Anwohner nehmen Geräusche von Windenergieanlagen wie Verkehrslärm wahr.
Bundesverband WindEnergie (BWE), Thorsten Paulsen
Die Rotoren der Windkraftanlagen führen zu Geräuschentwicklungen. Dies ist nach wie vor ein häufig verwendetes Argument gegen die Stromerzeugung aus Windenergie. "Die Auswirkungen von Windkraftanlagen hinsichtlich des Lärms, den sie an den nächstgelegenen Wohnhäusern verursachen, werden anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) beurteilt. (…) Eine Genehmigung ist nur möglich, soweit die zulässigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden.", erklären die Springer Vieweg-Autoren Viktor Wesselak, Thomas Schwabbach, Thomas Link und Joachim Fischer im Buchkapitel Windkraftanlagen das geltende Prüfkriterium "Lärmschutz" für Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen.
Die Wahrnehmung von Geräuschen ist aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Was den einen kaum stört, ist für den anderen eine extreme Belästigung. Auch die Gegner des niedersächsischen Windparks Wilstedt führten die Geräuschbelästigung durch die Rotoren einst als Gegenargument zur Errichtung des Windparks an. Innerhalb einer durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Studie "Windenergieanlagen-Geräusche" untersuchten Umweltpsychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von Oktober 2011 bis Juni 2014 die Wirkung des Windparks Wilstedt auf die Bevölkerung. Hierzu wurden ausführliche Anwohnerbefragungen, aber auch Geräuschanalysen und -messungen durch das Deutsche Windenergie-Institut (DEWI) durchgeführt. Die Mehrheit der Befragten empfand die Geräusche durch den Windpark nicht als belästigend. Insgesamt wurden die Geräusche wie Verkehrslärm wahrgenommen.
Psycho-akustische Bewertung von Windkraftanlagen
An der Leibniz Universität Hannover wurde nun das Verbundprojekt "Von der Schallquelle zur psycho-akustischen Bewertung (WEA-Akzeptanz)" gestartet. Beteiligt sind das Institut für Statik und Dynamik (ISD), das Institut für Kommunikationstechnik und das Institut für Meteorologie und Klimatologie.
Ziel des auf zunächst drei Jahre angesetzten Forschungsprojektes ist es, konkrete Vorhersagen des Schallprofils einer Windkraftanlage schon vor dem Bau treffen zu können. So sollen Störungen der Anwohner verhindert werden. Durch Geräuschquellen am Rotorblatt und anderen Bauteilen entsteht zusammen mit Alterung, herstellungsbedingten Abweichungen und der Topografie der Umgebung für jede Anlage ein individueller "Sound-Footprint". Die Geräuschentwicklung würde so durch ein Modell objektiviert und vorhersagbar gemacht werden.
Eine wichtige Rolle wird bei den Untersuchungen auch die psycho-akustische Bewertung spielen. Hierzu plant das Institut für Kommunikationstechnik der Leibniz Universität Hannover eine Laborsituation, bei der den Probanden zu dem Geräusch auch Umgebungsbilder auf die Wände projiziert werden. Das Institut für Meteorologie und Klimatologie befasst sich mit dem Einfluss von Windgeschwindigkeit oder Temperatur auf die Schallausbreitung.
Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit rund vier Millionen Euro gefördert.
Umweltverhalten von Windkraftanlagen
"Von Energieerzeugung zu sprechen oder zu schreiben, ohne gleichzeitig die Auswirkungen auf die Umwelt abzuwägen, ist heute nicht mehr möglich. Windkraftanlagen verunreinigen weder die Atmosphäre mit Kohlendioxyd, Schwefel, Kohlenwasserstoffen oder Stickoxyden noch stellen sie diese und folgende Generationen vor die Probleme des Umganges mit radioaktiven Abfällen. Angesichts dieser Tatsachen verdient die Nutzung der Windenergie unbesehen das Prädikat 'klima- und umweltfreundlich'. Dennoch, völlig ohne Auswirkungen auf die Umwelt ist auch der Betrieb von Windkraftanlagen nicht", stellt Springer-Autor Erich Hau in seinem Buchkapitel Umweltverhalten einleitend fest. Ab Seite 670 setzt er sich intensiv mit den Schallemissionen der Anlagen auseinander und betont, dass die Debatte über die Geräuschentwicklung sowohl für den Konstrukteur als auch den Betreiber unerlässlich sei. Wenn hier gravierende Fehler gemacht werden, kann die Einsatzmöglichkeit einer Anlage eingeschränkt werden oder das Projekt scheitern.