2011 | OriginalPaper | Buchkapitel
Der strategische Ansatz zur Analyse des transnationalen Terrorismus: Das Beispiel Al Qaeda
verfasst von : Ralph Rotte, Christoph Schwarz
Erschienen in: Terrorismusforschung in Deutschland
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Die Anschläge des 11. September 2001 haben der (sozial-) wissenschaftlichen Forschung über den Terrorismus neue Impulse verliehen. Insbesondere die Vielzahl der seither erschienenen internationalen Untersuchungen, die einen strategischen Ansatz zur Analyse des transnationalen Terrorismus verwenden, ist in Deutschland bisher aber nur unzureichend wahrgenommen worden. Der vorliegende Beitrag stellt diesen Ansatz ausführlich vor und demonstriert den mit einem strategietheoretischen Zugriff verbundenen analytischen Mehrwert anhand des Fallbeispiels der Mobilisierungsstrategie Al Qaedas. Es wird deutlich, dass auch Al Qaeda das klassische Problem terroristischer Strategien, die Lücke zwischen verfügbaren Mitteln und politischen Zielen zu schließen nicht bewältigen kann. Das Terrornetzwerk befindet sich vielmehr in einem strategischen Grunddilemma, insbesondere nach der weitgehenden Zerschlagung der etablierten Organisationsstrukturen nach 9/11: Einerseits führt der politische Zwang eines militanten, öffentlichkeitsorientierten Aktionismus angesichts fehlender Ressourcen und der Schwächen der Netzwerkorganisation bei der systematischen, langfristigen Konzentration der Kräfte kontraproduktiv zu Angriffen geographisch beschränkter Reichweite und damit zu massiven Verlusten unter den eigenen muslimischen Glaubensgenossen. Andererseits wäre eine längerfristige Planung und Zusammenfassung der verfügbaren Mittel aufgrund des damit verbundenen temporären Verzichts auf Anschläge ein ebenso kontraproduktives Signal der Schwäche gegenüber dem zu interessierenden Dritten, d.h. der zu mobilisierenden Öffentlichkeit und den Volksmassen in der arabisch-muslimischen Welt. Daraus folgt aber, dass die Anerkenntnis der klassischen strategischen Probleme des transnationalen Terrorismus und eine Abkehr von der Betonung seiner vermeintlichen Neuartigkeit einen wichtigen Beitrag zu seiner nachhaltigen Schwächung begründen könnten: Durch eine realistische Sicht der terroristischen Bedrohung und ihrer fundamentalen strategischen Mängel würde auch das Risiko unverhältnismäßiger Reaktionen auf Anschläge verringert. Al Qaeda würde damit ein zentrales Instrument zur Mobilisierung und Erweiterung seiner Basis genommen.