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16.08.2023 | Ladeinfrastruktur | Gastbeitrag | Online-Artikel

E-Ladeinfrastruktur Deutschland und USA im Vergleich

verfasst von: Adriana Fricke, Adam Hart

4:30 Min. Lesedauer

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Tesla startete 2008 in den USA und damit die Elektromobilität, wie wir sie heute kennen. Wie schlägt sich – 15 Jahre später – der Pionier-Staat im Vergleich zum Autoland Deutschland? 

In den USA kommt im Schnitt eine öffentliche Ladesäule auf 6.200 Einwohner. In Deutschland sind es nur 1.200. Dass sich E-Autos in den Vereinigten Staaten trotzdem besser verkaufen, liegt vor allem an einem Staat: Kalifornien. Der Sunshine-State ist beim Thema Elektromobilität führend in den USA. Etwa ein Drittel aller öffentlichen Ladestationen befindet sich in Kalifornien, dabei kommt eine öffentliche Ladesäule immerhin auf 2.580 Einwohner. Dreiviertel der in den USA verkauften E-Autos entfallen auf den Pazifikstaat. 

Aber auch wenn Deutschland laut Infrastruktur-Statistik besser dasteht, macht die USA anscheinend irgendetwas anders und besser. Was kann die Bundesrepublik von den USA lernen? 

Warum kam die USA bisher ohne viele öffentliche Ladesäulen aus?

Aktuell steigt in den Vereinigten Staaten der Bedarf an öffentlichen Ladepunkten. Bisher wurden Elektrofahrzeuge meistens zu Hause oder am Arbeitsplatz geladen. Da E-Autos insgesamt populärer werden – auch der amtierende US-Präsident Joe Biden ist ein Unterstützer der Antriebsform – unternehmen mehr Menschen ihre täglichen Fahrten mit den Stromern. Mit inbegriffen sind auch längere Trips, die ohne Stopps an öffentlichen Ladesäulen unmöglich wären. In Deutschland musste das Netz von Anfang an schneller ausgebaut werden, damit Elektrofahrzeuge zur echten Alternative zu einem Verbrenner werden konnten. Die Unterschiede im Wohnungsbestand bedeuten, dass in Deutschland mehr Ladelösungen in Mehrfamilienhäusern erforderlich sind, um das öffentliche Angebot zu ergänzen. Dies wird durch die Tatsache verstärkt, dass in der Bundesrepublik 58 % der Einwohner in Mietwohnungen leben. In den USA liegt diese Quote nur bei 37 %. Mieter sind wiederum häufiger auf öffentliche Ladepunkte angewiesen als Eigentümer. 

Unterschiede im Stromtarif-Modell

Deutschland kann neben dem geografischen und wirtschaftlichen noch einen weiteren strukturellen Vorteil vorweisen: Das Stromtarif-Modell. Stromtarife lassen sich unabhängig vom Anbieter auswählen. Über Vergleichsportale haben die Bürger die Möglichkeit, den Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis auszuwählen. E-Fahrzeug-Besitzer, die ihr Fahrzeug vorwiegend zu Hause laden, können Tarife konstant vergleichen und gegebenenfalls zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Viele Stromanbieter bieten inzwischen Tarife an, die auf das Laden von E-Fahrzeugen zugeschnitten sind, entweder mit statischen Nutzungszeiten oder mit einer dynamischen Preisgestaltung, die es den Ladegeräten ermöglicht, die Kosten für die Fahrer zu optimieren.

In vielen Bundestaaten der USA herrscht heutzutage noch das sogenannte Tarif-Modell vor, welches man in Deutschland vor 1998 kannte. Denn vor der Liberalisierung des Energiemarktes gab es pro Region einen festen Anbieter und keine weiteren Auswahlmöglichkeiten. Außerdem richten sich amerikanische Tarife häufig nach der abgerufenen Maximalleistung – auch wenn diese nur kurzzeitig vorlag. Diese Nachfragegebühren machen das öffentliche Laden von E-Fahrzeugen oft sogar unwirtschaftlich. Deutsche Tarife hingegen bilden eher das tatsächliche Abnahmevolumen ab. Gerade für Betreiber von Schnellladeterminals ist letzteres Modell die wirtschaftlichere Variante. 

Reservieren von Ladesäulen: In den USA schon Realität

Allerdings gibt es in den Vereinigten Staaten zwei klare Vorteile: Ladesäulen können dort unter bestimmten Voraussetzungen reserviert werden, wie es beispielsweise beim neuen Mercedes-Ladenetz der Fall ist. Dadurch lassen sich längere Fahrten besser planen und die Fahrer fühlen sich sicherer. Die Reichweiten-Angst in Bezug auf Elektrofahrzeuge nimmt zwar insgesamt ab. Aber dieser zusätzliche Komfort überzeugt möglicherweise noch mehr Menschen auf ein E-Auto umzusteigen. In Deutschland wird eine Reservierungsfunktion derzeit von nur sehr wenigen Prozessteilnehmern angeboten oder genutzt. Um die Reservierungsfunktion in der Breite umsetzen zu können, gilt es die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. ChargePoint gehört zu den wenigen Unternehmen, die bereits entsprechende Lösungen anbieten.  

Aufholbedarf im deutschen Ladetarifdschungel 

In den USA wird das Ladenetz außerdem größtenteils von einigen großen Infrastrukturanbietern kontrolliert. Die Anbieterlandschaft in Deutschland ist dagegen stark fragmentiert. Verschiedene Abrechnungsvarianten zu kombinieren, um möglichst alle Anbieter abzudecken, funktioniert in den USA besser. Mit den richtigen Credentials kann man dort landesweit auf Ladeterminals zugreifen, ohne auf den Anbieter achten zu müssen.

Um das gleiche in Deutschland zu erreichen, benötigt man aktuell noch mehrere Ladekarten und Apps. Hier ist eine übergreifende Software-Plattform vonnöten, über die sich der Markt konsolidieren lässt. Die vielen verschiedenen Anbieter können weiterhin existieren, aber die Transaktionsabwicklung sollte möglichst zentralisiert ablaufen. Ähnlich wie beim Mobilfunk-Roaming könnte es auch ein Ladenetz-Roaming geben. ChargePoint setzt sich schon seit 2017 dafür ein und allmählich öffnen sich immer mehr Akteure dem Roaming. E-Mobilitätsdienstleister entwickeln immer mehr Angebote, die alle fragmentierten Netze mit einem einzigen Karten-/Zahlungsdienst abdecken können, es ist aber noch mehr Arbeit erforderlich. Denn da einige große Anbieter noch immer isoliert handeln, sind im Prinzip weniger Lademöglichkeiten verfügbar, als tatsächlich vorhanden wären.

Den richtigen Weg konstant weiter beschreiten

Wie man sieht, befindet sich die Bundesrepublik auf einem guten Weg, den es konsequent weiterzugehen gilt. Und dabei können sich die Deutschen durchaus etwas von den Amerikanern abschauen – vor allem in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit der Ladeinfrastruktur: Mit einem konsolidierten Abrechnungsmanagement und flexibleren Buchungsmöglichkeiten der Ladesäulen ließe sich die Elektromobilität noch breiter ausrollen. "Wenn man den Ausbau von Lade-Knotenpunkten um den Einzelhandel weiter forciert und das Konsumverhalten mit der Mobilität abstimmt, dann kann eine 30-Minuten-Verbundwirtschaft entstehen, mit der eine neue Ära des Ladekomforts Einzug hält", sagt Pasquale Romano, CEO von ChargePoint. 

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