunitäten und Bedürfnisse sowie andere Dimensionen der direkten Beziehung relevant. Eltern-Kind-Beziehungen finden jedoch nicht unabhängig von den umgebenden Strukturen statt. Vielmehr sind Generationenbeziehungen in einen weiteren Familienkontext und in gesellschaftliche Strukturen eingebettet.
Der folgende Abschnitt bietet einen Überblick über die relevanten Familienstrukturen und die gesellschaftlichen Umstände der Befragten der SwissGen Studie. In Bezug auf Familienstrukturen ist sowohl die Konstellation der Herkunfts- als auch der gegründeten Familie relevant. Im Bereich der weiteren gesellschaftlichen Kontexte geht es um unterschiedliche Migrationserfahrungen und verschiedene Sprachregionen.

Familienstrukturen

Zunächst werden Mutter und Vater genauer betrachtet. Neben der Frage ob die biologischen Eltern noch leben (vgl. Abbildung 5.1) gehören dazu auch eine allfällige Trennung und die Dyadenkonstellation.
Die untersten Zeilen von Tabelle 4 im elektronischen Zusatzmaterial liefert Informationen darüber, ob sich die biologischen Eltern getrennt haben. Es zeigt sich eine beeindruckende Stabilität der Elternbeziehungen. So haben sich die Eltern von über 80% der Erwachsenen nicht getrennt. Zusätzliche Auswertungen zeigen, dass gut 7% der Befragten eine Trennung der Eltern im Vorschulalter erlebten. Bei weiteren knapp 7% kam es zwischen dem siebten und fünfzehnten Lebensjahr zur Trennung der Eltern. Der Anteil der Befragten, deren Eltern sich nach dem fünfzehnten Lebensjahr trennten, liegt nur etwas höher. Über die Hälfte der Personen mit getrennten Eltern ist mehrheitlich sowohl bei Mutter als auch beim Vater aufgewachsen. Wer nicht bei beiden Eltern aufgewachsen ist, hat während der Kindheit und Jugend in den meisten Fällen bei der Mutter gelebt. Weniger als 1% der Befragten ist beim Vater aufgewachsen und weitere 2.5% bei anderen Verwandten, in einer Pflegefamilie oder in einem Heim.
Abbildung 5.9 zeigt den Anteil getrennter Eltern und die Verteilung der Dyadenkonstellationen über die Altersspanne der Befragten. Der obere Teil weist auf einen Anstieg der elterlichen Trennungen bei den 18- bis 30-Jährigen Kindern von 20% auf über 30% und eine anschliessende Abnahme der Trennungen bei den höheren Altersgruppen hin. So hat unter den 60-Jährigen nur jede*r Zehnte getrennte Eltern. Es dürfte sich dabei um eine Kombination von Kohorten- und Alterseffekt handeln: Einerseits kam es in der Schweiz ab den 1970er Jahren zu einem Anstieg der Scheidungsraten, der erst seit dem letzten Jahrzehnt wieder rückläufig ist (Rausa 2020). Dies deckt sich mit den höheren Anteilen getrennter Eltern der unter 50-Jährigen Befragten und den geringeren Anteilen getrennter Eltern bei den jüngsten Erwachsenen. Andererseits können Trennungen nicht nur während der Kindheit und Jugend der Kinder stattfinden, sondern auch danach. Somit könnte der Anstieg der Trennungen bis zum 30. Lebensjahr auch auf einen Alters- bzw. Lebenslaufeffekt zurückgeführt werden; je älter die Erwachsenen sind, desto mehr Zeit hatten deren Eltern für eine Trennung.
Tabelle 2 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt die Häufigkeit der Geschlechterkonstellation in den untersuchten Dyaden. Mit gut 28% sind Tochter-Mutter Beziehungen am häufigsten, dicht gefolgt von Sohn-Mutter Beziehungen. Dass Väter früher versterben und biologische Väter häufiger unbekannt sind als biologische Mütter zeigt sich auch im SwissGen Datensatz. Auch unter Berücksichtigung der Gewichtung sind nur je 22% der Dyaden Tochter-Vater bzw. Sohn-Vater Beziehungen. Der untere Teil von Abbildung 5.9 zeigt die Geschlechterkombination über die Altersspanne. Bemerkenswertes gibt es hier bei den jüngeren und älteren Erwachsenen: Bei den jungen Erwachsenen sind Töchter mit rund 60% deutlich übervertreten. Dies ist jedoch nur bis zu den 25-Jährigen der Fall und könnte somit darauf zurück zu führen sein, dass Töchter früher aus dem Elternhaus ausziehen als Söhne (Isengard 2023). Bei den älteren Erwachsenen sind aufgrund der früheren Sterblichkeit der Männer die Vater-Kind Beziehungen deutlich untervertreten.
Neben den Eltern können für finanzielle Transfers zwischen Generationen auch weitere Familienmitglieder relevant sein. Tabelle 5 zeigt, dass mehr als 85% der Befragten (noch) lebende Geschwister hat. Mehr als jede*r Achte ist dagegen ein Einzelkind oder hat alle Geschwister überlebt. Knapp 40% der Befragten hat ein lebendes Geschwister. Gut jede*r vierte Befragte hat zwei, und rund jede*r Fünfte hat drei oder mehr lebende Geschwister. In der Schweiz nahm die durchschnittliche Kinderzahl während des letzten Jahrhunderts ab (Burkimsher und Zeman 2017, S. 119), so dass die Anzahl der lebenden Geschwister über die Altersspanne aller Befragten variieren dürfte.
Der obere Teil von Abbildung 5.10 zeigt die Anzahl der lebenden Geschwister über die Altersspanne der Befragten. Gut 10% der 20-Jährigen haben keine Geschwister, über die Hälfte hat eine Schwester oder einen Bruder, ein Viertel hat zwei Geschwister und etwas mehr als jede*r Zehnte hat drei oder mehr Geschwister. Die Anteile verändern sich bis zu den 35-Jährigen Befragten nur wenig. Bei den 40-Jährigen haben nur noch zwei von fünf Befragten zwei Geschwister und der Anteil an Personen mit drei oder mehr Geschwistern liegt mit 20% deutlich höher als bei den 20-Jährigen. Wie bereits bei der Anzahl der Eltern zeigen sich die grössten Anteilsveränderungen bei den über 40-Jährigen: Je älter die Befragten sind, desto mehr Geschwister haben sie im Schnitt. Im Alter von 65 Jahren gibt nur noch jede*r Vierte an, einen Bruder oder eine Schwester zu haben, während 45% drei oder mehr lebende Geschwister haben. Bei den über 60-Jährigen steigt der Anteil der Personen, die weniger Geschwister haben, aber wieder an. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass mit steigendem Alter nicht nur die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die eigenen Eltern versterben, sondern auch die Geschwister.
Es wird deutlich, dass die Herkunftsfamilie eines Grossteils der befragten Erwachsenen nicht nur aus den Elternteilen besteht. In der grossen Mehrheit der Fälle haben die Eltern der Befragten noch weitere Kinder, zu denen Generationenbeziehungen möglich sind. Dies kann einerseits Konkurrenz um elterliche Zuwendungen aber auch Entlastung bedeuten, wenn es darum geht, Eltern zu unterstützen.
Die meisten Personen gehen im Verlauf ihres Lebens Partnerschaften ein und bekommen eigene Kinder. Neben der Herkunftsfamilie gehören daher auch neue Familienbeziehungen zum relevanten Kontext für die Generationenbeziehungen zu den eigenen Eltern. Relevant werden Partnerschaften und eigene Kinder für den Austausch von Ressourcen zwischen Generationen insbesondere dann, wenn ein gemeinsamer Haushalt geführt wird. Aus Tabelle 5 im elektronischen Zusatzmaterial geht hervor, dass gut 60% der Befragten angeben mit Partner*in im Haushalt zu wohnen. In der Schweiz nahm die Heiratshäufigkeit im letzten Jahrhundert ab (Demografisches Porträt der Schweiz 2022, S. 23). Da gleichzeitig Konsensualpartnerschaften und Partnerschaften ohne gemeinsamen Haushalt zunahmen, bietet der Zivilstand einen nur sehr unsicheren Indikator dafür, ob eine Person in einer Partnerschaft lebt oder nicht. Rund 40% der Erwachsenen wohnen zum Zeitpunkt der Befragung mit eigenen Kindern zusammen.
Über den Lebenslauf ändert sich die Familiensituation und damit auch die Zusammensetzung des Haushalts. Der untere Teil von Abbildung 5.10 zeigt die Veränderung der Haushaltsform über die Altersspanne der Befragten. Im Alter von 20 Jahren wohnen knapp 90% aller jungen Erwachsenen noch bei ihren Eltern. Gut 5% teilen sich einen Haushalt mit eine*r Partner*in. Knapp 3% wohnen mit anderen Personen zusammen. Zwischen den 20- und 40-Jährigen zeigen sich grosse Veränderungen der Anteile. Das gemeinsame Wohnen mit dem Eltern geht stark zurück; ab einem Alter von 35 leben nur noch 1–2% mit ihrer Mutter oder ihrem Vater zusammen. Der Anteil von Personen, die alleine leben, erreicht zwischen 25 und 30 mit über 20% einen ersten Höhepunkt. Er steigt erst bei Personen ab 50 Jahren wieder an. Noch vor dem Alter von 30 teilen die Mehrheit der Befragten ihren Haushalt mit eine*r Partner*in. Zunächst leben die meisten Paare ohne Kinder, ab 30 steigt der Anteil der Haushaltsform Paar und Kinder jedoch stark an. Im Alter von 40 wohnen knapp 60% mit Partner*in und Kindern, knapp 20% in einem Paarhaushalt, weniger als jede*r Zehnte alleine, etwas weniger wohnen nur mit Kindern zusammen und knapp 5% teilen sich den Haushalt mit anderen Personen. Ab Mitte vierzig wird der Auszug der Kinder bemerkbar. Nun geht der Anteil der Haushalte mit Partner*in und Kindern stark zurück, während der Anteil der Paarhaushalte erneut ansteigt. Fast die Hälfte der 60-Jährigen wohnt in einem Paarhaushalt, gut jede*r Fünfte noch mit Partner*in und Kindern. Mit knapp 25% liegt der Anteil der alleine Lebenden nun bereits etwas höher. Gut 5% wohnen nur mit Kindern oder anderen Personen zusammen. Bei den über 60-Jährigen dominiert klar der Paarhaushalt, doch auch der Anteil der allein lebenden beginnt anzusteigen. Das Zuammenleben mit Kindern oder mit anderen Personen kommt nur selten vor.
Die Grafik zeigt damit typische Phasen im Lebenslauf: Zu Beginn des Erwachsenenalters steht der Auszug aus dem Elternhaus an, manche Menschen wohnen anschliessend alleine, andere in Wohngemeinschaften oder mit dem oder der Partner*in. Kinder werden geboren, wachsen auf und ziehen aus. Partnerschaften werden gegründet, lösen sich auf und bilden sich neu. Mit zunehmendem Alter steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit alleine zu leben, weil alle Kinder nun selbstständig sind, sich Partnerschaften aufgelöst haben oder Partner*innen bereits verstorben sind.

Gesellschaftliche Kontexte

Der äusserste Ring im ONFC-Modell sind die kulturellen und gesellschaftlichen Strukturen, in welche die Familien, Generationenbeziehungen und die daran beteiligten Individuen eingebettet sind. Aus dem Bereich der gesellschaftlichen Kontexte werden die Migrationsgeschichte und die Sprachregion genauer betrachtet.
Tabelle 5 im elektronischen Zusatzmaterial zeigt, dass mehr als jede*r Dritte im Ausland geboren wurde und damit der ersten Migrationsgeneration angehört. Gut 17% der Befragten sind in der Schweiz geborenen und gehören der zweiten Migrationsgeneration an. Mit 46% hat weniger als die Hälfte aller Erwachsenen keine Migrationsgeschichte. Der obere Teil von Abbildung 5.11 zeigt die Verteilung der Migrationsgruppen über die Altersspanne der Befragten. Zu grösseren Umbrüchen in der Verteilung kommt es bei den 25- bis 30-Jährigen sowie bei den ab 50-Jährigen. Unter den jüngeren Erwachsenen hat gut jede*r Zweite keine Migrationsgeschichte. Der Anteil an Personen, die selbst in der Schweiz geboren wurden, und deren Eltern ebenfalls in der Schweiz geboren wurden liegt bei Erwachsenen zwischen 30 und 50 Jahren mit 40% etwas tiefer. Bei den über 50-Jährigen steigt der Anteil an Personen ohne Migrationsgeschichte wieder auf über 50% an. Der Anteil an Personen der zweiten Migrationsgeneration ist unter den jungen Erwachsenen am höchsten. Rund jede*r vierte unter 30-Jährige hat mindestens einen Elternteil, der im Ausland geboren wurde. Bei den über 30-Jährigen liegt der Anteil der zweiten Migrationsgeneration mit rund 15% etwas tiefer. Hier nimmt dagegen der Anteil an Personen der ersten Migrationsgeneration deutlich zu. Unter den jüngeren Erwachsenen wurden weniger als 20% im Ausland geboren. Nach einem starken Anstieg liegt dieser Anteil bei den 30- bis 45-Jährigen mit rund 40% am höchsten und nimmt danach wieder ab. Wie bereits in Abbildung 5.7 zeigt sich auch hier ein Knick: bei den 55-Jährigen liegt der Anteil an migrierten Personen besonders tief.
Die untersten Zeilen von Tabelle 5 im elektronischen Zusatzmaterial zeigen, dass über 70% der Befragten in der Deutschschweiz leben. Jede* vierte Befragte Person wohnt in einer französischsprachigen Gemeinde. Weitere 4% wohnen in einer italienisch- oder rätoromanischsprachigen Region. Der untere Teil von Abbildung 5.11 zeigt keine grossen Veränderungen über die Altersspanne. Die italienischsprachige Schweiz hat etwas grössere Anteile bei den über 55-Jährigen. Dies steht im Einklang mit offiziellen demografischen Zahlen (Rausa 2022).

5.4 Zwischenfazit

Familienstrukturen, Ungleichheit und Solidarität in der Schweiz: In den letzten Abschnitten wurden zu diesen Begriffen konkrete Zahlen präsentiert. Ziel dabei war die Beschreibung des weiteren Kontextes, in welchem finanzielle Zuwendungen von Eltern an erwachsene Kinder und zurück fliessen. Dabei zeigt sich eine lebenslange Verbundenheit der Generationen. Die Beziehung zwischen erwachsenen Kindern und Eltern ist in verschiedenen Altersgruppen aber unterschiedlich ausgeprägt. Jede Beziehung zu Mutter oder Vater ist individuell und wie so oft lassen sich keine klaren Grenzen oder Einteilungen vornehmen. Nichtsdestotrotz kristallisieren sich einige Tendenzen heraus.
Im jungen Erwachsenenalter, zwischen 18 und 34 Jahren, leben in aller Regel sowohl Mutter als auch Vater noch. Die meisten Befragten in dieser Altersgruppe haben ein bis zwei Geschwister und noch keine eigenen Kinder. Im jungen Erwachsenenalter steht der Auszug aus dem Elternhaus an. Danach wohnen junge Erwachsene meist allein, mit eine*r Partner*in zusammen oder mit anderen Personen, etwa in einer Wohngemeinschaft. Über die Hälfte der unter 35-Jährigen kommt gut oder sogar sehr gut mit den Finanzen des eigenen Haushalts zurecht, hat aber noch kein eigenes Vermögen aufgebaut. Mit dem Auszug aus dem Elternhaus kommt es auch in Generationenbeziehungen zu vielen Veränderungen. Die Wohndistanzen nehmen im jungen Erwachsenenalter stetig zu, die Kontakthäufigkeiten dagegen ab. Trotzdem kommt es in der Mehrheit der Generationenbeziehungen zu mindestens wöchentlichem Austausch. Mit steigender Wohndistanz und wachsender Selbstständigkeit wird auch praktische Hilfe seltener. Junge Erwachsene profitieren im Vergleich zu höheren Altersgruppen aber noch am meisten von der elterlichen Unterstützung. Im Gegenzug kommt es in Generationenbeziehungen mit jungen Erwachsenen auch häufig zu regelmässiger praktischer Hilfe an Mutter oder Vater.
In der mittleren Lebensphase, zwischen 35 und 49 Jahren, nehmen die potentiellen Generationenbeziehungen durch Todesfälle in der Elterngeneration bereits merklich ab. Väter versterben dabei häufig vor den Müttern. Befragte zwischen 35 und 49 Jahren haben meist einen Bruder oder eine Schwester, aber etwas häufiger 3 oder mehr Geschwister als junge Erwachsene und damit eine etwas grössere Herkunftsfamilie. Die mittlere Lebensphase wird für die Mehrheit der Befragten durch die Gründung einer eigenen Familie und die Geburt von Kindern geprägt. Entsprechend teilen sich die meisten Erwachsenen in der mittleren Lebensphase ihren Haushalt mit Partner*in und Kindern. Befragte zwischen 35 und 49 Jahren kommen mehrheitlich gut mit den Finanzen ihres Haushalts zurecht, die meisten verfügen nun auch bereits über kleinere oder grössere Vermögenswerte. Was die Generationenbeziehungen zu Mutter oder Vater angeht, erweist sich die mittlere Lebensphase als die distanzierteste was Wohnentfernung und Kontakte angeht. Dies gilt jedoch immer nur im Vergleich zu jüngeren und älteren Befragten, denn auch unter den Erwachsenen zwischen 35 und 49 Jahren wohnen die meisten nicht mehr als 100 Kilometer von Mutter oder Vater entfernt und pflegen zu diesen mindestens wöchentlichen Kontakt. Praktische Hilfe von Mutter oder Vater kommt im mittleren Erwachsenenalter ebenfalls noch vor, allerdings meist eher sporadisch. Insbesondere dürfte hier auch die Hilfe bei der Kinderbetreuung eine Rolle spielen. Der Fokus auf das eigene Leben, die selbst gegründete Familie oder die Karriere zeigt sich auch darin, dass im mittleren Erwachsenenalter praktische Hilfe an die Eltern seltener wird.
Zuletzt kommt es im späteren Erwachsenenalter ab etwa 50 Jahren wieder zu Veränderungen der Generationenbeziehungen. Ab 50 Jahren wird natürlich längst nicht die letzte Lebensphase der Erwachsenen eingeläutet (siehe Abschnitt 2.​2). Da Generationenbeziehungen aber nur zu lebenden Eltern möglich sind, beginnt die letzte gemeinsame Lebensphase für viele bereits vor dem Rentenalter. Während im Alter von 50 etwa die Hälfte der Befragten noch zwei lebende Elternteile hat, nimmt dieser Anteil anschliessend rasant ab. Befragte im späteren Erwachsenenalter haben allerdings häufiger mehr Geschwister, was sowohl zu verstärkter Konkurrenz als auch zu mehr Entlastung führen kann. Die älteren Befragten haben aber nicht nur eine grössere Herkunftsfamilie, sie haben auch häufiger mindestens zwei eigene Kinder. Diese werden selbst erwachsen und ziehen aus und so leben über 50-Jährige wieder häufiger ohne Kinder und nur mit Partner*in oder alleine in einem Haushalt. Im Vergleich zu den jüngeren Altersgruppen haben Befragte ab 50 Jahren die beste finanzielle Situation; mehr als die Hälfte von ihnen verfügt gar über Vermögenswerte von über 100’000 Franken. Wenn die Eltern älter werden, rücken die Generationen wieder näher zusammen. Dies zeigt sich einerseits in geringeren Wohndistanzen, andererseits in leicht zunehmenden Kontakten. Bei den über 50-Jährigen geht der Anteil derjenigen, die von ihren Eltern praktische Hilfe erhalten, stark zurück. Im Gegenzug unterstützen Erwachsene im späteren Alter ihre Eltern wieder häufiger mit praktischer Hilfe oder auch Pflege.
Generationen lösen sich voneinander. Erwachsene werden selbstständiger, ziehen aus und gründen eigene Familien. Generationen rücken aber auch wieder zusammen und unterstützen sich bei steigendem Bedarf der Elterngeneration. Voraussetzungen für Kontakte und Formen von Beziehungen ändern sich mit Veränderungen der familiären Situation und der Entwicklung in weiteren Lebensbereichen. Mit der Veränderung der Kontexte ändern sich aber auch die Gründe und das Ausmass der finanziellen Zuwendungen. Das nächste Kapitel zeigt, dass finanzielle Transfers in Form von Geldgeschenken, Sachgeschenken oder Zahlungen in allen Altersgruppen Teil der Generationenbeziehung sein können. Warum sie es nicht in allen Beziehungen im selben Ausmass sind, wird mithilfe multivariater Modelle näher beleuchtet.
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Anhänge

Elektronisches Zusatzmaterial

Metadaten
Titel
Kontexte von aktuellen Transfers
verfasst von
Tamara Bosshardt
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-43924-8_5

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