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2003 | Buch

Politische Kommunikation im internationalen Vergleich

Grundlagen, Anwendungen, Perspektiven

herausgegeben von: Frank Esser, Barbara Pfetsch

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Politische Kommunikation im internationalen Vergleich: Neuorientierung in einer veränderten Welt

Politische Kommunikation im internationalen Vergleich: Neuorientierung in einer veränderten Welt
Zusammenfassung
Der vorliegende Band ist das Ergebnis des Versuchs, die Erträge der international vergleichenden Forschung in der Politischen Kommunikation zu bilanzieren und Perspektiven aufzeigen, wohin sie sich entwickeln könnte und sollte. Als Jay Blumler und Michael Gurevitch vor mehr als 25 Jahren mahnten, man müsse die politische Kommunikation um die Perspektive des internationalen Vergleichs erweitern, konnten sie erst auf wenige entsprechende Untersuchungen verweisen (Blumler/Gurevitch 1975). Diese Leerstelle der Kommunikationsforschung war umso eklatanter, als die komparative Forschung in den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen längst gut etabliert war. Gerade in der Politikwissenschaft ist der vergleichende Ansatz im Rahmen der „Comparative Politics“fest verankert. Für Massenmedien und politische Kommunikation haben sich vergleichende Politikwissenschaftler jedoch nie sonderlich interessiert. Dagegen war die politische Kommunikation in der Kommunikationswissenschaft schon immer ein zentrales Thema, allerdings glaubte man lange, sie anhand von nationalen Einzelphänomenen oder historischen Studien beschreiben zu können. Eine der Politikwissenschaft vergleichbare internationale Orientierung fehlte der Kommunikationswissenschaft (Kaase 1998; Schönbach 1998).
Barbara Pfetsch, Frank Esser

Grundlagen

Frontmatter
Amerikanisierung, Globalisierung und Säkularisierung: Zur Konvergenz von Mediensystemen und politischer Kommunikation in westlichen Demokratien
Zusammenfassung
Gegenwärtig beobachten wir tiefgreifende Entwicklungen im Sinne einer Angleichung der Strukturierung von Öffentlichkeit in verschiedenen Ländern. Dahinter stehen zwei Prozesse: Zum einen werden sich Mediensysteme in ihren Produkten, ihrem professionellen Handeln, journalistischen Kulturen sowie ihrer Beziehungen zu anderen politischen und sozialen Institutionen zunehmend ähnlicher. Zum anderen passen sich die politischen Systeme in ihrem Kommunikationsverhalten international aneinander an. Der Trend zur globalen Homogenisierung der Mediensysteme und der Öffentlichkeit steht im Mittelpunkt unserer Analyse, die insbesondere auf die Beziehungen zwischen Mediensystemen und politischen Systemen in den industrialisierten, marktwirtschaftlichen Demokratien Westeuropas und Nordamerikas eingeht. Unsere Ursachenanalyse verfolgt zwei Perspektiven, hinter denen jeweils alternative Argumente stehen: (1) Ein Großteil der Literatur bezeichnet die Konvergenz der Medien als Prozess der „Amerikanisierung“ oder „Globalisierung“ und sieht diese Entwicklung von externen Kräften verursacht, die von außen auf die Einzelstaaten und ihre Mediensysteme einwirken. Alternative Erklärungsansätze verweisen auf interne Prozesse des sozialen Wandels in den verschiedenen Einzelstaaten, die sich dann homogenisierend auf die verschiedenen nationalen Mediensysteme auswirken.
Daniel C. Hallin, Paolo Mancini
Transnationale politische Kommunikation: Konventionelle Sichtweisen und neue Realitäten
Zusammenfassung
Politische Kommunikationssysteme sind dynamisch und entwickeln sich ständig weiter. Gerade wenn wir glauben, ihre Funktionsweise verstanden zu haben, ändern sich die Dinge. Manchmal erscheinen die Veränderungen als evolutionär, im Sinne einer konsequenten Schrittfolge, die zu einem vorhersehbaren Ziel führt. Dann wieder nimmt die Entwicklung neue Wendungen in unerwartete Richtungen. Gerade in jüngerer Zeit haben transnationale Trends in der politischen Kommunikation, die sich in vielen Ländern beobachten lassen, einige unerwartete Wendungen Entwicklungen erkennen lassen. Einerseits stellen diese Entwicklungen den bisherigen Forschungsstand, wie er aus vielen Vergleichsstudien gewonnen wurde, in Frage, andererseits bestätigen sie den bisherigen Wissensstand. Es ist noch nicht abzusehen, wohin die Entwicklung führen wird. Deutlich wird aber schon jetzt, dass manche der gerade etablierten Sichtweisen bereits wieder überdacht werden müssen. Dieses Kapitel rekapituliert zunächst einige der etablierten, aus komparativen Studien gewonnenen transnationalen Trends in der politischen Kommunikation. Es wendet sich dann jüngeren Entwicklungen zu, die diese etablierten Sichtweisen teilweise bestätigen, aber auch grundlegend in Frage stellen. Das Kapitel schliesst mit Überlegungen darüber, was die international vergleichende politische Kommunikationsforschung aus den neuen Realitäten lernen kann und wohin diese neuen Pfade fuhren mögen.
David L. Swanson
Medien und Kommunikation im internationalen Vergleich: Konzepte, Methoden und Befunde
Zusammenfassung
Vergleichende Medienforschung führte lange Zeit in Deutschland nur ein Schattendasein. Dies korrespondierte mit einem eher geringen Interesse an Vorgängen in anderen Teilen der Welt. Wenn überhaupt, dann wurden vor allem amerikanische Entwicklungen in die Analyse einbezogen, aber auch Beschreibungen der USA blieben eher an der Oberfläche — oft diente das Land als Wunsch- oder Schreckbild, also als Projektionsfläche, wobei der Zugang zu seinen Widersprüchlichkeiten verwehrt blieb. In einer sich globalisierenden Welt wirken sich Entwicklungen jenseits der nationalen Grenzen intensiver und unmittelbarer im eigenen Land aus: Satelliten erlauben den Einblick in Programme aus anderen Kontinenten, das Internet ermöglicht Zugang zu Informationen aus jedem Winkel der Welt. Viel unmittelbarer als jemals zuvor sind wir mit anderen Kulturen und deren Medienprodukten konfrontiert, Unverständliches muss begriffen und in die Sprache der eigenen Erfahrung übertragen werden. Vergleichende Forschung hat sehr viel mit dem Verstehen einer politisch und kulturell fragmentierten Welt zu tun, die freilich auch wieder durch übergreifende Gemeinsamkeiten zusammengehalten wird. Mit beidem, der Gemeinsamkeit und der Differenz, beschäftigt sich im Kern jeder vergleichende Ansatz.
Hans J. Kleinsteuber
Äquivalenz als Problem: Forschungsstrategien und Designs der komparativen Kommunikationswissenschaft
Zusammenfassung
Auch 25 Jahre nach dem Grundlagenaufsatz „Extending the Frontier“(Gurevitch/Blumler 1990) gibt es im Bereich der Kommunikationsforschung keine ausgeprägte Diskussion der Designs und Methoden international vergleichender Studien.1 Die angrenzenden Disziplinen, insbesondere die Politikwissenschaft und die Psychologie, beschäftigen sich hingegen schon länger mit den entsprechenden methodischen und methodologischen Aspekten. Auch die Soziologie kann auf eine ansehnliche Sammlung einschlägiger Methodenliteratur verweisen. Nur selten wird jenseits der jeweiligen Disziplingrenzen wahrgenommen, was die Nachbardisziplinen zum Thema kulturvergleichender Methoden schreiben. So werden wertvolle Synergieeffekte verschenkt. Eine der wenigen Ausnahmen betrifft das Standardwerk von Przeworski und Teune aus dem Jahr 1970, deren politikwissenschaftliche „Taktik“in nahezu allen komparativ forschenden Disziplinen bekannt ist. Und selbst dieses Anwendungswissen wird, so Rosengren, McLeod und Blumler (1992: 275), immer wieder „neu erfunden“. Diese, insgesamt doch ernüchternde Bestandsaufnahme überrascht besonders vor dem Hintergrund, dass sich eigentlich alle Seiten über die prinzipiellen Probleme von internationalen Vergleichen und die großen methodischen Herausforderungen einig sind.2 Neben dieser Einigkeit lassen sich freilich auch Unterschiede ausmachen, die vor allem in der Schwerpunktsetzung sowie in manchen Lösungsansätzen liegen.
Werner Wirth, Steffen Kolb

Anwendungsfelder

Frontmatter
Globale politische Kommunikation: Freie Medien, Gutes Regieren und Wohlstandsentwicklung
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht eine Analyse des Zusammenhanges von „Gutem Regieren“1, Wohlfahrtsentwicklung und medialer Kommunikation. Das Konzept „Good Governance“beschreibt ein verändertes Verständnis von Regieren, bei dem es nicht mehr um hierarchische, politische Steuerung sondern um eine Art gesamtgesellschaftliches Verantwortungsmanagement geht. Die Grundsätze von „Good Governance“sind Effektivität, Responsivi-tät, Demokratie und Transparenz. Effektivität bezieht sich auf die Leistungssteigerung des öffentlichen Sektors, insbesondere der Verwaltung. Respon-sivität umfasst die Verantwortlichkeit der Regierenden gegenüber den Regierten, also die Festlegung von Rechenschaftspflichten und öffentlichen Kontrollinstanzen. Demokratie beinhaltet nicht zuletzt die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Partizipationschancen. Transparenz erfordert freien Zugang zu Informationen, gilt als Mittel zur Korruptionsbe-kämpfung und als Voraussetzung für die Akzeptanz politischer Entscheidungen2. Nach Überzeugung von Weltbank und Vereinten Nationen kann nur eine Gesellschaft, in der es „Good Governance“gibt, positive Entwicklungsleistungen im Sinne von Wohlfahrtsentwicklung vollbringen. Damit sind die Verringerung von Armut und Hunger, Fortschritte der Medizin und Gesundheitsversorgung, Erhöhung der Lebenserwartung, Steigerung landwirtschaftlicher Erträge und Alphabetisierung gemeint.
Pippa Norris
Lokale politische Kommunikation: Öffentlichkeit im Spannungsfeld nationaler und globaler Entwicklungen
Zusammenfassung
Im Windschatten allgegenwärtiger Globalisierungsdiskurse erhalten lokale Kommunikationsprozesse wenig Aufmerksamkeit. Trotz eines kurzen Aufschwungs des Themas in den 80er Jahren sind Wissen und Reflexion über den Zustand lokaler Öffentlichkeiten bis heute gering, und dies betrifft nicht nur die ökonomisch entwickelten Staaten, sondern auch die Schwellen- und Peripherieländer und ihre Gesellschaften. Obwohl das Stichwort der „Globalisierung“längst zum theoretischen Konzept geworden ist, das die Verflechtung zwischen globalen und lokalen Räumen und ihren politischen Prozessen bezeichnet, bilden die Kommunikationswissenschaften überwiegend die Dominanz nationaler und transnationaler Medien und Diskurse ab. Damit aber geraten eine Reihe von politischen Kommunikationsprozessen aus dem Blick, deren eigenständige und vergleichende Betrachtung durchaus lohnt.
Sabine Lang
Strategische politische Kommunikation: Bedingungen und Chancen der Mobilisierung öffentlicher Meinung im internationalen Vergleich
Zusammenfassung
Die demokratischen Regierungssysteme befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel, da sich die Form der Repräsentation grundlegend verändert. Diese These vertritt Bernard Manin (1995: 247–303) in seinem einflussreichen Buch zu den Prinzipien „repräsentativer Regierung“, seine Bezeichnung für die Regierungsform westlicher liberaler Demokratien. Nach dem klassischen Parlamentarismus des 19. Jahrhunderts und der Parteiendemokratie, welche sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts etabliert hat, mutiert die Form der „repräsentativen Regierung“, so seine These, gegenwärtig zu einer „Demokratie der Öffentlichkeit“ 1 . Kennzeichen dieser neuen Regierungsform sind die Personalisierung der Wahlen und der Aufstieg von Experten politischer Kommunikation; der Bedeutungszuwachs eines politischen Angebots, das von den Regierenden so vage formuliert wird, dass es ihnen einen erheblichen Spielraum lässt; die Omnipräsenz der öffentlichen Meinung und die Verlagerung der politischen Debatte aus den Hinterzimmern der parlamentarischen Kommissionen und Partei- und Verbandszentralen in die Öffentlichkeit.
Hanspeter Kriesi
Kampagnen politischer Kommunikation: Zur Internationalisierung und Konvergenz moderner Medienwahlkämpfe
Zusammenfassung
Bis heute ist Wahlforschung zuallererst Wählerverhaltensforschung. Schon der Untertitel des Wahlforschungsklassikers The People’s Choice von La-zarsfeld, Berelson und Gaudet (1944), How the Voter Makes up his Mind in an Election, machte das deutlich. Diese Untersuchung, zusammen mit der Nachfolgestudie Voting von Berelson, Lazarsfeld und McPhee (1954), begründete zugleich den soziologischen Ansatz zur Erklärung von Wählerverhalten. Daneben trat wenig später der sozialpsychologische Ansatz der Michigan-Schule, als Campbell, Converse, Miller und Stokes The American Voter (1960) veröffentlichten. Im Michigan- oder auch Ann Arbor-Modell wird der Parteiidentifikation, die als langfristige und relativ stabile Orientierung gedacht ist, die zentrale Rolle für das Wählerverhalten zugewiesen. Wiewohl das eine Modell das andere nicht ablöste, denn in der Parteiidentifikation kristallisieren sich gewissermaßen die Einflüsse der soziodemogra-phischen Variablen, die den soziologischen Ansatz der von Lazarsfeld und Kollegen begründeten Columbia-Schule bestimmen, dominierte das Ann Arbor-Modell die US-amerikanische Forschung. Es gehörte schon früh zu den Anliegen der Michigan-Schule, das Modell auch in anderen Ländern zu prüfen (Miller 1994).
Christina Holtz-Bacha
Vernetzte politische Kommunikation: Elektronische Demokratie als amerikanischer Sonderweg?
Zusammenfassung
Das Konzept der Elektronischen Demokratie hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Themenkarriere erfahren.2 Die gegenwärtige Begriffskonjunktur hat eine Vorgeschichte, denn schon in den 70er Jahren entwickelt sich Elektronische Demokratie als normatives Konzept der Demokratietheorie. Die Beiträge, die in diesem Zusammenhang vorgelegt wurden, sind von der Kritik an der modernen liberalen Demokratie getragen und von der Forderung, durch neue elektronische Medien partizipative Formen von Demokratie auszuweiten (vgl. Krauch 1972; Etzioni/Laudon/Lipson 1975; Becker 1981; Barber 1984; Arterton 1987; Becker/Scarce 1987). In der jüngeren Zeit hat das Konzept der Elektronischen Demokratie als empirischanalytische Kategorie in der Perspektive der Medien- und Kommunikationswissenschaft sowie der modernen Demokratieforschung neue Aufmerksamkeit erfahren. Im Mittelpunkt steht die These, dass die zunehmende kommunikationstechnische Vernetzung moderner Gesellschaften politische Partizipation und direkte Beziehungen zwischen Bürger und Staat befördert (Dahl 1989: 338f; Rheingold 1993; Grossman 1995; Browning 1996; Rash 1997; Kamps 1999; Hoff/Horrocks/Tops 2000; Hacker/van Dijk 2000). Das Konzept der Elektronischen Demokratie wird in dieser gegenwärtigen Literatur zu einem Instrument der Beschreibung einer sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit.
Thomas Zittel
Journalisten in der politischen Kommunikation: Professionelle Orientierungen von Nachrichtenredakteuren im internationalen Vergleich
Zusammenfassung
Empirische Untersuchungen des Denkens und Handelns von Journalisten konzentrieren sich aus nachvollziehbaren Gründen meistens auf einzelne Länder. Sie besitzen dadurch den gravierenden Nachteil, dass für die Bewertung ihrer Ergebnisse ein größerer Kontext fehlt. Die Bedeutung der Befunde kann man aber erst anhand von vergleichenden Analysen, die verschiedene Länder einbeziehen, einschätzen. Die Relevanz international vergleichender Ansätze lässt sich beispielsweise an der Frage nach dem Einfluss der politischen Orientierung von Journalisten auf ihr berufliches Handeln zeigen. Unabhängig voneinander durchgeführte Länderstudien vermögen zwar zu beschreiben, welche Einstellungen Journalisten dort jeweils haben und wie sich diese in der redaktionellen Arbeit niederschlagen. Solche Einzelfallbetrachtungen lassen jedoch nicht erkennen, wie stark die Ergebnisse durch Eigenheiten des jeweiligen Mediensystems und der vorherrschenden politischen Situation beeinflusst sind. Um den Zusammenhang zwischen der politischen Orientierung und dem beruflichen Handeln von Journalisten unabhängig von den nationalen Rahmenbedingungen zu erfassen, ist ein systematischer Vergleich verschiedener Länder mit unterschiedlichen Mediensystemen und politischen Bedingungen notwendig. Neben der länderübergreifenden Perspektive erlaubt der komparative Ansatz auch eine bessere Einordnung der Situation jedes einzelnen Landes im internationalen Vergleich.
Wolfgang Donsbach, Thomas Patterson
Botschaften Politischer Kommunikation: Länder, Themen und Akteure internationaler Fernsehnachrichten
Zusammenfassung
Sucht man nach einem gemeinsamen Nenner, auf dessen Grundlage politische Kommunikation international verglichen werden kann, so bietet sich das Format der Fernsehnachrichten an. Tägliche Hauptnachrichtensendungen sind nicht nur weltweit in nahezu allen Fernsehsystemen anzutreffen, sie sind auch regelmäßig im wichtigsten Sendeabschnitt platziert und besitzen für Zuschauer unter den abendlichen Informationsprogrammen die größte Bedeutung (Straubhaar et al. 1992; Hajok/Schorb 1998). Gerade für international vergleichende Analysen erscheint die Gegenüberstellung der Berichterstattung von Fernsehnachrichten geeignet, da die herausragende Bedeutung dieses Formats für Information, Meinungsbildung, politische Orientierung und die Kontrolle staatlichen Handelns („news as survival-relevant information about novel events“; Newhagen/Levy 1998: 10) kulturübergreifend anerkannt wird: Zumindest in den pluralistischen Gesellschaften der westlichen Hemisphäre besitzt dieses Format eine Leitfunktion für die politische Kommunikation (vgl. ausf. Kamps 1999, bes. S.141ff).
Patrick Rössler
Wirkungen politischer Kommunikation: Massenmediale und interpersonale Einflüsse auf die Wahlentscheidung
Zusammenfassung
Können die Massenmedien politische Meinungen, Einstellungen oder sogar Verhaltensweisen ihres Publikums beeinflussen? Das ist eine Frage, welche die Medienforschung vor Jahrzehnten stark beschäftigte, um dann aber an Beachtung zu verlieren und erst in jüngerer Zeit wieder vermehrte Aufmerksamkeit zu finden (Ansolabehere et al. 1993; Bartels 1993; Kepplinger et al. 1994; Zaller 1996; Schmitt-Beck 2000). Am Beispiel von Wahlentscheidungen setzt sich das vorliegende Kapitel in vergleichender Perspektive mit dieser Thematik auseinander.
Rüdiger Schmitt-Beck

Perspektiven

Frontmatter
Der Stand der vergleichenden politischen Kommunikationsforschung: Ein eigenständiges Feld formiert sich
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt dieses Beitrages stehen der gegenwärtige Stand und die Entwicklung der vergleichenden politischen Kommunikationsforschung hin zu einem eigenständigen, „reifen“ Forschungsfeld. Vergleichende Ansätze in der politischen Kommunikationsforschung können, auch wenn sie bisweilen eindrucksvoll und viel versprechend sind, ziemlich stümperhaft erscheinen, verglichen mit der Fundierung solcher Ansätze in anderen Sozialwissenschaften wie z.B. der Soziologie und der Politikwissenschaft. Wir argumentieren, dass die Qualität vergleichender Forschung nicht nur hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Standards variiert, sondern — und das erscheint vielleicht noch wichtiger — auch hinsichtlich ihres Vermögens, grundlegende und wirkungsmächtige Merkmale der Strukturen und Kulturen der untersuchten Gesellschaften offen zu legen. Das Hauptaugenmerk dieses Artikels gilt daher der Frage, wie wir die Formierung der vergleichenden Forschung als Teildisziplin der politischen Kommunikation weiterhin verstärken und ausbauen können.
Michael Gurevitch, Jay G. Blumler
Politische Kommunikationskultur — ein theoretisches Konzept zur vergleichenden Analyse politischer Kommunikationssysteme
Zusammenfassung
Die wissenschaftliche Debatte über die Entwicklung der politischen Kommunikation in modernen Demokratien verweist auf Konzepte der Amerikanisierung, Modernisierung und Globalisierung (vgl. Hallin/Mancini i.d.B.). Die Rahmung von politischer Kommunikation im Zusammenhang mit makropolitischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen wirft die Frage nach der Konvergenz politischer Kommunikationsprozesse auf, die je nach Analyseebene, Zeitpunkt, Land und kulturellem Kontext ambivalente Antworten provoziert. Während man für die Wahlkampfkommunikation noch am ehesten von Konvergenzen sprechen kann, ist die Frage nach gleichgerichteten Entwicklungstendenzen in anderen Bereichen politischer Kommunikation weitgehend ein Forschungsdesiderat geblieben. Dies liegt zum einen daran, dass wir für Prozesse der alltäglichen Politikvermittlung zwischen den Wahlen, die Kommunikation zwischen Regierung und Bürgern oder die Interaktion von politischen Akteuren und Medien weder über schlüssige theoretische Konzepte noch über einen umfangreichen Korpus empirischer Studien verfügen (vgl. Gurevitch/Blumler, i.d.B.). Zum anderen wird die Politikvermittlung in nationalen Arenen häufig als Konstante des Policyprozesses betrachtet, der kaum ein eigenständiger Erklärungsbeitrag in der Politikanalyse zugestanden wird.
Barbara Pfetsch
Kultur als Schlüsselvariable der internationalen Kommunikation
Zusammenfassung
Wilbur Schramm (1964), einer der Gründerväter der amerikanischen Kommunikationswissenschaft, beschrieb das Fach einmal als akademische Wegkreuzung, die viele passiert aber nur wenige geteert haben. Berger und Chaffee (1987, 15) bemerkten später, dass aus der Kreuzung ein stark bebautes Zentrum mit eigenen Universitätsinstituten, Forschungstraditionen und Fachzeitschriften geworden ist. Damit sei die Kommunikationswissenschaft zu einer eigenen akademischen Disziplin gereift. Um im Bild zu bleiben könnte man sie heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, als internationalen Großflughafen bezeichnen — mit weltweiten Verbindungen, thematischer Vielfalt und unterschiedlichen Sprachen.
Robert L. Stevenson

Fazit

Frontmatter
Gut, dass wir verglichen haben. Bilanz und Bedeutung der komparativen politischen Kommunikationsforschung
Zusammenfassung
Der vorliegende Band versteht sich als Plädoyer für eine verstärkte Berücksichtigung des internationalen Vergleichs in der politischen Kommunikationsforschung, weil er in vielerlei Hinsicht erhebliches Erkenntnispotenzial verspricht (Blumler/Gurevitch 1995a):
  • Vergleich als Ausweitung der verfügbaren Datengrundlage, wodurch Verallgemeinerungen erleichtert und Konzepte der politischen Kommunikation sukzessive präzisiert und kontextualisiert werden können;
  • Vergleich als Gegengift zum naiven Universalismus, wodurch die provinzielle Annahme vermieden wird, dass eine im eigenen Land gefundene kommunikationswissenschaftliche Gesetzmäßigkeit auch in anderen Ländern gilt. International vergleichende Forschung hilft, Engstirnigkeit und Ethnozentrismus vorzubeugen;
  • Vergleich als Chance des besseren Verständnisses der eigenen Gesellschaft, indem die bekannten Strukturen und Routinen mit denen anderer Systeme kontrastiert werden können. Der Vergleich macht auf andere Systeme, Kulturen sowie auf Denk- und Handlungsalternativen aufmerksam, so dass die eigenen politischen Kommunikationsverhältnisse in neuem Licht erscheinen und kritisch am Beispiel anderer Länder überprüft werden können;
  • Vergleich als systematischer Schlüssel zur Entdeckung allgemeiner im Verhältnis zu besonderen Gesetzmäßigkeiten, wodurch die spezifische Identität der politischen Kommunikation in den jeweiligen Systemausprägungen bestimmbar wird. Erst die grenzüberschreitende Perspektive öffnet den Blick für makrogesellschaftliche Kräfte und Strukturen, die innerhalb des eigenen Systems als so selbstverständlich wahrgenommen werden, dass sie nur von einer Außenperspektive -durch den Vergleich — erkennbar werden;
  • Vergleich als Erfahrung von Handlungsalternativen, Problemlösungen oder Reformanregungen. Nationale Missstände und Kontroversen können beigelegt werden, indem der vergleichende Blick im Ausland Vorbilder findet, wo Länder in ähnlichen Problemlagen funktionsfähige Lösungen gefunden hatten, die sich auch in den eigenen Kontext übertragen lassen;
  • Vergleich als Instrument zur Analyse globaler Diffusions- und Integrationsprozesse von Politik, Kommunikation, Wirtschaft und Technologie, die eine Beschränkung auf isolierte Regionen zunehmend provinziell erscheinen lassen.
Frank Esser
Backmatter
Metadaten
Titel
Politische Kommunikation im internationalen Vergleich
herausgegeben von
Frank Esser
Barbara Pfetsch
Copyright-Jahr
2003
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80392-4
Print ISBN
978-3-531-13625-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80392-4