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04.06.2014 | Management + Führung | Interview | Online-Artikel

"Personalführung funktioniert in der Praxis häufig nicht"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

3 Min. Lesedauer

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Neurowissenschaftliches Grundwissen kann Managern helfen, besser und individueller zu führen. Im Interview erläutert Theo Peters, welche Personalentwicklungsinstrumente aus neuwissenschaftlicher Sicht sinnvoll sind.

Springer für Professionals: Warum sollten sich Unternehmen mit den Funktionen und Wirkungsweisen des Gehirns beschäftigen?

Theo Peters: In der Praxis beobachten wir immer häufiger, dass die Personalführung schlichtweg nicht funktioniert. Führungskräfte haben keine richtige Vorstellung darüber, was ihre Mitarbeiter bewegt, weil sie sich naturgemäß nicht jedem Mitarbeiter ausreichend widmen können. Wenn Führungskräfte aber über die neurowissenschaftlichen Grundbedürfnisse Bescheid wissen, dann ist ein wichtiger Schritt getan. Die Neurowissenschaften erklären uns, wie unsere Gehirne funktionieren und was wir bei sozialen Interaktionen beachten sollten – denn Führungsarbeit setzt ein gutes soziales Miteinander voraus.

Was müssen Führungskräfte beachten, wenn sie gehirngerecht führen wollen?

Dass zwar jeder Mitarbeiter aufgrund seiner Erfahrungen unterschiedlich aktivierbare neuronale Strukturen aufweist, aber man im Wesentlichen seine Arbeit auf die Bedürfnisse Bindung, Orientierung und Kontrolle, Selbstwerterhöhung und Lustgewinn fokussieren sollte. Innerhalb dieser Dimensionen ausgerichtete Maßnahmen können für Führungskräfte einen entscheidenden Vorteil bedeuten.

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Viele Unternehmen stellen neuen Mitarbeitern einen Mentor zu Seite, der das Unternehmen gut kennt. Was bringt diese Praxis aus neurowissenschaftlicher Sicht?

Das Mentoring stellt vor dem Hintergrund des Bindungsbedürfnisses eine sehr effiziente Maßnahme dar. Eine Bezugsperson in einem Unternehmen, nicht nur für Neulinge, ist ein sicherer Zufluchtsort. Nicht nur bei diesem Beispiel sehen wir, dass Führungskräfte auf einen großen Fundus an personalwissenschaftlichen Instrumenten zurückgreifen können, die aus neurowissenschaftlicher Sicht für die Praxis sehr geeignet erscheinen. Es muss nicht immer ein gänzlich neues Instrument sein, wie wir hier sehen.

Die Erkenntnis, dass Führungskräfte ihren Führungsstil an die jeweiligen Mitarbeiter anpassen sollten, ist mittlerweile „State of the Art“ in Führungsseminaren. Doch wie können Führungskräfte erkennen, welcher Führungsstil zu welchem Mitarbeiter passt?

Erkenntnisse hierzu lassen sich über die neurowissenschaftlichen Grundbedürfnisse gewinnen. Dies haben wir auch auf unseren Neuroleadership-Seminaren beobachtet. Dafür haben wir den Fragebogen SCOAP entwickelt, der Führungskräften dabei hilft, ihre Mitarbeiter zu verstehen. Wir identifizieren mit SCOAP die aktuelle Ausprägung und die gewünschte, sodass wir in einem Soll-Ist-Vergleich entsprechende Maßnahmen für Führungskräfte ableiten können.

Ein weiteres wichtiges Thema in den Unternehmen ist Change-Management. Die größte Herausforderung ist dabei, Veränderungen so zu vermitteln, dass die Mitarbeiter diese annehmen und umsetzen. Was können neurowissenschaftliche Erkenntnisse dazu beitragen?

Dass sich das menschliche Gehirn fortwährend neu ausbilden kann, führt uns zu der Erkenntnis, dass wir Change nicht nur im Unternehmen, sondern auch tatsächlich bei den Individuen bewirken können. Change erfordert einen langen Zeitraum. Über Nacht sind keine Erfolge zu erwarten, denn mühsam über Jahre eingeschliffene neuronale Strukturen sind gefestigt. Die „neuronale Gemütlichkeit“, also die Tatsache, dass unser Gehirn Bekanntes vor Neuem bevorzugt, weil dadurch Energieressourcen geschont werden, äußert sich oft in den Widerständen, mit denen einen Führungskraft dann seine Probleme hat. Hier gilt es, unter anderem durch eine frühzeitige Kommunikation der Veränderungen, den Einbezug der Mitarbeiter mit ihren Wünschen, die intensive Auseinandersetzung mit der neuen Situation und deren Vorteile zu punkten. Doch die Maßnahmen sind durchaus komplexer als hier dargestellt, denn die emotionalen und kognitiven Aspekte spielen hier Hand in Hand zusammen.

Zur Person
Prof. Dr. Theo Peters lehrt an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und ist zuständig für Organisation, Organisationsentwicklung und Projektmanagement. Außerdem ist er Mitglied im Expertenbeirat zur Begutachtung betrieblicher Gesundheitssysteme in Deutschland. Er forscht und publiziert in den Themengebieten Leadership, Neuroleadership und Gesundheitsmanagement. In seinem Buch "Neuroleadership" beschreibt er zusammen mit Argang Ghadiri die neuwissenschaftliche Grundlagen und gibt Handlungsempfehlungen für Führungskräfte.
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