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2019 | Buch

Perspektiven einer pluralen Ökonomik

herausgegeben von: David J. Petersen, Daniel Willers, Esther M. Schmitt, Robert Birnbaum, Jan H. E. Meyerhoff, Sebastian Gießler, Benjamin Roth

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Wirtschaft + Gesellschaft

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Über dieses Buch

Der Sammelband zeigt einerseits die Vielfalt und das Potential einer pluralen Ökonomik auf, indem einführende Überblicke sowie exemplarische Vertiefungen von ökonomischen Perspektiven und Diskursen erfolgen. Andererseits versteht er sich als Debattenimpuls, bei dem auch die grundsätzliche Frage nach der Relevanz und Verantwortung einer Wirtschaftswissenschaft und -praxis in den Fokus gerückt wird, die sich den Herausforderungen dieser Zeit adäquater zu stellen vermag. Es werden zentrale wissenschaftstheoretische, ökonomische und gesellschaftliche Kritiken, Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Begründungen für eine plurale Ökonomik

Frontmatter
Paradigmadominanz in der modernen Ökonomik und die Notwendigkeit eines kompetitiven Pluralismus
Zusammenfassung
Mit Blick auf die neueren Entwicklungen in der Ökonomik stellt sich die Frage, wie die Forderung nach einem Pluralismus legitimiert werden kann und welche Konturen für diesen Pluralismus in dieser Situation angemessen sind. In Bezugnahme auf die Komplexitätstheorie, dergemäß die Wissenschaft in der modernen Gesellschaft zu einem selbstständigen Subsystem geworden ist, wird dieser Frage nachgegangen. Es wird skizziert, wie die Ökonomik innerhalb dieses Subsystems einen eigenen Standard entwickelt hat. In diesem Standard wird eine sehr spezielle formal-mathematische Fundierung des ökonomietheoretischen Räsonierens einerseits zur Grundlage für dessen größere Konsistenz und andererseits für dessen Abgrenzung von den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen gemacht. Entsprechend werden in diesem Beitrag nicht nur die feststellbaren Verdichtungen des neoklassischen Paradigmas fokussiert, sondern ebenso die innerhalb dieses Rahmens erfolgten Variationen herangezogen, um die Behauptungen einer neuerdings stattgefundenen Auflösung des ökonomietheoretischen Mainstreams zu evaluieren. Vor diesem Hintergrund wird anschließend begründet, warum in einer Situation der Paradigmadominanz, speziell die kompetitive Variante des Pluralismus ein angemessenes Postulat darstellt, um die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung auf Dauer sicherzustellen. Ein kurzer Ausblick auf die Entwicklungsaussichten einer pluralistischen Ökonomik schließt die Betrachtung ab.
Frank Beckenbach
„Die Daten sind nun einmal die Daten“
Legitimationsmuster und Wissenschaftsverständnisse in der Pluralismusdebatte
Zusammenfassung
In Deutschland wird teils heftig und zunehmend auch medial zwischen Vertreter*innen der Pluralen Ökonomik und der Mainstreamökonomik über den Zustand der Wirtschaftswissenschaften gestritten. In diesem Beitrag werden mithilfe einer qualitativen Analyse wesentliche Legitimationsmuster und Wissenschaftsverständnisse dieser Debatte identifiziert und analysiert. Es wird geprüft, inwiefern unterschiedliche implizit vertretene wissenschaftstheoretische Positionen die Kommunikation der Diskursteilnehmer*innen beeinflussen und zu Ausgrenzungsrhetoriken beitragen. Durch die Analyse tragen wir zu einer Reflexion der jüngsten Pluralismusdebatte bei und beleuchten Potenziale, aber auch Hürden und Grenzen eines Austausches.
Andreas Dimmelmeier, Jakob Hafele, Hendrik Theine
Macht Ökonomie Gesellschaft?
Zur Wirkmacht ökonomischen Wissens
Zusammenfassung
Dieser Beitrag diskutiert drei Ansätze, wie die gesellschaftliche Wirkmacht ökonomischen Wissens analysiert werden kann. Im ersten Teil steht die wirtschaftssoziologische Diskussion zur Wirkmacht (verstanden als Performativität) ökonomischer Modelle im Fokus, wie sie Michel Callon und Donald MacKenzie vorgelegt haben. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Kritik Philip Mirowskis an der Performativitätsdiskussion und seinem Ansatz, die Wirkmacht der Ökonom*innen und ihrer Netzwerke zu untersuchen. Eine dritte Perspektive diskutiert entlang der Arbeiten von Michel Foucault einerseits die Bedingungen der Möglichkeit von Diskursen wie demjenigen der Wirtschaftswissenschaften und andererseits die Rolle der politischen Ökonomie für Regierungstechniken. In diesem Beitrag verfolgen wir die These, dass die gesellschaftliche Wirkmacht ökonomischen Wissens auf drei Ebenen adressierbar ist, nämlich auf Ebene der wissenschaftlichen Aussagen und Modelle, der Protagonist*innen und des Diskurses.
Anja Breljak, Felix Kersting

Reflexionen über Theorie und Methodologie in der Ökonomik

Frontmatter
Scarcity Inc.
Die Knappheitsparadoxie als ein Hintergrundproblem pluraler Ökonomie
Zusammenfassung
Der Beitrag zeigt zunächst, wie die Annahme, eine unhintergehbare Knappheit sei der Hintergrund und Beweggrund jeglichen Handelns, prägend für politisch-ökonomische Leitbegriffe und Deutungsmuster der kapitalistischen Moderne wurde. Epistemologische Paradoxien und Grenzen entsprechender Konzeptionen von Knappheit – die (nicht nur) in den Wirtschaftswissenschaften einen prägenden Charakter behalten – werden herausgearbeitet, um eine genuin soziologische Perspektive auf das Knappheitsproblem zu entwickeln. In dieser wird Knappheit, in Differenz zum Begriff des Mangels, als gesellschaftliche Konstruktion mit spezifischen Funktionen analysierbar. Ausgehend von dieser soziologischen Dekonstruktion grundlegender Selbstverständnisse der neoklassischen Ökonomie, wird auch ein plurales Verständnis ökonomischer Prozesse abseits der Knappheitslogik ermöglicht. Abschließend wird skizziert, inwiefern auf Basis bestehender gesellschaftlicher Organisationsformen und Technologien eine Ökonomie ohne Knappheit denkbar wäre und inwiefern alternative Distributionsformen (wie sie in lokalen Nischen bereits existieren) auch Ansatzpunkte für eine andere Makroökonomie bieten könnten.
Tino Heim, Marc Drobot
Zur Konzeptualisierbarkeit einer Postwachstumsökonomie
Die Grenzen des wirtschaftswissenschaftlichen Mainstreams und die Potenziale theoretischer Multiperspektivität
Zusammenfassung
Die Annahme, dass wirtschaftliches Wachstum per se wünschenswert sei, ist tief im wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream verankert. Stabiles Nullwachstum lässt sich innerhalb einflussreicher neoklassischer Theorien jedoch grundsätzlich abbilden, zum Beispiel durch eine Veränderung des technologischen Wandels hin zu einem Fokus auf die Steigerung der Ressourcen- statt der Arbeitsproduktivität, eine Reduktion der Investitionshöhe und/oder des Arbeitsangebots. In der Erklärung dieser Mechanismen bleibt der Mainstream jedoch in der Regel vage. Gleichzeitig kommen andere bedeutsame Aspekte für ein stabiles Nullwachstum im Mainstream zu kurz. Für eine umfassende Analyse einer Postwachstumsökonomiebedarf es daher einer Vielzahl an Zugängen und theoretischen Perspektiven. Nur so können Aspekte wie die Rolle des Geldsystems, von Gewinnen, Zinsen, Sozialsystemen und Reproduktionsarbeit, Privateigentum und Wettbewerb, politischer Ökonomie und Macht in ihrer Gänze erfasst werden.
Steffen Lange, Jonathan Barth, Johannes Euler
Märkte als transaktionale Netze
Zu einer ökonomischen Theorie marktlicher Interaktion
Zusammenfassung
Märkte sind Mannigfaltigkeiten von bilateralen Transaktionen. Transaktionen sind keine Tauschakte, sondern asymmetrische Vermittlungen von heterogenen Belangen, die effektiv befriedigt werden. Dazu bedarf es keiner Handlungsvorschriften (Normen, Rationalitäten usw.). Aus der Analyse der Transaktionen, ihrer Prozedere und Vernetzungen ergibt sich ein anderer Blick auf die Ökonomie, der die tatsächlichen Verhaltensweisen der wirtschaftlich Handelnden aufschließen kann (anstatt Annahmen über Verhaltensvorschriften zu machen). Dies ist ein Baustein für eine andere Ökonomie.
Birger P. Priddat
Conceptions of Money
Assessing Textbook Economics in the Light of Pluralism of Money Theories
Abstract
This contribution contrasts orthodox mainstream economics teachings to heterodox theories against the backdrop of history of economic thought. It focusses on three myths upheld and therefore reinforced in and by orthodox economics textbooks: money is the invention of private market agents; money is created exogenously by central banks; money is neutral in the long run. The aim is to not only give an (non-exhaustive) insight into the existing theoretical pluralism, but to also argue that theoretical strands largely left out in common economics curricula are at times more adherent to reality in their reading of money.
Anne Löscher
Ökonomische Ideengeschichte
Eine Verbündete der Pluralen Ökonomik?
Zusammenfassung
Die Ökonomische Ideengeschichte führt innerhalb der Volkswirtschaftslehre und an den Universitäten ein Schattendasein. Gleichzeitig wächst das Interesse an ihr und die Forschung in diesem Fachbereich beständig an. In meinem Beitrag gebe ich zunächst einen Überblick über die heutige Stellung der Ökonomischen Ideengeschichte. Daran anschließend diskutiere ich anhand von Richard Rortys historiografischen Kategorien – historische und rationale Rekonstruktion, Geistesgeschichte, Doxografie und Intellectual History –, was Ökonomische Ideengeschichte ausmacht und was sie leisten kann. In einem weiteren Schritt werden drei allgemeine Erkenntnisse der Ökonomischen Ideengeschichte in Bezug auf die Volkswirtschaftslehre erörtert. Diese Erkenntnisse bestehen darin, dass wissenschaftlicher Fortschritt in der Ökonomik nicht rein kumulativ erfolgt, dass Finalismus in der Ökonomik keine Grundlage hat und dass es keinen perfekten Markt für ökonomische Ideen gibt. Im abschließenden Abschnitt behandele ich das Verhältnis der ökonomischen Ideengeschichte zur Pluralen Ökonomik, diskutiere deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede und zeige auf, inwieweit beide als Verbündete gelten können.
Reinhard Schumacher
Mehr als nur Werkzeuge
Kritik an Experimenten in der Ökonomik
Zusammenfassung
In diesem Beitrag geben wir einen Überblick der Kritik an Experimenten in der Ökonomik. Im ersten Teil gehen wir auf die Diskussion um Vor- und Nachteile von experimentellen Methoden ein und bestimmen das Verhältnis zum Mainstream der Wirtschaftswissenschaften. Im zweiten Teil begründen wir, weshalb Methodenkritik ein fester Bestandteil einer pluralen Ökonomik sein sollte. Methoden sind nicht einfach nur neutrale Werkzeuge mit technischen Vor- und Nachteilen. Plurale Ökonom*innen sollten daher die wissenschaftstheoretische und politisch-normative Einbettung von Methoden kritisch beleuchten. Diese Forderung lösen wir am Beispiel von Experimenten ein, indem wir im dritten Teil die Anwendung von Experimenten in der Sozialpolitik des Globalen Nordens und in der Entwicklungspolitik im Globalen Süden kritisch beleuchten.
Felix Kersting, Robert Lepenies, Theresa Neef
Mehr als Durchschnittsstatistik
Eine kritische Einführung in Regressionsmethoden jenseits des Mittelwertes
Zusammenfassung
Die mittelwertbasierte Regression, wie sie oft als (einziges) Werkzeug der explorativen Datenanalyse in den Sozialwissenschaften gelehrt wird, greift bei vielen Forschungsfragen zu kurz. Dies ist insbesondere der Fall, wenn von Interesse ist, wie sich die Verteilung der Zielgröße mit den erklärenden Variablen ändert oder wie der Einfluss einer erklärenden Variable an einer bestimmten Stelle der Verteilung der Zielgröße wirkt. Solche und ähnliche Fragen können anhand von alternativen statistischen Regressionsmethoden wie der Quantils- und der Verteilungsregression beantwortet werden. Beide Verfahren werden theoretisch eingeführt und anhand eines Beispiels zur Einkommensungleichheit veranschaulicht.
Maike Hohberg, Alexander Silbersdorff, Thomas Kneib

Ein- und Ausblicke in ökonomische Perspektiven und Diskurse

Frontmatter
Strategische Perspektiven für die Zukunft des Pluralismus
Zusammenfassung
Die akademische und mediale Debatte um eine plurale Ökonomik hat in den vergangenen Jahren wieder an Fahrt aufgenommen. Doch die Problematisierungen haben bisher nur wenige Veränderungen bewirkt. Im Gegenteil: Die Marginalisierung pluraler und heterodoxer Perspektiven schreitet sogar weiter voran. Entscheidend für eine solche Entwicklung ist ein spezifischer Diskurs innerhalb der Ökonomik, welcher andere Ansätze benachteiligt und deren Handlungsspielräume beschränkt. Dies beinhaltet, soziale Phänomene in der Produktion und Kommunikation von Zahlen zu kondensieren und wissenschaftlichen Output immer stärker anhand von Kennzahlen wie Impact-Faktoren, Rankings und Zitationen zu bemessen. Wir stellen insgesamt sieben Gegenstrategien vor und diskutieren diese in Bezug auf ihre potenzielle Wirkung, ihre Risiken und Umsetzbarkeit. Ziel ist letztlich die Entwicklung von Handlungsansätzen, um dem Trend einer weiteren Marginalisierung von heterodoxen und pluralen Ökonom*innen zukünftig effektiver entgegenwirken zu können.
Steffen Bettin, Florentin Glötzl, Hendrik Theine
Die Suche nach Homo ideologicus und anderen Gestalten
Was die Komparative Politische Ökonomie zu einem pluralistischen ökonomischen Diskurs beitragen kann
Zusammenfassung
Reduktionismus, Geschichtsvergessenheit und disziplinäre Scheuklappen sind die gängigsten Vorwürfe, die sich die ‚reine‘ Ökonomie gefallen lassen muss. Der vorliegende Beitrag erörtert, inwieweit die politikwissenschaftliche Komparative Politische Ökonomie (KPÖ) Antworten auf diese Kritikpunkte bereithält. Dazu wird die Auseinandersetzung mit ökonomischen Konzepten in den verschiedenen Variationen des Institutionalismus nachgezeichnet, die aus der Kritik an der Rational-Choice-Theorie in der vergleichenden Kapitalismusforschung erwachsen ist. Im Fokus stehen dabei zwei zentrale Annahmen des rationalistischen Varieties-of-Capitalism-Ansatzes (VoC): funktionale Komplementarität zwischen institutionellen Domänen und die Unterstellung strategisch-rational handelnder Akteure. Anhand der Kritikpunkte und Gegenvorschläge des historischen und ideenorientierten Institutionalismus werden die Vorzüge eines theoretischen Pluralismus aufgezeigt, der wichtige Anhaltspunkte für eine holistischere Volkswirtschaftslehre liefert.
Thomas Eibl, Nils Röper
Finanzialisierung als monetäre Zeitreise
Eine zeitsoziologische Betrachtung intertemporaler Abhängigkeiten
Zusammenfassung
Wirtschaftstheoretische Modellierungen sind häufig durch temporale Leerstellen gekennzeichnet. Der Beitrag versucht die gesellschaftspolitische Relevanz dieses Desiderats mittels einer soziologischen Perspektive zu veranschaulichen. Zu diesem Zweck wird zunächst davon ausgegangen, dass an Kreditmärkten Produktivitätsfiktionen in der Warenform des Eigentumstitels gegen Zahlungsfähigkeit veräußert werden. Eigentumstitel werden hierbei als Zeichensysteme verstanden, die auf ökonomische Materialität rekurrieren und zukünftige Besitzverhältnisse vorstrukturieren. Dementsprechend gerät die zeitliche Dimension in den Fokus der Untersuchung. Nach einer werttheoretischen Ausdifferenzierungfolgt eine kritische Betrachtung der Genese finanzökonomischen Wissens über die Zukunft. Im Verlauf der Analyse kristallisiert sich schließlich eine Dynamik intertemporaler Abhängigkeiten heraus, welche eine drastische Einengung individueller und kollektiver Handlungsoptionen zur Folge haben kann. Somit rückt nicht nur eine Depotenzialisierung politökonomischer Möglichkeitshorizonte ins Blickfeld, sondern auch die Frage nach den strukturellen Hindernissen, welchen sich gesellschaftspolitische Transformationsbestrebungen ausgesetzt sehen.
Manuel Schulz
Complexity Economics as Heterodoxy
A New Integrative Paradigm Beyond Market Equilibrium and Optimality
Zusammenfassung
Das nicht-komplexe und daher simplistische Modell einer perfekten Marktwirtschaft in einem einzigen determinierten Gleichgewicht ist weitgehend unbrauchbar und forscherisch unergiebig. Es kann endogene Krisen nicht systematisch erfassen, besitzt wenig praktische Verwertungsmöglichkeiten und findet in den verschiedensten Praxisbereichen daher auch kaum Wertschätzung. Dennoch beherrscht der neoklassische „Mainstream“ weiterhin die ökonomische Disziplin, v. a. in Lehre und Politikberatung, da er in letzter Instanz Alltagsrhetorik und Ideologie der herrschenden Zustände und Interessenkonstellation liefert. Wenngleich auch in der Mainstream-Forschung zunehmend ähnliche Fragen untersucht werden wie in den großen „heterodoxen“ Paradigmen und in den neueren komplexen Systemwissenschaften, so werden komplexe Ergebnisse durch den Mainstream, zumindest für Lehre und Politikberatung, doch meist wieder markt-, gleichgewichts- und optimalitäts-konform uminterpretiert. Die moderne Komplexitätsökonomik bricht mit simplistischen Sichtweisen und kann daher als eine umfassende Alternative zur „Mainstream“-Ökonomik verstanden werden. In taucht eine „gleichgewichtige, stabile und optimale Marktwirtschaft“ bestenfalls als ein extremer Spezialfall auf. Das Schulen-übergreifende Paradigmader Komplexitätsökonomik, das faktisch alte Fragestellungen und Sichtweisen der „Heterodoxien“ weiterentwickelt und in das die großen „Heterodoxien“ heute konvergieren, zeigt mit ihren modernen Analysetechniken auch, wie sich Heterodoxien offensiv weiterentwickeln können. Exemplarisch wird dies anhand der evolutionären Institutionenökonomik, konvergenter System- und Netzwerkanalysen, theoretischer „Selbstorganisations-“Mechanismen und von Politikimplikationen thematisiert.
Wolfram Elsner
Die Care-Abgabe
Ein Instrument Vorsorgenden Wirtschaftens?
Zusammenfassung
Die aktuell festzustellende Krisenhaftigkeit von Care-Arbeit verweist auf die Notwendigkeit einer Neuorganisation und Neubewertung solcher Tätigkeiten. Diese Erkenntnis ist, zumindest in der Pluralen Ökonomik, zunehmend und, insbesondere in der Feministischen Ökonomik, ein Kristallisationspunkt für zahlreiche wissenschaftliche Auseinandersetzungen. In Bezugnahme auf Erkenntnisse aus der Pluralen Ökonomik, sollen Lösungsansätze aus der konventionellen Umweltökonomik herangezogen und miteinander verknüpft werden. Aufgegriffen wird hierfür der Politikvorschlag einer ‚Care-Abgabe‘. Er soll die gesellschaftliche Finanzierung der privaten, freiwilligen und bezahlten Care-Arbeit für andere Menschen verbessern und so die Probleme der Unterbezahlung bzw. fehlenden Bezahlung von Care-Arbeit und damit einhergehende Missstände lösen (wie z. B. Überlastung, Zeitmangel und eine schwindende Qualität). Als Orientierung für die Weiterentwicklung eines solchen Politikvorschlags dient die Ökologische Steuerreform. Im Anschluss an diese Weiterentwicklung wird die Care-Abgabe aus der Perspektive Vorsorgenden Wirtschaftens evaluiert sowie abschließend ihr potenzielles Lösungs- und Umsetzungspotenzial wie auch eine mögliche Finanzierung diskutiert. Vorsorgendes Wirtschaften wird dabei als normative Beurteilungsgrundlage herangezogen und als plurales Ökonomie-Konzept eingeführt.
Anna Saave-Harnack
Bedingungsloses Grundeinkommen und Postwachstum
Zusammenfassung
Inwiefern macht ein Grundeinkommen eine Postwachstumsgesellschaft möglich? Diese Frage steht im Zentrum des Beitrags, der verschiedene Grundeinkommensmodelle daraufhin befragt, ob sie Ursache und Voraussetzungen des Wachstumszwangs beheben. Auf Basis der einschlägigen Grundeinkommensliteratur und unter besonderer Berücksichtigung empirischer Studien, wird folgende These entwickelt: Ein teilhabesicherndes Grundeinkommen würde zunächst nicht an der Ursache, jedoch an einer wichtigen Voraussetzung des Wachstumszwangs ansetzen: dem Geld-Arbeitskraft-Nexus. Indem das teilhabesichernde Grundeinkommen menschliche Arbeitskraft partiell dekommodifiziert, birgt es ein Potenzial für Postwachstumsgesellschaften, da potenziell die Wiederaneignung und Demokratisierung der Produktionsverhältnisse möglich wird und zugleich die kapitalistische Eskalationsdynamik eingeschränkt werden könnte.
Hanna Ketterer
Backmatter
Metadaten
Titel
Perspektiven einer pluralen Ökonomik
herausgegeben von
David J. Petersen
Daniel Willers
Esther M. Schmitt
Robert Birnbaum
Jan H. E. Meyerhoff
Sebastian Gießler
Benjamin Roth
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-16145-3
Print ISBN
978-3-658-16144-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-16145-3

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